REINKARNATION
Die umfassende Wissenschaft
der Seelenwanderung

von Ronald Zürrer

Internet-Veröffentlichung Juli 2008,
(c)
Govinda-Verlag GmbH

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KAPITEL 4: PRAKTISCHE FRAGEN ZUR REINKARNATION

Die Wiedergeburt

Da im Normalfall, wie wir aus der Bhagavad-gita (8.6) erfahren haben, der Geisteszustand im Augenblick des Todes für die nächste Geburt bestimmend ist, wird der Körperwechsel meist weniger als abrupte Veränderung sämtlicher Umstände erlebt als vielmehr als gewissermaßen lückenloser Übergang.

Wir machen, mit anderen Worten, einfach dort weiter, wo wir aufgehört haben, und wir erfahren den Körperwechsel wie eine Reise zu einem unbekannten und je nachdem mit gespannter Vorfreude oder aber mit einer gewissen Angst erwarteten neuen Ziel.

Tatsächlich herrscht, nachdem es uns gelungen ist, die anfängliche Angst hinter uns zu lassen und zu akzeptieren, daß wir nun „gestorben“ sind, so etwas wie eine erwartungsvolle Spannung vor, wohin, in welchen neuen Körper und in welche neuen Umstände diese Reise uns wohl führen wird.

Natürlich ist es dabei nicht zu verhindern, daß zuweilen schwere Enttäuschungen eintreten, nämlich dann, wenn wir erkennen müssen, daß das eigene Karma nicht für den erhofften Wunschkörper ausreicht und wir aufgefordert werden, als Kind ganz „normaler“ Eltern oder sogar in einer nicht-menschlichen Lebensform wiederzukommen.


KAPITEL 4: PRAKTISCHE FRAGEN ZUR REINKARNATION - DIE WIEDERGEBURT

Der Augenblick der Empfängnis

Wann aber tritt die Seele in ihren neuen menschlichen Körper ein? – Die übereinstimmende Antwort der meisten Traditionen lautet: im Augenblick des Zeugungsaktes (Empfängnis).

Auch die moderne parapsychologische Forschung hat Fälle ermittelt, in denen die noch unverkörperte Seele in ihrem feinstofflichen Astralleib zunächst über dem zukünftigen Elternpaar „schwebte“ und den Zeugungsakt beobachtete, wobei sie häufig auch imstande war „mitzuhören“, was gesprochen wurde.

Durch einen plötzlichen, ruckartigen „Stoß“ geht eine solche Seele alsdann in den Samen des Vaters ein, um daraufhin von dort in die Eizelle der Mutter befördert zu werden, wo sie sich niederläßt und den neu erhaltenen Körper aufgrund ihrer eigenen Kraft und der Energie der Mutter sowie mit Hilfe der Überseele zum Wachsen bringt. Während dieses ganzen Ablaufs ist sich die Seele oft bewußt, was mit ihr geschieht; sie ist also, lange vor der Mutter und dem Vater, die erste, die von der entstandenen Schwangerschaft weiß.

Gerade im Bereich der modernen Medizin konnten in den letzten Jahren zahlreiche in diesem Zusammenhang höchst interessante Erkenntnisse gewonnen werden. Als Beispiel hierfür möchte ich die Arbeit des bereits erwähnten niederländischen Arztes Hugo Stefan Verbrugh (*1937) anführen. Verbrugh ist seit 1967 Mitarbeiter am Institut für Allgemeine Pathologie der Erasmus-Universität in Rotterdam und fand insbesondere durch sein Buch „Medizin auf totem Gleis“ (1974) internationale Beachtung.

In seinem Folgewerk „...wiederkommen – Erfahrungen des Vorgeburtlichen und der Reinkarnationsgedanke“ (1982) versucht er, das Thema der Reinkarnation in sachlich-kritischer Weise zu behandeln, indem er von wenig bekannten Erfahrungen ausgeht, die mit dem Schwangerschaftsbeginn zusammenhängen.

Auf der Grundlage seiner praktischen Tätigkeit als Wissenschaftler und Arzt vertritt er darin die Auffassung, „daß die Reinkarnation alles andere als ein außergewöhnliches Thema werden muß, nämlich eine ganz allgemeine, gewöhnliche Erfahrung, die sogar wissenschaftlich nachweisbar werden soll.“

In seinem Buch führt Verbrugh sechs höchst aufschlußreiche „Erfahrungsberichte aus diesem Gebiet des Inkarnationsgeschehens als Beitrag zur Konkretisierung der Reinkarnationsidee“ an. Darin erzählen sowohl Männer als auch Frauen, daß sie bereits im Augenblick der Zeugung oder kurz zuvor ihr zukünftiges Kind tat­sächlich sehen konnten. Ein Mann berichtet: 

Ich wußte in dem Moment mit absoluter Sicherheit, daß es geschieht: Ich sah das Gesicht und die Gestalt des Kindes klar und deutlich vor mir – eigentlich über mir; ich wußte, daß es ein Junge war. Auch der Name, den wir ihm schon lange zugedacht hatten, ging wie ein Blitz durch mich hindurch, und ich wußte genau, was das bedeutete. (S. 25)

Eine Frau schildert ihr Erlebnis wie folgt: 

Ganz deutlich lebt in mir die Erinnerung an die Beziehung, die ich schon mit einem Kind hatte, bevor ich zum fünften und letzten Mal schwanger wurde. Mein Mann und ich hatten ganz klar abgesprochen, daß das vierte das letzte sein sollte. ...

 

Da kam ein Moment, in dem ich ganz sicher wußte: Da ist noch ein Kind, das in unserer Familie leben will. Ganz deutlich spürte ich einen Auftrag; nicht von Gott oder von mir oder so, sondern von einem konkreten, individuellen Wesen. Es hatte noch nicht die Formen eines Kindes. Es war auch nicht so, daß ich etwas sah oder eine Stimme hörte; ich spürte aber einen Auftrag von diesem Wesen, eine Forderung: „Ich will bei dir geboren werden.“ (S. 31)

Und schließlich ein dritter Bericht eines Vaters, der einen neuen, interessanten Aspekt zutage fördert: 

Meine Frau und ich haben ein Töchterchen, das Anfang 1972 geboren wurde. 1973 ist ein Söhnchen zu früh zur Welt gekommen und ist am gleichen Tag wieder gestorben. Am 15. Februar 1974, um 2.00 Uhr morgens, wurde ich durch eine Erschütterung wach.

 

Eine Welle flutete durch meinen Leib, auf und nieder, vom Kopf bis zu den Füßen, mit einer Geschwindigkeit, die zu vergleichen wäre mit einer Welle, die mit der Hand in Längsrichtung einer Badewanne gemacht werden kann. Ich hatte noch nie so etwas gefühlt und war ängstlich. Dann dachte ich: Sollte das der Beginn einer sogenannten „Out-of-the-body-Erfahrung“ sein?


Dann wurde ich ruhig und „kooperativ“ und spürte auf einmal, daß etwas im Schlafzimmer außer mir selber und meiner Frau „anwesend“ war. Dieses „Anwesende“ war unser fünf Monate vorher verstorbenes Söhnchen, das mir – wortlos – erklärte, es sei jetzt der richtige Moment für ihn, um empfangen zu werden.
 

Ich habe meine Frau geweckt und ihr am nächsten Tag erklärt, daß sie in dieser Nacht mit einem Söhnchen schwanger geworden sei, das – genau wie der kleine Junge, der gestorben war – dunkles Haar und eine gerade Nase hatte. (Unser Töchterchen ist blond, mit einer Stupsnase.)

 

Meine Frau, die in einem atheistischen Milieu aufgewachsen ist, glaubte kein Wort. Es war zeitlich nicht in der Mitte zwischen zwei Menstruationen. Der Gynäkologe hatte auch noch nichts feststellen können. Sicherheitshalber hat sie jedoch darauf geachtet, keine Kopfschmerz- oder Schlaftabletten zu nehmen, die für schwangere Frauen schädlich sind. Am 10. November wurde unser Söhnchen geboren, mit dunklem Haar und gerader Nase. (S. 34f.)

Die Richtigkeit dieser Erlebnisberichte wird unter anderem auch von den vedischen Schriften bestätigt. Auch dort heißt es, daß die Seele bereits im Augenblick der Zeugung (und nicht etwa irgendwann während der Schwangerschaft oder gar erst bei der Geburt) in ihren neuen Körper eintritt (was übrigens auch neues Licht auf die kontroverse Diskussion bezüglich „Schwangerschaftsabbruch“ wirft; siehe unten).

Eine Frage mag sich an dieser Stelle jedoch erheben: Wer oder was bestimmt, welche Seele in diesem Augenblick als zukünftige Tochter oder als zukünftiger Sohn in einer Familie erscheint? Oder, vom Standpunkt der sich reinkarnierenden Seele aus gefragt:

Wer oder was bestimmt, wer die zukünftigen Eltern sein werden, was also das neue soziale und familiäre Milieu ist, in das man sich hineinbegibt? – Die Antwort: Der entscheidende Faktor aus der Sicht der Eltern ist ihr eigenes Bewußtsein im Moment der Zeugung, das heißt der sexuellen Vereinigung, welche gegebenenfalls zu einer Empfängnis führt. Mit anderen Worten, der gemeinsame Bewußtseinszustand des Vaters und der Mutter ist entprechend dem Resonanzgesetz dafür verantwortlich, welche Seele sich als ihr Kind inkarnieren wird.

Je nachdem also, ob die Gedanken und Gefühle während des Geschlechtsaktes hauptsächlich von Unwissenheit (Berauschung, Gewalt, Zerstörung), Leidenschaft (Lust, Gier, Egoismus) oder Tugend (Reinheit, Dankbarkeit, Liebe) beherrscht werden, wird eine entsprechende Seele gerufen, die mit den gleichen Eigenschaften behaftet ist.

Mit anderen Worten: Wesentlich mehr als die spätere Erziehung oder die soziale Beeinflussung ist das Bewußtsein der Eltern im Augenblick der Zeugung ausschlaggebend dafür, welchen Charakter das Kind haben und welchen Tätigkeiten es später nachgehen wird. Diese Erkenntnis kann einsichtigen Eltern zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit der Sexualität verhelfen.

Auch die Antwort auf die Fragestellung aus der Sicht des sich reinkarnierenden Kindes ist im Verständnis unserer Ausführungen der vorangegangenen Kapitel eindeutig: Es ist unser eigenes Karma – also unsere eigenen Wünsche und die daraus resultierenden Reaktionen auf unsere vergangenen Taten – und konkret der Bewußtseinszustand im Moment des Todes, der dafür verantwortlich ist, welche Eltern (also welches „Erbgut“ und welches Milieu) wir im nächsten Leben bekommen. Das Shrimad-Bhagavatam erklärt dies wie folgt: 

Die karmischen Handlungen, die ein Lebewesen ausführt, sind, ob fromm oder unfromm, die unsichtbare Ursache der Erfüllung seiner Wünsche. Diese unsichtbare Ursache ist die Wurzel der verschiedenen Körper des Lebewesens.

 

Aufgrund seines starken Verlangens wird es in einer bestimmten Familie geboren und erhält einen Körper, der entweder dem seiner Mutter oder dem seines Vaters gleicht [das heißt, entweder weiblich oder männlich ist]. Die grobstofflichen und feinstofflichen Körper werden je nach seinem Wunsch geschaffen. (ShB. 6.1.54)

Dazu aus der Erläuterung des bengalischen Philosophen und Gelehrten A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupadas (1896–1977; im folgenden Prabhupada genannt):  

Der grobstoffliche Körper ist das Ergebnis des feinstofflichen Körpers. Wie die Bhagavad-gita (8.6) erklärt: „Was auch immer der Daseinszustand ist, an den man sich erinnert, wenn man seinen Körper verläßt, diesen Zustand wird man ohne Zweifel erreichen.“
 

Die Verfassung des feinstofflichen Körpers zur Zeit des Todes wird durch die Tätigkeiten des physischen Körpers während des Lebens bestimmt. Der feinstoffliche Körper, der Linga oder Körper der Wünsche genannt wird, bildet somit die Grundlage für die Entwicklung eines bestimmten physischen Körpers, der entweder der Mutter oder dem Vater gleicht.

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KAPITEL 4: PRAKTISCHE FRAGEN ZUR REINKARNATION - DIE WIEDERGEBURT

Die Zeit der Schwangerschaft

In bezug auf die weitere Entwicklung des neuen Körpers und die Abläufe während der Schwangerschaft gibt uns die nachfolgend angeführte Stelle Aufschluß, die sich im Dritten Canto des Shrimad-Bhagavatam befindet: 

Unter der Oberaufsicht des Höchsten Herrn und entsprechend seinem Karma wird das Lebewesen, die Seele, durch ein winziges Teilchen männlichen Samens in die Gebärmutter einer Frau gebracht, um dort einen bestimmten Körper anzunehmen.

 

In der ersten Nacht vermischen sich der Samenfaden und das Ei, und in der fünften Nacht verschmilzt die Mischung, und es entsteht eine Blase. In der zehnten Nacht entwickelt sie sich zu einer Form, die einer Pflaume gleicht, und danach wird sie allmählich zu einem Klumpen Fleisch.
 

Im Laufe eines Monats formt sich ein Kopf, und am Ende von zwei Monaten nehmen die Hände, Füße und anderen Glieder Form an. Am Ende des dritten Monats erscheinen die Nägel, Finger, Zehen, Körperhaare, Knochen und die Haut wie auch das Fortpflanzungsorgan und die anderen Öffnungen im Körper, nämlich Augen, Nase, Ohren, Mund und Anus.

 

Innerhalb von vier Monaten seit dem Tag der Zeugung treten die sieben essentiellen Bestand­teile des Körpers (Dhatus) ins Dasein [nach Ayurveda: Blutplasma, Blut, Fleisch (Muskulatur), Fettgewebe, Knochen, Knochenmark (sowie Nervengewebe) und Fortpflanzungsgewebe].
 

Am Ende des fünften Monats machen sich Hunger und Durst bemerkbar, und am Ende des sechsten Monats, wenn der Körper vollständig geformt ist, beginnt sich der männliche Fötus, von der Embryohülle eingeschlossen, auf die rechte Seite des Leibes zu bewegen, während der weibliche versucht, sich auf die linke Seite zu bewegen. Während der Fötus durch die Speisen und Getränke, die die Mutter zu sich nimmt, genährt wird, wächst er allmählich heran.
 

Wenn die Mutter bittere und scharfe Nahrungsmittel ißt oder Speisen, die zu salzig oder zu sauer sind, werden dem Körper des Kindes unaufhörlich Schmerzen zugefügt, die fast unerträglich sind.

 

In die Fruchthülle eingeschlossen und von außen durch die Eingeweide bedeckt, bleibt das Kind auf einer Seite des Mutterleibes liegen, mit auf den Bauch gesenktem Kopf und zu einem Bogen gekrümmtem Hals und Rücken. Das Kind verharrt so wie ein Vogel in einem Käfig, ohne sich frei bewegen zu können.
 

Zu dieser Zeit kann sich das Kind, wenn es vom Glück begünstigt ist, an alle Leiden seiner vergangenen einhundert Geburten erinnern, und es jammert erbärmlich. Wie kann man in diesem Zustand inneren Frieden haben?
 

Seit dem siebten Monat nach der Zeugung ist das Kind mit der Entwicklung von Bewußtsein ausgestattet. Während der Wochen vor der Geburt wird es von den dann auftretenden Wehen zusammengepreßt und schließlich durch diese Kraft nach unten hinabgestoßen. So kommt es mit großer Mühe heraus, den Kopf nach unten, atemlos und aufgrund starker Schmerzen der Erinnerung beraubt.

Diese Beschreibung aus dem Shrimad-Bhagavatam (3.31.1–23) enthält einige interessante Einzelheiten, die ich nochmals kurz beleuchten möchte:

Das ungeborene Kind besitzt seit dem siebten Schwangerschaftsmonat ein stetig zunehmendes Bewußtsein, nimmt seit dieser Zeit also auch bewußt die Leiden wahr, die seine unbequeme, eingeengte Lage im Mutterleib mit sich bringt. Darüber hinaus ist der Fötus in dieser pränatalen Phase auch imstande, die Geschehnisse zu registrieren, die außerhalb des Mutterleibes stattfinden.

Das heißt, das Kind erfährt auf der feinstofflichen Ebene der Gedanken und Gefühle, ob es „erwünscht“ ist oder nicht, welche Erwartungen seitens der Eltern es erfüllen soll, usw. Die moderne Forschung hat ermittelt, daß die Eindrücke während dieser pränatalen Zeit – sowie auch jene während der ersten Lebensjahre nach der Geburt – den Charakter und die Verhaltensweise eines Menschen für sein gesamtes späteres Leben entscheidend prägen.

Für die Eltern bedeutet dies eine bisher zu wenig beachtete tiefgehende Verantwortung für ihr ungeborenes Kind, denn manch einer würde sich wohl anders benehmen und äußern, wäre er (oder sie) sich bewußt, daß das Kind im Mutterleib „mithört“ und mitempfindet.

Und noch ein weiteres wichtiges Detail: Da der Fötus durch die Nabelschnur mit der Mutter verbunden und so während der Schwangerschaft vollständig von den von ihr eingenommenen Nahrungsmitteln abhängig ist, ergeben sich für die schwangere Mutter zudem gewisse Nahrungsmittelbeschränkungen. So ist zum Beispiel von zu scharfen oder zu salzigen Gerichten während der Schwangerschaft abzuraten, weil der Körper des Kindes noch zu zart und zu neu ist, um solche Speisen zu ertragen.

Insbesondere sollte auch jede Art von Fleischgerichten gemieden werden, da Fleisch aufgrund der zahlreichen tierischen Hormone, der Antibiotika und der chemischen Angstgiftstoffe usw. übrigens nicht nur, aber gerade für Ungeborene und Kleinkinder zum Schädlichsten gehört, was man überhaupt zu sich nehmen kann. Und selbstverständlich sollte sich eine werdende Mutter zum Wohle ihres Kindes auch jeglicher Art von Drogen, Alkohol oder Nikotin enthalten.

Der Fötus nimmt die Wirkung solch giftiger Substanzen um ein Vielfaches stärker wahr als ein Erwachsener, und sie können bei ihm irreparable Schäden sowohl physischer als auch psychischer Art hervorrufen.

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KAPITEL 4: PRAKTISCHE FRAGEN ZUR REINKARNATION - DIE WIEDERGEBURT

Abtreibung und Empfängnisverhütung

Auch in bezug auf die nach wie vor aktuelle „Recht auf Leben“-Diskussion um die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Abtreibung können wir dem Shrimad-Bhagavatam wertvolle Lehren entnehmen. Diese vielschichtige und kontroverse Problematik ist im Grunde ohne die Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten von Karma und Reinkarnation gar nicht zu lösen, denn die in der Regel vorgebrachten Argumente und Gegenargumente betreffend soziale oder medizinische Rechtfertigung können zu keiner konkreten Schlußfolgerung führen. Vom Standpunkt der bisherigen philosophischen Erkenntnisse aus ist die Abtreibungsfrage hingegen leicht zu analysieren.

Den Beschreibungen des Shrimad-Bhagavatam zufolge geht die Seele bereits im Moment der Zeugung durch den männlichen Samen in die weibliche Eizelle ein, und der Fötus ist somit schon von der ersten Stunde an belebt und beseelt.

Da also das Leben bereits mit dem Augenblick der Zeugung „entsteht“, muß jeder Eingriff, der nach diesem Zeitpunkt zu einer „Schwangerschaftsunterbrechung“ führt, als Tötung bezeichnet werden, einerlei wie groß die Leibesfrucht ist und in welchem Monat sich die Schwangerschaft befindet. Durch eine Abtreibung vereitelt die Mutter (sowie die anderen Beteiligten) demjenigen Lebewesen die Geburt, dem es aufgrund seines Karma bestimmt war, sich als ihr Kind zu inkarnieren.

Dadurch, daß sie auf diese Weise die Verantwortung, die sie mit der Zeugung auf sich genommen hat, ablehnt, macht sie sich nicht nur des physischen Tötens schuldig, sondern auch dafür, die weitere Entwicklung der betreffenden Seele aufgehalten zu haben. Für diese karmische Tat wird sie sich wohl im gegenwärtigen Leben oder in kommenden Existenzen zu verantworten haben.

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KAPITEL 4: PRAKTISCHE FRAGEN ZUR REINKARNATION - DIE WIEDERGEBURT

Geburt und danach

Ein weiterer interessanter Punkt, der aus den oben angeführten Beschreibungen aus dem Dritten Canto des Shrimad-Bhagavatam hervorgeht, besteht darin, daß sich das ungeborene Kind seit dem siebten Monat der Schwangerschaft zuweilen an seine früheren Inkarnationen zu erinnern vermag. Dabei kommt es oft vor, daß es einerseits Fehler und Versäumnisse des vergangenen Lebens bereut und zum anderen auch neue Vorsätze für das bevorstehende Leben faßt.

Es heißt, daß eine Frau, die in den Geburtswehen liegt, sich schwört, nie wieder schwanger zu werden, um nicht nochmals solche starken Schmerzen zu erleiden. In ähnlicher Weise kann sich auch das ungeborene Kind, das die Leiden der Schwangerschaft und seiner eigenen Geburt erfährt, vornehmen, nie mehr materialistische Handlungen zu begehen, die es zwingen würden, in einen weiteren Mutterleib gesetzt zu werden und erneut Geburt und Tod zu ertragen.

Auch in diesem Bereich hat die moderne Reinkarnationsforschung einige höchst interessante Erkenntnisse zutage gefördert. Der Psychologe Otto Rank (1884–1939) hat beschrieben, welch großen Einfluß „das Trauma der Geburt“ auf das spätere Leben eines Menschen hat. Und der amerikanische Reinkarnationstherapeut Morris Netherton erklärt in seinem Buch „Bericht vom Leben vor dem Leben“, daß der Geburtsmoment bereits die „erste Belastungsprobe“ im Leben darstellt.

Nicht nur, daß das Kind beim Austritt aus dem Körper seiner Mutter einen starken Schock erleidet, da es zum ersten Mal das blendende Licht sieht, die Kälte der Welt spürt und erste bewußte Erfahrungen mit der Einsamkeit machen kann, sondern es wird darüber hinaus auch von dem Verhalten der anwesenden Personen, insbesondere der Mutter, nachhaltig geprägt.

So kam Netherton nach jahrelangen Gesprächen mit Patienten, die in der Rückführungstherapie (Regression) ihre eigene Geburt nochmals erlebten und ihre damaligen Eindrücke schilderten, zu folgendem Schluß: Wenn die Mutter bei der Geburt entspannt und möglichst ruhig ist und dem Kind in einer annehmenden Haltung gegenübersteht, wirkt sich dies auf die spätere „Belastbarkeit“ des Kindes äußerst positiv aus.

Ist die Mutter hingegen „gestreßt“, denkt sie nur an ihren eigenen Schmerz und lehnt sie das Kind innerlich ab, wird dieses später lebenslange Probleme mit Streßsituationen und Belastungen haben; außerdem wird die Beziehung zwischen der Mutter und dem Kind immer von diesem negativen Eindruck in der Geburtsstunde überschattet sein.

Obwohl viele von uns sich also in der Regel vor der Geburt davor fürchten, noch einmal geboren zu werden, und obwohl wir uns gute Vorsätze für das beginnende Leben nehmen, vergessen wir leider fast alles, nachdem wir aus dem Mutterleib herausgekommen sind und wieder im vollen Leben stehen, und so begehen wohl oft wieder die gleichen Fehler von neuem. Das Shrimad-Bhagavatam sagt in diesem Zusammenhang: 

Was Tod genannt wird, ist im Grunde nichts anderes als die Tatsache, daß man seine frühere materielle Identifikation vollständig vergißt. Wenn man von einem Körper in einen nächsten wandert, den man sich durch sein Karma selbst erschaffen hat, vertieft man sich derart in die genuß- und leidvollen Sinneseindrücke des neuen Körpers, daß man die Erfahrungen des vorherigen Körpers völlig vergißt.
 

Und was Geburt genannt wird, ist im Grunde nichts anderes als die Tatsache, daß man sich wieder vollständig mit seinem neuen Körper identifiziert. Man akzeptiert diesen neuen Körper in genau der gleichen Weise als real, wie man die Erfahrungen während eines Traumes oder wie man gewisse Wunschvorstellungen für Realität hält.

 

Und genau wie man sich während eines Traumes nicht an seine früheren Träume erinnern kann, so denkt man, nachdem man in den gegenwärtigen Körper eingegangen ist, man sei erst kürzlich erschaffen worden, obwohl man bereits lange zuvor existiert hat. (SB. 11.22.39–41)

Hier wird der Grund angegeben, warum wir nach der Geburt meist sämtliche Erinnerungen an unsere vorherigen Existenzen vergessen: aufgrund unserer sofortigen Identifikation mit unserem neuen Körper. Fasziniert von den neuen Erfahrungsmöglichkeiten, die uns der noch junge Körper bietet, versuchen wir bereits von Kindesbeinen an mit ungebrochenem Enthusiasmus aufs neue, unsere alten Wünsche nach materiellem Genuß zu befriedigen. Dabei denken wir fälschlicherweise, daß dieser Körper unser erster und einziger sei. Auf diese Weise setzt sich der Kreislauf von Geburt und Tod scheinbar endlos fort.

Wie der obige Vers außerdem erklärt, können wir auch im Zusammenhang mit dem Schlaf eine kleine Erfahrung solchen Vergessens machen. Daher sind im griechischen Mythos Thanatos (Tod) und Hypnos (Schlaf) Zwillingsbrüder, beides Söhne der Nyx (Nacht).

Auch die moderne Psychologie spricht zuweilen vom Schlaf als von dem „kleinen Bruder des Todes“. Jede Nacht sterben wir einen kleinen Tod, indem wir uns, zusammen mit dem feinstofflichen Körper, von unserem grobstofflichen Körper lösen und nur noch durch einen feinstofflichen „Silberfaden“ mit diesem verbunden bleiben.

Betrachten wir beispielsweise den Aspekt des Vergessens: Wenngleich wir normalerweise mit dem Aufwachen den Traumkörper vergessen, kann es doch sein, daß wir uns kurz nach dem Auftauchen aus dem Schlaf (im sogenannten „Alpha-Zustand“) noch an gewisse Einzelheiten mehr oder weniger deutlich zu erinnern vermögen, so daß wir den Traum beispielsweise aufschreiben oder bewußt überdenken können. Warten wir jedoch zu lange mit dem Aufschreiben oder Überdenken, so geht uns die Erinnerung an den Traum meistens verloren.

Genauso verhält es sich mit den Erinnerungen an frühere Inkarnationen. Obwohl es die Naturgesetze so eingerichtet haben, daß wir in der Regel unsere Erinnerungen an frühere Existenzen vergessen, gibt es, wie die moderne Reinkarnationsforschung ausreichend ermittelt hat, dazu auch Ausnahmen.

Diese Ausnahmefälle – vor allem die sogenannten „spontanen Rückerinnerungen“ bei Kindern bis zum Alter von etwa fünf oder zehn Jahren –, treten viel öfter auf, als man gemeinhin annehmen würde, nur vermögen Kinder diese nicht richtig zu artikulieren und mitzuteilen, weshalb sie von den Erwachsenen im allgemeinen nicht ernst genommen werden.

Dazu kommt, daß die gesamte Erziehung, vor allem hier im Westen, meist ganz und gar nicht darauf ausgerichtet ist, dem Kind den Unterschied zwischen Körper und Seele klarzumachen, so daß alle Erinnerungen mit der Zeit in Vergessenheit geraten – das heißt ins Unterbewußtsein verdrängt werden, von wo man sie allerdings mit geeigneten Mitteln später wieder abrufen kann. (Alle diese Themen werden in Kapitel 7 weiter behandelt werden.)

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