Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes - seine Gesetze und sein Zweck

von  Johannes Greber
 

Teil 2 von 4


 

 

Medien und Medienschulen in der Bibel

 

Ich habe von euren Söhnen manche als
Propheten und von euren Jünglingen manche
als Gottgeweihte auftreten lassen.
Amos 2, 11

 

 

Den Menschen der Jetztzeit erscheint der Gedanke an die Möglichkeit des Verkehrs der Geister mit der Menschenwelt als etwas Fremdes und Neues. Das kommt daher, daß ihr die Bibel nur oberflächlich lest und über ihre Berichte nicht tiefer nachdenkt. Sonst müßtet ihr euch doch bei dem, was darin mitgeteilt wird, einmal die Frage vorlegen: 'Wie geschah das alles? Wie ging das vor sich? Wie habe ich mir das zu denken? Wie soll ich mir das erklären?'

 

Wenn schon in den ersten Abschnitten der Bibel davon die Rede ist, daß Gott mit den Menschen sprach, daß er mit Adam und Eva, mit Kain und Abel, mit Abraham, Isaak und Jakob und Mose redete, dann müßtet ihr als denkende Menschen wenigstens versuchen, euch den Hergang klarzumachen. Diejenigen, zu denen die Geister Gottes damals sprachen, waren doch Menschen wie ihr. Sie hatten ihre Sünden und Fehler wie ihr. Die Naturgesetze ihres irdischen Daseins waren ebenfalls dieselben wie damals.

 

Und wenn ihr dann weiterlest, wie ein täglicher Verkehr zwischen dem israelitischen Volke und dem jenseitigen Geisterreich bestand, wie jeder Gott fragen konnte und Antwort erhielt, wie die Führer des Volkes nichts unternahmen ohne Anweisung aus der guten Geisterwelt, dann muß euch euer gesunder Menschenverstand sagen: Also ist eine Verbindung mit der Geisterwelt möglich. Und wenn sie möglich ist und Jahrtausende hindurch von den Menschen aufrechterhalten wurde, warum sollte dann die Menschheit von heute diese Verbindung nicht mehr haben können?

 

Ihr scheint allerdings zu glauben, daß es bloß von der Geisterwelt abhänge, ob sie mit euch verkehrt oder nicht, und daß sie aus sich allein und nach eigenem Belieben die Verbindung herbeiführen könne, ohne daß ihr selbst dabei irgendwie mitzuwirken hättet. Ihr denkt euch das wohl so, als ob die Geister jederzeit zu den Menschen auf Besuch kommen könnten, und die Menschen brauchten ihnen bloß Zutritt zu gewähren und hätten lediglich zuzuhören, was ihnen die Geisterwelt mitteilt.

 

Und da ihr heute von dem Geisterverkehr der früheren Zeit, der in der Bibel eine so große Rolle spielt, nichts mehr merkt, so ist bei euch die Meinung aufgekommen, das Jenseits habe den Verkehr mit dem Diesseits endgültig eingestellt. Das ist ein bedauerlicher Irrtum. Die gute Geisterwelt sehnt sich vielmehr auch heute danach, zu euch zu kommen und ist bereit, die Brücke zu betreten, die vom Jenseits zum Diesseits führt. Aber ihr selbst müßt die Brücke bauen helfen. Auch in den früheren Zeiten mußten von Seiten der Menschen alle Vorbedingungen erfüllt werden, die den Verkehr der Geisterwelt mit den Menschen ermöglichten. Die alten Völker kannten diese Vorbedingungen und richteten sich danach.

 

Heute meint ihr, wenn ihr die Vorgänge in der Bibel lest, die als Begleiterscheinungen der Geisterkundgebungen geschildert werden, das sei alles bloß äußere Ausschmückung und habe mit dem Geisterverkehr selbst nichts zu tun. Glaubt ihr wirklich, es sei bloß Spielerei gewesen und überflüssiges, äußeres Getue, wenn der Engel des Herrn aus dem brennenden Dornbusch zu Mose und aus der Wolkensäule zu den Israeliten sprach, so daß er auch ohne diese Odflamme und Odsäule sich hätte verständlich machen können?

 

Meint ihr vielleicht, Gott habe einen Scherz gemacht, als er zu Mose sagte: 'Ich will die Wolke noch dichter machen, damit mich das ganze Volk hören kann, wenn ich mit dir spreche' ? - Als ob er die Verstärkung des Schalles seiner Worte auch ohne Verstärkung der Odwolke hätte erreichen können. - Oder seid ihr der Ansicht, daß die gewaltige Wolke, die den Berg Sinai während des Donners und Posaunenschalles einhüllte, bloß äußere Aufmachung war, so daß der Donner und Posaunenschall auch ohne jenes Gewölk hätte hervorgebracht werden können?

 

Und wenn David den Priester Abjathar bittet, das Ephod mit dem Orakelschild zu bringen, weil er Gott fragen wollte und Gott ihm antworten sollte , war da das Orakelschild vielleicht auch nur Spielerei? - Oder waren die Flammen im Dornbusch, Wolkensäule, Orakelschild und andere Dinge, die euch in der Bibel bei dem Verkehr der Geisterwelt mit den Menschen begegnen, nicht vielmehr die unbedingt notwendigen Leitungsdrähte, durch die das 'Telefongespräch' aus dem Jenseits nach dem Diesseits ermöglicht wurde?

 

Sie bildeten in der Tat eine Brücke, über die Gottes Geister zu jenen Menschen kamen. Ohne diese Brücke wäre ihr Kommen unmöglich gewesen. Das Material, das die irdischen Geschöpfe dazu lieferten, war die Odkraft, die beim brennenden Dornbusch in Gestalt einer Flamme, bei der Wolkensäule in Gestalt einer Odwolke allein sichtbar in Erscheinung trat, wie sie auch bei den vielen Geisterverkörperungen in jenen Zeiten zur Bildung der materiellen Gestalt des Geistes erforderlich war. Dieselbe Kraft mußte den Geistern in hinreichender Menge zur Verfügung stehen, die bei dem Orakelschild die Buchstaben anzeigten, aus denen die Sätze gebildet wurden, welche die Antworten des Jenseits enthielten.

 

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Wahre und falsche Propheten

 

Die Quellen der Odkraft für den Geisterverkehr in der Bibel bildeten, genau wie heute, die 'Medien'. In den Schriften des Alten Testamentes lest ihr so viel von 'Propheten' und 'Prophetenschulen'. Was denkt ihr euch darunter? Glaubt ihr vielleicht, daß man in Schulen die Prophetengabe erlernen könne, wie man eine weltliche Wissenschaft erlernt? Nach eurem heutigen Sprachgebrauch versteht ihr ja unter einem 'Propheten' einen Menschen, der die Zukunft voraussagen kann. Danach müßtet ihr annehmen, daß man in den alten 'Prophetenschulen' sich die Fähigkeit erwerben konnte, zukünftige Dinge vorherzusagen.

 

Das ist eine falsche Auffassung von der Bedeutung der Worte 'Prophet' und 'Prophetenschulen' in der Bibel.

 

Ein 'Prophet' ist ein Mensch, aus dem nicht der eigene Geist, sondern ein anderes Geistwesen spricht. In diesem Sinne schreibt der Apostel Paulus von 'Prophetengeistern' (1. Kor. 14, 32). - Sind es Geister der Wahrheit, die sich durch die 'Propheten' kundgeben, so nennt man diese 'wahre' oder 'echte' Propheten. Sind es aber Geister der Lüge, also böse Geister, so hat die Bibel dafür die Bezeichnung 'falsche Propheten'.

 

Was man in den biblischen Zeiten 'Prophet' nannte, bezeichnet ihr heute als 'Medium'. Auf den Sprachgebrauch kommt es nicht an, sondern auf die Sache selbst. Alle großen Persönlichkeiten des Alten und des Neuen Testamentes waren große 'Medien'. Werden auch ihre medialen Zustände, in denen sie ihre Odkraft an die Geisterwelt abgaben, nicht ausführlich in den Heiligen Schriften geschildert, so sind sie doch nicht selten in den Berichten wenigstens angedeutet.

 

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Abraham und Mose als Medien

 

Abraham war Medium. Auf seine Trancezustände, die bei seinem Verkehr mit dem Jenseits zum Zweck der Odabgabe eintraten, wird an einer Stelle klar hingewiesen: 'Als nun die Sonne untergehen wollte, da fiel ein tiefer Schlaf auf Abraham und zugleich stellte sich eine Beängstigung und tiefe Finsternis bei ihm ein ... Als dann die Sonne untergegangen war und es ganz finster wurde, da war es wie ein rauchender Ofen und wie eine Feuerfackel, was zwischen jenen Fleischstücken hindurchfuhr' (1. Mose 15, 12 u. 17).

 

Der tiefe Schlaf war nicht ein natürlicher Schlaf, sondern das was ihr auch heute 'medialen Schlaf' nennt, in dem das Od des Mediums frei wird zum Gebrauch für die Kundgebungen der Geisterwelt. Die Beängstigung und tiefe Finsternis, von der hier die Rede ist und von der nicht selten die dem Guten dienenden Medien befallen werden, ist eine Wirkung der bösen Geisterwelt, die dadurch die Kundgebung der guten Geister zu verhindern sucht. Denn das Angstgefühl hemmt bei jedem Medium die Odabgabe und macht eine Geisterkundgebung unmöglich.

 

Schon vorher hatte das Böse bei Abraham störend einzugreifen versucht. Abraham hatte nämlich auf Geheiß des Herrn Tiere geschlachtet und in Stücke zerlegt. Da stürzten 'Raubvögel' auf die Stücke herab, aber Abraham verscheuchte sie. Das Schlachten der Opfertiere hatte den Zweck, außer der Odkraft des Abraham noch eine andere Odquelle zu erschließen, nämlich das Od der geschlachteten Tiere. Was in dem hier vorliegenden Bericht als 'Raubvögel' bezeichnet wird, waren keine natürlichen Raubvögel.

 

Es waren als Raubvögel materialisierte böse Geistwesen. Nur in einer Materialisierung war es ihnen möglich, die Fleischstücke fort zu nehmen. Nun verstehst du auch, worauf es ihnen ankam. Sie wollten zunächst die durch das Schlachten der Tiere erschlossene Odquelle beseitigen, und dann versuchten sie, die menschliche Odquelle, die Abraham als Medium war, durch Einflößung des Angstgefühls zu verschütten. Zu dem medialen Geschehen wurde die Dunkelheit gewählt, weil bei der notwendigen Verdichtung des Ods nach den bekannten Gesetzen Licht und Wärme nachteilig wirken. - Daß das, was hier als 'Rauch' bezeichnet wird, der feurig leuchtete, das Od war, ist dir bekannt.

 

Auch Mose war Medium. Er gab das Od ab, das im Dornbusch als Flamme leuchtete. Es wurde verstärkt durch die Odabgabe der dicht dabei ruhenden Herde, die Mose zu weiden hatte. Auch hier war es Nachtzeit. Die Odverdichtung erschien in einem Dornbusch, weil er mit seinen vielen Verästelungen gewissermaßen als ein Vorhang wirkte, der die Odmasse zusammenhielt, ähnlich wie der Vorhang des 'Offenbarungszeltes' und das 'Kabinett' in den heutigen spiritistischen Sitzungen. Auch hatte der Dornstrauch selbst Od, das sich mit dem anderen Od vereinigte.

 

Man nannte die 'Medien' in den ältesten Zeiten 'Seher', weil sie außer ihren sonstigen medialen Fähigkeiten meistens auch die Gabe des 'Hellsehens' besaßen. Erst später kam die Bezeichnung 'Prophet' auf.

 

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Samuel und seine Medienschule

 

In allen Orten gab es solche 'Seher' oder 'Propheten'. Als Saul mit seinem Knecht die entlaufenen Eselinnen seines Vaters suchte und nicht fand, sagte der Knecht zu ihm: 'Hier in dem Ort wohnt ein 'Seher'. Laß uns zu ihm gehen. Vielleicht gibt er uns Auskunft.' Und an dieser Stelle fügt der biblische Bericht erläuternd hinzu: 'Ehedem gebrauchte man in Israel, wenn man zur Befragung Gottes ging, die Redensart: Kommt, laßt uns zum 'Seher' gehen. Denn einen Menschen, der heutzutage 'Prophet' heißt, nannte man ehedem 'Seher'' (1. Samuel 9, 6+9). - So kamen Saul und sein Knecht zu Samuel.

 

Samuel war nicht bloß selbst 'Medium', sondern leitete auch die 'Medienschule' in Rama. Solche Schulen nannte man damals 'Prophetenschulen'.

 

Als Saul auf seinem Heimweg nach Gibea kam, begegnete ihm eine Schar 'Medien', die sich im Trancezustand befanden und aus denen Geister das Lob Gottes verkündeten. Da geriet auch Saul in diesen Zustand und ein Geist kam in ihn.

 

Eure Bibelübersetzer, die nicht wissen, was dieser Zustand zu bedeuten hat, sagen: 'Er geriet in prophetische Begeisterung' - ein Ausdruck, unter dem der Leser sich nichts Rechtes vorstellen kann. Nicht der Geist Sauls und der 'Medien', die ihm begegneten, geriet in Begeisterung, sondern gute Geistwesen des Jenseits nahmen von ihnen Besitz. Die Medien brauchten dabei nicht in dem Zustand des 'Tieftrance' zu sein, sondern es genügte das, was ihr heute 'Teiltrance' oder 'Halbtrance' nennt.

 

Ferner berichtet die Bibel, daß David sich zu Samuel nach Rama flüchtete, wo beide im 'Prophetenhaus', also in der 'Medienschule', wohnten. Als Saul nun dorthin Boten schickte, um David zu holen, hielt Samuel gerade eine Sitzung mit den Medien ab. Sie befanden sich im Trancezustand, als die Boten Sauls eintrafen. Eure Bibelübersetzung berichtet darüber:

 

'Als die Boten die Versammlung der Propheten sahen, die sich in 'Begeisterung' befanden und Samuel an ihrer Spitze stehend erblickten, kam der Geist Gottes über die Boten Sauls, so daß auch sie in prophetische Begeisterung gerieten. Als man das dem Saul meldete, schickte er andere Boten ab; aber auch diese wurden verzückt. Und ebenso erging es den Boten, die Saul zum drittenmal sandte. Da ging er selbst nach Rama. Als er bei der großen Zisterne, die sich in Sechu befindet, angekommen war, fragte er: Wo sind Samuel und David?

 

Man antwortete ihm: Im Prophetenhaus in Rama. Er ging also von dort zum Prophetenhause nach Rama. Als er aber noch unterwegs war, kam auch über ihn ein Geist Gottes, und er befand sich ununterbrochen in 'prophetischer Begeisterung' bis zu seiner Ankunft im Prophetenhaus in Rama. Da zog auch er seine Oberkleider aus und war ebenfalls in 'Verzückung' und lag in bloßen Unterkleidern während jenes ganzen Tages und der ganzen Nacht da. Daher pflegt man zu sagen: 'Gehört auch Saul zu den Propheten?' (1. Samuel 19, 18-24).

 

Manches in diesem Bericht bedarf der Erklärung. Der Umstand, daß alle Boten Sauls so schnell in 'Trance' gerieten, ist damit zu erklären, daß sie sehr medial waren. Bei der großen und starken Odströmung nun, die in einer Versammlung von ausgebildeten oder in der Ausbildung begriffenen Medien vorhanden ist, wie hier in der Medienschule Samuels, war es für die Geisterwelt nicht schwer, die 'Halbtrance' bei denen herbeizuführen, die eine mediale Veranlagung hatten.

 

Saul selbst war Medium. So waren bei ihm nicht fremde Odkräfte nötig, um ihn in Halbtrance zu bringen. Deshalb kam er schon auf dem Wege nach Rama in diesen Zustand.

 

Daran, daß die Medien in der Medienschule in Rama in leichten Unterkleidern dasaßen oder nach der Sitte der damaligen Zeit dalagen, dürft ihr euch nicht stoßen. Auch heute nehmen die Medien in möglichst leichter Kleidung an den Sitzungen teil. Denn es muß vermieden werden, daß sich bei ihnen eine große Wärme entwickelt, weil die Wärme, wie du weißt, auf die Odverdichtung ungünstig einwirkt und sie erschwert. Aus diesem Grund lag auch Saul in seinen Unterkleidern da.

 

Wenn gesagt ist, daß er einen Tag und eine Nacht so zugebracht hat, so soll damit nicht ausgedrückt werden, daß er während dieser ganzen Zeit in 'Trance' war. Er wurde deshalb so lange dort festgehalten, weil es der letzte Versuch der guten Geisterwelt war, Saul wieder zu seinem Gott zurückzuführen. Er war ja infolge seines Ungehorsams von Gott abgefallen. Mit der guten Geisterwelt stand er nicht mehr in Verbindung, sondern ein böser Geist beherrschte ihn. Er war ja an diesem Tage nach Rama gekommen, um David gefangenzunehmen und zu töten.

 

Das alles wurde ihm nun als letzter Ruf Gottes durch die Geister Gottes, die durch die anwesenden Medien sprachen, in den mannigfachsten Kundgebungen vorgehalten. Samuel selbst bemühte sich, den von ihm gesalbten ersten König durch eindringliche Mahnung vor dem drohenden Verderben zu retten. Denselben Zweck verfolgte Samuel mit den verschiedenen Gottesdiensten, die er im Beisein des Saul hielt und von denen in eurem biblischen Bericht nichts erwähnt wird. Er wollte das Herz des Königs rühren und zur Umkehr bewegen.

 

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Die Gefahren für die Medien im Alten Bund

 

Der Gottesdienst war überhaupt das Wichtigste in den 'Medienschulen'. Die angehenden Medien oder 'Prophetenschüler', wie sie damals genannt wurden, sollten in ihrer ganzen inneren Einstellung mit Gott in innige Verbindung gebracht werden. Unerschütterlicher Gottesglaube und tiefes Gottvertrauen sollten die Grundlage bilden, auf der sich die medialen Fähigkeiten der Schüler entwickelten. So sollten sie befähigt werden, als würdige Werkzeuge Gottes und seiner Geisterwelt ihren Mitmenschen zu dienen. Denn die Gefahren, die den Medien damals drohten, waren dieselben wie heute.

 

Die größte Gefahr bildet, wie es zu allen Zeiten der Fall ist, auch damals die Sucht nach Ehre und nach Geld. Die Medien standen in hohem Ansehen. Nicht bloß die weltlichen Herrscher waren bemüht, sie in großer Zahl um sich zu haben, sondern auch die einzelnen wohlhabenden Familien hielten sich ein Medium zum Befragen des Jenseits und nannten es 'Priester'. Man gab ihnen reiche Geschenke und den gesamten Lebensunterhalt. Es waren meistens Medien, die ihr heute 'Planchettemedien' nennen würdet. Sie benutzten zum Befragen der Geisterwelt das 'Orakelschild', eine Nachbildung des Orakelschildes im Offenbarungszelt.

 

Das Gesagte wird dir bestätigt durch einen Bericht im Buche der Richter. Da wird geschildert, wie ein Mann mit Namen Micha das der Mutter entwendete Geld an sie zurückgab. Diese ließ von einem Teile des Geldes ein 'geschnitztes und ein gegossenes Gottesbild' anfertigen, das im Hause Michas aufgestellt wurde. Er stellte einen seiner Söhne an, um ihm dabei als 'Priester' zu dienen. Er gewann aber auch noch einen Leviten aus Bethlehem zu diesem Zweck und sagte zum:

 

'Bleibe bei mir und sei mir Vater und Priester, so will ich dir jährlich zehn Schekel Silber geben und für Kleidung und deinen Lebensunterhalt aufkommen. Als er dann dem Levitenleiter zuredete, erklärte dieser sich einverstanden' (Richter 17, 10). - Was in eurer Übersetzung als ein 'geschnitztes und gegossenes Gottesbild' bezeichnet wird, waren die beiden Teile der 'Planchette'.

 

Es ist menschlich zu verstehen, daß die Medien sich die Gunst derer zu erhalten suchten, bei denen sie lebten. Aber darin lag die große Gefahr. In dem Bestreben, dem Brotherrn nur Angenehmes zu sagen, schreckten sie bisweilen nicht davor zurück, die ihnen gewordene unangenehme Wahrheit zu verheimlichen und die Unwahrheit an ihre Stelle zu setzen. So wurden sie zu 'Lügenpropheten'. Damit schieden sie aus der Verbindung mit der guten Geisterwelt aus und wurden Werkzeuge der Bösen, wenn sie auch zum Schein noch den Namen Gottes bei ihrer medialen Betätigung im Munde führten.

 

Besonders die Medien, die im Dienste der weltlichen Gewalthaber standen, fielen leicht dieser Versuchung zum Opfer, wie dir die Geschichte des Königs Ahab zeigt (1. Kön. 22). Dort vereinbarten 400 Medien, dem König nur Angenehmes zu sagen. Eine solche Vereinbarung entsprang ihrer eigenen schlechten Gesinnung. Damit schlossen sie sich aber auch von der Verbindung mit den Geistern der Wahrheit aus und wußten, daß sie sich zu Werkzeugen von Lügengeistern machten.

 

Sie mußten, daher fürchten, daß sie als 'Lügenpropheten' entlarvt würden, wenn der König ein Medium des Guten befragen würde. Als daher der König den Propheten Micha, der ein Medium der guten Geisterwelt war, zur Befragung kommen ließ, suchten sie ihn durch einen Boten zu überreden, ebenfalls nur Angenehmes dem König zu sagen. Dieser kündete jedoch dem König seinen Untergang, wie es ihm der Geist Gottes geoffenbart hatte. Da gab ihm einer der anwesenden Lügenpropheten eine Backenstreich mit den Worten:

 

'Wie, ist etwa der Geist des Herrn von mir gewichen, um mit dir zu reden?' - Hier siehst du die ganze Verworfenheit eines Prophetentums, das aus Ehr- und Geldsucht sich der Lüge und dem Betrug hingibt und doch den Schein erweckt, als ob es ein Werkzeug Gottes wäre. Seine medialen Kundgebungen gehen von Lügengeistern aus. Das weiß jenes Prophetentum. Und seine schlechte Gesinnung sucht Mittel und Wege, jene Lügen zu verdecken.

 

Ein solches Medientum mußte unter dem Einfluß gottentfremdeter Könige auch zum Unheil für das ganze Volk werden, sobald es sich offen auf die Seite des ausgesprochenen Götzendienstes stellte. 'Propheten des Baal' wurden sie dann genannt. Ihre Zahl war außerordentlich groß. Manchmal gab es fast keine Medien des Guten mehr. So heißt es von der Zeit des Hohen Priesters Eli: 'In der Zeit, wo der junge Samuel den Dienst des Herrn unter Elis Aufsicht versah, waren Offenbarungen des Herrn in Israel etwas Seltenes' (1. Sam. 3, 1).

 

Auf dem Berg Karmel stand der Prophet Elia als einziger 'Prophet Gottes' den 450 Propheten Baals und den 400 Propheten der Aschera gegenüber.

 

Daß sich auch in den alten Zeiten die Medien durch irdische Vorteile verleiten ließen, ihre mediale Gabe zu mißbrauchen, geht aus den Worten hervor, die Gott durch den Propheten aussprechen ließ: 'So hat der Herr wider die Propheten gesprochen, die mein Volk irreführen, die Glück verkünden, wenn ihre Zähne was zu beißen haben, aber gegen den, der ihnen nichts für ihren Mund gibt, den heiligen Krieg predigen' (Micha 3, 5). - 'Ihre Propheten wahrsagen für Geld, und dabei berufen sie sich auf den Herren' (Micha 3, 11).

 

Ihr dürft nicht glauben, daß die Menschen der damaligen Zeit alle Phänomene, die durch die Medien hervorgebracht wurden, ohne weiteres als echt hinnahmen. Sie waren den Medien gegenüber genauso mißtrauisch, wie ihr es heute seid. Sie rechneten damit, daß sie das Opfer von Betrügereien werden könnten. Sie fesselten die Medien, um sicher zu sein, daß sie nicht durch Taschenspielerkünste ihnen etwas vorgaukelten.

 

Darum hatten die privaten Medien, die einen Broterwerb aus der medialen Gabe machten, in ihren Häusern geeignete Binden für Kopf, Hände und Füße bereit. Damit ließen sie sich von den Besuchern festbinden. Wenn dann doch Erscheinungen erfolgten, die nur von Geistwesen herrühren konnten und auch tatsächlich herrührten, so machte dies auf die Anwesenden einen tiefen Eindruck, und sie wurden für diesen Geisterverkehr gewonnen. Da es aber keine guten Geister waren, die sich solcher Medien als Werkzeuge bedienten, verfielen die Teilnehmer an derartigen Veranstaltungen nach und nach dem Bösen.

 

Die Lehren, die ihnen die bösen Geistwesen durch die Medien gaben, drängten sie vom wahren Gott ab und verleiteten sie zu den schändlichsten Lastern. Besonders waren es die weiblichen 'Medien', die großen Zulauf hatten. Gegen sie richtet sich eine Drohung Gottes bei dem Propheten Hesekiel: 'Du aber, Menschensohn, tritt gegen die Töchter deines Volkes auf, die sich nach eigenem Gutdünken als 'Prophetinnen' gebärden; sprich dich gegen sie aus und sage:

 

So hat Gott der Herr gesprochen: Wehe den Weibern, die da Binden zusammennähen für alle Handgelenke und Kapuzen in geeigneter Größe anfertigen, um Seelen zu fangen; Seelen fangt ihr mir weg. Ihr entheiligt mich bei meinem Volk um ein paar Hände voll Gerste und um einige Bissen Brot, um Seelen zu töten, die nicht sterben sollten, indem ihr mein Volk belügt, das gern auf Lügen hört.' (13, 17 ff.)

 

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Die Ausbildung der Medien im Altertum

 

Die Art der Ausbildung der Medien in den Medienschulen der biblischen Zeiten wird in den Urkunden der Heiligen Schriften nicht näher beschrieben. Sie bestand zunächst darin, daß die mediale Veranlagung der Schüler geprüft wurde. Schon nach kurzer Zeit stellte es sich heraus, bei wem diese Veranlagung vorhanden war. Wer sich nicht eignete, wurde entlassen.

 

Aber auch diejenigen, die eine große mediale Begabung aufwiesen, wurden nur dann als Schüler behalten, wenn ihre Chraktereigenschaften eine Ausübung des Medienberufes im Dienste des Guten und Göttlichen verbürgten. Darauf legten die Leiter der guten Medienschulen den Hauptwert, während in den Medienschulen der Götzenpriester nur die mediale Kraft eines Schülers in Frage kam. Es war damals derselbe Unterschied in der Ausbildung der Medien vorhanden, den ihr in der jetzigen Zeit feststellen könnt.

 

Du selbst hast die Ausbildung einiger Medien mit eigenen Augen angesehen. Du hast die Zusammenkünfte selbst veranlaßt und geleitet, in denen sich die Ausbildung vollzog. Diese Zusammenkünfte gestaltetest du als Gottesdienste und gabst dir Mühe, dich und die Teilnehmer Gott näherzubringen. Ihr stelltet euch unter den Schutz Gottes. Mit Gebet und Lobpreis Gottes habt ihr die Stunde begonnen und geschlossen. Das in den Heiligen Schriften niedergelegte Wort Gottes war eure Lesung. Ihr strebtet nur nach dem Guten und wolltet, wenn es der Wille Gottes sein sollte, brauchbare Werkzeuge des Guten werden.

 

Auf diese Weise suchte man auch bei den gottesgläubigen Israeliten die Medien auszubilden.

 

Im Gegensatz hierzu müßtest du dir den Betrieb in den meisten der heutigen 'spiritistischen Sitzungen' ansehen können. Von Gott, einem Lobpreis Gottes ist dabei meistens nicht die Rede. Man kommt zusammen, um etwas Außergewöhnliches und Nervenerregendes zu erleben. Durch wen es verursacht wird, ob durch gute Geistwesen oder durch böse, ist nebensächlich. Zudem glauben sehr viele überhaupt nicht daran, daß die Phänomene eine Wirkung der Geisterwelt seien.

 

Man sucht sie 'menschlich' zu erklären. Damit ist der einzige Zweck, den die gute Geisterwelt durch ihre Verbindung mit den Menschen erreichen will, nämlich den Menschen seinem Gott näherzubringen, von vornherein unmöglich gemacht.

 

Dieser Art waren auch die Zusammenkünfte, in denen die 'Medien Baals' ausgebildet wurden. Zwar wußte man damals, daß es sich um den Verkehr mit der Geisterwelt handelte. Aber allen, die sich an dem niedrigen Spiritismus beteiligten, war es bloß darum zu tun, etwas auf diesem Wege zu erleben und zu erfahren, was ihr rein irdisches Tun und Streben befriedigte. Das jenseitige Schicksal lag ihnen fern, ebenso fern, wie den meisten Menschen des jetzigen Zeitalters. Daher hatten sie auch kein Interesse daran, daß die Medien bei ihrer Ausbildung für das Hohe und Göttliche vorbereitet wurden.

 

Die Medienschulen der Götzenpriester werden in der Bibel nicht näher erwähnt, weil die Ausbildung der 'Medien des Baal' sich in den allgemeinen Versammlungen vollzog, die zum Zwecke des Götzendienstes abgehalten wurden. Zur Erreichung des Schlechten bedarf es keiner besonderen Ausbildung. Das stellt sich von selbst ein. Denn 'der Mensch ist zum Bösen geneigt von Jugend an'. Aber wer das Gute und Gottgewollte erlangen will, wird es nur nach großen Anstrengungen und schweren Kämpfen erreichen .

 

Dazu bedarf es einer besonderen Vorbereitung. Diese war daher bei den Medien erforderlich, die sich entschlossen, nur als Werkzeug des Göttlichen dienen zu wollen. Sie wurden in den 'Prophetenschulen' ausgebildet, die in der Bibel erwähnt sind; sie hatten Gottesmänner, wie einen Samuel, Elia und Elisa als Lehrer und geistliche Führer.

 

In den Zeiten, wo große und gottbegnadete Männer an der Spitze solcher 'Medienschulen' standen, wie zu den Zeiten des Samuel, des Elia und des Elisa, war der Andrang zu diesen Schulen sehr groß. Denn die gottesgläubigen Familien betrachteten es als besonderes Geschenk Gottes, wenn eines ihrer Kinder die mediale Gabe besaß und sie unter Leitung jener Männer ausbilden konnte.

 

Zur Zeit des Elia und des Elisa gab es in jedem größeren Ort eine Medienschule. So in Rama, Gilgal, Bethel, Jericho und anderen Orten. Die Prophetenschüler des Elisa waren so zahlreich, daß der Raum, in dem sie zusammenkamen, nicht mehr ausreichte. Darum sagten sie eines Tages zu Elisa: 'Sieh doch, der Raum, wo wir hier beim Unterricht vor dir sitzen, ist zu eng für uns. Wir wollen daher an den Jordan gehen und ein jeder von uns einen Balken holen, damit wir uns dort einen Raum herrichten, wo wir wohnen können.' Er antwortete: 'Ja, gehet hin!' (2. Könige 6, 1- 2).

 

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Die Medien der ersten Christen

 

Im Neuen Testament hatte man bei den Christen keine eigenen Medienschulen. Sie waren deswegen nicht nötig, weil die gottesdienstlichen Versammlungen in einer Weise abgehalten wurden, daß sie die Tätigkeit der früheren Medienschulen vollkommen ersetzten. Man reichte sich die Hände beim Beten, um zum Ausdruck zu bringen, daß alle 'ein Herz und eine Seele' seien, daß die Liebe sie zu einer Gemeinschaft verbinde und daß sie darum auch als eine Einheit zu Gott beten wollten: Alle zusammen als Glieder eines geistigen Leibes, von einem Geist beseelt, zu einer Hoffnung berufen, durch denselben Glauben verbunden, flehend zu dem einen Gott.

 

Diese Händereichung hatte für die medial Veranlagten unter den Versammlungsteilnehmern eine große Bedeutung. Denn dadurch wurde die Odkraft der Anwesenden zu einem Odstrom vereint. Ihn konnten die Geister Gottes benutzen, um sowohl durch die ausgebildeten Medien sich kundzutun, als auch die werdenden Medien auszubilden. Die medialen Vorgänge waren den ersten Christen von ihrer Heidenzeit her sehr gut bekannt, so daß sie darüber Bescheid wußten.

 

Sie hatten ja als Heiden dem Verkehr mit der bösen Geisterwelt gehuldigt, und die natürlichen Gesetze dieses Verkehrs waren ihnen geläufig. Sie wußten, daß der ganze heidnische Götzendienst nichts anderes war, als eine Verbindung mit den Dämonen, die unter denselben naturgesetzlichen Bedingungen sich vollzog, wie die Verbindung mit den guten Geistern.

 

Darum brauchte auch Paulus die Korinther nicht erst über die Gesetze zu belehren, unter denen ein Geisterverkehr überhaupt zustande kommt, sondern bloß über die Wirkungen, welche die guten Geistwesen im Gegensatz zu den bösen bei ihnen hervorbrachten.

 

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Der Apostel Paulus über Geisterverkehr und Medien

 

Die Kapitel 12 und 14 des ersten Korintherbriefes enthalten über den guten Geisterverkehr alles, was ein gläubiger, gottsuchender Mensch darüber wissen muß. Nur versteht ihr heute leider die Belehrungen nicht mehr, die der Apostel den Korinthern in jenen Kapiteln gegeben hat. Das kommt vor allem daher, weil ihr euch über den Geisterverkehr überhaupt in Unkenntnis befindet. Dann tragen eure falschen Bibelübersetzungen daran einen großen Teil der Schuld sowie die falschen Erklärungen, die aufgrund der unrichtigen Übersetzungen den Christen gegeben werden.

 

Wegen der Wichtigkeit der Sache möchte ich daher die Kapitel 12 und 14 des ersten Korintherbriefes mit dir durchgehen und dir die richtige Erklärung davon geben.

 

Nach eurer Übersetzung beginnt das 12. Kapitel mit den Worten: 'Inbetreff der Geistesgaben will ich euch, liebe Brüder, nicht im Unklaren lassen. Ihr wißt von eurer Heidenzeit her, da waren es die stummen Götzen, zu denen es euch mit unwiderstehlicher Gewalt hinzog.'(1. Kor.12, 1-2) - Schon gleich die ersten Worte: 'Inbetreff der Geistesgaben' enthalten einen irreführenden Übersetzungsfehler. Sie können vom Leser nur so aufgefaßt werden, als handle es sich dabei um Gaben, die dem Geist des Menschen von Gott verliehen würden.

 

Der euch vorliegende griechische Text sagt etwas ganz anderes. Dort heißt es in wörtlicher Übersetzung: 'Über das, was sich auf den Geisterverkehr bezieht, will ich euch nicht im Unklaren lassen.' Heute würde man kurz sagen: 'Über den 'Spiritismus' will ich euch nicht im Unklaren lassen.' Auch hieß es ursprünglich nicht 'stumme Götzen', sondern 'tote Götter'; denn unter 'toten Göttern' verstand man allgemein die 'Dämonen' oder die von Gott getrennten Geister, die immer in der Bibel als 'Tote' bezeichnet werden.

 

Die richtige Übersetzung der ganzen angeführten Stelle wäre also folgende: 'Über den Spiritismus möchte ich euch nicht im Unklaren lassen. Ihr kennt ihn schon aus der Zeit, wo ihr Heiden waret. Damals ginget ihr zu den von Gott abgefallenen Geister, zu denen ihr euch mit unwiderstehlicher Gewalt hingezogen fühltet.'

 

Im Folgenden fehlen auch in dem griechischen Text, den ihr jetzt habt, zwei Sätze. Sie lauteten: 'So wurdet ihr die Genossen der bösen Geister, die Jesus nicht als ihren Herrn anerkennen. Jetzt aber, wo ihr Christus angehört und seiner Herrschaft unterstellt seid, steht ihr in Verbindung mit heiligen Geistern.' An diese fehlenden Sätze schloß sich dann Vers 3 an, der in eurer Übersetzung lautet: 'Deshalb erkläre ich euch, daß niemand, der durch den Geist Gottes redet, sagen kann: Verflucht sei Christus! Und keiner zu sagen vermag: Jesus ist der Herr! Außer durch den Heiligen Geist.' (1. Kor.12, 3)

 

Aber auch in diesem Vers 3 ist wiederum ein das Verständnis erschwerender Übersetzungsfehler. Es heißt nämlich im griechischen Text nicht durch den Geist Gottes und durch den Heiligen Geist, sondern durch einen Geist Gottes und durch einen heiligen Geist.

 

Es ist ja nicht Gott selbst, der in direkter Weise die einzelnen Wirkungen hervorbringt, sondern es sind die Gott dienenden Geister, die mit der Kraft Gottes bei den Geschöpfen das ausführen, was dem Willen Gottes entspricht.

 

Dadurch das eure Bibelübersetzer an zahllosen Stellen den Ausdruck 'der Heilige Geist' gebrauchen, wo im griechischen Text 'ein heiliger Geist' zu lesen ist, haben sie nicht bloß unrichtige Deutungen der betreffenden Stellen veranlaßt, sondern vor allem den Begriff 'Heiliger Geist' derart verwirrt, daß die falsche Lehre aufkommen konnte, der Heilige Geist sei eine göttliche Person.

 

Um den richtigen Begriff des Geistes und der Geister dir klarzulegen und dadurch auch das Verständnis der beiden genannten Kapitel des ersten Korintherbriefes zu ermöglichen, wähle ich ein Beispiel aus eurem irdischen Leben: In den Zeiten, wo eure Könige noch unumschränkte Herrscher waren, galt bei allem, was im Machtbereich des Königs geschah, nur der Wille des Königs. Alle Gesetze und Verordnungen gingen von ihm aus. In seinem Reiche herrschte nur ein Wille, nur ein Geist: Der Geist und Wille des Königs.

 

Seine Diener und Beamten vollzogen ihre Amtshandlungen nur in Abhängigkeit von ihm, nur nach seinem Willen und in seinem Geist. Daraus folgte nun nicht, daß sie für jede Einzeltätigkeit den König um Erlaubnis zu fragen hatten. Denn sie besaßen ja seine Gesetze und Richtlinien, nach denen sie von selbst wußten, was sie im Einzelfalle zu tun hatten. Es waren also im Reiche viele, die wirkten, aber eigentlich nur ein Wirkender, nämlich der König.

 

So ist es auch im Reiche Gottes. Da ist nur ein unbeschränkter Herrscher, dessen Wille in allem Geschehen maßgebend ist. Es ist Gott - oder, wie es manchmal in der Bibel ausgedrückt ist, der Geist Gottes oder der Heilige Geist. Die anderen Geister, die auch Geister Gottes oder heilige Geister genannt werden, sind bloß die ausführenden Organe Gottes, seine Diener und Beamten. Auch sie haben für ihre Tätigkeit Gesetze und Richtlinien, nach denen sie wirken. Auch sie haben daher nicht für jedes Wirken einen besonderen Auftrag Gottes nötig.

 

Sie alle arbeiten in demselben Geist und in derselben Gesinnung, wie es dem Willen und Geist Gottes entspricht. Sie stellen gewissermaßen einen großen Regierungskörper dar mit vielen Gliedern, die zwar als Einzelwesen selbständig sind und sich voneinander unterscheiden, aber als Teile eines Ganzen von dem Geist geleitet werden, der die Geisterwelt als einen Regierungskörper geschaffen hat und ihr seine Macht und Kraft verleiht. In diesem Sinne sagt Paulus: 'Es gibt zwar verschiedene Gnadengaben, aber nur einen Geist, und es gibt verschiedene Dienstleistungen, doch nur einen Herrn. Und es gibt verschiedene Kraftwirkungen, aber nur einen Gott, der alles in allen wirkt' (1. Kor.12, 4-6).

 

Wenn also in den Versammlungen der Christen von Korinth ein Geist durch ein Medium in fremder Sprache redete, ein anderer Geist durch ein Medium in der Muttersprache, ein anderer Geist ein Medium zum Heilmedium machte und viele andere Geister in anderer Weise wirkten, so taten sie das nicht nach eigenem Gutdünken und in der eigenen Kraft, sondern nach dem Willen und in der Kraft des einen Gottes, des höchsten allmächtigen Geistes.

 

Auf die Korinther machte es einen besonderen Eindruck und erregte ihr Erstaunen, wenn ein Geist durch eines ihrer Medien in einer fremden Sprache redete. Darum hegten sie den lebhaften Wunsch und beteten auch darum, daß möglichst viele solcher Geister sich kundgeben möchten. Weil dieser Wunsch bloß der menschlichen Neugierde und Sensationslust entsprang, werden sie deswegen von Paulus getadelt. Er sagte ihnen, daß die einzelnen Betätigungen der zu ihnen kommenden Geister nur den einen Zweck hätten, zur Erbauung und zum inneren Wachstum der Christengemeinde zu dienen und nicht dazu, rein persönliche Wünsche zu erfüllen.

 

Was könne es ihnen an geistigem Nutzen bringen, wenn die Geister, die zu ihnen kämen, in fremden Sprachen redeten. Weder der eigene Geist des Mediums hätte einen Vorteil davon, da er die Worte der fremden Sprache nicht verstehe, noch auch die übrigen Teilnehmer; denn auch sie verständen die fremdsprachigen Reden des Geistes nicht. Sie sollten doch lieber um Geister beten, die ihnen in ihrer Muttersprache Belehrungen erteilten. Und wenn ein Geist in einer ihnen unbekannten Sprache zu ihnen rede, möchten sie bitten, daß ihnen diese Sprache in ihre Muttersprache übersetzt werde - was entweder durch denselben Geist oder durch ein anderes Geistwesen erfolgen konnte.

 

Nun könnte es auffällig erscheinen, daß überhaupt Geister in einer den Anwesenden unbekannten Sprache redeten. Doch auch dies hatte seinen großen Zweck. Es diente als Beweis für die Echtheit des Geisterverkehrs oder, wie Paulus mit Recht sagt, als Beweis für die Ungläubigen.

 

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Hier muß ich die Bemerkung einflechten, daß eure Bibelübersetzungen das Reden in fremder Sprache mit 'Zungenreden' bezeichnen und die in der Muttersprache erteilten Belehrungen der Geister mit 'Prophezeien'.

 

Paulus billigt durchaus, daß die Korinther eifrig bemüht sind, mit der Geisterwelt in Verbindungen zu kommen. Denn er sagt: 'Da ihr euch eifrig um Geister bemüht, so seid darauf bedacht, deren eine reiche Fülle zu haben, zur Erbauung der Gemeinde' (1. Kor. 14, 12). - Auch diesen Satz haben eure Übersetzer dadurch unverständlich gemacht, daß sie für 'Geister' den Ausdruck 'Geistesgaben' gesetzt haben. Und doch heißt es an dieser Stelle ausdrücklich 'Geister' und nicht 'Geistesgaben'.

 

Zum Schluß seiner Belehrung ermahnt Paulus die Korinther, bei ihrem Geisterverkehr alles in Ordnung vor sich gehen zu lassen. Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern der Ordnung und des Friedens. Dieser Ordnung hätten sich auch die Medien zu fügen. Nicht mehr als zwei oder drei Medien sollten sich für Geister zur Verfügung stellen, die in fremder Sprache reden und auch nur dann, wenn Geister anwesend seien, die eine Übersetzung der fremden Sprache in die Muttersprache der Teilnehmer vornehmen könnten.

 

Ist ein solcher nicht da, so soll eine Rede in fremder Sprache nicht zugelassen werden. Auch sollen die in der Muttersprache der Teilnehmer gehaltenen Ansprachen der Geister auf zwei bis drei beschränkt bleiben , damit die Zuhörer Zeit haben, sich über das Gehörte zu unterhalten und ihre Auffassung darüber zum Ausdruck zu bringen. Paulus drückt letzteres mit den Worten aus: 'Die anderen sollen ihr Urteil darüber abgeben.' Hier richtet Paulus an die Korinther dieselbe Mahnung, die ich, wie dir bekannt, auch bei euren Zusammenkünften so oft ausgesprochen habe.

 

Sowohl ich, wie auch andere Geister, die zu euch sprachen, pflegten euch zum Schluß aufzufordern, das Gehörte miteinander zu besprechen und eure Meinung darüber auszutauschen, also, wie Paulus sich ausdrückte, das Gesagte zu 'beurteilen'. Denn es kommt nicht so sehr darauf an, daß ihr möglichst viel auf einmal hört, als vielmehr darauf, daß ihr es richtig verstanden habt. Wenn ihr euch nun über das unterhaltet, was euch von uns Geistern gesagt worden ist, so können wir feststellen, wer es richtig aufgefaßt hat und wer nicht.

 

Denn die Geister sind während eurer Unterhaltung noch anwesend und hören euch zu. Ergibt sich nun aus eurer Aussprache, daß eure Auffassung nicht richtig ist oder daß Meinungsverschiedenheiten herrschen, so treten wir von neuem in die Medien ein und klären euch über das auf, was euch unklar geblieben ist.

 

Wer die Zusammenhänge in den Geisterkundgebungen und das Verhältnis der Geister zu den Medien nicht durch eigene Erfahrung kennengelernt hat, wird die von Paulus gegebenen Verhaltungsmaßregeln nicht verstehen. Daher noch eine kurze Erklärung dazu.

 

Ihr könnt euch den Verkehr der guten Geister mit euch nicht menschlich genug vorstellen. Sie sind ja eure besten Freunde und bei euren gottesdienstlichen Versammlungen in großer Anzahl vertreten. Es sind meistens Geister, die früher Menschen waren wie ihr und nun im Jenseits zu Gott sich emporgearbeitet haben. Sie sind euch als Führer, Berater und Beschützer zugeteilt. Sie haben das sehnlichste Verlangen, euch schon in diesem irdischen Leben möglichst weit auf dem Wege zu Gott zu bringen, damit ihr bei eurem Scheiden von dieser Erde in eine möglichst hohe Sphäre der Geisterwelt gelangt.

 

Eure Geisterfreunde sind nicht selten als Menschen Angehörige anderer Nationen gewesen und haben deren Sprache gesprochen. Manche können eure Muttersprache nicht sprechen. Denn auch die Geister müssen die irdischen Sprachen erlernen, die ihnen als Menschen unbekannt waren. Aber alle möchten euch doch gerne etwas Gutes sagen und drängen sich um die Medien, um sie zum Sprechen oder Schreiben zu benutzen. Damit das alles nun in Ordnung vor sich geht, ist in jeder Versammlung, die dem guten Geisterverkehr gewidmet ist, ein 'Kontrollgeist' anwesend.

 

Dieser hat zu bestimmen, welche Geister zu Wort kommen sollen und wie lange sie sprechen dürfen. Er richtet sich bei Zulassung der einzelnen Geister auch nach den Anordnungen und Bestimmungen, welche die Versammlungsteilnehmer selbst getroffen haben. Setzten sie zum Beispiel fest, daß nicht in einer den Anwesenden unbekannten Sprache gesprochen werden soll, so läßt der Kontrollgeist keinen Geist zu, der sich nicht in der Muttersprache der Versammelten ausdrücken kann.

 

Auch die Medien haben es in ihrer Macht, einem Geistwesen den Eintritt in ihren Körper zu versagen. Denn der 'Trancezustand' tritt nur dann ein, wenn die Medien ihren Willen dem nicht entgegensetzen. Darum sagt Paulus, die prophetischen Geister seien den 'Propheten', das ist den 'Medien', gehorsam.

 

Eine Stelle in den Unterweisungen des Apostels Paulus ist teils in sich, teils durch die falsche Übersetzung unklar. Diese Stelle lautet: 'Sooft ihr euch versammelt, hat ein jeder etwas in Bereitschaft: einen Psalm, einen belehrenden Vortrag, eine Offenbarung, eine Zungenrede, eine Auslegung; das alles laßt zur Erbauung der Gemeinde dienen'.(1. Kor. 14, 26)

 

Zunächst ist die Übersetzung falsch. Sie muß lauten: 'Sooft ihr euch versammelt, erhält ein jeder von euch einen Psalm usw.' Das erhält ein jeder durch die anwesenden Medien. Ein jeder hat es nicht schon in Bereitschaft, wenn er kommt, als ob er es schon mitbrächte, sondern im Laufe der Versammlung tragen die Geister durch die Medien diese verschiedenen Dinge vor: Der eine einen Lobgesang, der andere einen belehrenden Vortrag, ein dritter eine Offenbarung, ein anderer eine Rede in fremder Sprache, wieder ein anderer die Übersetzung der fremden Sprache in die Muttersprache.

 

Jeder der Anwesenden mag aus dem Vielen, was ihm an geistiger Kost geboten wird, das herausnehmen, was für seinen augenblicklichen Seelenzustand am dienlichsten ist. Denn die ganze Gemeinde soll erbaut werden, nicht bloß der eine oder andere der Versammelten. Es wird darum so vielerlei geboten, weil die geistigen Bedürfnisse der Teilnehmer so verschiedenartig sind. Wer vieles bringt, hat für jeden etwas.

 

Der eine, dem etwas besonders Gutes für seine Person oder seine Familie widerfahren ist, wird in einem Lobpreis Gottes, der von einem Geist durch ein Medium vorgetragen wird, den rechten Ausdruck seiner augenblicklichen Stimmung finden. Ein anderer fühlt sich niedergedrückt und wird durch eine tröstliche Belehrung aufgerichtet. Ein anderer hat mit Zweifeln zu kämpfen, ob das, was da vor sich geht, auch tatsächlich die Wirkung der Geisterwelt ist. Er wird von seinen Zweifeln befreit, wenn er ein Medium in einer fremden Sprache reden hört.

 

Die Belehrung, die der Apostel den Korinthern über die Art des Geisterverkehrs gibt, hat er nicht aus sich selbst, sondern er handelt im Auftrag des Herrn. Denn er schließt seine Mahnung mit den Worten: 'Wenn sich jemand für einen 'Propheten' oder Geistesbegabten hält, so möge er erkennen, daß das, was ich hier schreibe, ein Gebot des Herrn ist' (1. Kor. 14, 37). - Und er fügt hinzu: 'So lehre ich in allen Gemeinden der Heiligen.'

 

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Das Befragen Gottes nach den Berichten der heiligen Schrift

 

So hat der Herr gesprochen, der Heilige Israels und sein Bildner:
Über die kommenden Dinge befragt mich!
Jes. 45, 11

 

 

Gott ist die Quelle der Wahrheit. Wer aus dieser Quelle schöpft, wird die Wahrheit erlangen und vor Irrtum bewahrt bleiben. Diese Erkenntnis veranlaßte die Gläubigen der alten Zeit, bei ihrem Suchen nach der Wahrheit mit Gott in Verbindung zu kommen. Es war nicht eine Verbindung auf dem Wege innerer Erleuchtung, die ihnen Gewißheit bringen sollte, sondern sie wählten den Weg der äußeren, mit den menschlichen Sinnen wahrnehmbaren Mitteilung der Wahrheit von Seiten Gottes. Sie befragten Gott durch menschliche Hilfsmittel und erhielten auf dieselbe Weise die Antwort Gottes.

 

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Das Befragen Gottes war ständiger Brauch des Gottesvolkes

 

Sie waren sich bewußt, daß die Gott dienende gute Geisterwelt die Vermittlerin des göttlichen Willens und der göttlichen Kundgebungen ist und daß ein Befragen Gottes gleichbedeutend war mit einem Befragen der Geistwesen des Reiches Gottes.

 

Ebenso bekannt war ihnen das Geisterreich des Bösen. Daß man auch mit diesem in Verbindung treten konnte, lehrte sie die tägliche Erfahrung.

 

Zu allen Zeiten des Alten Bundes und des ersten Christentums haben die gottsuchenden Menschen von dem Befragen Gottes reichlich Gebrauch gemacht. Die Schriften des Alten und des Neuen Testamentes sind voll von Berichten, nach denen die Gottesgläubigen zur Erlangung der Wahrheit 'Gott befragten' und die durch die Geister Gottes übermittelten Antworten entgegennahmen.

 

Schlage die Bibel auf und gehe die einzelnen Schriften durch, und du wirst dies bestätigt finden.

 

Schon sehr früh wird in der Bibel das 'Befragen Gottes' erwähnt. Von Rebekka, der Frau Isaaks, wird berichtet, daß sie den Herrn befragte, als sie während ihrer Schwangerschaft in Sorge war: 'Als sich nun die beiden Kinder in ihrem Schoße stießen, sagte sie: Wenn es so steht, wozu bin ich dann in diesen Zustand gekommen? Und sie ging hin, um den Herrn zu befragen' (1. Mose 25, 22). - Auf welche Weise die 'Befragung Gottes' geschah, wird hier nicht berichtet. Auch nicht, auf welchem Wege sie die Antwort entgegennahm, die ihr zuteil wurde. Aus der einfachen Erzählung geht jedoch hervor, daß damals ein Befragen Gottes nichts Außergewöhnliches war.

 

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Das Befragen Gottes zur Zeit des Mose, Josua und David

 

Nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten kam das Volk täglich zu Mose, damit er in ihren Anliegen 'Gott befrage': 'Als nun der Schwiegervater des Mose sah, was er alles mit dem Volk zu tun hatte, sagte er: 'Was machst du dir da mit dem Volk so viel zu schaffen? Warum sitzest du allein zu Gericht, während das ganze Volk vom Morgen bis zum Abend vor dir steht?' Mose antwortete seinem Schwiegervater: 'Ja, das Volk kommt zu mir, um 'Gott zu befragen'. Sooft sie einen Rechtshandel haben, kommen sie zu mir, damit ich Schiedsrichter zwischen den Parteien sei und ihnen Gottes Rechtssprüche und Entscheidungen kundtue' (2. Mose 18, 14-16). -

 

Auch hier ist nicht angegeben, wie das Befragen Gottes vor sich ging. Erst später, als Mose auf Geheiß Gottes das Offenbarungszelt hergestellt hatte, werden nähere Angaben darüber gemacht, mit welchen Mitteln das 'Befragen Gottes' und die darauf erfolgenden Antworten ermöglicht wurden: 'Mose aber nahm jedesmal das Zelt und schlug es für den Herrn außerhalb des Lagers auf und nannte es 'Offenbarungszelt'. Sooft nun jemand den Herrn befragen wollte, ging er zu dem Offenbarungszelt hinaus, das außerhalb des Lagers lag.

 

Wenn aber Mose selbst zu dem Zelt hinausging, so standen die Leute auf und traten ein jeder an den Eingang seines Zeltes und blickten hinter Mose her, bis er in das Offenbarungszelt eingetreten war. Sobald dann Mose eingetreten war, senkte sich die Wolkensäule herab und nahm ihren Stand am Eingang des Zeltes, solange der Herr mit Mose redete. Wenn nun das Volk die Wolkensäule am Eingang des Zeltes stehen sah, erhob sich das ganze Volk, und ein jeder warf sich am Eingang seines Zeltes nieder.

 

Der Herr aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie jemand mit seinem Freunde redet. Mose kehrte dann wieder in das Lager zurück, während sein Diener Josua, der Sohn Nuns, ein junger Mann, das Zelt nicht verließ' (2. Mose 33, 7-11). -

 

Das Wesentliche an diesem Bericht ist dir bereits aus früheren Erklärungen bekannt. Nun muß dir auffallen, daß ein Unterschied erkennbar ist zwischen der Art, wie Mose Gott befragte und der Art, wie das Volk es tat. Mose erhält bei dem hier geschilderten feierlichen Befragen Gottes als Vertreter des ganzen Volkes die Antwort des Herrn durch die Wolkensäule. Aber wenn Leute aus dem Volke Gott befragten, erhielten sie die Antwort Gottes nicht durch die Wolkensäule, sondern auf eine andere Weise.

 

Sie ist zwar nicht klar ausgesprochen, aber doch hinreichend angedeutet, so daß der Kenner dieser Vorgänge darüber nicht im Unklaren ist. Es heißt nämlich, daß Josua, der Diener des Mose, das Offenbarungszelt nicht verlassen durfte.

 

Sein Verbleiben im Zelt mußte doch einen Grund haben. Es hing mit dem Befragen Gottes zusammen. Und zwar diente Josua als Medium für die Leute aus dem Volke, die in ihren Privatangelegenheiten Gott befragen wollten. Es heißt ja ausdrücklich, daß 'jeder, der Gott befragen wollte, zum Offenbarungszelt hinausging'. Bestimmte Stunden zum 'Befragen Gottes' waren nicht angesetzt. Deshalb mußte Josua stets im Zelte anwesend sein und den einzelnen Leuten aus dem Volk als Medium zur Vermittlung der Antworten Gottes zu jeder Zeit zur Verfügung stehen. Ihn benutzten die Geister Gottes als Werkzeug in derselben Weise, wie sie sich der heutigen Medien bedienen.

 

Es wurde bei den Israeliten feststehender Gebrauch, nichts von Bedeutung zu unternehmen, ohne Gott befragt zu haben. Gott hatte ja dem Mose verheißen: 'Ich will dir alles mitteilen, was ich den Israeliten durch dich aufzutragen habe' (2. Mose 25). - 'Ich will dort im Offenbarungszelt mit den Israeliten in Verkehr treten' (2. Mose 29, 42 u. 43). - Bei dem Befragen Gottes handelte also das Volk ganz nach göttlichem Willen.

 

Nach Josuas Tode fragten die Israeliten beim Herrn an: 'Wer von uns soll zuerst gegen die Kanaanäer hinaufziehen, um mit ihnen zu kämpfen?' Der Herr antwortete: 'Juda soll hinaufziehen. Hiermit gebe ich das Land in seine Gewalt' (Richter 1, 1-2).

 

Als die Daniten sich ein Gebiet zur Ansiedlung suchten, schickten sie fünf Männer, um das Land zu erforschen. Diese trafen einen Leviten, der im Hause des Micha als Medium weilte. 'Da baten sie ihn: 'Befrage doch Gott, damit wir erfahren, ob das Unternehmen, für das wir jetzt unterwegs sind, glücklichen Erfolg haben wird.' Der Priester gab ihnen hierauf Bescheid: 'Ziehet getrost hin; euer jetziges Unternehmen ist dem Herrn wohlgefällig'' (Richter 18, 1-7). -

 

An dieser Stelle wird auch ausführlich erzählt, auf welche Weise das Befragen Gottes vor sich ging. Es wird berichtet, daß Micha sich von einem Goldschmied ein 'geschnitztes und gegossenes Gottesbild hatte anfertigen lassen'.

 

Gottesbild' nennen es eure Bibelübersetzer, die nicht wissen, was darunter zu verstehen ist und sogar meinen, es sei ein 'Götzenbild' gewesen. In Wirklichkeit war es eine Nachbildung des Orakelschildes auf dem Kleide des Hohen Priesters, das bekanntlich zum Befragen Gottes diente und davon den Namen 'Orakelschild' führte.

 

Die Nachahmungen des hohenpriesterlichen Orakelschildes durch das israelitische Volk dienten dem Privatgebrauch zum 'Befragen Gottes'. Es war dasselbe, wie die in euren spiritistischen Kreisen gebrauchte 'Planchette' und bestand wie diese aus zwei Teilen: Aus dem unteren, unbeweglichen Teil, der gewöhnlich als Platte gegossen und mit den Buchstaben des Alphabets und anderen Zeichen der Verständigung versehen war - und einem schön geschnitzten, leichten Holzbrettchen, an dem sich eine Spitze als Zeiger befand.

 

Die gegossene Platte wurde entweder auf einen Tisch gelegt oder auf einem festen Sockel oder einer Säule befestigt. Sie war glatt poliert, damit das Holzbrettchen leicht darüber hingleiten konnte. Beim Befragen Gottes wurde das Holzbrettchen auf die polierte Platte gelegt. Das Medium legte seine Hand auf das Holzbrettchen und wartete ab, ob sie mit Hilfe der medialen Odkraft von den Geistwesen zu den Buchstaben der 'Platte' hinbewegt wurde. Geschah dies, so zeigte die Spitze des Brettchens die Buchstaben nacheinander an, die zu Worten und Sätzen zusammengefaßt, die Antwort der Geisterwelt enthielten. Es war also im Wesentlichen dasselbe, wie beim Brustschild des Hohen Priesters.

 

Auch darin ahmte man bei den privaten Orakelschildern das kostbare 'Brustschild' des Hohen Priesters nach, daß man die Buchstaben auf Edelsteine eingravieren und diese durch einen Goldschmied in kunstgerechter Arbeit in die gegossene Platte einlegen ließ. Man gab sehr große Summen dafür aus. und wie der hohe Priester beim Befragen Gottes mit einem kostbaren Priestergewande bekleidet war, so schaffte man ein ähnliches Gewand auch für die Privatmedien an, die das Orakelschild bedienten.

 

So tat auch Micha: 'Er ließ ein kostbares Priestergewand und ein Orakelschild anfertigen und stellte einen seiner Söhne an, um ihm als Priester zu dienen' (Richter 17, 5). -

 

Auch Gideon ließ aus den von den Midianitern erbeuteten Goldsachen ein 'Orakel' der eben geschilderten Art anfertigen und stellte es in seinem Wohnort Ophra auf (Richter 8, 27). Jeder konnte es zum 'Befragen Gottes' benutzen. Allein bald wurde es vom Volke auch zum 'Befragen des Bösen' gebraucht. 'Ganz Israel trieb damit Abgötterei, so daß es für Gideon und sein Haus zum Fallstrick wurde.' Gideon beabsichtigte damit nur das 'Befragen Gottes', aber das Volk mißbrauchte es, um die 'Toten zu befragen', sich also mit der bösen Geisterwelt in Verbindung zu setzen. Und das war Abgötterei.

 

Doch die Gesetzestreuen unter den Israeliten machten nur im Notfall von dem privaten Befragen Gottes in ihren Familien Gebrauch. Bei wichtigen Dingen zogen sie es doch vor, an der Stelle bei Gott anzufragen, die Gott selbst zur Zeit des Mose bestimmt hatte. Sie gingen zum 'Offenbarungszelt' und ließen den Hohen Priester durch das Orakelschild Gott befragen. So machten sich die Israeliten auf den Weg nach Bethel, um Gott zu befragen, wer von ihnen zuerst zum Kampfe mit den Benjaminiten ausziehen solle. Der Herr antwortete ihnen: 'Juda soll den Anfang machen' (Richter 1, 2).

 

Als Saul die Philister noch in der Nacht verfolgen und gänzlich vernichten wollte und seine Leute damit einverstanden waren, 'sagte der Priester zu ihm: 'Wir wollen zuerst hier vor Gott treten. Als nun Saul bei Gott anfragte: 'Soll ich zur Verfolgung der Philister ausziehen? Wirst du sie in die Hand Israels geben?', erteilte ihm der Herr an jenem Tage keine Antwort.'(1. Sam. 14, 36-46). Denn der Sohn Sauls hatte an diesem Tage gegen ein Verbot Gottes gehandelt. Gott wollte durch das Versagen der Antwort zu erkennen geben, daß er nur denen antworten will, die seinen Weisungen auch nachkommen.

 

David pflegte fast immer durch das 'Orakelschild' Gott zu befragen. Sein Medium war der Priester Abjathar: 'David gewann neue Kraft durch sein Vertrauen auf den Herrn, seinen Gott und befahl dem Priester Abjathar, dem Sohne des Abimelechs: Bringe mir das 'Ephod' (Orakelschild) her! Als nun Abjathar das Ephod zu David gebracht hatte, richtete David die Frage an den Herrn: Soll ich diese Räuberschar verfolgen? Werde ich sie einholen? Da erhielt er die Antwort: Ja, verfolge sie, du wirst sie sicher einholen und die Gefangenen erretten' (1. Sam. 30, 7-8)

 

Nur von solchen läßt sich Gott befragen, die ihr volles Vertrauen auf ihn setzen und auf seine Hilfe bauen. Wer sich jedoch mit dem Bösen abgibt und auch von der Verbindung mit den Geistern der Tiefe Hilfe erwartet, den weist Gott zurück. 'Diese Männer haben ihre Götzen in ihr Herz geschlossen und sie sich als Anstoß zu ihrer Verschuldung vor die Augen gestellt: Sollte ich mich da von ihnen befragen lassen?' (Hesekiel 14, 3).

 

Nicht die Menschen mit geteiltem Herzen, die heute zu Gott und morgen zu Baal gehen, die heute die Kirche besuchen und danach die Werke des Bösen vollführen, erhalten von Gott Antwort, damals nicht und auch heute nicht. Gott hat diese Menschen nach ihrem wahren Wesen beim Propheten Jesaja gezeichnet: 'Zwar befragen sie mich Tag für Tag und tragen Verlangen nach der Kenntnis meiner Wege; als wäre es ein Volk, das Gerechtigkeit übt und das Recht seines Gottes nicht verlassen hat, fordern sie wohlverdiente Rechte von mir, erwarten ungeduldig eine Kundgebung Gottes. Warum fasten wir, sagen sie, und du siehst es nicht? ...

 

Das ist vielmehr das rechte Fasten, wie ich es liebe, daß man ungerechte Fesseln löst, daß man die Bande des Knechtschaftjoches sprengt, Vergewaltigte in Freiheit setzt und jegliches Joch zerbricht. Nicht wahr, wenn du dem Hungrigen dein Brot brichst und unglückliche Obdachlose in dein Haus nimmst, wenn du einen Nackten siehst, ihn kleidest und dich deinen Volksgenossen nicht entziehst: Dann wird dein Licht wie das Morgenrot hervorbrechen und deine Heilung schnelle Fortschritte machen ... wenn du dann fragst, wird der Herr dir antworten' (Jesaja 58, 2-9).

 

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Die Antworten Gottes

 

Verschieden war die Art, wie Gott seine Kundgebungen den gläubigen Menschen übermittelte, die sich in ihren Anliegen an ihn wandten. In der Geschichte des Saul wird erwähnt, auf welche Weise dieser erste König des israelitischen Volkes die Antworten Gottes empfing, solange er Gott treu blieb. Am Tage vor der Schlacht von Gelboe fragte Saul, von dem der Geist Gottes wegen seines Ungehorsams gewichen war, bei Gott an: 'Aber der Herr gab ihm keine Antwort, weder durch 'Träume', noch durch 'Orakelschild', noch durch die 'Propheten'' (1. Sam. 28, 6).

 

Also hatte Saul bisher die Antworten Gottes entweder durch 'Träume' oder durch das 'Orakelschild' oder durch 'Propheten' erhalten. Das, was eure Bibelübersetzer mit dem Wort 'Träume' bezeichnen, ist ein geistiges Schauen, eine Vision, ein Hellsehen oder Hellhören, wodurch dem Betreffenden eine Wahrheit mitgeteilt wird.

 

Ein solches Schauen kann nur dem zuteil werden, der die mediale Veranlagung dazu hat. Die Geisterwelt muß sich daher bei der Auswahl der Mittel für ihre Kundgebungen auch nach den Aufnahmefähigkeiten desjenigen richten, für den sie bestimmt sind.

 

Bei dem 'Orakelschild' erfolgten die Antworten Gottes unter Mitwirkung eines Mediums, wie ich dir bereits wiederholt erklärt habe.

 

Bei den 'Propheten', die so oft in der Bibel als Überbringer der Kundgebungen Gottes auftreten, handelt es sich um 'Sprechmedien', die aber auch nicht selten auf dem Wege des Hellsehens und des Hellhörens die Antworten Gottes in Empfang nahmen und dann weitergaben.

 

Wo immer euch in den Heiligen Schriften das 'Befragen Gottes' begegnet, da findet ihr die Wahrheit bestätigt, daß Gott den Menschen, die sich vertrauensvoll an ihn wenden und ihn befragen, seine Antwort auf irgendeine menschlich wahrnehmbare Weise zuteil werden läßt.

 

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Das Befragen der "Toten" im Sinne der Bibel

 

Soll nicht ein Volk bei seinem Gott anfragen?
Soll es für die Lebenden bei den "Toten" anfragen?
Jesaja 8, 19

 

 

Die Begriffe „Tot“ und „Tote“ nach der Bibel

 

Wenn ihr heute in Wort oder Schrift von 'Toten' redet, so meint ihr damit die irdisch Verstorbenen, deren Leiber auf den Kirchhöfen ruhen. Eine andere Bedeutung der Bezeichnung 'Toten' habt ihr nicht. Ihr versteht unter 'Tod' also bloß die Trennung des Geistes vom irdischen Körper.

 

In der Heiligen Schrift wird sehr viel von dem 'Tod' und den 'Toten' gesprochen. Aber nur an wenigen Stellen ist unter 'Tod' das irdische Sterben gemeint. Die 'Toten' der Bibel sind nicht die aus dem irdischen Leben Geschiedenen. Wenn die Bibel von 'Tod' spricht, meint sie nicht die Trennung des Geistes vom Körper, sondern die Trennung des Geistes von Gott. Mit Gott vereint sein und ihm angehören, ist das 'Leben'. Von Gott getrennt sein, ist der 'Tod'.

 

Diese Lehre zieht sich durch alle Schriften des Alten und Neuen Testamentes.

 

Die 'Toten' sind also die von Gott Getrennten, die 'geistig Toten'. Mögen sie nun als Geister im Jenseits weilen oder als von Gott abgefallene Menschen durch dieses irdische Leben gehen.

 

Schon das erstemal, wo das Wort 'Tod' in der Bibel vorkommt, bezeichnet es die Trennung von Gott. Als nämlich Gott den ersten Menschen im Paradies den Genuß einer bestimmten Frucht verbot, setzte er die Drohung hinzu: 'An dem Tage, wo ihr davon esset, werdet ihr des 'Todes' sterben' (1. Mose 2, 17). - Es war damit nicht der irdische Tod gemeint, sondern die Trennung von Gott. Die ersten Menschen starben ja auch nicht leiblich, als sie das Verbot übertreten hatten, sondern erlitten den geistigen Tod. Durch ihren Ungehorsam traten sie auf die Seite des Bösen und trennten sich dadurch von Gott.

 

Als Mose vor seinem irdischen Tode von seinem Volke Abschied nahm, gab er ihm die Mahnung: 'Das 'Leben' und den 'Tod' habe ich euch vorgelegt, den Segen und den Fluch. So wähle denn das 'Leben', indem du den Herrn, deinen Gott, liebst und seinen Weisungen gehorchst und fest an ihm hältst'(5.Mose 30, 19-20).- Nicht das leibliche Leben und den leiblichen Tod hat er ihnen vorgelegt, sondern das geistige Leben, das so lange dauert, als sie fest an Gott halten, und den geistigen Tod, der sofort eintritt, sobald sie von Gott ablassen und sich von ihm trennen.

 

'Wer das Gebot Gottes bewahrt, der bewahrt sein Leben; wer dagegen das Wort Gottes verachtet, wird sterben' (Sprüche 19, 16). - 'Wer mein Wort befolgt, wird den Tod in Ewigkeit nicht sehen' (Joh. 8, 51).

 

Die Sünde des Abfalls von Gott führt also den geistigen Tod herbei. 'Wisset ihr nicht, daß ihr entweder Knechte der Sünde seid, was zum Tode führt, oder Knechte des Gehorsams, wodurch ihr zur Gerechtigkeit gelangt?' (Röm. 6, 16). - 'Was für eine Frucht habt ihr damals, als ihr der Sünde dientet, aufzuweisen gehabt? Nur solche Dinge, deren ihr euch jetzt schämt; denn das Ende davon ist der Tod. Jetzt dagegen, wo ihr von der Sünde frei und Knechte Gottes geworden seid, habt ihr als eure Frucht die Heiligung und als Endergebnis ewiges Leben. Denn der Sold, den die Sünde zahlt, ist der 'Tod'; die Gnadengabe Gottes ist ewiges Leben' (Römer 6, 21-23).

 

Nicht jede Sünde führt zur Trennung von Gott, sondern nur 'die Sünde, die zur vollen Entwicklung gekommen ist, gebiert den 'Tod'' (Jakobus 1, 15). - Nicht das Straucheln und Fallen des Gottesgläubigen und Gottsuchers führt den geistigen Tod herbei. Denn es ist ein Straucheln aus menschlicher Schwäche, ein Fallen auf dem Wege zu Gott. Aber sich abwenden von Gott, ihm den Rücken kehren und so leben, als ob es keinen Gott gäbe - das ist die Sünde, die den geistigen Tod gebiert.

 

Die Toten sind die Feinde Gottes. Sie haben sich unter die Herrschaft der bösen Geistermächte begeben. 'Sie haben wie Adam den Bund gebrochen und sind treulos von mir abgefallen' (Hosea 6, 7). - Sie sind fahnenflüchtig geworden und dienen dem Fürsten der Finsternis. Ihn haben sie zu ihrem Gott erwählt. Das ist der Sinn des Wortes 'Abgötterei', das so oft in den Heiligen Schriften vorkommt. 'Ihr ganzes Treiben gestattet ihnen nicht, zu ihrem Gott zurückzukehren. Denn der Geist der Abgötterei wohnt in ihrem Inneren' (Hosea 5, 4). -

 

Wegen dieser abtrünnigen Gesinnung sind sie nicht reif zur Rückkehr. 'Aus der Gewalt des 'Totenreiches' sollte ich sie befreien, vom Tode sie erlösen? - Nein - vielmehr, wo sind deine Seuchen, o Tod? Wo ist deine Pest, o Hölle?' (Hosea 13, 14). - Pest und Seuchen sind die Strafen, die Gott durch die bösen Geistermächte über die Abtrünnigen verhängt. Sie müssen zuerst mürbe gemacht werden durch Leid und Jammer, sie müssen elend werden wie der verlorene Sohn, bis das Heimweh nach dem Vaterhaus, nach Gott, sie packt und zur Rückkehr treibt.

 

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Der Götzendienst ist ein Befragen der Toten

 

Es ist natürlich, daß Gott, der nur das geistige Leben will, die Verbindung mit den 'Toten' als seinen Feinden so streng untersagt. Bei den 'Toten' kann man nichts Gutes lernen, weder die Wahrheit noch die Tugend.

 

Schrecklich waren die Folgen des Verkehrs der alten Völker mit den bösen, von Gott getrennten Geistern auf dem Wege des niedrigen Spiritismus, der in der Bibel stets als 'Götzendienst' bezeichnet wird. Zu allen erdenklichen Greueltaten haben die 'Toten' durch ihre menschlichen Medien das irregeleitete Volk verführt. Es aß nicht bloß das Opferfleisch, das den Dämonen geweiht war und bekundete damit seine Gemeinschaft mit ihnen; es opferte auch seine Söhne und Töchter den bösen Geistern und trieb bei den Opfermahlen die schändlichste Unzucht.

 

Zu alledem trieb das Böse diese Menschen an, nachdem sie sich einmal mit ihm in Verbindung gesetzt hatten. 'Dann hängten sie sich an Baal-Peor und aßen Opferfleisch der 'Toten''(Ps. 106, 28). - 'Ja, sie opferten ihre Söhne und Töchter den bösen Geistern' (Ps. 106, 37).

 

In dem Buch der Weisheit wird der Einfluß des Götzendienstes mit folgenden Worten geschildert: 'Indem sie bald kindermörderische Weihen (Kinderopfer) oder verborgene Geheimkulte feiern, bald tolle Gelage nach eigenartigen Gebräuchen veranstalten, bewahren sie weder den Lebenswandel noch die Ehen rein; nein, einer bringt den anderen durch Meuchelmord um oder kränkt ihn durch Ehebruch. Bei allen ohne Unterschied herrscht Blutvergießen und Totschlag, Diebstahl und Betrug, Verführung und Treulosigkeit, Aufruhr und Meineid, Beunruhigung der Guten und Undankbarkeit, Befleckung der Seelen und unnatürlicher Geschlechtsverkehr, Zerrüttung der Ehen, Ehebruch und Unzucht. Denn die Verehrung der 'toten Götzen' ist alles Unheils Anfang, Ursache und Ausgang. Denn entweder rasen sie in ihren Lustbarkeiten oder weissagen Lügen' (Weisheit 14, 23-28).

 

Wenn ihr das lest, könntet ihr vielleicht auf den Gedanken kommen, jene Menschen seien nicht mehr bei gesunden Sinnen gewesen. Doch sie waren so normal wie ihr. Aber so groß ist die Gewalt des Bösen und so geschickt seine Art, andere Wesen zu betören, daß derjenige ihm nicht leicht entrinnt, der ihm einmal verfallen ist. Die stärkste Waffe der Mächte der Finsternis ist die Mischung von Wahrheit und Lüge.

 

Denen, die sich mit ihnen durch 'Befragen der Toten' in Verbindung setzen, brachten sie die Überzeugung bei, daß in den Tieren, in Sonne, Mond und Sternen mächtige Geister verkörpert seien, die große Gewalt über die Menschen hätten und ihnen Glück und Unglück bereiten könnten. Daß man sie daher verehren müsse, um sich irdisches Wohlergehen zu sichern und Mißgeschick von sich fernzuhalten. Daß man ferner mit ihnen in Verbindung treten könne durch Opfer, besonders durch Opfer von Kindern.

 

Daß in jedem materiellen Wesen Geister verkörpert sind, entsprach der Wahrheit; ebenso daß man mit den Geistern durch Opfer in Verbindung treten kann. Daß aber jene Geisterwelt mächtige Geister des Gutes seien, die ihren Verehrern Glück brächten, war die verhängnisvolle Lüge. Hatten aber die bösen Geister einmal ihre Anhänger zu jener Überzeugung gebracht, dann war es nur mehr ein kleiner Schritt zu den Menschenopfern.

 

Den Eltern der Kinder, die geopfert werden sollten, wurde verheißen, daß der Geist ihres Kindes nach dessen Tode als mächtiger, glückbringender Geist stets um sie sei; daß aber sowohl sie selbst, als auch ihr Kind Furchtbares erleiden müßten, wenn sie dem Götzen das Opfer verweigerten. So gaben sie denn in ihrem Wahne nach.

 

Ihr braucht euch darüber nicht zu wundern. Denn bei dem Götzen- dienst und den dazu veranstalteten Versammlungen trugen die bösen Geister durch ihre Trancemedien diese Lehren vor und beglaubigten sie durch staunenerregende Dinge, die sich dabei ereigneten. Nicht selten begannen die Götzenbilder selbst zu sprechen. Es waren die 'direkten Stimmen', welche die niedere Geisterwelt mit Hilfe des Ods der dargebrachten Opfer und der anwesenden Medien erzeugten.

 

Gott ließ das zu, weil er auch den Bösen in den ihnen gesetzten Grenzen volle Freiheit gewährt.

 

Die Sucht nach irdischem Glück und Wohlergehen war damals wie heute der Grund des Abfalles von Gott. Nur kannte man damals die Vorbedingungen für den Verkehr mit der Geisterwelt, und heute sind diese in Vergessenheit geraten. Infolgedessen zeigte sich damals der Abfall nicht bloß in der inneren Abkehr von Gott, sondern auch in der absichtlich herbeigeführten, mit menschlichen Sinnen wahrnehmbaren Verbindung mit der niederen Geisterwelt im spiritistischen Götzendienst. Das Befragen der 'Toten' war ein tägliches Bedürfnis für die irdisch Gesinnten, wie das Befragen Gottes zum ständigen Gottesdienst der Gottesgläubigen gehörte.

 

Das, was die 'Toten' durch ihre Medien sagten, schmeichelte den menschlichen Leidenschaften. Es war nur Angenehmes, was sie von ihnen zu hören bekamen. Von den guten Medien als Werkzeugen Gottes wollten sie nichts wissen. Was diese ihnen im Auftrag Gottes mitzuteilen hatten, war ihnen zu bitter. 'Ein widerspenstiges Volk, mißratene Kinder, die den Weisungen des Herrn nicht gehorchen wollten; die zu den Sehern sagen: Ihr sollt nicht sehen!

 

Und zu den Propheten Gottes: Ihr sollt uns nicht die Wahrheit prophezeien! Verkündet uns angenehme Dinge! Prophezeit uns Täuschungen! Weicht vom richtigen Wege ab, verlaßt den rechten Pfad! Laßt uns mit 'dem Heiligen Israels' in Ruhe!' (Jesaja 30, 9-11). - Nur angenehme Dinge wollten sie hören, besonders für ihr materielles Fortkommen.

 

Auch wollten sie mit ganz bestimmten Geistern in Verbindung kommen, ähnlich wie Saul bei der Totenbeschwörerin in Endor das Erscheinen des Geistes des Samuel wünschte. Gute Geister lassen sich nicht zitieren, wie es den Launen und der Sensation der Menschen gefällt. Sie kommen aus eigenem Antrieb mit Erlaubnis Gottes oder auch in bestimmten Fällen infolge eines ausdrücklichen Auftrages Gottes. Aber sie kommen bloß zu gottsuchenden Menschen, um ihnen den Weg zu Gott zu zeigen.

 

Wer von den guten Geistern sich kundgibt, das haben nicht die Menschen zu bestimmen, sondern das ist Sache der guten Geisterwelt selbst. Auch von der niederen Geisterwelt kommen durchaus nicht immer diejenigen, welche die Menschen gern haben möchten, sondern auch sie bedürfen einer Erlaubnis zu ihrer Kundgebung. Allerdings werden die niederen Geister stets sagen, sie seien diejenigen, welche man haben wollte, auch wenn sie es nicht sind. Denn es sind Geister der Lüge, die das Bestreben haben, ihren Anhängern nur das zu sagen, was ihnen gefällt und was sie wünschen.

 

Es ist daher auch eine große Torheit, wenn Menschen miteinander vereinbaren, daß derjenige, welcher zuerst stirbt, dem Überlebenden Mitteilung machen soll, ob es ein Jenseits gibt. Wer eine solche Vereinbarung trifft, von deren Erfüllung er seinen Glauben an ein Fortleben abhängig macht, wird diesen Beweis nie erlangen. Denn solche Verabredungen beweisen, daß diesen Menschen der Gottesglaube fehlt. Und wer im Unglauben stirbt, findet ein solches jenseitiges Schicksal, das ihm eine Kundgebung gegenüber dem Überlebenden nicht ermöglicht.

 

Die Geister der tiefsten Sphären wissen nichts, auch nichts mehr von einer solchen Vereinbarung. Und wenn sie es wüßten, könnten sie sich doch nicht von dem Ort entfernen, an den sie durch ihre Schuld gebannt sind. Wer jedoch gottesgläubig ist, wird ohne solche Vereinbarungen mit den Geistern seiner Verstorbenen, falls sie ebenfalls gläubig waren, schon während seines irdischen Lebens in Verbindung kommen, ohne daß er diese Verbindung absichtlich sucht. Auch hier gilt das Wort Christi: 'Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; das andere wird euch dazugegeben werden.' (Matth. 6,33)

 

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Aber das Suchen des Reiches Gottes fehlte bei denen, die sich mit der niederen Geisterwelt abgaben. Ihrer ganzen Gesinnung nach waren sie keine Gottsucher, sondern ausschließlich auf ihr irdisches Wohl bedacht. Darum lehnten sie auch die Verbindung mit der guten Geisterwelt ab. Denn die Antworten, die sie von den guten Geistern bekamen, waren für die Ohren der ihren Leidenschaften frönenden Menschen zu allen Zeiten hart und bitter. Sie empfanden die Aussprüche Gottes als eine drückende Last. Sie gingen so weit, daß sie die im Auftrag Gottes ergangenen Mahnungen, Warnungen und Drohungen der Propheten mit dem gotteslästerlichen Ausdruck 'Last des Herrn' bezeichneten.

 

'Was ist die Last des Herrn?' lautete die übliche Frage, sooft man wissen wollte, was Gott hatte verkünden lassen. Darum ließ Gott ihnen sagen: 'Wenn aber dieses Volk oder ein Prophet oder ein Priester dich fragen sollte: 'Was ist die Last des Herrn?', so antworte ihnen: 'Ihr seid die Last des Herrn, und ich will euch abwerfen.' Der Prophet aber und der Priester und wer sonst vom Volke noch von der 'Last des Herrn' redet, einen solchen Menschen will ich es büßen lassen samt seinem Hause.

 

Ihr sollt vielmehr zueinander und untereinander so sagen: 'Was hat der Herr geantwortet?' oder 'Was hat der Herr verkündet?' Aber den Ausdruck 'Last des Herrn' sollt ihr nicht mehr gebrauchen, sonst soll einem jeden sein eigenes Wort zu Last werden; denn ihr würdet die Worte des lebendigen Gottes, des Herrn der Heerscharen unseres Gottes verdreht haben' (Jer.23, 33-37).

 

Wer also zum Volke Gottes gehören wollte, durfte sich nicht mit der von Gott abgefallenen Geisterwelt in Verbindung setzen. Er durfte nicht die 'Toten befragen'. Das war Hochverrat gegen Gott und Abfall von der Wahrheit. Denn bei den Toten war die Wahrheit nicht zu finden. 'Die Toten wissen nichts.' Was sie sagen, ist Lüge und Täuschung und darauf berechnet, die Gottestreuen in die Tiefe zu ziehen.

 

Darum richtet Gott die Mahnung an sein Volk: 'Über die kommenden Dinge fragt mich, meine Kinder! Das Werk meiner Hände lasset mir anbefohlen sein' (Jesaja 45, 11). - 'Ich der Herr, dein Gott, bin es, der dich lehrt zu tun, was dir zum Heile dient; der dich auf dem Wege leitet, den du gehen sollst' (Jesaja 48, 17). - 'Und wenn jemand zu euch sagt: Ihr müßt die Totenbeschwörer und Geisterkundigen befragen, die da flüstern und murmeln! - so entgegnet:

 

Soll nicht ein Volk bei seinem Gott anfragen? Soll es für die Lebenden bei den Toten anfragen?' (Jesaja 8, 19). - 'Wie? Nach der Weise eurer Väter wollt ihr euch verunreinigen und mit ihren Scheusalen ebenfalls Buhlerei treiben? Ja, durch die Darbringung eurer Gaben, dadurch, daß ihr eure Kinder als Opfer verbrennt, verunreinigt ihr euch an allen euren Götzen bis auf den heutigen Tag; und da sollte ich mich von euch befragen lassen. So war ich lebe, ich will mich von euch nicht befragen lassen!'(Hesek. 20, 30-31)

 

Die Israeliten hatten das Befragen der geistig 'Toten' in Ägypten betrieben und waren dort zum großen Teil dem Götzendienst verfallen. Deshalb gehörte das Verbot Gottes, die Toten zu befragen, zu den ersten Weisungen, die Gott den Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten gab: 'Ihr sollt keine Wahrsagerei noch Zauberei treiben!' (3. Mose 19, 26). - 'Wendet euch nicht an die Totenbeschwörer und an die Wahrsager; suchet sie nicht auf, damit ihr nicht durch sie verunreinigt werdet. Ich bin der Herr, euer Gott' (3. Mose 19, 31). -

 

' Wenn sich jemand an die Totenbeschwörer und Wahrsager wendet, um Götzendienst mit ihnen zu treiben, so will ich mein Angesicht gegen einen solchen Menschen kehren und ihn aus der Mitte meines Volkes ausrotten' (3. Mose 20, 6). - 'Wenn ein Mann oder ein Weib einen Geist der Totenbeschwörung oder einen Wahrsagergeist in sich hat, so sollen sie unfehlbar mit dem Tode bestraft werden; man soll sie steinigen. Blutschuld lastet auf ihnen' (3. Mose 20, 27).

 

In diesen Sätzen ist eine Tatsache enthalten, daß die Totenbeschwörer männlichen und weiblichen Geschlechts 'Medien' waren, aus denen böse Geister sprachen. Diese Medien waren für ihre Verbindung mit dem Bösen selbst verantwortlich. Sie hätten das Böse abweisen können, wenn sie sich gläubig an Gott gewandt hätten und mit der guten Geisterwelt in Verkehr getreten wären. Ihr Strafe war daher berechtigt. - Andere traten durch 'Hellsehen' mit der bösen Geisterwelt in Verbindung.

 

Wenn hier von 'Blutschuld' die Rede ist, so soll damit nicht das natürliche Blutvergießen oder die körperliche Tötung bezeichnet werden. Unter 'Blutschuld' versteht die Bibel die geistige Tötung, die Trennung des Geistes von Gott. Die Totenbeschwörer luden deshalb eine Blutschuld auf sich, weil sie die Menschen, die zu ihnen kamen, mit den bösen Geistern in Verbindung brachten, sie dadurch von Gott trennten und so dem geistigen Tode überantworteten.

 

Die Verunreinigung, die sich jene zuziehen, welche mit den Totenbeschwörern Verkehr unterhalten, besteht nicht in einer leiblichen Besudelung. Es ist vielmehr das schlechte Od, das sie bei den Totenbeschwörern in sich aufnehmen und das ihr eigenes Od verunreinigt und es zum Tummelplatz böser Geistwesen macht.

 

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Saul und die Totenbeschwörerin in Endor

 

Ein Fall von Totenbeschwörung ist in der Bibel ausführlich geschildert. Er ist in verschiedener Hinsicht sehr lehrreich. Es ist die Befragung der Totenbeschwörerin in Endor durch den König Saul.

 

Samuel war gestorben. Saul aber hatte alle Totenbeschwörer aus dem Lande getrieben. Da fielen die Philister mit großer Heeresmacht in sein Land ein. Als nun Saul das Lager der Philister erblickte, geriet er in Angst und erschrak im innersten Herzen. Er befragte daher den Herrn; aber der Herr gab ihm keine Antwort, weder durch Hellsehen noch durch das Orakelschild noch durch die guten Medien. Denn durch seinen Ungehorsam hatte sich Saul von Gott getrennt.

 

Die Geister Gottes waren von ihm gewichen, und ein böser Geist hatte Besitz von ihm genommen. Da gab Saul seinen Dienern den Befehl, eine Frau ausfindig zu machen, die sich auf Totenbeschwörung verstehe. Er wollte zu ihr gehen und sie befragen. Da ihm die gute Geisterwelt keine Kundgebung zuteil werden ließ, wollte er es mit der bösen versuchen.

 

Seine Diener berichteten ihm, daß in Endor eine Frau wohne, die Tote beschwören könne. Saul machte sich unkenntlich und begab sich zu ihr auf den Weg. Nachts kam er bei der Frau an und sagte zu ihr: 'Wahrsage mir durch Totenbeschwörung und laß mir aus der Unterwelt den erscheinen, den ich dir nennen werde.' Die Totenbeschwörerin wollte nicht, weil sie fürchtete, deswegen angezeigt und getötet zu werden. Doch Saul beruhigte sie. Da fragte das Weib: 'Wen soll ich dir erscheinen lassen?'

 

Er antwortete: 'Laß mir den Samuel erscheinen.' Als nun die Frau den Samuel erblickte, schrie sie laut auf und sagte zu Saul: 'Warum hast du mich betrogen? Du bist Saul.' Der König erwiderte ihr: 'Fürchte dich nicht! Doch was siehst du?' Die Frau antwortete ihm: 'Ein übermenschliches Wesen sehe ich aus der Erde steigen.' Da fragte er sie: 'Wie sieht es aus?' Sie antwortete: 'Ein alter Mann steigt herauf, der in einen Mantel gehüllt ist.' Da erkannte Saul, daß es Samuel sei; er neigte sich mit dem Antlitz zur Erde und bezeugte ihm seine Ehrfurcht. Samuel aber sagte zu Saul: 'Warum störst du mich in meiner Ruhe, daß du mich heraufkommen läßt?' Saul erwiderte:

 

'Ich befinde mich in großer Not; denn die Philister haben Krieg mit mir angefangen; Gott aber gibt mir keine Antwort mehr. Darum habe ich dich rufen lassen, um von dir zu erfahren, was ich tun soll.' Samuel antwortete: 'Warum fragst du mich denn, da doch der Herr dich verlassen hat und dein Feind geworden ist? Der Herr hat dir nur so getan, wie er dir durch mich hat ankündigen lassen. Der Herr hat dir das Königtum entrissen und es einem anderen, dem David gegeben.

 

Weil du dem Befehl des Herrn nicht gehorcht hast, darum hat der Herr dich jetzt in diese Lage kommen lassen. Und der Herr wird auch die Israeliten zugleich mit dir in die Hand der Philister fallen lassen. Morgen wirst du mitsamt deinen Söhnen bei mir sein' (1.Samuel 28, 3-19).

 

Manches in diesem Bericht bedarf der Erläuterung, da es für euch schwer verständlich ist.

 

Fällt es dir nicht auf, daß Saul beim Anblick des Heeres der Philister bis in sein Innerstes erbebte? Das war sonst nicht seine Art. Er war ein tapferer Mann, der unzählige Kämpfe mit gemacht hatte und dem Tod unerschrocken ins Auge sah. Woher also dieses plötzliche Erbeben? - Hier hast du eine jener merkwürdigen Tatsachen, die ihr oft im Leben vor euch sehet. Es ist die 'Todesahnung', wie ihr es nennt. Das Wort 'Todesahnung' ist nicht richtig gewählt. Es müßte 'Todesgewißheit' heißen.

 

Beim ersten Blick auf das Heer der Philister sagte ihm ein inneres Etwas, daß seine Todesstunde geschlagen habe. Sie ist ja für einen jeden durch sein Schicksal festgelegt. Aber was ist das für eine innere Stimme, die es dem Saul zur Gewißheit werden ließ, daß mit dem beginnenden Kampf sein Tod mit absoluter Gewißheit verbunden sei? Was war es, das so manchem eurer Soldaten im Kriege als innere Stimme zurief: 'Beim nächsten Angriff findest du den Tod!' Oder: 'Den heutigen Tag wirst du nicht überleben!' Oder: 'Es ist dein letzter Urlaub, den du hast.

 

Du wirst zu den Deinen nicht mehr zurückkehren!' - Warum fiel es manchen Soldaten, die doch oft in Urlaub waren, gerade das letztemal so schwer, an die Front zu gehen, von der sie nicht mehr zurückkehren sollten? - Bei Saul sowohl als auch bei allen anderen, denen die innere Gewißheit von dem nahen Tode zuteil wurde, waren es die Schutzgeister, die auf jene wichtigste Stunde des Lebens aufmerksam machten. Sie sind euch als Führer und Freunde beigegeben. Oft in eurem Leben hat ihre Stimme euch gewarnt, wo euch Gefahr drohte. Sie waren eure Beschützer. Oft haben sie für rechtzeitige Rettung gesorgt.

 

Aber nun, wo der unabänderliche Schlußstrich unter das Leben gemacht wird, schütteln diese Geisterfreunde euer ganzes Innere mit solcher Gewalt, daß die nahende Todesstunde euch in die Ohren gellt und ihr es nicht überhören könnt. Sie wird euch zu Gewißheit. Nicht bei allen dürfen sie es. Bei denen es geschieht, ist es eine besondere Gnade, damit sie in den ihnen noch verbleibenden Augenblicken den Anschluß an Gott suchen und sich seine Hilfe für den folgenschweren Schritt ins Jenseits sichern.

 

Auch für Saul war es der letzte Ruf der Geisterboten Gottes, zu dem Gott zurückzukehren, dem er untreu geworden war. Anstatt sich bei seiner Todesgewißheit innerlich an Gott zu wenden und sein Treuegelöbnis mit aller Aufrichtigkeit zu erneuern, hat er zunächst bloß äußerlich durch Medien bei Gott angefragt, um irdische Hilfe von ihm zu erlangen. Eine innere Verbindung mit Gott in Reue über sein bisheriges Verhalten hat er nicht erstrebt. Darum gab Gott ihm auch auf sein äußeres Anfragen keine Antwort. So ging er denn in seiner Angst um sein irdisches Leben zu der Totenbeschwörerin. Wenn Saul sagte: 'Ich bin in großer Not', so meinte er damit die Todesgewißheit, die auf ihm lastete.

 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich dich auch noch kurz auf die zahlreichen anderen Arten der Ankündigung eines nahenden Todes aufmerksam machen. Du weißt, daß der Volksglaube das Heulen eines Hundes, das Erscheinen eines Vogels, das Weißwerden von Pflanzen und viele andere Dinge als Vorausverkündung eines Todesfalles ansehen. Das ist kein Aberglaube, wie eure wissenschaftlich so aufgeklärte Zeit meint. Es ist Wahrheit.

 

Und wenn durch diese Zeichen auch nicht derjenige bestimmt angegeben wird, der gemeint ist, so sollen es sich alle zu Herzen nehmen, die jene Zeichen kennen und Einkehr in sich selbst halten. Es ist ein Ruf eurer Geisterfreunde, der euch an Gott und die Rechenschaft erinnert, die ihr ihm nach dem irdischen Scheiden ablegen müßt. Die Geisterwelt ist es, die jene Tiere als Werkzeuge benützt und sie das tun läßt, was euch als Vorbedeutung erscheint.

 

Denn ich habe dir oft gesagt, daß auch Tiere als Medien benutzt werden können und zwar sowohl von der guten, als auch von der bösen Geisterwelt. Dasselbe gilt von den Pflanzen und Blumen. Doch die Geisterwelt wendet jene Zeichen nur dann an, wenn die Menschen, die sie sehen, auch fähig sind, die Zeichen zu verstehen. Denn die Geister tun nichts Zweckloses. Das möge über diesen Punkt genügen.

 

Bei der Totenbeschwörerin in Endor möchte es auffallend erscheinen, daß Samuel überhaupt erschien. Er gehörte ja nicht zu den 'Toten', also nicht zu den von Gott Getrennten. Er war keiner von den Geistern der Tiefe, mit denen die Frau in Endor bisher in Verbindung stand. Er war ein guter Geist Gottes. Das erkannte die Frau auch an der übermenschlichen Größe, in der der Geist des Samuel erschien. Durch das Erscheinen des Geistes Samuels vollzog sich an Saul ein Strafgericht Gottes.

 

Saul sollte sofort für den Frevel büßen, daß er sich an das Böse um Auskunft gewandt hatte. Wäre anstelle Samuels ein böser Geist erschienen, so würde er ihm nicht die furchtbare Wahrheit seines Schicksals gesagt, sondern ihm eine angenehme Täuschung offenbart haben. Darum mußte nach dem Willen Gottes der gute Geist Samuels vor die Hellseherin treten, die zugleich hellhörend war und durch sie dem Saul das kundtun, was ihn am anderen Tag erwartete.

 

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Daß er heute schon das Furchtbare erfuhr, war das Schwerste, was ihn treffen konnte: 'Morgen wirst du samt deinen Söhnen und einem großen Teil deines Heeres sterben.' Das bedeutete für Saul eine Todesqual, die jetzt schon begann und sein Inneres bis zur Stunde der Erfüllung zermalmte.

 

Darum fiel er bei der Schreckenskunde voll Entsetzen seiner ganzen Länge nach zu Boden. Was er bei der Totenbeschwörerin erfahren wollte, nämlich wie er den Sieg über seine Feinde erlangen könne, das erfuhr er nicht - und das Schreckliche, das er nicht wissen wollte, ward ihm zur Strafe offenbart. Bei ihm ging in Erfüllung, was Gott durch den Propheten Hesekiel sagen ließ: 'Wenn irgend jemand aus dem Hause Israel und von den Fremden, die in Israel leben, sich von mir lossagt und seine Götzen in sein Herz schließt und sich als Anstoß zu seiner Verschuldung vor die Augen stellt und sich trotzdem zu einem Propheten begibt, damit dieser mich für ihn befrage, so will ich, der Herr, ihm persönlich Antwort erteilen, und zwar will ich gegen den betreffenden Mann vorgehen und ihn zu einem warnenden Beispiel und zu einem Sprichwort machen und ihn aus der Mitte meines Volkes ausrotten, damit ihr erkennt, daß ich der Herr bin' (Hesek. 14, 7-8).

 

Daß die Totenbeschwörerin beim Erscheinen Samuels den Saul erkannte, kam daher, daß sie hellhörend vom Geist des Samuel den Namen Sauls vernahm.

 

Wenn ferner Samuel in seiner Kundgebung an Saul verheißt, daß er und seine Söhne morgen bei ihm seien, so ist das nicht so zu verstehen, als ob Saul und seine Söhne im Jenseits mit Samuel dasselbe Schicksal teilten. Samuel will Saul nur kundtun, daß er und seine Söhne am anderen Tage sterben würden und daß Samuel sie bei ihrem Übertritt ins Jenseits abholen werde. Denn die Geister der Sterbenden werden von den ihnen im Tode Vorausgegangenen schon am Sterbebett in Empfang genommen und begrüßt, wenn sie ihnen im Leben nahegestanden.

 

Von ihnen werden sie auch belehrt und ermahnt, bevor sie an den Ort kommen, an den sie gemäß dem ihnen zuteil gewordenen Los hingehören. Das ist ein ebenso selbstverständliches Gesetz der Geisterwelt, wie es für euch eine Selbstverständlichkeit ist, eure Freunde bei der Landung im Hafen eines fremden Landes abzuholen, wenn ihr selbst schon vorher in diesem Lande angekommen seid. Deshalb kann doch euer Schicksal in jenem Lande von dem Schicksal eurer Freunde wesentlich verschieden sein.

 

Bei der Totenbeschwörerin in Endor erfolgte die Verbindung mit den 'Toten' auf dem Wege des Hellsehens und Hellhörens. Sie teilte dem, der sie befragte, bloß mit, was sie sah oder hörte. Andere Totenbeschwörer waren wirkliche Medien und fielen in Trance, und der fremde Geist redete selbst durch sie.

 

Wenn endlich gesagt ist, daß der Geist Samuels 'aus der Erde heraufgestiegen sei', so ist dies nur nach dem Augenschein angegeben.

 

Der Geist bedarf, um sich sichtbar zu machen, einer Odwolke. Das Od entnimmt er der Odstrahlung der ihn umgebenden Menschen. Die Odwolke bildet sich nicht auf einmal, sondern entwickelt sich nach und nach, meistens von unten nach oben größer werdend, so daß es wie ein Aufsteigen nach oben aussieht. Daß Samuel als alter Mann erschien und in den Mantel gehüllt war, den er als Mensch zu tragen pflegte, geschah deswegen, damit man seine Persönlichkeit erkennen konnte.

 

Die Geister pflegen sich in der Odgestalt zu zeigen, die alle diejenigen Merkmale trägt, an denen man sie während ihres irdischen Lebens erkannte. Wie ihr eure materielle Gewandung nach Belieben gestalten könnt, so vermögen auch die Geister ihrer Odgewandung die Formen zu verleihen, die ihnen am zweckmäßigsten erscheinen.

 

Da die Gesetze der Verbindung mit der niederen Geisterwelt dieselben sind, wie die des guten Geisterverkehrs, so seht ihr in den Berichten der Heiligen Schrift bei dem Befragen der Toten dieselben Mittel angegeben, wie beim Befragen Gottes. Hier wie dort trefft ihr als Träger der erforderlichen Odkraft die Medien, entweder als Propheten des Baal oder als Propheten Gottes. Hier wie dort werden zur Verstärkung der Odkraft Tieropfer dargebracht und Räucherungen vorgenommen.

 

In beiden Fällen werden Orte gewählt, die frei sind von jeder Störung und an denen die schädigenden Wirkungen von Licht und Wärme auf die Odverdichtung möglichst beseitigt sind. Darum werden in der Bibel zugleich mit dem Götzendienst auch die Orte verwünscht, an denen der Verkehr mit den bösen Geistern unterhalten wurde. 'Mein Volk befrage sein Stück Holz, und sein Stab muß ihm die Zukunft kundtun. Denn der Geist der Abgötterei hat sie betört, daß sie ihren Gott verlassen haben und Götzendienst treiben. Auf den Gipfeln der Berge opfern sie und lassen Weihrauch aufsteigen auf den Hügeln unter Eichen, Pappeln und Terebinthen, deren Schatten ja so lieblich ist' (Hosea 4, 12-13).

 

Aus allem, was dich die Bibel über die 'Toten' lehrt, magst du ersehen, daß die 'Toten' die Mächte des Bösen sind. Wer sich diesen Mächten anschließt, trennt sich von Gott und erleidet den geistigen Tod. 'Groß stand Israel da; als es sich aber durch den Baalsdienst versündigte, fing es an zu sterben' (Hosea 13, 1).

 

Nun darf man jedoch nicht meinen, der Baalsdienst bestehe bloß darin, daß der Mensch sich wirkliche Götzenbilder mache und sich absichtlich mit der bösen Geisterwelt in Verbindung setze, wie dies in den alten Zeiten geschah und heute noch beim Götzendienst verschiedener Völker geschieht. Götzendienst ist vielmehr schon jede Gesinnung, die Gott aus dem Leben ausschaltet und sich ganz zu dem Materiellen hinwendet und unter dem Einfluß des Bösen das Irdische anstelle Gottes setzt.

 

Die Menschheit der jetzigen Zeiten ist nicht minder götzendienerisch, wie die Völker, von denen euch die Bibel berichtet, wenn auch in den Gebieten der sogenannten Kultur keine Götzenbilder von Holz oder Stein aufgestellt werden. Aber die Götzenbilder stehen in den Herzen. Es ist das Geld, die Ehre und das irdische Wohlergehen. Und diesen Götzen werden heute ebenso viele Opfer gebracht, wie vor Jahrtausenden den sichtbaren Götzen. Diesen Götzen werden, wenn auch in feinerer Weise, heute noch Millionen von Menschen, Millionen von Kindern geopfert.

 

Die bösen Geistermächte des 'Totenreiches' führen auch in den heutigen Zeiten die Herrschaft über den weitaus größten Teil der Menschheit. Und was der Prophet Micha von den damaligen Geschlechtern sagt, gilt in demselben Umfang von der Jetztzeit: 'Ausgestorben sind die Frommen im Lande, und ehrliche Leute gibt es nicht mehr unter den Menschen. Allesamt liegen sie auf der Lauer nach Übeltaten. Jeder macht auf den anderen Jagd mit dem Fangnetz. Auf das Böse gehen ihre Hände aus, es eifrig auszuführen. Der Obere fordert, und der Richter steht ihm gegen Bezahlung zu Diensten.

 

Der Mächtige spricht das aus, wonach ihn gelüstet, und dann karten sie es miteinander ab. Der Beste unter ihnen ist wie ein Dornstrauch, der Rechtschaffenste schlimmer wie eine Dornhecke. Aber der Tag, den deine Späher angekündigt haben, dein Strafgericht, kommt heran. Alsdann verlaßt euch nicht auf den vertrauten Freund!

 

Vor dem Weibe, das an deinem Busen liegt, hüte die Pforten deines Mundes! Denn der Sohn mißachtet den Vater, die Tochter lehnt sich wider die Mutter auf, die Schwiegertochter wider die Schwiegermutter. Eines jeden Feinde sind die eigenen Hausgenossen. - Ich aber will nach dem Herrn ausschauen, will harren auf Gott, der mir hilft: Mein Gott wird mich erhören' (Micha 7, 2-7).

 

Aber Gott wird sich auch der heutigen Menschheit erbarmen. Er wird es fügen, daß sie wieder mit der guten Geisterwelt in Verbindung kommt und dadurch von den Toten aufersteht. 'Es wird geschehen, daß ich meine Geisterwelt über alles Fleisch ausgieße, so daß eure Söhne und eure Töchter weissagen, eure Greise Offenbarungen in Visionen empfangen, eure jungen Leute Gesichte schauen; ja selbst über die Knechte und Mägde werde ich in jenen Tagen meine Geisterwelt ausgießen' (Joel 3, 1-2).

 

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KUNDGEBUNGEN DER GUTEN GEISTER ÜBER DIE FRAGEN DER RELIGION

 

Vorbemerkung

Sie werden alle von Gott unterwiesen sein.
(Joh. 6, 45)

 

Die Belehrung über die Gesetze des Geisterverkehrs mit der materiellen Schöpfung und alles, was ich selbst bei diesem Verkehr erlebte, verbreiteten so viel Licht über die mir bisher unverständlichen Geschehnisse, die in der Bibel berichtet sind, daß alle Unklarheit schwand. Außerdem setzten sie mich instand, auch die Dinge zu verstehen, die ich später durch mündliche und gedruckte Berichte über Vorkommnisse außergewöhnlicher Natur kennenlernte.

 

Was mich jedoch innerlich am meisten beschäftigte, waren die großen religiösen Fragen. Über sie wollte ich vor allem Gewißheit haben. Ich war Geistlicher und hatte mein Leben der religiösen Belehrung meiner Glaubensgenossen gewidmet. Da war es natürlich, daß ich mich in erster Linie danach sehnte, Gewißheit darüber zu bekommen, ob auch alles Wahrheit war, was ich bisher in meiner Religion glaubte und lehrte, oder ob es Glaubenssätze in meiner Kirche gab, die von der Wahrheit abwichen.

 

Daß die Abweichungen so zahlreich und bedeutend wären, wie es sich nach und nach zu meiner großen Überraschung ergab, konnte ich nicht ahnen. Doch war ich von vornherein darauf gefaßt.

 

In späteren Jahren las ich, daß besonders die katholische Kirche und die ihr angehörenden Schriftsteller in ihren Schriften über "Spiritismus" vor dem sogenannten "Offenbarungsspiritismus" dringend warnten. Also gerade vor dem, was der ernste Wahrheitssucher in erster Linie erstrebt. Denn wer, wie ich, die spiritistischen Zusammenkünfte nach der Weise der ersten Christen als wirkliche Gottesdienste abhielt, dem war es nicht darum zu tun, möglichst interessante spiritistische Phänomene zu erzielen, wie dies in den gewöhnlichen okkulten Sitzungen erstrebt wird, sondern ich wollte mit derselben guten Geisterwelt in Verbindung kommen, welche die Menschheit der biblischen Zeiten belehrte hatte.

 

Von ihr hoffte ich die Wahrheit über die wichtigsten Lebensfragen des Menschen zu erfahren. Ich wollte von ihr über die Zusammenhänge von Diesseits und Jenseits belehrt werden. Alles andere war mir Nebensache.

 

Daß die "Kirchen" vor einem solchen Spiritismus, wie er von mir betrieben wurde, als von einem "Offenbarungsspiritismus" dringend warnten, fand ich allerdings von ihrem Standpunkt aus selbstverständlich. Denn sobald man die Möglichkeit zugibt, daß die Menschen von Gottes Geistern auch heute noch durch direkte Kundgebungen in alle Wahrheit eingeführt werden können, beginnen die Fundamente der Kirchen zu wanken. Die Kirchen mit ihren sich widersprechenden Glaubensbekenntnissen kommen dann in Gefahr, ihre Gläubigen zu verlieren.

 

Denn die Menschen sind dann bei ihrem Suchen nach Wahrheit nicht mehr auf ihre Religionsdiener angewiesen, sondern besitzen in dem Verkehr mit der Geisterwelt Gottes denselben direkten Weg zu der Quelle der Wahrheit, den die Menschheit der biblischen Zeiten besaß.

 

Der Selbsterhaltungstrieb ist der Grund, weshalb die Religionsdiener der Kirchen Gegner des Spiritismus im allgemeinen und besonders des sogenannten "Offenbarungsspiritismus" sind. Es ist der Kampf, den ein Herodes um seine Königsherrschaft zu führen beschloß, als er Kunde von dem neugeborenen König der Juden erhielt.

 

Dieser Kampf der Kirchen gegen den gottgewollten Geisterverkehr wird jedoch ebenso vergeblich sein, wie es der Kampf des Herodes gegen den Gottgesandten war. Die Wahrheit, daß die gute Geisterwelt mit den Menschen in Verbindung treten und ihnen die großen und wichtigen Fragen des Jenseits unabhängig von Kirchen und Kirchendienern beantworten kann, wird ihren Siegeslauf durch die Menschheit nehmen. Und von den Kirchen wird es auch einmal heißen: "Die sind tot, die dem Kinde nach dem Leben strebten" (Matth. 2, 20).

 

Was von den bestehenden Kirchen dem unwissenden Volke vorgetragen wird, ist nicht die Wahrheit. Ganz anders lauten die Antworten der Geisterwelt Gottes auf die Fragen über Gott, die Schöpfung Gottes und ihr Schicksal, über die Erlösung, über Christus, sein Leben und sein Werk, über Kirche und Sakrament, über Himmel und Hölle und über das Entstehen und letzte Ziel alles Geschaffenen.

 

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Gott

Kannst du den Urgrund der Gottheit erreichen oder

die Unendlichkeit des Allmächtigen ergründen?

(Hiob 11, 7)

 

Gottes Persönlichkeit

 

Du willst, daß ich dich über Gott belehren soll. Aber was soll ich dir sagen, das du begreifen könntest? Du verstehst ja nicht einmal das niedrigste Sein, das dich umgibt, verstehst dein eigenes Sein nicht. Du kannst das kleinste Steinchen am Wege und den geringsten Wurm auf dem Felde nicht begreifen. Es fehlt dir jedes Verständnis für die armseligste Materie, die dein Auge sieht - und da sollte ich dir das höchste Sein erklären, das rein Geistige deinem Verständnis näherbringen?

 

Das ist unmöglich. Dafür fehlen dir alle Begriffe, die zur Aufnahme dieser höchsten Wahrheiten nötig sind. ‘Denn der vergängliche Leib beschwert die Seele, und die irdische Behausung belastet den denkenden Geist. Kaum erratet ihr, was auf der Erde ist, und nur mit Mühe machet ihr ausfindig, was handgreiflich vor euch liegt! Wer aber hat die himmlischen Dinge ergründet?’ (Weisheit 9, 15-16).

Nur eins kann jeder von euch durch vernünftiges Denken finden: Daß es etwas geben muß, das die Ursache alles Geschaffenen ist.

 

Wie keine Uhr denkbar ist ohne Uhrmacher, so ist auch die wunderbarste und genaueste Uhr, die es gibt, nämlich die Weltenuhr, nicht denkbar ohne einen großen Meister, der diese Weltenuhr mit ihren Billionen und abermals Billionen Rädern gemacht hat, die alle genau ineinanderpassen und ineinandergreifen und so pünktlich gehen, daß ihr schon heute ausrechnen könnt, wie nach Tausenden von Jahren die einzelnen Räder dieser Uhr zueinander stehen werden.

 

Den für ein Menschengehirn unausdenklich großen Schöpfer der Weltenuhr nennt ihr ‘Gott’. Daß also ein Gott existieren muß, kann jeder erkennen, und nur die Toren sprechen in ihren Herzen: ‘Es gibt keinen Gott’ (Psalm 14, 1).

 

Aber das Wesen Gottes kann ich dir nicht klarmachen und auch nicht die Ursache für das göttliche Sein angeben. Wollte ich es versuchen, so wäre es dasselbe, als wenn du einem vierjährigen Kinde die Berechnung der Sternenbahn klarmachen wolltest. Dem Kinde würde ja jedes Verständnis für die astronomische und mathematische Wissenschaft mit ihren Grundsätzen, Formeln und Gleichungen fehlen.

 

Und wenn sogar eure berühmtesten Astronomen viele Jahre gebraucht haben, um die Berechnung einer einzigen Sternenbahn fertigzustellen, so würdest du einen Menschen, dem alle Begriffe jeder Wissenschaft fehlen, ins Irrenhaus bringen, sobald du versuchen wolltest, ihm das für ihn Unbegreifliche beizubringen. So würdest auch du irrsinnig, wenn ich dein Denken mit Begriffen füllen wollte, die dir ganz unfaßbar wären und von deinem Verstand nicht verarbeitet werden könnten. Auch du mußt sagen: ‘Zu wunderbar ist solches Wissen für mich, zu hoch, ich vermag es nicht zu begreifen’ (Ps. 139, 6).

 

Außer dem, was du schon über Gott weißt, kann ich dir also nicht viel mehr sagen. Dein eigenes Denken zeigt dir Gott als einen wollenden, schaffenden und alles weise ordnenden höchsten Geist, zeigt dir seine Allmacht, Weisheit und Größe, soweit sie der menschlichen Vernunft zugänglich ist. Aus den Heiligen Schriften erfährst du Näheres über seine Weltregierung, seine Wunderwerke, seine Liebe und sein Erbarmen mit den Geschöpfen. Ich kann dir die Wahrheiten der Heiligen Schriften über Gott nur näher erklären und dich auf falsche Auffassungen aufmerksam machen, die in den Lehren eurer Religionen über Gott und seine Eigenschaften enthalten sind.

 

Daß Gott ein Geist ist, darin stimmen die Religionen überein, gemäß den Worten Christi: ‘Gott ist Geist, und die ihn anbeten, sollen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten’ (Joh. 4, 24). Aber darin stimmen sie nicht überein, daß dieser höchste Geist eine Gestalt hat. Viele meinen, Gestalt sei bloß bei der Materie zu finden, aber nicht beim Geist. Das ist ein Irrtum. Das Materielle ist ein Abbild des Geistigen. Und wie alles Materielle Form und Gestalt hat, so auch alles Geistige, also auch Gott.

 

Es gibt überhaupt nichts Formloses, weder in der materiellen noch in der geistigen Welt. Schönheit ist Formvollendung, auch im Reiche des Geistes. Gott ist die vollendetste Schönheit und daher auch die vollendetste Gestalt. Gott als selbständiges, denkendes und wollendes Wesen ist Persönlichkeit. Es gibt aber keine Persönlichkeit, kein ‘Ich’ ohne Form und Gestalt. Gott unterscheidet sich als höchster Geist von allen geschaffenen Geistern. Eine Unterscheidung ist aber nur da möglich, wo Merkmale der Unterscheidung vorhanden sind. Und Merkmale sind nur dort, wo sich Form und Gestalt findet.

 

Weil Gott Gestalt hat, kann er von den Geistern geschaut werden. Alle, die zu ihm kommen, werden ihn sehen, wie er ist, von Angesicht zu Angesicht. Darum bat Mose Gott, doch in eigener Person mit dem Volke Israel zu ziehen. ‘Wenn du nicht in Person mitziehst, so laß uns lieber nicht von hier wegziehen. ’ Da antwortete der Herr:

 

‘Auch diese Bitte will ich dir erfüllen’(2. Mose 33, 15+17). Weiter bat Mose: ‘Laß mich doch dein Angesicht schauen!’ Aber der Herr antwortete: ‘Mein Angesicht kannst du nicht sehen. Denn ein Mensch, der mich schaut, bleibt nicht am Leben’ (2. Mose 33, 18+20). Gott hat also Gestalt und Angesicht. Wenn er auch nicht von Menschen geschaut werden kann, so doch vom Geiste.

 

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Gottes Allgegenwart

 

Weil Gott Persönlichkeit ist und Gestalt hat, ist er nicht in der Weise allgegenwärtig, wie ihr das auffaßt. Wohl sind ihm alle Dinge und alles Geschehen gegenwärtig durch die von ihm ausgehende Kraft; denn alles, was existiert, verdankt sein Dasein, Bestehen und Wirken nur der von Gott ausgehenden Lebenskraft: ‘In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir. ’ Durch seine Kraft ist er mit allem Bestehenden verbunden. Nichts kann sich seinem Einfluß entziehen.

 

Aber als geistige Persönlichkeit ist er nicht überall. Darum betet ihr ja auch: ‘Vater unser, der du bist in dem Himmel. ’ - ‘Vom Himmel blickt der Herr herab, sieht alle Menschenkinder; von der Stätte, da er thront, überschaut er alle Bewohner der Erde, er, der allen ihr Herz gebildet, der acht hat auf all ihr Tun’ (Ps. 33, 13-15). - ‘Der Herr schaut aus dem Himmel nach den Menschenkindern, zu sehen, ob da sei ein Verständiger, der nach Gott frage’ (Ps. 53, 3). - Und von der Wohnung Gottes heißt es: ‘Ein Strom ist da; seine Bäche erfreuen die Gottesstadt, die heilige Wohnung des Höchsten. Gott ist in ihrer Mitte, sie wird nicht wanken’ (Ps. 46, 5-6).

 

Was euch die Heilige Schrift an so vielen Stellen über Gott sagt, ist nicht bloß Bild und Gleichnis, sondern Wahrheit mit dem Unterschied, daß das, was ihr materiell unter dem Gesagten versteht, bei Gott geistig ist. Es gibt einen Thron Gottes und eine Wohnung Gottes. Gott kann sich in Person zu den einzelnen Teilen der Schöpfung begeben. Es ist Wahrheit, wenn es in der Bibel heißt: ‘Als Gott dann seine Unterredung mit Abraham beendet hatte, fuhr er zum Himmel empor von Abraham weg’(1. Mose 17, 22). Du kennst ja die vielen Stellen der Bibel, in denen vom Kommen und Gehen Gottes die Rede ist.

 

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Das Wissen Gottes

 

Wie wunderbar die Weltregierung Gottes eingerichtet ist, vermag ich dir nicht einmal anzudeuten. Es geht über die Grenze eures Denkens weit hinaus. So könnt ihr euch kein Bild davon machen, daß bei allen Lebewesen Geister Gottes als Wächter stehen und über alles Geschehen Bericht erstatten. Darum kann nichts geschehen ohne Wissen Gottes. Ihr nennt Gott daher den Allwissenden. Und ihr habt Recht.

 

Nur in einem Punkt geht ihr bei der Allwissenheit Gottes wieder zu weit, aus Furcht, ihr würdet sonst Gott etwas von seiner Größe rauben. Ihr lehrt nämlich, daß Gott auch diejenigen freien Entscheidungen des Menschen wisse, die noch der Zukunft angehören. Da seid ihr falsch unterrichtet; Gott weiß alles Tatsächliche. Er weiß das Vergangene und das Gegenwärtige.

 

Er weiß jeden Gedanken. Von dem Zukünftigen weiß er die Schicksale, die er selbst für die Geschöpfe festgelegt hat. Aber er weiß nicht das, was in der Zukunft von der freien Willensentscheidung der geschaffenen Wesen abhängt. Er weiß nicht im voraus, wie der freie Wille des Geschöpfes in diesem oder jenem Falle sich entscheiden wird. Darum prüft er ja auch die Geschöpfe.

 

Eine Prüfung wäre aber überflüssig und zwecklos, wenn Gott ohne Prüfung schon das Resultat der Prüfung bekannt wäre. Gott aber tut nichts Zweckloses. Auch wäre das Vorherwissen Gottes bezüglich der zukünftigen freien Entscheidungen der Geschöpfe nur auf Grund von Gesetzen möglich, die eine Notwendigkeit der zukünftigen Entscheidung in sich schließen und dadurch die Freiheit der Willensentscheidung aufheben würden. Es ist ein Widerspruch in sich, daß etwas freigewollt und doch zugleich notwendig eintreten soll.

 

Es würde notwendig eintreten, wenn Gott es als Tatsache vorausgewußt hätte. Denn auch das Wissen Gottes unterliegt, wie jedes andere Wissen, ewigen Gesetzen. Für Gott ist aus demselben Grunde 2 mal 2 gleich 4, wie für jeden anderen Geist. Ein Wissen, also auch ein Vorauswissen, für das es keinen Anhaltspunkt gibt, existiert nicht. Auch nicht bei Gott. Denn auch beim Wissen Gottes gilt der Satz: ‘Nichts ohne Ursache. ’

 

Wenn für die freigewollten zukünftigen Entscheidungen der Geschöpfe ein absolut sicheres Vorauswissen Gottes bestünde, dann müßte ein Grund für dieses Wissen vorhanden sein. Dieser Grund könnte nur der sein, daß Gott von sich aus die zukünftige freie Entscheidung des Geschöpfes mit einer solchen Notwendigkeit herbeiführt, daß sie nicht anders ausfallen kann. Damit wäre aber die Freiheit des Geschöpfes aufgehoben.

 

Das Nichtwissen der freien zukünftigen Entscheidungen der Geschöpfe ist nicht ein Mangel in der Vollkommenheit Gottes, sondern eine notwendige Folge der Freiheit des Willens, des höchsten Geschenkes, das Gott seinen Geschöpfen geben konnte. Wie Gott so vieles deswegen nicht kann, weil es ein Widerspruch in sich wäre, wie er zum Beispiel nicht machen kann, daß 2 mal 2 gleich 5 ist, so kann er auch kein mit Freiheit begabtes Geschöpf schaffen, dessen freie Willensentscheidungen von Gott mit absoluter Gewißheit vorausgewußt werden, die also mit irgendeiner Notwendigkeit erfolgen müßten.

 

Denn Freiheit und Notwendigkeit einer Entscheidung sind innere Widersprüche. Und absolute Sicherheit eines Ereignisses ist stets mit einer absoluten Notwendigkeit des Geschehens verbunden. Diese Wahrheit können eure Religionsgelehrten nicht umstoßen, mögen sie auch noch so viele Bücher schreiben, die das Gegenteil lehren.

 

Es sind alles Trugschlüsse, durch die sie die Mitmenschen irreführen. Es ist ein großer Trugschluß, wenn sie sagen, für Gott sei alles Gegenwart; für ihn gebe es keine Zukunft, und alles Zukünftige, auch die freigewollten Taten der Geschöpfe, seien ihm jetzt schon als Tatsachen gegenwärtig. Und daher wisse er sie.

 

So wenig, wie für euch ein Haus, das erst in der Zukunft gebaut werden soll, jetzt schon steht, ebensowenig ist für Gott das zukünftige Geschehen jetzt schon Tatsache. Zudem liegt es ja gerade in dem Begriff der freien Entscheidungen, daß es fraglich ist, ob die dadurch herbeizuführenden Geschehnisse überhaupt erfolgen und wie sie erfolgen.

 

Du weißt, daß ich dir hierin, wie in allem anderen, die Wahrheit sage. Du hast die zahlreichsten Beweise bekommen, daß ich ein Geist der Wahrheit bin, der dich belehrt. Ich habe es dir geschworen bei dem Allerhöchsten, dem wahrhaftigen Gott. Ich verkleinere durch diese Wahrheit des Nichtvorauswissens der freien Entscheidungen nicht die Größe Gottes. Aber ihr verunehrt Gott durch die gegenteilige Lehre, durch die ihr den Menschen einen abschreckenden Begriff von Gott vor Augen stellt.

 

Denn groß ist die Zahl der Menschen, die gerade deswegen das Dasein Gottes leugnen, weil sie es nicht fassen können, daß ein Gott Geschöpfe ins Dasein rufen sollte, von denen er mit absoluter Sicherheit weiß, daß sie ewig unglücklich werden. Ihr lehrt ja, wenn auch mit Unrecht, daß die Verdammten ewig verdammt bleiben. Nach eurer Lehre sollte also Gott Millionen Wesen geschaffen haben, von denen er mit unabänderlicher Sicherheit wußte, daß sie ewig verdammt würden.

 

Ein solcher Gott wäre kein Gott, sondern ein Ungeheuer. Auch der verkommenste irdische Vater würde sein Kind nicht dorthin senden, wo eine nie endende Qual mit absoluter Sicherheit seiner harret. Und was für einen irdischen Vaterbegriff eine Ungeheuerlichkeit bedeutet, das sollte im Begriffe Gottes, des unendlich gütigen Vaters, Wahrheit sein!?

 

Lies doch die Heiligen Schriften! Sie lehren dich, daß Gott gerade deswegen die Prüfungen schickt, um durch das Verhalten der Menschen in diesen Prüfungen festzustellen, nach welchen Richtungen sie sich entscheiden. ‘Der Herr, euer Gott, will euch nur auf die Probe stellen, um sich zu überzeugen, ob ihr den Herrn, euren Gott von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebt’ (5. Mose 13, 4).

 

Als Gott manche Völkerschaften nicht in die Hand des Josua fallen, sondern sie weiter bestehen ließ, wird in der Bibel auch der Grund angegeben, weshalb er dies tat. Es heißt dort: ‘Folgendes sind die Völkerschaften, die der Herr weiter bestehen ließ, um durch sie die Israeliten auf die Probe zu stellen, nämlich die, welche die sämtlichen Kämpfe um Kanaan nicht mitgemacht hatten: ‘Die fünf Fürsten der Philister, alle Kanaanäer, die Sidonier, die Hewiter...

 

Durch diese wollte er nämlich Israel auf die Probe stellen, um zu erfahren, ob sie den Geboten des Herrn gehorchen würden, die er ihren Vätern durch Mose zur Pflicht gemacht hatte’ (Richter 3, 1-4). Von dem gottestreuen König Hiskia heißt es: ‘Bei Gelegenheit der Gesandtschaft, welche die Fürsten von Babylon an ihn geschickt hatten, um Erkundigungen wegen des Wunders einzuziehen, das im Lande geschehen war, verließ ihn Gott, um ihn auf die Probe zu stellen, damit er seine Gesinnung völlig kennenlernte’ (2. Chronik 32, 31).

 

In den Psalmen heißt es: ‘Seine Augen halten Umschau, seine Wimpern prüfen die Menschenkinder. Es prüft der Herr den Gerechten und den Gottlosen, und wer Gewalt liebt, den haßt sein Herz’ (Psalm 11, 4-5). - Und in den Sprüchen: ‘Der Schmelztiegel ist für das Silber und der Ofen für das Gold; aber der die Herzen prüft, ist der Herr’ (Sprüche 17, 3). Beim Propheten Jesaja heißt es: ‘Wisse wohl: ich habe dich geläutert, aber nicht als Silber erfunden; ich habe dich geprüft im Glutofen des Leidens’(Jes. 48, 10).

 

Das in der Bibel erwähnte Schicksal des Hiob ist ja nichts anderes als eine Probe, durch die Gott erfahren wollte, wie sich dieser gerechte Mensch im schwersten Leid ihm gegenüber verhalten würde. Alle Prüfungen, denen die Menschen von Gott unterworfen werden, wären ja ein Komödienspiel, wenn Gott im voraus wüßte, wie die Prüfungen ausgingen.

 

Daß Gott, der den Geist seiner Geschöpfe bis in die tiefsten Tiefen kennt, in vielen Fällen aus dieser Kenntnis heraus weiß, wie ihre frei Entscheidung mit höchster Wahrscheinlichkeit ausfallen wird, ist klar. Dieses Wissen haben auch wir Geister in großem Umfang. Selbst ihr Menschen seid imstande, wenn ihr den Charakter eines Mitmenschen kennt, mit einer gewissen Bestimmtheit vorauszusagen, wie er sich in diesem oder jenem Falle verhalten und entscheiden wird. Es ist dies alles aber bloß ein Mutmaßen. Doch darum handelt es sich hier nicht, sondern um eine unfehlbare Sicherheit im Vorauswissen einer Entscheidung, die vom freien Willen abhängt.

 

Und dieses unfehlbare Wissen besitzt kein Geist. Auch Gott nicht. Darum wußte auch Gott nicht im voraus, ob von den geschaffenen Geistern einige oder viele zum Abfall kämen und selbstverständlich auch nicht, welche von diesen Geistern abfallen würden. Er kannte bloß die Möglichkeit des Abfalls, die ja in dem freien Willen von selbst gegeben war.

 

Hätte Gott mit Sicherheit vorausgewußt, wie ihr lehrt, daß von ihm ins Dasein gerufene Geschöpfe unter Mißbrauch ihrer Freiheit von ihm abfallen würden, so würde er diese überhaupt nicht geschaffen haben, sondern nur solche, von denen er vorauswußte, daß sie ihm treu blieben.

 

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Weitere Irrtümer der Religionen über Gott

 

Noch zwei andere große Irrtümer eurer Religion über den Gottesbegriff will ich hier nur kurz andeuten, weil eine ausführliche Belehrung darüber bei einer anderen Gelegenheit gegeben wird.

 

Ihr lehrt einen Gott in drei Personen. Ihr behauptet also, daß es drei Geister gibt, von denen jeder wahrer Gott sei und die zusammen doch nur einen Gott ausmachten. Das ist menschlicher Wahn und die größte Torheit. Es gibt keine Dreifaltigkeit und keine Dreieinigkeit in dem Sinne, wie ihr es lehrt.

 

Gott ist nur eine einzige Persönlichkeit. Nur der Vater ist Gott. Alle anderen heiligen Geister sind Geschöpfe Gottes. Keiner von ihnen ist dem Vater gleich.

 

Ferner lehrt ihr einen ewig strafenden Gott. Ihr lehrt eine ewige Hölle. Die Hölle ist nicht ewig. Gott ist die Liebe. Er verstößt kein Geschöpf für immer. Alle, die durch eigene Schuld von ihm abgewichen sind, kehren auch wieder zu ihm zurück. Das ist die Wahrheit, für die ich ein andermal den Beweis liefern werde.

 

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DIE SCHÖPFUNG GOTTES UND IHR SCHICKSAL

Du hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet.
Denn deine gewaltige Macht zu betätigen,
steht dir alle Zeit zu Gebote.

(Weisheit 11, 20-21)

 

 

Die geistige Schöpfung

 

Gott ist Geist und alles was er erschafft, ist Geist. Nach seinem Bilde rief er geistige Wesen ins Dasein in einer so unermeßlichen Menge, daß ihr keine irdischen Zahlen habt, mit denen ihr sie auch nur annähernd ausdrücken könntet.

 

Auf welche Weise der unendlich große und allmächtige Gott die Geisterwelt schuf, kann dir als Mensch nicht klargemacht werden. Das zu wissen, ist für den Menschen auch nicht notwendig und von keiner Bedeutung für sein Seelenheil. Es genügt, die Zusammenhänge kennenzulernen, in denen der Mensch mit der Schöpfung Gottes steht. Daraus kann er ersehen, weshalb er auf der Erde ist und welche Aufgaben er in seinem irdischen Dasein zu erfüllen hat. Dazu sollen meine Belehrungen über die Schöpfung Gottes dienen.

 

Gott schuf die Geisterwelt nicht auf einmal. Gott ist der große Bildner, der nach unendlich weisen Gesetzen aus dem Kleinen das Große, aus der Einheit die Vielheit, aus dem Samenkörnchen den Baum mit Billionen Samenkörnchen als Keime neuer Bäume schafft; der die Familie nicht dadurch bildet, daß er Eltern und Kinder gleichzeitig ins Dasein ruft, sondern daß er ein Elternpaar erschafft und ihm die Zeugungskraft verleiht, so daß nach und nach durch Geburt von Kindern die Familie wächst und aus dieser Familie neue Familien bis ins Unbegrenzte entstehen können.

 

In derselben Weise ging Gott bei seiner geistigen Schöpfung vor. Alle Gesetze, die ihr in den irdischen Welten sehet, sind in der geistigen Welt ebenso vorhanden.

 

Wiederholt habe ich dich mit allem Nachdruck auf diese Tatsache hingewiesen und muß es immer von neuem betonen, weil es die Wahrheitsgrundlage für alles Wissen über das Jenseits ist, ob ihr sie nun annehmt oder mit spöttischem Lächeln als unglaublich von euch weist.

 

So werdet ihr wohl ungläubig den Kopf schütteln, wenn ich sage, daß das in der ganzen irdischen Natur und bei allen Lebewesen vorhandene Gesetz der Verbindung des Männlichen mit dem Weiblichen auch in der geistigen Schöpfung in demselben Umfang gilt und gelten muß. Denn die Materie ist ja bloß eine Verkörperung des Geistigen, also bloß ein anderer Zustand des Geistes, der die geistigen Gesetze nicht aufhebt, sondern sie bloß in einer der Materie angepaßten Weise wirksam werden läßt.

 

Wie es daher in der irdischen Schöpfung männliche und weibliche Wesen aller Gattungen gibt, so gibt es auch männliche und weibliche Geister in der geistigen Schöpfung. Die Zahl der männlichen Geister ist dieselbe, wie die der weiblichen. Jedem männlichen Geist ist ein weiblicher Geist nach Gottes Gesetz zugeteilt. Beide passen vollkommen zueinander und finden in der gegenseitigen Ergänzung und in ihrem treuen Zusammenarbeiten an der ihnen von Gott gegebenen Aufgabe ihr höchstes, persönliches Glück.

 

Solche füreinander geschaffene Geisterpaare nennt man ‘Duale’. Das bedeutet so viel wie: ‘Zwei, die zusammengehören’. Das sind die Ehen, die im Himmel geschlossen wurden.

 

Von diesem Gesetz der paarweisen Verbindung des Männlichen mit dem Weiblichen ist bloß Gott ausgenommen und der als erstes Geschöpf ins Dasein getretene ‘Sohn Gottes’, den ihr ‘Christus’ nennt. 1

1Zur „Dualität Christi“ siehe auch die Anmerkung im Anhang es Herausgebers.

 

Von allen anderen geschaffenen Geistern gilt das Wort der Bibel: ‘Mann und Weib erschuf er sie’ und das andere Wort: ‘Wachset und mehret euch!’

 

Christus ist der höchste Geist, den Gott in seiner Allmacht schaffen konnte. Er ist in allem sein vollkommenstes Ebenbild, soweit ein geschaffener Geist die Vollkommenheit des Schöpfers besitzen kann. Darum nennt ihn Paulus mit Recht ‘ein Ebenbild des unsichtbaren Gottes und den Erstling der ganzen Schöpfung’ (Kol. 1, 15).

 

Christus ist also nicht Gott, wie viele heute lehren, sondern der als Erster geschaffene ‘Sohn Gottes’, sein höchstes und vollkommenstes Geschöpf.

 

Nach Christus traten noch sechs Geister ins Dasein, die ebenfalls ‘Söhne Gottes’ genannt werden, die aber ihr Sein dem himmlischen Leibe nach dem erstgeschaffenen Sohn Gottes verdanken und diesem an Größe, Macht und Herrlichkeit nicht gleichkommen.

 

Der zweite ‘Sohn Gottes’ war der, den ihr mit ‘Luzifer’ bezeichnet: Der Lichtträger, nach Christus der höchste der geschaffenen Geister, der später von Gott abfiel. Ein anderer der sieben ‘Söhne Gottes’ tritt euch in der Geschichte des Tobias entgegen. Dort gibt sich der als Mensch verkörperte hohe Geist des Himmels, der den jungen Tobias begleitet hatte, der Familie des Tobias mit den Worten zu erkennen: ‘Ich bin Raphael, einer der sieben Söhne Gottes’ (Tobias 12, 15).

 

Die ganze außer dem erstgeschaffenen Sohne Gottes ins Dasein getretene Geisterwelt ist nicht eine direkte Schöpfung Gottes, wie der erste Sohn, sondern durch den erstgeschaffenen Sohn, dem Gott die Schöpferkraft verlieh, ins Leben getreten. Darum schreibt Paulus in seinem Brief an die Kolosser: ‘Durch Christus ist alles geschaffen worden, was im Himmel und auf der Erde ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne wie Herrschaften, Mächte und Gewalten: Alles ist durch ihn und zu einer Gemeinschaft mit ihm geschaffen worden, und er steht über allem und alles hat in ihm die Quelle seines Bestehens. ’ (Kol. 1, 16-17)

 

Wie das ganze irdische Menschengeschlecht die Quelle seines leiblichen Bestehens in dem ersten Menschen hat, so hat die ganze Geisterwelt den Grund ihres leiblichen Daseins in Christus. Wie die Menschen vom ersten menschlichen Stammvater nur ihren materiellen Leib durch viele Generationen hindurch überkommen haben, ihr Geist jedoch jedesmal ohne Mitwirkung der Zeugenden mit dem Körper vereinigt wird, so haben auch die himmlischen Wesen ihren himmlischen Leib dem Erstling der himmlischen Schöpfung, dem ersten Gottessohn zu verdanken, während ihr Geist, als von Gott kommend, jedesmal von Gott aus mit dem himmlischen Körper vereinigt ward.

 

Die Unterscheidung zwischen ‘himmlischen Leibern’ und ‘irdischen Leiber’ ist dir ja aus meinen früheren Erklärungen verständlich. Bei den jenseitigen Wesen ist der Leib in geistiger Form vorhanden. Darüber belehrt euch Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther: ‘Es gibt himmlische Leiber und irdische Leiber; aber anders ist die äußere Erscheinung der himmlischen, anders die der irdischen Leiber ... So gut es einen materiellen Leib gibt, gibt es auch einen geistigen. ’ (15, 40-44)

 

Der Geist empfängt in dem, was man ‘Odleib’ nennt, seine Gestaltung. Der Geist selbst ist ein Funke Gottes, der je nach der Hülle leuchtet, der er einverleibt wird. Es ist dies zwar nur ein Bild; aber anders als in unvollkommenen Bildern kann euch Menschen das Geistige nicht verständlich gemacht werden.

 

Wie ihr in der irdischen Schöpfung die mannigfachsten Gattungen und Arten der Lebewesen habt, höhere und niedere, aber jede Gattung und Art in sich und in bezug auf die von ihr zu erfüllende Aufgabe etwas Vollkommenes ist, so waren auch die Geister, die Gott in den himmlischen Leibern zu Einzelwesen gestaltete, in einer herrlichen Vielheit der Gattungen und Arten vorhanden. Ihr selbst unterscheidet ja nach der Bibel in der Geisterwelt Cherubinen, Seraphinen, Erzengel, Engel, Herrschaften, Mächte und Fürstentümer.

 

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Die Einheit der geschaffenen Geister

 

Die durch Christus und zu einer Gemeinschaft mit ihm geschaffene Geisterwelt war zu einem wunderbaren lebendigen Organismus vereinigt, in dem alle Geister die Glieder einer geistigen Gemeinschaft waren, verschieden in ihrer Art und Vollkommenheit.

 

So wie die Glieder eines irdischen Leibes trotz der Verschiedenheit ihrer Gestaltung und ihrer Aufgaben doch zusammen ein organisches Ganzes bilden, an dem kein Glied überflüssig und kein Glied für sich selbst da ist, so bildete auch die Geisterschöpfung einen geistigen Leib mit Christus als Haupt und der übrigen Geisterwelt als Glieder.

 

In einem wohlgeordneten irdischen Reich bildet der König als Haupt der Nation zusammen mit seinen Ministern, seinen höheren und unteren Beamten und der Gesamtheit der Untertanen eine einzige große Familie, in der alle an dem Wohl des Ganzen arbeiten und wo vom Wohl des Ganzen auch das Wohl des Einzelnen abhängt. So auch in der großen Geisterfamilie.

 

Jeder Geist hatte die ihm eigene Aufgabe, hohe oder minderhohe, aber alle waren zu einer großen, herrlichen Einheit zusammengefaßt, in welcher kein Geist überflüssig war und der einzelne Geist nicht für sich wirkte, sondern mit den anderen zusammen an der wunderbaren Aufgabe, welche die Schöpfung Gottes zu erfüllen hatte.

 

Sie sollte teilnehmen am Wirken Gottes und infolgedessen an all dem Glück und der Schönheit dessen, der sie ins Dasein gerufen, an der Herrlichkeit Gottes und Christi, als dem von Gott bestimmten König.

 

Darum kommt der Apostel Paulus in seinen Briefen immer wieder auf ‘das Geheimnis des Leibes Christi’ zu sprechen. ‘Wie wir an einem Leibe viele Glieder besitzen, die Glieder aber nicht alle dieselbe Verrichtung haben, so bilden wir viele alle zusammen einen Leib in Christus. Im Verhältnis zueinander aber sind wir Glieder, doch so, daß wir Gaben besitzen, die nach der uns verliehenen Gnade verschieden sind’ (Römer 12, 4-6). -

 

‘Daß wir in allem zunehmen in ihm, der das Haupt ist, Christus; in ihm ist der ganze Leib zusammengefügt und vereint durch jegliches Band der Mithilfe nach der einem jeglichen Gliede zugemessenen Wirksamkeit, und dadurch erhält er sein Wachstum’ (Epheser 4, 15-16). - ‘Christus ist das Haupt, von welchem der ganze Leib, durch Band und Fuge zusammengehalten und vereint, Wachstum hat zum Gedeihen in Gott’ (Kol. 2, 19).

 

Diese große Gemeinschaft der Geister nennt Paulus auch ‘Kirche’. ‘Christus ist das Haupt des Leibes - der ‘Kirche’’ (Kol. 1, 18). - ‘Gott hat alles geordnet unter seine Füße und ihn gesetzt zum Haupt über die gesamte ‘Kirche’, welche sein Leib ist und die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt’ (Epheser 1, 22-23).

 

Die ‘Kirche’ ist also die Gemeinschaft der gottestreuen Geister unter dem Königtum Christi. Das Wort ‘Kirche’ bedeutet ‘Herrschaft des Herrn’. Wer sich dieser Herrschaft und dadurch Gott unterstellt, gehört zur ‘Kirche’. Der richtige Begriff ‘Kirche’ hat also mit euren irdischen Kirchen und religiösen Gemeinschaften nichts gemein. Das alles ist Menschenwerk, aus menschlichen Irrungen entstanden und vergänglich, wie alles Menschliche.

 

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Der Abfall eines Teils der Geisterwelt

 

Das, was Paulus als den ‘geistigen Leib Christi’ schildert, war bei der Geisterschöpfung vollkommene Wirklichkeit. Alle Geistwesen, die ins Dasein traten, waren Geister des großen Geisterorganismus und Christus als dem Haupte untergeordnet. Sie unterstanden keinem Zwang. Sie hatten ihre volle Freiheit. Was sie taten, geschah aus freier Entscheidung ihres Willens. Alle waren Christus als ihrem König und Statthalter Gottes und dadurch Gott selbst in Treue zugetan.

 

Ein inniges Band der Liebe umschlang diese große Geisterfamilie. Das Regieren Christi als Beauftragter Gottes war nicht ein Thronen als Herrscher, sondern vielmehr ein Geleiten in brüderlichem Schutze. Es war die schützende Hand des Stärkeren über den Schwächeren.

 

Der freie Wille, der als höchstes Geschenk des Schöpfers den Geistern zuteil geworden war, gab ihnen freilich auch die Möglichkeit, sich den Anordnungen ihres von Gott gesetzten Königs zu widersetzen. Von allen geschaffenen Geistern - außer dem ersten Sohne Gottes - gilt das Wort der Heiligen Schrift: ‘Seinen Dienern kann der Schöpfer nicht trauen und seinen Engeln legt er Mängel zur Last’(Hiob 4, 18) - und das andere Wort: ‘Bedenke doch: Selbst seinen heiligen Engeln kann er nicht trauen, und der Himmel ist nicht rein in seinen Augen’ (Hiob 15, 15).

 

Und doch sind es heilige Geister, solange sie die Herrschaft Gottes und Christi über sich anerkennen und sich nicht durch Abfall von dem Reiche Gottes trennen.

 

Leider kam die Trennung eines großen Teiles der Geisterwelt von dem Reiche Gottes durch Auflehnung gegen das Königtum Christi. Es war nicht, wie ihr lehrt, eine direkte Auflehnung gegen Gott selbst, sondern gegen den von ihm eingesetzten Statthalter.

 

Es war die erste Revolution. Ihr könnt euch die Vorgänge nicht menschlich genug vorstellen. Sie waren dieselben, wie sie bei euren irdischen Revolutionen eintreten. Denn auch bei euren Revolutionen sind es ja nicht die materiellen Körper der Revolutionäre, welche die Pläne zum Aufstand schmieden und zur Ausführung zu bringen suchen, sondern die Geister der irdischen Menschen. Und wenn ihr das Entstehen und den Verlauf menschlicher Revolutionen in ihren Einzelheiten verfolgt, dann habt ihr auch ein der Wahrheit sehr nahekommendes Bild von der ersten Revolution im Geisterreich Gottes.

 

Alle Revolutionen werden von langer Hand vorbereitet. Sie entstehen nicht plötzlich. Sie gehen von einem Rädelsführer aus, der eine möglichst große Anzahl Gleichgesinnter auf seine Seite bringt, sie in seine Pläne einweiht und ihnen für den Fall des Gelingens hohe Ämter und Machtstellungen als Belohnung in Aussicht stellt. Die in den Plan Eingeweihten bearbeiten, zuerst in vorsichtiger Weise, dann immer offener die große Masse des Volkes, ohne die eine Revolution nicht möglich ist.

 

Diese Masse der sogenannten Mitläufer, die bei den irdischen Revolutionen toben und schreien, wissen gewöhnlich gar nicht, worum es sich eigentlich handelt. Sie laufen mit, weil auch andere mitlaufen; sie schreien, weil auch andere schreien.

 

Sie sind daher auch bei weitem nicht so schuldig, wie die Rädelsführer, die ihren Plan in seiner ganzen Tragweite reiflich überlegt und in allen Teilen gründlich vorbereitet haben. Sie wissen genau, was sie wollen. Darum trifft sie auch nach euren menschlichen Gesetzen die schwerste Strafe, während die Masse der Mitläufer viel milder beurteilt und behandelt wird.

 

Der Rädelsführer bei der Revolution im Geisterreich Gottes war Luzifer, der zweite Sohn des Allerhöchsten, der Lichtträger, der nach Christus höchste und schönste Geist der Schöpfung Gottes. Und was wollte er? - Er wollte höher hinaus. Er wollte als erster regieren und nicht als zweiter unter der Leitung eines anderen stehen. Er wollte an die Stelle Christi treten und an seiner statt König sein. Er wollte den Bruder stürzen.

 

Dieser Plan kam auch bei ihm nicht plötzlich. Er reifte nur nach und nach in ihm heran, bis er als fester Entschluß und dadurch als vollendete Sünde diesen hohen Geist befleckte. Gott griff nicht ein, um die Auflehnung im Keime zu ersticken und mit Gewalt zu verhindern, wie er es gekonnt hätte. Er läßt dem freien Willen der Geschöpfe seinen Weg, wie er ja auch bei euch Menschen nicht eingreift, sobald ihr Frevel plant und eure Vorbereitungen zur Ausführung trefft.

 

Er ließ Luzifer und seine Miträdelsführer ruhig arbeiten und hinderte sie nicht in ihren Bemühungen, sowohl hohe, leitende Geister zu betören, als auch die Massen der Mitläufer durch Versprechungen zu verlocken. Es war die große Probe, auf die Gott die ganze geschaffene Geisterwelt stellen wollte. Mit freiem Willen sollte sie sich entscheiden, ob sie auf der Seite Christi als dem von ihm eingesetzten rechtmäßigen König bleiben oder zu Luzifer übertreten wollte.

 

Zu den Mitläufern, die sich in allen Geisterstufen in größerer Anzahl vorfanden, gehörte auch ein Geisterfürst, der in eurer Bibel als Mensch den Namen Adam führt. Solche Geisterfürsten gab es unzählige im Geisterreich Gottes. Große Geisterscharen waren den einzelnen Fürsten unterstellt. Auch bei Adam war dies der Fall. Viele dieser Fürsten halfen als Miträdelsführer dem Luzifer die Revolution vorbereiten. Andere, darunter auch Adam, gehörten mit mehr oder weniger großen Scharen ihrer Untergebenen zu den Mitläufern.

 

Da kam die Stunde, wo Luzifer und sein Anhang stark genug zu sein glaubten, die Herrschaft im Reiche der Geister an sich zu reißen, zumal auch ein großer Teil des Streitheeres Michaels mit ihm gemeinsame Sache machte. Auch bei euren irdischen Revolutionen legt man den größten Wert darauf, das Heer für die revolutionären Ideen zu gewinnen. Das war auch Luzifer in großem Umfang gelungen. Ein solches Streitheer war gewissermaßen als stehendes Heer von vornherein von Gott vorgesehen für den Fall, daß es einmal benötigt würde. So habt ihr ein stehendes Heer, um für den Fall irgendeiner drohenden Gefahr gerüstet zu sein.

 

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Die Strafe für die Abgefallenen

 

Als nun der Kampf begann und sich die Scheidung der Geister für oder gegen Christus vollzogen hatte, griff Gott ein. Die Prüfung war vorüber. Der innere und äußere Abfall war vollendete Tatsache. Nun folgte die Strafe. Fürst Michael erhielt den Befehl, mit den treugebliebenen Legionen seines Streitheeres die Rebellen zu stürzen. Mit Gottes Kraft ausgerüstet, führte er den Befehl aus.

 

Furchtbar war das Schicksal, das zunächst den einstigen Lichtträger und die mit ihm vereinten Miträdelsführer traf. Sie wurden in die tiefsten Sphären der Schöpfung verwiesen, von deren Finsternis und ihren Schrecken ihr euch auch nicht ein annäherndes Bild machen könnt.

 

 Auch vermag ich dir nicht zu erklären, wie diese Tiefen der Finsternis aufzufassen sind nach dem wirklichen Begriff des Seins. Das gilt ja auch von eurer irdischen Finsternis. Ihr erfahret zwar, daß dort Finsternis eintritt, wo das Licht vollständig schwindet. Und je mehr das Licht schwindet, um so größer ist die Finsternis. Sie entsteht also durch Entziehung des Lichtes. Aber worin sie besteht, dafür fehlen euch die Begriffe.

 

Ferner wißt ihr ebenfalls aus Erfahrung, daß alle Farben zusammengemischt das Weiß ergeben und daß im Lichtstrahl alle Farben enthalten sind; daß ferner das Schwarz nichts anderes als das Fehlen aller Farben ist. Übertrage diese eure menschliche Erfahrung auf den Ausschluß der gefallenen Geisterwelt aus dem Bereich jeglichen Lichtes und dadurch auch jeglicher Farbe, und du ahnst, wie undurchdringlich diese Finsternis sein muß, wenn du auch nicht weißt, was die Finsternis ihrem Begriff nach ist.

 

Die Heiligen Schriften kommen öfters auf diesen Geisterkampf und den Sturz der Bösen zu sprechen. Christus selbst sagt: ‘Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel herabgestürzt’ (Luk. 10, 18). - Und der Apostel Johannes sah in einer Vision den Kampf Michaels und seiner Legionen gegen Luzifer. ‘Es erhob sich dann ein Kampf im Himmel. Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und der Drache und seine Engel setzten sich zur Wehr. Doch gewannen sie den Sieg nicht, und ihres Bleibens war nicht länger im Himmel’ (Offenb. 12, 7-8). -

 

Petrus schreibt: ‘Gott hat nicht einmal gegen gefallene Engel Schonung geübt, sondern sie in die Unterwelt hinabgestoßen, hinein in die Höhlen der Finsternis, wo sie so lange festgehalten werden, bis sie sich wieder zu Gott wenden’ (2. Petrus 2, 4).

 

Die Schilderung der Geisterschöpfung und des Abfalles eines Teiles der Geisterwelt war in ähnlicher Weise, wie ich sie hier wiedergegeben, auch als erster Bericht in der Urbibel enthalten. Später wurde er daraus entfernt.

 

Bei dem Abfall eines großen Teiles der Geisterwelt erhebt sich für euch Menschen mit Recht die Frage: Wie war es denn überhaupt möglich, daß hohe und glückliche Geister Gottes fallen konnten? Der Grund ist bei jenen Geistern derselbe gewesen, der auch bei eurem Geist so oft als Ursache eurer Fehltritte zu finden ist: Das Streben nach Mehr.

 

Wer viel hat, möchte immer noch mehr haben. Und wessen Macht groß ist, der möchte sie noch gesteigert sehen, selbst auf die Gefahr hin, mit einem Schlage alles zu verlieren. Seht ihr das nicht bei den Großen in der Geschichte der Menschheit und bei den Kleinen im täglichen Leben?

 

Mit ergreifenden Worten schildert Hesekiel im Auftrag Gottes in einem Klagelied auf den König von Tyrus den Grund seines Abfalles als Geist bei der großen Geisterrevolution unter Luzifer: ‘Der du das Bild der Vollkommenheit warst, voll von Weisheit und vollkommen an Schönheit. In Eden, dem Garten Gottes, befandest du dich. Allerlei Edelsteine bedeckten deine Gewandung: Karneol, Topas, und Jaspis, Chrysolith, Beryll und Onyx, Saphir, Rubin und Smaragd. Aus Gold waren deine Einfassungen und Verzierungen an dir gearbeitet; am Tage deiner Erschaffung wurden sie bereitet.

 

Du warst ein gesalbter Cherub, der da schirmt; ich hatte dich dazu bestellt. Auf dem heiligen Gottesberge weiltest du, inmitten feuriger Steine wandeltest du. Unsträflich warst du in all deinem Tun vom Tage deiner Erschaffung an, bis Verschuldung an dir gefunden wurde. Infolge deines regen Verkehrs (mit Luzifer) füllte sich dein Inneres mit Frevel. Und als du dich versündigt hattest, trieb ich dich vom Gottesberge weg und verstieß dich, du schirmender Cherub, aus der Mitte der feurigen Steine.

 

Dein Sinn war hochfahrend geworden infolge deiner Schönheit, und du hattest deine Weisheit außer acht gelassen um deines Glanzes willen. Darum stürzte ich dich auf die Erde hinab ... Infolge der Menge deiner Verschuldungen durch die Untreue deines Tuns hast du deine Heiligtümer entweiht. Darum habe ich ein Feuer aus deiner Mitte hervorgehen lassen, das dich verzehrt hat und habe dich zum Staub auf der Erde gemacht vor den Augen aller, die dich sahen. Ein Ende mit Schrecken hast du genommen und bist dahin für unabsehbare Zeiten’ (Hesek. 28, 11-19).

 

‘Dein Sinn war hochfahrend geworden’ - mit diesen Worten ist die Ursache des Abfalles der Geisterwelt am Richtigsten wiedergegeben. Das ‘Ich will nicht dienen, ich will herrschen’ hat den Sturz herbeigeführt.

 

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Das Paradies als geistige Sphäre

 

Und was geschah mit der großen Zahl der Mitläufer? Sie waren ja bei weitem nicht so schuldig, wie die Schar der Rädelsführer. Gott straft nur nach dem Maße der Schuld. Es wäre daher Unrecht gewesen, wenn Gott sie zusammen mit Luzifer in dieselbe Tiefe der Finsternis geworfen hätte.

 

Gott verfuhr mit ihnen sehr gnädig. Eine verhältnismäßig geringe Strafe legte er ihnen auf. Er schloß sie zwar aus der bisherigen Herrlichkeit aus, versetzte sie aber in eine Sphäre, die ihr für den Himmel ansehen würdet, wenn ihr sie sehen könntet. Sie ist zwar nicht in Vergleich zu setzen mit der Herrlichkeit, welche die Mitläufer vorher im Reiche Gottes besaßen, aber doch so, daß ihr den Begriff des Paradieses damit verbindet. Denn die Sphäre, in die sie versetzt wurden, ist das Paradies eurer Bibel.

 

Es war also nicht auf dieser Erde, wie ihr es auslegt. Denn eine materielle Welt gab es damals noch nicht. Die biblische Schilderung des Paradieses als eines schönen Gartens mit Flüssen, Bäumen, Blumen und Früchten hat euch veranlaßt, es auf eure Erde zu verlegen. Ihr wißt nichts davon, daß es auch in den jenseitigen Sphären alles das in geistiger Form gibt, was ihr auf eurer Erde in materieller Form vor euch seht. Dort gibt es Gestalten, Wohnungen, Flüsse, Bäume, Sträucher, Blumen, Früchte, Speise und Trank, Gold und Edelsteine, Berge und Täler, Musik und Gesang, Wohlgerüche, Farben und Töne.

 

An vielen Stellen der Heiligen Schrift findest du meine Angaben bestätigt. Darin wird euch die Stadt Gottes geschildert mit ihren Mauern und Toren, den Wassern, die da fließen, und den Blumen, die da blühen, und all den Kostbarkeiten, die das Herz erfreuen können. Ihr meint, daß sei bloß bildlich zu verstehen. Es ist kein Bild, sondern Wirklichkeit.

 

Hat nicht Christus selbst gesagt: ‘In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde ich es euch nicht gesagt haben. Denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingegangen bin und euch eine Stätte bereitet habe, dann komme ich wieder und will euch zu mir nehmen, damit da, wo ich bin, auch ihr seid’ (Joh. 14, 2-3)? Hat ferner Christus nicht gesagt: ‘Ich werde von nun an von dem Erzeugnis des Weinstockes nicht mehr trinken, bis zu jenem Tage, an dem ich es neu trinke im Reiche meines Vaters’(Markus 14, 25)? -

 

Und hatte nicht schon im Alten Bunde der Engel Raphael zu Tobias gesagt: ‘Ich genieße eine unsichtbare Speise und einen Trank, den Menschen nicht sehen können’ (Tobias 12, 19)? - Ist ferner nicht in der Schilderung des abgefallenen Cherub beim Propheten Hesekiel ausdrücklich seine herrliche Geistergewandung erwähnt, besetzt mit Edelsteinen und mit Gold verziert, in die jener hohe Geist vor seinem Sturz gekleidet war? Habe ich dich nicht bei der Lehre über das Od eingehend darüber unterrichtet, daß jeder Geist einen Odleib als geistigen Leib besitzt und daß die irdischen Leiber nur eine Verdichtung der Odleiber sind?

 

Die vollkommenste Form des Ods ist also nicht die zur Materie verdichtete, sondern die geistige. Nicht der materielle Leib ist der schönste, sondern der geistige. Nicht der materielle Edelstein ist der prachtvollste, sondern der geistige. Nicht das materielle Gold das wertvollste, sondern das geistige. Denn Gold und Edelsteine sind sowohl in materieller, als auch in geistiger Form nichts anderes als wunderbar zubereitetes Od, das in dem einen Falle in verdichtetem, im anderen Falle in unverdichtetem Zustand sich befindet.

 

Das mag euch schwer verständlich erscheinen, weil ihr in euren Begriffen ganz auf das Materielle eingestellt seid. Von geistigen Zuständen habt ihr keine Vorstellung. Auch hat man euch von Jugend auf nicht darüber belehrt. Die Hellseher jedoch, die mit geistigen Augen das Geistige schauen können, verstehen das Gesagte vollkommen. Sie verstehen auch die Schilderung des Paradieses mit seinen Bäumen, Pflanzen, Früchte und Flüssen als eine geistige Sphäre. Auch was du im Traume erlebst, siehst und hörst, nimmst du nicht in materieller Weise war, sondern alles dies steht in geistiger Form und Gestaltung vor dem Träumenden.

 

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Die Prüfung der Geister im Paradies

 

In diese geistige Sphäre des Paradieses wurden also die Mitläufer der Geisterrevolution versetzt. Aber nicht bloß zur Strafe, sondern auch zur erneuten Prüfung. Es war ein Akt der Gerechtigkeit und Güte Gottes, daß er diesen Geistern nochmals Gelegenheit gab, ihren aus Schwäche begangenen Fehltritt durch Bestehen einer Probe wieder gutzumachen.

 

Sie waren Mitläufer, und ihre Sünde war nicht der Bosheit ihrer Gesinnung entsprungen. Sie war in schwacher Stunde durch den Verführer in sie hineingetragen worden. Äußerlich hatten sie die Lossagung vom Königtum Christi mitgemacht. Aber ihrer Gesinnung nach waren sie halb auf seiten Christi und halb auf seiten Luzifers, wie das ja auch heute noch bei so vielen Menschen der Fall ist. Sie hinkten gewissermaßen nach zwei Seiten. Die Gerechtigkeit Gottes aber verlangte eine endgültige Stellungnahme auch in ihrer Gesinnung.

 

Er versetzte sie daher mit der Verweisung in die Paradiessphäre in eine ‘neutrale Zone’. Hier sollten sie sich entscheiden. Die Entscheidung wäre ihnen nun nicht schwer gefallen, wenn sie noch dieselben geistigen Fähigkeiten in dem vollen Maße besessen hätten, wie sie ihnen vorher im Reiche Gottes beschieden gewesen. Das war jedoch nicht der Fall. Denn, wie ich dir in der Odlehre mitteilte, hat jede Gegensätzlichkeit eines Geistes zu Gott auch eine Änderung des geistigen Odleibes zur Folge. Dieser wird getrübt, verliert die reine geistige Gestaltung und erhält eine größere Verdichtung. Diese schwächt nicht nur die Erkenntnis, sondern nimmt dem Geist vor allem die Erinnerung an das frühere Dasein.

 

Daher konnten sich die Geister in der Paradiessphäre nicht mehr der Herrlichkeit erinnern, die sie vor ihrem Abfall im Reiche Gottes besaßen. Sonst wäre ja auch eine Prüfung dieser Geister im Paradies unmöglich gewesen. Denn eine Rückerinnerung an den früheren Zustand des Glückes und der Vergleich mit dem jetzigen hätte sie keine Sekunde schwanken lassen, für wen sie sich entscheiden wollten. Aber weder die verlorene Herrlichkeit, noch der erfolgte Geisterkampf, noch ihr eigener Abfall bei diesem Kampf war ihnen bekannt.

 

Sie kannten bloß ihr jetziges Dasein, so wie ihr Menschen auch bloß euer jetziges Leben kennt und keine Rückerinnerung mehr an eure früheren Daseinsstufen habt, so daß die meisten Menschen glauben, sie seien bei ihrer jetzigen menschlichen Geburt zum ersten Mal ins Leben getreten. Weder von dem früheren Weilen bei Gott, noch von den darauf folgenden irdischen Verkörperungen ihres Geistes wissen sie etwas. Nur bei Wenigen besteht noch eine dunkle Ahnung, daß sie schon früher einmal gelebt haben.

 

Die Prüfung, welche die Geister im Paradies zu bestehen hatten, bestand darin, daß Gott ihnen etwas verbot, was sie nicht begreifen konnten. Die Bibel stellt diese Verbot dar unter dem Bilde einer verbotenen Frucht. Das Verbot galt für alle Mitläufer, die wie Adam gefallen und mit ihm in der gleichen Sphäre weilten und mit demselben Odleib umkleidet waren. Um diese Geister bemühten sich nun sowohl die gottestreuen Scharen des Himmels, als auch die finsteren Mächte der Tiefe; die ersteren suchten sie zur Standhaftigkeit und zur Einhaltung des göttlichen Verbotes zu bewegen; die letzteren scheuten keine Mühe, ihnen durch die verlockendsten Vorspiegelungen die Mißachtung jenes Verbotes als das Beste erscheinen zu lassen.

 

Es war der Kampf, der auch heute noch um jeden Menschen tobt. Auf der einen Seite die Einflüsterungen des Bösen, das zum Übertreten des göttlichen Gesetzes reizt und die Sünde als vorteilhaft erscheinen läßt. Auf der anderen Seite die innere Stimme des Guten, die warnt und mahnt, dem Bösen nicht nachzugeben. Der Mensch selbst hat zu entscheiden, wem er folgen will.

 

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Die Entscheidung und ihre Folgen

 

Und wenn ihr in eurem menschlichen Leben die große Masse des Volkes für eure Zwecke gewinnen wollt, dann sucht ihr zuerst vor allem diejenigen Persönlichkeiten auf eure Seite zu bringen, die beim Volke im Ansehen stehen und deren Urteil und Tun für die breite Masse ausschlaggebend zu sein pflegt. So geschah es auch bei den Scharen in der Sphäre des Paradieses. Unter ihnen ragte Adam, der ehemalige hohe Himmelsfürst, infolge seiner großen geistigen Fähigkeiten besonders hervor.

 

Es war daher natürlich, daß seine Stellungnahme zu dem Verbot Gottes auch für die übrigen Geister des Paradieses ausschlaggebend werden konnte. Darum machte sich das Böse in erster Linie an ihn heran, um ihn zu Fall zu bringen. Es bediente sich dazu des weiblichen Geistes, der Adam als Dual beigegeben war und den eure Bibel ‘Eva’ nennt. Eva fiel den Verlockungen des Bösen zum Opfer und brachte auch Adam zum Abfall. Diesem Beispiel folgten nun alle die Geisterscharen, die in der Sphäre des Paradieses weilten.

 

Durch diesen zweiten Fall in Sünde wurden Adam und die übrigen Mitläufer das Eigentum des Bösen und standen mit Luzifer auf fast gleicher Stufe. Aus den Sphären des Paradieses sanken sie in die Tiefen der Finsternis hinab.

 

Luzifer war nunmehr auch der Fürst dieser Geister. In seinem Reich war er selbstständiger Herrscher. Zwar unterstand auch er der Macht Gottes und konnte insofern nicht tun, was er wollte, aber die Ausübung seiner Herrscherrechte über diejenigen, die freiwillig seine Untertanen geworden waren, schmälerte Gott ihm nicht. Es war eine furchtbare Folge der Gerechtigkeit Gottes, daß Luzifer diejenigen als sein Eigentum behalten durfte, die zu ihm übergetreten waren. Für sie gab es also kein Entrinnen mehr. Selbst wenn ihnen nachträglich ihr Abfall zum Bösen leid tat, so konnten sie nicht mehr zurück. Sie hatten sich dem Herrscher der Hölle für immer verschrieben.

 

Das ist der Schuldbrief, auf den Paulus in seinen Briefen zu sprechen kommt, und von dem er sagt, daß er ein ‘unübersteigliches Hindernis’ für die Rettung der Gefallenen bedeutet. In euren irdischen Staaten ist es ja nicht anders. Ist einer Untertan eines Reiches geworden, so hat er sich der Regierung dieses Landes zu fügen. Ohne ihre Erlaubnis kann er das Land nicht verlassen. Und ist es mit einem anderen Reich im Kriegszustand, so wird die Erlaubnis zum Übertritt zum Feind nie gegeben. So auch im Reiche Luzifers. Es ist beständig im Kriegszustande gegen das Reich Gottes.

 

Darum war es ausgeschlossen, daß Luzifer einem seiner Untertanen je die Erlaubnis geben würde, wieder zum Reiche Gottes zurückzukehren. Ein anderes Beispiel. Wer freiwillig in die Fremdenlegion eintritt, wird darin festgehalten. Er mag seinen Eintritt nachträglich tausendmal bereuen, er mag weinen und weheklagen über das, was er dort durchmachen muß - es hilft ihm nichts. Er untersteht dort einem harten Regiment, das kein Erbarmen kennt. Er muß bleiben. Und sucht er zu fliehen, so wird er von den Legionären eingeholt und zurückgebracht, und sein Los wird noch furchtbarer. Es führt keine Brücke hinüber zu dem Vaterland und der Heimat, die er durch eigene Schuld verlassen hat.

 

Eine solche Fremdenlegion ist Satans Reich. Wer bei ihm eintrat, konnte nicht mehr zurück. Es gab keine Brücke, die über die abgrundtiefe Kluft führte, die sich zwischen der Fremdenlegion der Finsternis und dem Reiche Gottes aufgetan hatte. Diese Brücke wurde erst später durch die Erlösung Christi gebaut. Darum läßt Christus in dem Gleichnis von dem reichen Prasser und dem armen Lazarus dieselbe Wahrheit durch den Mund Abrahams aussprechen: ‘Und zu alledem ist zwischen uns und euch eine große Kluft festgelegt, damit die, welche von uns zu euch hinüberwollen, es nicht können und man auch von dort nicht zu uns herüberkommen kann’ (Lukas 16, 26).

 

Ein drittes Beispiel. Betrachte das Schicksal eines Soldaten, der im Kriege sein eigenes Heer verläßt und zum Feinde übergeht. Er mag nachher seine Fahnenflucht bitter bereuen und sich noch so sehr in sein Vaterland zurückzusehen - der Feind gibt ihn nicht frei.

 

Nun habe ich dich in meinen Belehrungen bis zu dem Punkte geführt, wo sich zwei Reiche in unüberbrückbarem Gegensatz zueinander befinden. Das Reich der von Gott Getrennten oder das ‘Totenreich’ - und das Reich Gottes. Das Reich der Finsternis gegen das Reich des Lichtes. Das Königtum Luzifers gegen das Königtum Christi. Hier Luzifer - dort Christus. Aber Gott liebt alle seine Kinder, auch die vom Vaterhaus durch eigene Schuld getrennten. Und wie er sie geschaffen hatte durch die Vermittlung seines Sohnes und sie als geistige Glieder dem Leibe Christi eingepflanzt hatte, so wollte er die abgetrennten Glieder auch wieder mit dem geistigen Leibe seines Sohnes vereinigen - ‘jene nämlich, die nicht in ihrem Abfall verbleiben, sollen wieder eingepfropft werden; Gott hat ja die Macht, sie wieder einzupfropfen’ (Römer 11, 23).

 

Doch das Wiedereinpflanzen der abgerissenen Zweige in den Baum des Lebens, das Wiedereinverleiben der abgefallenen Glieder in den lebensspendenden Organismus des Leibes Christi konnte nur durch freie Willensentscheidung der getrennten Geister erfolgen. Gott hatte ihnen freien Willen gegeben. Mit freiem Willen waren die einen als Rädelsführer, die anderen als Mitläufer bei dem Geisterkampf in die Reihen der Empörer getreten. Die Mitläufer waren bei der erneuten Prüfung in der Sphäre des Paradieses mit freiem Willen zum zweitenmale gefallen. Sie sollten sich auch mit freiem Willen wieder erheben und ins Vaterhaus zurückkehren.

 

Doch das schien unmöglich. Zunächst mußte eine Rückkehr Luzifers und seiner Miträdelsführer als ausgeschlossen gelten. Denn gestürzter Hochmut verwandelt sich in verstockte Bosheit, die lieber unglücklich bleibt, als daß sie sich verdemütigt. Die als einstige Mitläufer verführten Geisterscharen unterschieden sich zwar in ihrer Gesinnung auch jetzt noch wesentlich von ihren Beherrschern, aber sie sahen keine Hoffnung auf Rettung aus der Tiefe. Und wo die Hoffnung auf Rettung fehlt, da fehlt auch jeder Wille, sie herbeizuführen. Und wo dieser Wille fehlt, da wird auch nichts unternommen, was den Weg zur Rettung anbahnen könnte.

 

Aber auch selbst wenn sie den Willen zur Rückkehr gehabt hätten, so lag ein unübersteigbares Hindernis in dem Herrscherrecht Luzifers über diese Geister, das auch Gott ihm nicht schmälern durfte, weil er es ihm eingeräumt hatte. ‘Doch Gottes Wege sind wunderbar und seine Weisheit kennt die Mittel, die zum Ziele führen: ‘Du verfährst schonungslos gegen alles, weil es dein Eigentum ist, o Herr, du Freund alles Lebens. Denn dein unvergänglicher Geist ist in allem’ (Weisheit 11, 26 - 12, 1). Nach dem Abfall der Geister legte daher Gott den Plan fest, nach dem er die von ihm Getrennten wieder zurückführen wollte.

 

Der Erlösungsplan ist das große Geheimnis, das dem Apostel Paulus und den übrigen Aposteln durch Geister, die Christus ihnen sandte, mitgeteilt wurde. Aber auch die Apostel wagten nicht, den ersten Christengemeinden die ganz Wahrheit dieses Heilsplanes Gottes zu offenbaren. Denn das meiste darin war ihnen unfaßbar. Auch bei ihnen mußte es daher den in den christlichen Gottesdiensten durch die Medien redenden Geistern Gottes überlassen bleiben, sie nach und nach in die ganze Wahrheit einzuführen.

 

Dies geschah auf dieselbe Weise, wie ich dich jetzt über die Wahrheiten unterrichte. Auch dir wird es fürs erste nicht leicht sein, die ganze Wahrheit über den Rettungsplan Gottes zu erfassen. Ihr könnt, wie Paulus wiederholt den ersten Christen schreibt, feste Speisen nicht vertragen. Man darf euch nur Milch verabreichen, wie unmündigen Kindern. Die Wahrheit in ihrer ganzen Größe und ihrem ganzen Umfang ist die feste Speise des Geistes, die nur von den im Geiste Erstarkten vertragen werden kann.

 

Eine leichtverständliche Auslese von Wahrheiten ist die Milch, die man denen gibt, die noch Säuglinge im Leben des Glaubens und der Wahrheit sind. Nicht Milch gebe ich dir in meinen folgenden Belehrungen, sondern feste Speise, wie ja auch unter dem bisher Mitgeteilten schon manche feste Speise vorhanden ist. Ich begnüge mich nicht damit, dir die Kenntnis der Wahrheit in den großen Jenseitsfragen zu vermitteln. Du sollst vielmehr auch eine Erkenntnis der ursächlichen Zusammenhänge der Einzelwahrheiten aus meinen Belehrungen sammeln. Denn nur die Erkenntnis der Ursachen des Geschehens befriedigt den Geist.

 

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Der Erlösungsplan Gottes

 

Was wir vortragen, ist Weisheit bei den Gereiften,
doch nicht Weisheit dieser Welt. Wir tragen Gottes
geheimnisvolle, verborgene Weisheit vor, die Gott vor
aller Zeit zu unserer Verherrlichung vorherbestimmt hat.

(1. Kor. 2, 6-7)

 

 

Die Besserungsstufen zum Aufstieg der gefallenen Geister

 

Nach dem Abfall eines großen Teiles der Geisterwelt legte Gott den Plan fest, nach dem er die in die Tiefe gesunkenen unglücklichen Wesen retten und zu seinem Reiche wieder zurückführen wollte.

 

Sein Erbarmen galt zunächst den weniger Schuldigen. Das waren die unermeßlichen Scharen, die bei der erneuten Prüfung in der Sphäre des Paradieses die Sünde des endgültigen Abfalles begangen hatten. Erst wenn sie Rettung gefunden hatten, sollten ihre Verführer - Luzifer und seine Miträdelsführer - zur Rückkehr ins Vaterhaus Gottes gelangen.

 

Gott ist gerecht. Bei den Verführten lag die Sünde der Schwachheit vor, bei den Verführern die Sünde der Bosheit. Wie die Sünde wesentlich verschieden war, so auch die Strafe und der Weg der Rückkehr aus der Tiefe.

 

Der erste Schritt zur Rettung bestand darin, daß Gott Besserungssphären schuf und zwar stufenweise, nach euch unbegreiflichen Gesetzen, wie sie nur die Weisheit Gottes zu ersinnen vermag. Auf diese Stufen des Emporsteigens der gefallenen Geister aus der Tiefe der Finsternis hinauf zu Gott, weist Paulus in seinem Brief an die Epheser hin, indem er von Entwicklungsstufen spricht, die Gott angeordnet habe, um seinen Ratschluß auszuführen, nach dem er alles wieder mit dem Sohne vereinigen wolle.

 

An dieser Stelle gebraucht der Urtext das Bild von dem Bau eines Hauses mit seinen verschiedenen Stockwerken. Nimm dieses Bild geistig, dann wird dir die Lehre von den ‘Besserungssphären’ der gefallenen Geister leichter verständlich sein.

 

Das, was ihr ‘Hölle’ nennt, ist die tiefste Stufe, in welche alle gefallenen Geister kamen. Aber auch die Hölle enthält eine Anzahl Besserungssphären, durch die ein Geist, durch Besserung seiner Gesinnung, sich emporarbeiten kann, bis zur ersten der irdischen Sphären. Diese beginnen mit der Stufe der niedrigsten Tiere und findet ihre Fortentwicklung in den Stufen der Steine, der Pflanzen, Kräuter, Blumen, der höheren Tiere und erlangen ihren Abschluß in der Stufe des höchsten Tieres, dem ihr den Namen ‘Mensch’ gegeben habt.

 

Diese irdischen Stufen existieren nicht bloß auf eurer Erde, sondern auch auf anderen Weltkörpern. Es gibt also viele Parallelstufen zu denen eurer Erde. Auch sind die irdischen Stufen nicht bloß in der materiellen Gestaltung vorhanden, wie ihr sie in dem Tierreich, Pflanzenreich und Mineralreich vor euch seht, sondern auch in einer entsprechenden geistigen Gestaltung, so, daß es auch ein geistiges Tierreich, Pflanzenreich und Mineralreich der verschiedensten Gattungen und Arten der Lebewesen gibt, die in diesen Reichen in ähnliche Odleiber gehüllt sind, wie ihr sie auf dieser Erde in materiellen Leibern erblickt.

 

In diese geistigen Parallelsphären der irdischen Stufen treten die nach dem irdischen Tode vom materiellen Körper getrennten Geister wieder ein und bleiben darin, bis sie in einer neuen irdischen Geburt wieder verkörpert werden. Bessert sich der Geist nicht, so wird er in derselben Stufe so oft wiederverkörpert, bis er reif ist, für die Verkörperung in einer höheren Stufe.

 

Jede einzelne der Besserungsstufen erfordert zu der darin vorgesehenen leiblichen Gestaltung der Geister ein besonderes Eingreifen Gottes. Es bestand darin, daß er die Odgestalten der Geisterpaare in der Form dieser Stufe verkörperte und ihnen die Fähigkeit verlieh, durch Zeugung den Leib dieser Stufe fortzupflanzen. Doch die Geister selbst werden nach feststehenden Gesetzen der Geisterwelt den gezeugten Körpern einverleibt.

 

Ihr Menschen könnt freilich das ‘Wie’ all dieser Vorgänge nicht verstehen, wie ihr ja auch von dem ganzen Naturgeschehen, das euch umgibt und das ihr täglich mit eigenen Augen seht, in Wirklichkeit nichts begreift.

 

Eure Wissenschaft beschäftigt sich mit der Frage der Abstammung, besonders der Abstammung des Menschen vom Affen. Eine körperliche Abstammung einer höheren Stufe von einer niederen besteht nicht. Pflanzen erzeugen keine Tiere und niedere Tiere keine höheren. Jede Art der Lebewesen erzeugt ihre eigene Art. Aber in jeder Art gibt es viele Rassen. Die Glieder der verschiedensten Rassen ein und derselben Art sind untereinander zeugungsfähig.

 

Der Mensch gehört zu der Art der Affen. Er bildet die höchste Rasse dieser Art. Man kann daher mit Recht sagen, daß der Affe der niedrigste Mensch, und der Mensch der edelste Affe ist. Der Mensch ist also das höchste Tier der Erde. Aber er stammt körperlich nicht vom Affen ab, wiewohl der Affe in der irdischen Entwicklung ihm am nächsten steht.

 

Der Geist des Menschen war, bevor er zum erstenmal in einem menschlichen Leib verkörpert wurde, in einem Tierleibe. Es ist daher derselbe Geist, der durch die verschiedenen Naturstufen in stets vollkommenerer Gestaltung emporsteigt.

 

Die Naturstufen selbst erfahren in ihrem materiellen Sein keine Veränderung. Sie sind heute, wie sie vor Tausenden von Jahren waren. Nur sind im Laufe der Zeiten manche Arten der einzelnen Stufen ausgestorben, weil keine Geister mehr darin verkörpert wurden. Gott schuf dafür andere, höhere Arten, in denen diejenigen Geister verkörpert werden, für welche die ausgestorbenen Arten früher bestimmt gewesen. Die ausgestorbenen Arten waren Zwischenstationen in der Aufwärtsentwicklung. Als sie wegfielen und an ihre Stelle höhere Arten traten, mußten die betreffenden Geister länger warten, bis sie in die höheren Arten einrückten, die anstelle der ausgestorbenen getreten waren.

 

So findet ihr noch heute körperliche Überreste ausgestorbener Arten der Pflanzen- und Tierwelt der früheren Zeitperioden.

 

Ein Zurücksinken eines Geistes aus einer höheren Besserungsstufe in eine tiefere gibt es nicht. Wohl ein Stillstehen in der selben Stufe.

 

Wie ich dir bereits gesagt habe, muß ein Geistwesen, das bei seinem irdischen Tode in der betreffenden Stufe seiner Verkörperung nicht weitergekommen ist, so oft in derselben Stufe wieder-verkörpert werden, bis es für die nächst höhere Stufe reif ist. Das gilt auch vom Menschen. Hat sich sein Geist im irdischen Leben auf dem Wege zu Gott nicht vervollkommnet, so wird er wieder Mensch. Jedes Leben ist ein Examen. Wer durchfällt, muß es so oft machen, bis er es besteht. Das sind göttliche Gesetze, die für die ganze Schöpfung gleichmäßig Geltung haben. Bei Gott gibt es keine Willkür.

 

Wenn ich dir sagte, daß es ein Zurücksinken eines Geistes in eine tiefere Stufe nicht gibt, so hat das darin seinen Grund, daß ein Geist, der in einem Punkt schlechter wird, als er vorher war, dafür in einem anderen Punkt sich bessert, und so ein Ausgleich geschaffen wird. Auch hierin waltet ein göttliches Gesetz.

 

Von der Größe der Zeiträume, die vom Augenblick des Geisterfalles bis zu dem Tage verflossen sind, an dem der erste gefallene Geist reif war, als Mensch verkörpert zu werden, könnt ihr euch keine Vorstellung machen. ‘Bei Gott sind tausend Jahre wie ein Tag’ (2. Petrus 3, 8).

 

Von allen diesen Wahrheiten weiß das heutige Christentum nichts. Sie wiederstreben auch deinem bisherigen Denken. Aber sollte ich dir deswegen die Wahrheit vorenthalten, weil sie dir unglaublich erscheint und deine Mitmenschen darüber lachen werden? Du hast ja Gelegenheit, bei den Geisterkundgebungen in den verschiedensten spiritistischen Gottesdiensten nach diesen Wahrheiten zu fragen, und du wirst sehen, daß sie dir überall bestätigt werden.

 

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Der gefälschte Schöpfungsbericht in der Bibel

 

Leider sind die wichtigen Lehren, die ich dir soeben vorgetragen habe, auch aus dem biblischen Schöpfungsbericht beseitigt worden. Er enthält fast nichts mehr davon. Er weiß nichts von der Geisterschöpfung Gottes, nichts von dem Kampf der Geister und ihrem Abfall, nichts von den Besserungssphären und der Gestaltung der Odleiber der Gefallenen in den einzelnen Stufen, nichts von der Verkörperung der Odleiber zur irdischen Materie.

 

Wo eure Bibel von der irdischen Schöpfung erzählt, stellt sie es so dar, als ob diese eine neue und vollkommen selbständige Schöpfung sei, die mit der Geisterverkörperung und dem Abfall eines Teiles der Geisterwelt in keinerlei Verbindung stehe.

 

Die Urbibel enthielt alle diese Wahrheiten. Bei der späteren Gestaltung der Heiligen Schrift war die Macht des Bösen am Werk, die Zusammenhänge in dem Erlösungsplan Gottes der menschlichen Kenntnis zu entziehen. Der Menschheit sollte die tröstliche Wahrheit vorenthalten werden, daß alles wieder zu Gott kommt. ‘Denn Gott will, daß alle gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen’ (1. Tim. 2, 4). Alles wieder zu Gott zu führen, ist auch der Zweck der materiellen Schöpfung.

 

Den Herrschermächten der Finsternis war freilich viel mehr gedient mit den Lehren der Hoffnungslosigkeit und Verzagtheit, mit der Lehre von einer ‘ewigen Hölle’, über die ja einer eurer Dichter die furchtbaren Worte geschrieben hat: ‘Ihr, die ihr hier eintretet, lasset alle Hoffnung fahren!’

 

Diese Worte klangen dem Herrscher der Hölle viel angenehmer, als die Lehre von dem erbarmenden Gott, der zwar in seiner Gerechtigkeit zürnt und straft, aber nicht ewig am Zürnen und Strafen bleibt, sondern allen seinen Kindern wieder verzeiht und sie heimruft. Mit dem bloß zur Einflößung von Furcht dienenden Schreckmittel der ‘ewigen Höllenstrafen’ hat man den wahren Gottesbegriff geschändet. Man hat damit auch die Ausführung des Rettungsplanes jenes Gottes erschwert, der den sünden- und leidbeladenen Menschen das Wort der allerbarmenden Liebe hat zurufen lassen: ‘Wenn auch eine Mutter ihres Kindes vergessen könnte, so werde ich doch deiner nie vergessen’ (Jes. 49, 15).

 

Manchen Abschnitten eurer Bibel ist es ergangen, wie den Gemälden der alten Meister, die auf den Wänden eurer alten Kirchen angebracht waren. Später kamen die sogenannten ‘Kirchenmaler’ und haben ihre alltäglichen Figuren darüber gestrichen. Und wenn ihr heute die später aufgetragene Tünche vorsichtig von diesen Wänden abwascht, dann kommt das alte Gemälde wieder zum Vorschein, und ihr steht bewundernd vor dem Kunstwerk der großen Meister.

 

So ist auch das Bild der Wahrheit, das die ursprüngliche Bibel enthielt, später entstellt worden. Irrende Menschen schoben die biblischen Berichte zurecht. Was sie nicht verstanden, ließen sie weg oder versahen es mit falschen Erklärungen.

 

Die nach ihnen kamen, ‘verbesserten’ von neuem daran, machten Zusätze, nahmen Streichungen vor. So wurde nicht bloß die Wahrheit verdrängt, sondern es schlichen sich manche Dinge in die Bibel ein, die geeignet sind, das Wort Gottes lächerlich zu machen. Ein menschlicher Dichter hat das Wort geprägt: ‘Bücher haben ihre Schicksale’ . Ja, leider hat auch die Bibel ihre Schicksale gehabt. Es ist vieles daraus verschwunden, was hineingehört, und manches hineingesetzt worden, was nicht darin sein dürfte, weil es der Wahrheit widerspricht.

 

Wenn einige ‘Kirchen’ diese Tatsachen nicht zugeben wollen, sondern die euch vorliegende Bibel als ‘unverfälscht’ ansehen, so nützen sie damit der Sache Gottes nicht. Sie fügen ihr nur Schaden zu. Denn auch der weniger Gebildete muß beim aufmerksamen Lesen der heiligen Schriften, vor allem des Schöpfungsberichtes, zu der Erkenntnis kommen, daß so manches darin Mitgeteilte nicht richtig sein kann.

Über die im Alten Testament vorgekommenen Fälschungen beklagt sich Gott durch den Propheten Jeremia: ‘Wie könnt ihr sagen: Wir sind weise; wir sind im Besitz des göttlichen Gesetzes? Jawohl, zur Lüge hat es der Fälschergriffel der Abschreiber verdreht. Beschämt müssen daher die Weisen dastehen und bestürzt. Denn sie haben sich selbst gefangen. Sie haben das Wort des Herrn weggeworfen. Welcherlei Weisheit besitzen sie da noch?’ (Jer. 8, 8-9).

 

An anderen Stellen der heiligen Schriften hat die Wahrheit dadurch Schaden gelitten, daß eure Übersetzer Wörter und Ausdrücke des Urtextes so falsch wiedergegeben haben, daß der richtige Sinn nicht mehr zu erkennen ist.

 

In dem Gesagten findest du den Grund für die große Verwirrung und Entstellung der Wahrheit, die in dem biblischen Schöpfungsbericht enthalten ist, wie er heute vorliegt. Nur aus ganz vereinzelten Angaben dringt noch ein schwacher Schimmer der Wahrheit durch. So sind darin zwar einige Entwicklungsperioden der materiellen Schöpfung angedeutet; sie stimmen jedoch weder in der Zahl, noch in der Reihenfolge mit der Wirklichkeit überein.

 

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Die Wahrheit über die Erschaffung des ersten Menschenpaares

 

Dasselbe gilt von der Erschaffung der ersten Menschen. Hier ist die Erschaffung der Geister mit der Verkörperung der ersten Geister im materiellen Menschenleib durcheinander geworfen.

 

Im ersten Kapitel der Bibel wird mitgeteilt, daß Gott die Menschen als seine letzte Schöpfung ins Dasein rief. Erde, Pflanzen und Tiere waren schon da. Dann heißt es: ‘Nun schuf Gott den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn; als Mann und Weib erschuf er sie. Gott segnete sie dann und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch!’ (1. Mose 1, 27+28).

 

Richtig ist, daß Gott die beiden Geister, die als erste zu Menschen verkörpert wurden und den Namen ‘Adam’ und ‘Eva’ führten, einst vor ihrem Abfalle nach seinem Bild geschaffen hatte. Richtig ist, daß er sie als männlichen und weiblichen Geist ins Dasein gerufen und ihnen den Segen zur Fortpflanzung gegeben hatte. Aber das war nicht nach der Erschaffung der Erde, Pflanzen und Tiere geschehen, sondern bezieht sich auf ihre Schöpfung als Geister.

 

Wenn Gott etwas nach seinem Bilde schafft, dann kann es nur Geist sein. Denn Gott ist Geist und nur Geist, also nicht Materie. Und was er nach seinem Bilde schafft, ist ebenfalls nur Geist und nicht teils Geist und teils Materie, wie die irdischen Menschen.

 

In den weiteren Einzelheiten des biblischen Berichtes über die Erschaffung der Menschen finden sich noch größere Widersprüche. Denn einige Zeilen weiter wird gesagt, daß Gott den Menschen gebildet und zwar bloß einen männlichen Menschen, und das zu einer Zeit, als sonst noch nichts Lebendes auf der Erde war, während nach dem ersten Bericht der Mensch nach allen anderen Lebewesen erschaffen sein soll. Nach dem zweiten Bericht soll also Gott den Menschen auf die kahle Erde verpflanzt haben.

 

Erst danach soll Gott einen Garten in Eden geschaffen haben, in den er den Menschen brachte. Und dann erst sollen in diesem ‘Paradiese’, wie ihr den Garten nennt, allerlei Bäume mit wohlschmeckenden Früchten hervorgewachsen sein. Dem Menschen soll er dann den Auftrag erteilt haben, diesen Garten zu bebauen und zu behüten. Man kann sich gar nicht denken, vor wem der Mensch den Garten zu behüten hatte. Es war ja nach demselben Bericht sonst nichts auf der Erde. So viele Sätze, so viele Widersprüche!

 

Stelle nun diesem unverständlichen Bild das dir übermittelte Wahrheitsbild gegenüber! Da siehst du das Paradies als jene geistige Sphäre, in die Gott nach der Geisterrevolution die weniger schuldigen Mitläufer zur Strafe und erneuten Prüfung verwies. Hier stand der geistige Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Es war nichts anderes als das Gebot Gottes, das er ihnen zur Prüfung für diese Sphäre gegeben hatte, und dessen Tragweite sie nicht erkannten.

 

An der Beobachtung oder Nichtbeobachtung dieses Gebotes oder Verbotes sollte es sich zeigen, ob die Geister der Paradiesessphäre gewillt waren, wieder auf die Seite Gottes zu treten oder sich Luzifer endgültig anzuschließen. Bestanden sie die Prüfung durch Gehorsam gegen Gott, so wurde das Gebot für sie zum Baume des Lebens in der Herrlichkeit Gottes. Übertraten sie jedoch das Verbot, so wurde es zum Baum des Todes. Dann wurden sie auch aus diesem Paradies hinab in die Sphären Luzifers geschleudert. Das war dann der Tag der vollständigen Trennung von Gott. Es war der Tag, an dem sie des geistigen ‘Todes’ starben . ‘An dem Tage, da ihr davon esset, müßt ihr des Todes sterben’ (1. Mose 2, 17).

 

Jetzt verstehst du auch, warum Adam das Paradies hüten sollte. Sich und die anderen behüten, vor der Einwilligung in die Verlockungen zur Sünde des Ungehorsams gegen Gott. Jetzt ist dir auch der Hinweis der Bibel klar, daß nach der Vertreibung der treulos gewordenen Geister aus dem Paradiese ihre Rückkehr dorthin durch Cherube mit flammenden Schwertern verhindert wurde. Denn die Entscheidung war gefallen. Sie hatten dem Machthaber der Tiefe Gehorsam geleistet.

 

Die Sphären der Finsternis wurden nun ihr Los. Sie hatten kein Anrecht mehr auf die Gefilde des Paradieses, die ihnen so lange versagt bleiben, bis der Tag kommt, wo die gefallenen Geister auf dem Rückweg zu Gott diese Geistersphäre des Glückes als Vorstufe der Sphäre des Himmels wieder erreicht haben. Dann dürfen sie den geistigen Garten Eden wieder betreten, um aus ihm zu der Herrlichkeit emporzusteigen, aus der sie einst durch eigene Schuld ausgestoßen wurden.

 

Es ist daher das Gegenteil von dem wahr, was Gott in höhnischer Weise nach dem Bericht eurer Bibel gesagt haben soll. Er soll nämlich in dem Augenblicke, wo unermeßliche Scharen seiner Kinder in das namenlose Unglück der vollständigen Trennung vom Reiche Gottes gestoßen wurden, die Worte gesprochen haben: ‘Der Mensch ist ja nun geworden, wie unsereiner, so daß er weiß, was gut und böse ist. Nun aber soll er nicht auch noch seine Hand ausstrecken und Früchte vom Baume des Lebens nehmen und sie essen und unsterblich werden’ (1. Mose 3, 22).

 

So spricht ein Teufel, aber nicht ein unendlich gütiger Gott. Und in Wirklichkeit sind es die Worte, mit denen Satan die verführten Geister verhöhnte. Gottes Wille ist es ja, daß sie ihre Hand nach dem Baume des Lebens auch nach ihrem Falle ausstrecken im Gehorsam gegen Gott und in der Rückkehr zu ihm.

 

Aber die Mächte der Tiefe wollen es jenen Geistern, denen zuerst das Erbarmen Gottes durch Schaffung der ‘Besserungssphären’ zuteil wurde, für alle Zukunft wehren, die Hand nach dem Baume des Lebens auszustrecken und zu Gott zurückzukehren. Wenn es nach dem Willen Luzifers gegangen wäre, würden jene Stufen des geistigen Aufstieges nie geschaffen worden sein und auch eine materielle Welt wäre nie entstanden. Er hätte dann seine Gewaltherrschaft über jene Geister ungeschwächt ausüben können, ohne befürchten zu müssen, einen von ihnen zu verlieren.

 

Auch zu der Art, wie in eurer Bibel die Erschaffung des ersten menschlichen Weibes dargestellt wird, muß ich Stellung nehmen.

 

In dem biblischen Bericht heißt es, daß Gott dem einsamen ersten Mann eine Gehilfin geben wollte. Darum habe er aus Erde alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels gebildet und sie dem Manne zugeführt, damit er sich aus diesen eine Frau aussuche. Aber es habe sich keine geeignete darunter befunden. Um diesem Übelstand abzuhelfen, habe Gott den Mann in einen tiefen Schlaf fallen lassen, eine Rippe aus seiner Seite genommen und die dadurch entstandene Lücke mit Fleisch wieder ausgefüllt. Aus der Rippe habe er einen weiblichen Menschen gebildet und ihn dem Manne als sein Weib zugeführt.

 

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Du weißt, daß diese Darstellung zum Gegenstand des Hohnes, besonders bei den Gegnern des Gottesglaubens geworden ist. Es ist schmerzlich, die Schöpfungstat Gottes so entstellt und dem Gespötte der Menschen preisgegeben zu sehen. Auch hier hat das Böse durch seine menschlichen Werkzeuge das Bild der Wahrheit zur abstoßenden Fratze verzerrt, damit der Begriff eines allmächtigen und allweisen Gottes ins Lächerliche gezogen werden sollte. Denn etwas der Lächerlichkeit preisgeben, heißt die tödlichste Waffe zu seiner Vernichtung schmieden.

 

Gott verhindert solche Entstellungen der Wahrheit nicht, wie er überhaupt nicht eingreift, wenn Menschen Böses tun wollen. Die Wahrheitssucher und Gottesgläubigen hatten ja stets ein Mittel, auch bei den gefälschten Heiligen Schriften das Wahre von dem Falschen zu unterscheiden. Es stand ihnen die Verbindung mit der guten Geisterwelt offen, wo sie die Wahrheit jederzeit erfahren konnten.

 

Welches ist nun der wahrheitsgetreue Hergang bei der Erschaffung des ersten irdischen Menschenpaares? Adam war der erste Geist, der reif wurde, aus der höheren Tierwelt in eine menschliche Verkörperung einzutreten. Diese ging aber nicht so vor sich, wie ihr es euch nach der unrichtigen Darstellung der Bibel denkt. Gott bildete nicht einen Mann aus Lehm und blies ihm den Odem des Lebens in die Nase und machte ihn so zu einem Menschen. Vielmehr erfolgte die Verkörperung des ersten Menschengeistes nach denselben Gesetzen, wie sie auch heute noch bei Geisterverkörperungen zur Anwendung kommen.

 

Über die Materialisationen von Geistern habe ich dich hinreichend belehrt. Du weißt, daß man heute dazu das Od von sogenannten ‘Materialisationsmedien’ benötigt, mit dem die Gestalt des Geistes materiell verdichtet wird.

 

Dasselbe Gesetz wandte Gott bei der Verkörperung des ersten Menschengeistes an. Nun gab es damals noch kein menschliches Materialisationsmedium, dessen Od er hätte verwenden können. Daher nahm er das Od der Erde und zwar eine solche Od-mischung, wie sie dem Aufbau des menschlichen Körpers entsprach. Es war dieselbe Odmischung, aus der sich auch heute die Körper der Menschen auf dem Wege des Wachstums bilden.

 

Schon Paulus sagt: ‘Gott gibt jeder Art der Lebewesen einen besonderen Leib. Nicht alles Fleisch hat dieselbe Beschaffenheit. Anders ist das Fleisch bei Menschen, anders bei vierfüßigen Tieren, anders bei Vögeln, anders bei Fischen’ (1. Kor. 15, 38-39). Die Zubereitung des Od zur Verkörperung des ersten Menschen erfolgte durch die Geisterwelt Gottes.

 

Der Leib des ersten Menschen, den ihr ‘Adam’ nennt, ist also tatsächlich ‘von der Erde’ genommen, wenn auch in anderer Form, als ihr bisher annahmt. Es wurde nicht ein Mann aus Lehm gebildet, sondern die geistigen Glieder jenes Geistwesens wurden mit Hilfe des verdichteten Od der Erde mit einer materiellen Hülle umgeben. Und jener so gebildete Leib Adams löste sich später bei seinem Tode auch wieder in das Od der Erde auf. In der Form des Od war er von der Erde genommen und in derselben Form kehrte er auch wieder zur Erde zurück. Das ist das Gesetz für alle materiellen Wesen.

Der auf diese Weise ins Dasein getretene erste männliche Mensch war nun der einzige in seiner Art.

 

Er war, wie eure Bibel mit Recht sagt, einsam. Nur die Pflanzen- und Tierwelt hatte er um sich. Er sehnte sich nach der Stunde, wo der nächste Geist sich zur Reife für eine menschliche Verkörperung durchgerungen hätte. Er hielt Umschau unter den ihn umgebenden höheren Tieren, ob bei deren Tode Gott nicht vielleicht den einen oder anderen Tiergeist als würdig befinden würde, ebenfalls Mensch zu werden. Ein Anklang hieran liegt in eurem biblischen Bericht, daß Gott dem ersten Menschen alle Tiere zugeführt habe, damit er sich unter ihnen nach einer Gefährtin umsehe.

 

Da endlich kam der Tag, wo wieder ein Geist die Stufe des Menschen erreicht hatte. Diesmal war es ein weiblicher Geist. Es war jener Geist, der als Gefährtin Adams im Reiche Gottes und dann auch in der Paradiesessphäre war und zuerst ungehorsam wurde und Adam zum gleichen Ungehorsam verführt hatte.

 

Die Schuld dieses Geistes war größer und infolgedessen auch die Strafe. Der Aufstieg aus der Tiefe dauerte daher länger und er erreichte nicht gleichzeitig, mit dem männlichen Dualgeist die Höhe des irdischen Menschendaseins.

 

Die Schilderung der Verkörperung dieses weiblichen Geistes zum materiellen Menschen, wie sie in der heutigen Bibel enthalten ist, läßt die Wahrheit des wirklichen Herganges ein wenig durchschimmern.

Die Verkörperung der ‘Eva’, wie eure Bibel das erste Weib nennt, nahm den Verlauf, den alle Materialisationen der Geister haben. Bei Eva brauchte Gott nicht mehr das Od der Erde zu nehmen, sondern er hatte ein ‘Materialisationsmedium’ zur Verfügung. Es war Adam. Daß er außerordentliche mediale Kräfte besaß, ist aus dem Umstand erklärlich, daß die Geisterwelt seinen Körper materialisiert hatte und mit ihm auf medialem Wege beständig in Verbindung stand.

 

Wie auch heute eine Geisterverkörperung nur dann möglich ist, wenn das Materialisationsmedium sich in ‘Tieftrance’ befindet, so auch damals. Den Zustand der ‘Tieftrance’ bei Adam schildert die Bibel mit den Worten: ‘Gott ließ einen tiefen Schlaf auf Adam fallen’ (1. Mose 2, 21). Es war der ‘mediale Schlaf’, bei dem der Geist des Adam aus dem Körper austrat. Und wie auch heute bei einer vollständigen Materialisation eines Geistes das Od des Materialisationsmediums nicht ausreicht, sondern auch noch Materie des Mediums aufgelöst werden muß, so löste die Geisterwelt bei der Materialisation der Eva auch noch körperliche Materie des Adam in Od auf und verwandte sie zur Bildung des Leibes der Eva.

 

Dieser Vorgang hat die Veranlassung gegeben zu dem Bericht der Bibel von der Wegnahme einer Rippe des Adam: ‘Als Adam eingeschlafen war, nahm Gott eine von dessen Rippen und gestaltete sie zu einem Weibe’ (1. Mose 2, 21-22).

 

Bei den sonstigen Geisterverkörperungen dauert die Materialisation bloß eine bestimmte Zeit. Dann löst sie sich wieder auf, und das Medium erhält alles wieder zurück, was es an Od und körperlicher Materie hatte abgeben müssen. Bei der Eva mußte jedoch die Verkörperung eine dauernde sein. Darum konnte Adam als Medium weder das abgegebene Od, noch den in Odform abgegebenen Teil der körperlichen Materie wiedererhalten. So mußte ihm die Geisterwelt dafür Ersatz liefern.

 

Diesen beschaffte sie aus dem Od der Erde auf dieselbe Weise, wie sie zuerst den Leib des Adam gebildet hatte. Darauf weist die Bibel mit den euch bisher so unverständlichen Worten hin: ‘Er verschloß die Stelle der weggenommenen Rippe wieder mit Fleisch. ’

 

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Die Fortpflanzung des Menschengeschlechts

 

So war das erste Menschenpaar geschaffen. Von ihm sollte auf dem Wege der Zeugung das ganze Menschengeschlecht abstammen.

 

Bei der irdischen Zeugung wird bloß der Keim für den Aufbau des materiellen Leibes des werdenden Kindes übertragen. Der Geist wird nach euch unbekannten Gesetzen erst wenige Augenblicke vor der Geburt mit dem Kindeskörper vereinigt. Das Leben des Kindes im Mutterkörper rührt von der Mutter her. Das Blut der Mutter durchflutet den Kindeskörper und setzt die Organe in Bewegung, sobald sie einigermaßen gebrauchsfähig entwickelt sind. Das ist gewöhnlich der Fall im fünften Monat der menschlichen Schwangerschaft.

 

Die Bewegung der kindlichen Organe im Mutterleib ist deshalb notwendig, damit diese sich frühzeitig an ihre Tätigkeit gewöhnen. Sie rührt also nicht von dem eigenen Geist des Kindes her, der erst später einverleibt wird, sondern von der Mutter. Es ist hier ähnlich wie bei einer Maschine, die fertiggestellt und zusammengesetzt ist. Sie wird zunächst durch äußeren Antrieb in Gang gebracht, bevor sie mit der für sie bestimmten Kraft versehen wird, mit der sie später zu arbeiten hat. Sie muß sich also zuerst einlaufen, bevor sie in Betrieb genommen wird. So ist es auch mit den Körpern der werdenden irdischen Wesen.

 

Gottes Allmacht und Weisheit zeigt sich dem denkenden Menschengeist nirgends erhabener als gerade bei dem großen Naturgeheimnis des Werdens eines neuen Menschen. Das gilt selbstverständlich in demselben Maße auch von der Fortpflanzung in den anderen Naturstufen. Überall sind es gefallene Geister, die den durch Zeugung gebildeten materiellen Körpern einverleibt werden nach so weisen Gesetzen Gottes, daß euer Menschenverstand dieses göttliche Geheimnis nicht begreifen könnte, auch wenn ich es klarzumachen versuchen wollte.

 

Adam und sein Weib bekamen Söhne und Töchter (1. Mose 5, 4). Die Brüder nahmen ihre Schwestern zu Frauen. Wenn daher in der Bibel berichtet wird, daß Kain nach der Ermordung Abels in ein anderes Land flüchtete und dort sein Weib ‘erkannte’, so heißt das nicht, er habe dort erst sein Weib kennengelernt, als ob es noch andere Menschen gegeben hätte, die nicht von Adam und Eva abstammten. Das Wort ‘erkennen’ besagt nach dem hebräischen Sprachgebrauch: Geschlechtsverkehr haben.

 

Es heißt von Kain: ‘Und Kain erkannte sein Weib; die ward schwanger und gebar den Henoch’ (1. Mose 4, 17). Auch bei Adam werden dieselben Worte gebraucht: ‘Und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain’ (1. Mose 4, 1).

 

Von dem ersten Menschenpaar stammt also die ganze Menschheit ab. Sie bildete die höchste irdische Besserungsstufe im Aufstieg der gefallenen Geister. Hier war die Grenze des Herrschaftsbereiches Luzifers. Über diese Grenze konnte vor der Erlösung kein gefallener Geist hinaus. Denn keiner konnte sich der Herrschaft Luzifers entziehen, weil er dessen rechtmäßiger Untertan war und Luzifer selbst bei den gefallenen Geistern, die in Reue wieder zurück ins Reich Gottes wollten, auf seine Herrscherrechte nicht verzichtete.

 

Zu diesem Verzicht mußte er erst durch einen Erlöser gezwungen werden. Bevor dieser Erlöser kam, mußten alle Menschengeister in der Menschensphäre bleiben, sei es als materiell verkörperte Menschen, sei es als Geister in einer geistigen Sphäre, die der Höhe des irdischen Menschen entsprach. Darüber hinaus war die grosse Kluft, die das Reich Luzifers von dem Reiche Gottes trennte. Sie konnte nur durch einen Sieg über Luzifer überbrückt werden. Über den Begriff der Erlösung und ihren Verlauf werde ich dich später ausführlich belehren.

 

War die Erlösung erfolgt, dann hatte Gott die Schaffung von ‘Geistersphären’ vorgesehen, in denen die Menschengeister nach dem irdischen Tode bis zur Sphäre des Himmels nach und nach aufsteigen konnten. Sie vor der Erlösung zu schaffen, war deswegen zwecklos, weil ja keiner der gefallenen Geister zu diesen Sphären aufsteigen und durch sie in den Himmel gelangen konnte.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich dich auf eine andere sehr wichtige Wahrheit aufmerksam machen. Es gab nämlich vor der Erlösung sehr viele Menschen, in denen nicht ein gefallener Geist verkörpert war, sondern Geister des Himmels, denen Gott die Erlaubnis gegeben, durch menschliche Geburt Mensch zu werden, um den anderen Menschen behilflich zu sein, zum wahren Gottesglauben zu gelangen und dadurch reif für die Erlösung zu werden.

 

Solche menschgewordenen Geister des Himmels waren z. B. Henoch, Abraham, Isaak, Jakob, Mose, Josua, Kaleb, die meisten der Propheten, Maria, die Mutter Jesu, und viele andere, deren Namen in den Urkunden der Heiligen Schriften nicht enthalten sind. Diese Geister kehrten nach ihrem menschlichen Tode wieder zum Reiche Gottes zurück. Sie unterstanden ja nicht der Herrschaft Luzifers, da sie den Abfall vom Reiche Gottes nicht mitgemacht hatten.

 

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Die nach der Erlösung geschaffenen Geistersphären

 

Was nun die im Erlösungsplan Gottes vorgesehenen ‘Geistersphären’ betrifft, in denen nach erfolgter Erlösung die Menschengeister zu Gott aufsteigen sollten, so gibt es deren dreizehn. Ich brauche dir die einzelnen nicht näher zu schildern. Was du als Mensch davon verstehen kannst, hast du persönlich durch Kundgebungen von Geistern aus diesen Sphären erfahren, die in großer Zahl dir zur Belehrung in den Medien erfolgten. Aus der Art, wie diese Geister auftraten, und aus den Worten, die sie sprachen, konntest du erkennen, welches das Los jener Geister in den einzelnen Sphären ist und wie es in den Sphären selbst aussieht.

 

Du hast jene schwer leidenden Menschengeister kennengelernt, die nach ihrem irdischen Tode in die tiefsten der dreizehn Geistersphären gekommen waren. Bei ihnen sahst du das Wort Christi bewahrheitet: ‘Werfet ihn in die äußerste Finsternis, wo Heulen und Zähneknirschen sein wird. ’ Auch das andere Wort der Bibel wurde dir bei ihnen klar: ‘Die Toten wissen nichts. ’ Diese infolge ihres Unglaubens als Menschen dem geistigen Tode anheimgefallenen, von Gott getrennten Geistwesen, wußten nichts.

 

Sie wußten weder, wer sie als Mensch gewesen waren, noch wo sie früher gelebt, noch wo sie sich jetzt befanden, noch was das Schreckliche zu bedeuten hatte, das sie in dieser Finsternis erlebten und das sie so unglücklich machte.

 

Du konntest beobachten, wie bei den Geistern in den aufsteigenden Sphären auch die Erkenntnis entsprechend größer wurde und die Gegensätzlichkeit zu Gott immer geringer. Auch die Farbenwirkungen des Lichtes konntest du aus den Kundgebungen bezüglich der einzelnen Sphären erkennen. Die Farben dieser Sphären bewegen sich vom tiefsten Schwarz in der untersten Stufe durch alle Farben hindurch bis zum strahlendsten Weiß in der obersten Sphäre. In der dreizehnten Sphäre ist ein so blendendes Weiß, daß ein irdisches Auge es nicht ertragen könnte. Es ist die Sphäre der reinen Geister Gottes. Es ist das, was ihr ‘Himmel’ nennt.

 

Aus dem, was du mit den Geistern aus den untersten Sphären erlebt hast, wirst du ersehen haben, wie schwer es für diese Geistwesen ist, sich aus ihrem beklagenswerten Zustand emporzuarbeiten. Denn ein Aufstieg in jenen Geistersphären ist für sie nur dann möglich, wenn sie sich zu Gott wenden. Nun hast du aber selbst erfahren, ein wie großer Widerstand dem Gottesgedanken gerade von diesen Geistern entgegengesetzt wird.

 

Für sie ist es daher eine große Gnade Gottes, wenn sie möglichst bald wieder von neuem Mensch werden. Denn als Menschen können sie durch das, was sie in der Schöpfung Gottes sehen, sowie infolge eigenen Nachdenkens oder durch fremde Belehrung und das Beispiel anderer leichter zum Gottesglauben kommen, als in jenen tiefen Geistersphären.

 

Die meisten Menschengeister müssen wiederholt zur Erde zurück. Denn der Abschluß ihres diesseitigen Lebens ist immer wieder ein ungünstiger und führt sie in die tiefsten Geistersphären zurück, anstatt sie für die höheren Stufen des Jenseits reif zu machen. Betrachte dir das Leben der meisten Menschen! Ist nicht ihr ganzes Sinnen und Trachten auf das Irdische eingestellt? Wieviele denken überhaupt an Gott und glauben fest an ihn und tun das Gute? Seitdem die bösen Mächte das Geld unter die Menschen gebracht, haben sie ein Mittel, durch das sie eine unumschränkte Herrschaft über den größten Teil der Menschheit ausüben.

 

Die Zeit, welche die Geister der tieferen Sphären im Jenseits zubringen müssen, bis sie als Menschen wiederverkörpert werden, ist bei jedem Geist verschieden. Sie richtet sich auch nach dem, was der einzelne als Strafe für sein letztes irdisches Leben zu verbüßen hat. Gott ist gerecht, und jedes Vergehen erheischt seine Sühne. Doch Gott ist auch gütig und straft nie so hart, als seine Geschöpfe es verdienen.

 

Die Kundgebungen der Geister, aus denen du die Kenntnis jener dreizehn Geistersphären erlangtest, traten dir in den verschiedensten Medien entgegen. Das wurde so gefügt. Es sollte dir als Beweis der Wahrheit dienen. Denn wenn du die Angaben über jene Sphären durch die Vermittlung ein und desselben Mediums erhalten hättest, dann würde dir vielleicht der Gedanke gekommen sein, diese Kundgebungen rührten aus dem Unterbewußtsein des Mediums her. Eure heutige Wissenschaft hat ja das Wort ‘Unterbewußtsein’ gleich bei der Hand, wenn sie etwas auf diesem Gebiete erklären soll, was sie rein menschlich nicht erklären kann, aber auch nicht als Wirkung von Geistern erklären möchte.

 

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Die Befreiung der gefallenen Geister durch einen Erlöser

 

Die Schaffung der dreizehn Geistersphären war der letzte Teil in dem Erlösungsplan Gottes. Vorher mußte eine noch viel schwerere Aufgabe gelöst werden. Denn was nützten die Besserungsstufen von der tiefsten Sphäre der Hölle hinauf zu der obersten irdischen Stufe - der des Menschen; was nützen die vorgesehenen dreizehn Geistersphären zum weiteren Aufstieg bis zur Höhe Gottes, wenn Luzifer keinen der einst zu ihm übergetretenen Geister freigab, sondern stets das ihm von Gott eingeräumte Herrscherrecht über sie geltend machte!?

 

Wer aber sollte Satan zwingen, auf seine Rechte wenigstens denen gegenüber zu verzichten, die in Reue zu Gott zurück wollten? Gewiß, Gott hätte ihn zwingen können. Aber seine Gerechtigkeit hatte ihm jenes Recht verliehen, und darum verbot es dieselbe Gerechtigkeit, es ihm zu schmälern.

 

Nur ein Geist, der sich in den Herrschaftsbereich des Fürsten der Finsternis begab und somit alle Drangsale seiner Gewaltherrschaft auf sich nahm, hatte das Recht, den Kampf gegen ihn aufzunehmen. So ist es ja auch bei euch internationales Recht, daß ein von seinen Machthabern unterdrücktes und gequältes Volk sich selbst gegen seine Peiniger erhebt und ihr Joch abzuschütteln sucht.

 

Doch durfte ein solcher Geist nicht durch Abfall von Gott Untertan Luzifers werden. Denn sonst wäre er ihm rettungslos verfallen gewesen.

 

Es mußte ein Geist des Himmels sein, der auf dem Wege der Menschwerdung nur äußerlich in den Herrschaftsbereich Satans trat. Denn alles, was in der Materie verkörpert ist, untersteht dem Einfluß der bösen Mächte. Darum hat das Böse über alle irdischen Wesen eine so große Gewalt, selbst wenn sie der Gesinnung nach nicht dem Bösen angehören. Auch die gottestreuesten Menschen erfahren täglich die Macht des Bösen an sich und straucheln oft unter seinem Einfluß.

 

Darum war es für den betreffenden Geist des Himmels ein großes Wagnis. Er war ja nach seiner menschlichen Geburt ein Mensch, wie alle anderen Menschen. Er hatte keine Erinnerung an sein früheres Dasein als Geist des Himmels. Er wußte also nicht, wer er war, kannte auch zunächst nicht die Aufgabe, die er durch seine Menschwerdung zu lösen hatte und wurde zum Bösen und vom Bösen versucht, wie alle anderen Menschen.

 

Gott gab ihm auch nicht mehr geistige Hilfe, wie jedem anderen. Das hätte der Gerechtigkeit Gottes widersprochen. Die größere Hilfe Gottes, die dieser menschwerdende Himmelsgeist zur Lösung seiner Aufgabe nötig hatte, mußte er sich dadurch verdienen, daß er den an ihn herantretenden Angriffen des Bösen widerstand. In dem Maße, wie er in den großen Versuchungen zum Bösen festblieb, empfing er immer größere Hilfe Gottes.

 

Das ist bei allen Menschen so. Aber in dem gleichen Maße, wie die Hilfe Gottes bei ihm zunahm, durfte auf der anderen Seite auch das Böse seine Angriffe gegen ihn verstärken. Denn Gott läßt niemand über seine Kräfte versuchen. Das Kind darf vom Bösen nicht so schwer angefallen werden, wie der Erwachsene. Man darf keinem eine Zentnerlast auf die Schultern legen, wenn seine Kräfte bloß für einen halben Zentner ausreichen.

 

So durfte auch jener menschwerdende Geist des Himmels als Kind nicht so schwer vom Bösen angefochten werden, wie in seinen reiferen Jahren. Und erst, wenn er die Erkenntnis gewonnen hatte, wer er war und welchen Zweck seine Menschwerdung hatte, wurde der Hölle gestattet, mit allen Machtmitteln gegen ihn anzugehen. Dann begann der Vernichtungskampf. Es war also für jenen Geist als Mensch ein Verteidigungskampf gegen das Böse, das ihn zum Abfall von Gott zu bringen suchte.

 

Es mußte ein Kampf werden, der für den menschgewordenen Himmelsgeist, sofern er bis zum Schluß standhaft blieb, mit einem martervollen irdischen Tod endete. Denn es ist die ständige Kampfart der bösen Mächte, daß sie die Festung, die sie mit kleineren und mittleren Geschützen nicht niederkämpfen können, mit dem schwersten Kaliber irdischer Qualen zur Übergabe zu zwingen suchen. Dafür finden sie unter den Menschen stets Werkzeuge und Helfershelfer genug.

 

Blieb jener Geist trotz der größten Qualen, die ihm als Mensch von seiten der Höllenmächte und ihrer menschlichen Werkzeuge seelisch und körperlich angetan wurden, bis zum letzten Atemzuge standhaft und seinem Gotte treu, dann hatte er sich durch diesen Verteidigungskampf gegen das Böse die größte Hilfe und Kraft Gottes verdient, die ein Geist erlangen kann.

 

Mit dieser Gotteskraft ausgerüstet, konnte er nach seinem irdischen Tode als Geist gegen die Hölle im Angriffskampf vorgehen, gegen die er als Mensch bloß im Verteidigungskampf hatte stehen können. Sein Sieg über Luzifer war ihm dann gewiß. Denn die Kampflegionen des Himmels standen ihm zur Verfügung.

 

Das mußte ein Kampf werden, wie er einst im Himmel tobte, als Michael mit seinen Legionen Luzifer und seinen Anhang stürzte.

 

Er sollte sich in der Hölle abspielen, in die der himmlische Erlösungsgeist hinabstieg, um Luzifer in seinem eigenen Reich zu überwältigen. Dieser sollte nicht seiner Herrschaft über die abgefallenen Geister beraubt und zur vollständigen Ohnmacht verurteilt werden.

 

Der Sieger sollte bloß seine bisherigen Herrscherrechte beschränken. Denn bis jetzt übte Luzifer seine Gewaltherrschaft nicht bloß über die aus, die ihm der Gesinnung nach noch immer angehörten, sondern in gleicher Weise auch über die, welche zwar einst durch eigene Verschuldung zu ihm übergetreten waren, aber ihren Schritt bereuten und aus der Fremdenlegion Satans wieder zur Heimat Gottes wollten.

 

Satan sollte nun durch den Sieg jenes hohen Himmelsgeistes gezwungen werden, die reuigen Geister aus seiner Gewalt zu entlassen. Wohl behielt er das Recht, nach wie vor alle Mittel der Verführung gegen diese anzuwenden, um sie wieder umzustimmen und an sich zu fesseln. Aber er sollte nicht mehr das Recht haben, sie mit Gewalt unter sein Szepter zu beugen, wie er das bisher getan hatte. Er mußte gewissermaßen seine Grenzposten an der nun durch den Erlöser gebauten Brücke zum Reiche Gottes zurückziehen, damit sie keinen Geist, der in sein früheres Vaterland zurückgehen wollte, mit Gewalt daran hindern konnten.

 

Würde der Fürst der Finsternis in diese Beschränkung seiner Rechte einwilligen - und als Besiegter mußte er einwilligen - und war sie als Friedensbedingung festgelegt, dann mußte er sie auch halten, denn Gott war der allmächtige und gerechte Hüter dieses Friedensvertrages. Seiner Macht untersteht auch die Hölle. Gegen seinen Arm ist sie ohnmächtig.

 

Die Folgen eines solchen Friedensvertrages mußten auf die Dauer für Luzifer und sein Reich verhängnisvoll werden. Denn auf diese Weise wurden ihm nach und nach alle seine Untertanen entzogen, und zum Schluß hatte er das Schicksal eines Feldherrn, dessen sämtliche Mannschaften zum Feinde übergegangen sind. Ihm bleibt dann nichts anderes übrig, als in der Erkenntnis seiner Ohnmacht sich ebenfalls zu unterwerfen.

 

So würde dann später auch Luzifer, nachdem alle von ihm gegangen, seine Ohnmacht Gott gegenüber einsehen und als letzter freiwillig seine Unterwerfung anbieten.

 

Das wäre dann nach dem Heilsplan Gottes der Tag, wo es keine Trennung von Gott, also keinen ‘Tod’ mehr gibt. Das wäre der Tag, wo alle einst vom Baume des Lebens abgerissenen Zweige wieder eingepfropft sind, der Tag, wo keine Klage und kein Kummer mehr ist, der Tag, wo Gott abwischen wird alle Tränen, die in so großer Zahl von den abgeirrten Kindern auf dem langen Weg der Trennung geweint worden sind.

 

Es wäre der Tag, an dem das Reich Gottes wieder in demselben Umfang erstrahlen wird, wie es vor dem Abfall der Geister gewesen. Dann würden die zurückgekehrten Kinder Gottes die Plätze im Vaterhaus wieder einnehmen, die sie einst innegehabt.

 

Und auch Luzifer, der als letzter mit übergroßer Reue im Herzen über die vom Sieger gebaute Brücke geht, würde wieder der herrliche Lichtträger sein an der Seite Christi, seines königlichen Bruders, dessen Liebe und weise Regierung er einst schnöde verkannt. Und es würde ein Freudenjubel durch das Reich der Himmel schallen.

 

Diesen Erlösungsplan offenbarte Gott nach dem Sturz Luzifers und seines Anhangs bloß seinem erstgeschaffenen Sohne und einigen der höchsten Himmelsfürsten. Einer von ihnen sollte sich freiwillig bereiterklären, zur gegebenen Zeit die gefahrvolle Aufgabe zu übernehmen, den Fürsten der Finsternis zu besiegen auf dem Wege über die Menschwerdung. Alle wußten, was eine Menschwerdung für sie bedeutete.

 

Sie wußten, daß sie als Mensch Gefahr liefen, von dem Feinde, den sie besiegen wollten, selbst überwunden zu werden und daß in diesem Falle die erstrebte Erlösung nicht stattfinden konnte. Ferner war ihnen bekannt, daß eine Niederlage des ersten Geistes, der als Erlöser zur Erde ging, die Sendung eines zweiten notwendig machte und daß dies so lange fortgehen müsse, bis die Erlösung gelang. - Jeder der hohen Himmelsgeister erklärte sich mit Freuden bereit, den Versuch zu wagen.

 

Doch Christus, der höchste geschaffene Geist und von Gott bestellte König der Geisterwelt, bat als erster um die Erlaubnis, diese Aufgabe zu übernehmen. Ihm hatte ja der Kampf Luzifers bei der großen Geisterrevolution gegolten. Wegen ihm war die große Spaltung erfolgt. Wegen ihm hatte sich die unüberbrückbare Kluft zwischen dem Reiche Gottes und dem Reiche der Finsternis aufgetan. Er wollte daher auch die Brücke über diese Kluft bauen, damit alle in die Irre gegangenen Kinder Gottes wieder heimkehren konnten.

 

Gott gab seine Einwilligung in die Menschwerdung seines Sohnes. Sie sollte dann erfolgen, wenn die gefallenen Geister in ihrem Aufstieg durch die Besserungssphären bis zur letzten irdischen Stufe, der des Menschen, wenigstens zu einem gewissen Teil sich emporgearbeitet hätten und als Menschen sich nach der Rückkehr zu Gott sehnen würden.

 

Allen anderen Geistern des Gottesreiches, wie auch den Mächten der Finsternis, blieb der Heilsplan Gottes verborgen. Das geschah, damit die Hölle ihn nicht durchkreuzen konnte. Hätten die bösen Mächte gewußt, was das eigentliche Ziel der Menschwerdung des Sohnes Gottes war, hätten sie gewußt, daß sein leidvoller Kampf gegen die Angriffe des Bösen und sein qualvoller Tod die notwendige Voraussetzung für seinen Sieg als Geist über Luzifer sei, dann würden sie ihn überhaupt nicht versucht haben. Sie hätten einen Kreuzestod mit allen Mitteln verhindert, anstatt ihn mit allen Kräften herbeizuführen.

 

Erst nach dem Erlösungstode Christi war die Zeit gekommen, der ganzen Schöpfung den Erlösungsplan Gottes in seiner unbegreiflichen Größe zu offenbaren. Jetzt konnte sein Bekanntwerden keinen Schaden mehr anrichten, sondern nur Gutes wirken. Der Rohbau des Rettungswerkes war fertiggestellt und konnte nicht mehr zerstört werden. Seine innere Vollendung wurde durch die Bekanntgabe nur beschleunigt. Diese Vollendung bestand ja darin, daß die von Gott einst abgewichenen Geister über die vom Erlöser geschlagene Brücke zur alten Heimat zurückkehrten.

 

Das, was aus dem Heilsplan Gottes als Hoffnungsanker für die Menschheit bekannt gegeben werden durfte, war in der Urbibel enthalten. Es waren die Wahrheiten über die Geisterschöpfung, den Geisterkampf, den Abfall, die Schaffung der Besserungssphären zum Zwecke des allmählichen Aufstieges aus der Tiefe sowie das Kommen eines großen Gottgesandten als Befreier.

 

Mit Ausnahme der Ankündigung des kommenden Messias ist im Laufe der Zeiten das alles aus den Heiligen Schriften des Alten Testamentes entfernt worden. Die Menschheit verstand jene Wahrheiten nicht mehr. Und was sie nicht versteht, pflegt sie als Torheit zu betrachten und aus ihrem Gedächtnis auszulöschen.

 

So war es auch zur Zeit Christi. Was über die Alltagsdinge hinausging oder im Gegensatz zu dem von den Vätern ererbten Religionsbekenntnis stand, konnte man damals den Menschen ebensowenig beibringen, wie man es heute kann. Darum ging auch Christus auf jene Wahrheiten nicht näher ein, sondern beschränkte seine Lehre auf die Verkündigung der Wahrheit über Gott, die Erfüllung des göttlichen Willens und seine eigene Sendung vom Vater. Alles Übrige überließ er den Geistern der Wahrheit, die er der Menschheit schicken wollte.

 

Aber auch dann noch, als die Geisterwelt Gottes als Lehrmeisterin auftrat, waren es nur die in der Erkenntnis der Wahrheit Fortgeschrittenen, die den Heilsplan Gottes erfaßten. Für die anderen war er eine schwer verdauliche Kost, die sie nicht vertragen konnten. Selbst manche Christen hielten den Apostel Paulus, als er darüber predigte, für wahnsinnig (2. Kor. 5, 13). Und als Paulus vor dem König Agrippa im Beisein des Statthalters Festus über die ihm zuteilgewordenen Offenbarungen sprach, da rief Festus mit lauter Stimme aus: ‘Paulus, du bist von Sinnen, das viele Studieren bringt dich um den Verstand!’ (Apg. 26, 24).

 

Auch dir wird man sagen, wenn du meine Belehrungen zur Kenntnis deiner Mitmenschen bringst, das seien lächerliche Phantasien und du habest deinen Verstand verloren. Es ist zu allen Zeiten das Los der Wahrheit gewesen, als Unwahrheit und Torheit angesehen zu werden, während andererseits offenkundige Unwahrheiten in den Jenseitsanschauungen gedankenlos als Wahrheit hingenommen, allgemein gepredigt und zu Glaubensbekenntnissen erhoben werden.

 

Was ich dir über den Heilsplan Gottes mitgeteilt habe, wirst du in allen Einzelheiten bestätigt finden, wenn ich dir später die ganze Lehre Christi im Zusammenhang vortrage, wie sie teils von Christus selbst, teils von den Geistern der Wahrheit durch die Apostel und Medien den Gläubigen verkündet worden ist. Alsdann werden wir auch einen für dich und deine Mitmenschen besonders lehrreichen Vergleich anstellen zwischen der wirklichen Lehre Christi und dem heutigen Christentum.

 

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Christus - sein Werk und sein Leben

 

Für uns Christen gibt es nur einen Gott,
den Vater, von dem alle Dinge sind und
für den wir geschaffen sind; und nur einen
Herrn, Jesus Christus, durch dessen Vermittlung alle
Dinge sind und dem wir verdanken, daß wir sind.

(1. Kor. 8, 6)

 

 

Die Christusfrage in meinem Leben

 

Was dünkt euch von Christus? - Diese Frage stand in Flammenschrift über meinem Leben von dem Tage an, an dem ich mich entschlossen hatte, Priester zu werden. Ich sollte ja nicht bloß die Lehre Christi meinen Glaubensgenossen verkünden, sondern auch die Wahrheit über die Person Christi, sein Leben und sein Werk.

 

Wer war Christus? - Wer war er, bevor er Mensch wurde? Was war er als Mensch? - War er Gott oder bloß ein Sohn Gottes? War er nach seiner menschlichen Geburt ein Mensch wie wir - innerlich und äußerlich? Wurde er gezeugt und geboren wie alle Menschen? Mußte er sich als Kind Kenntnisse erwerben wie alle Menschenkinder? Mußte auch er nach und nach zur Erkenntnis eines Gottes kommen und sich über Gottes Wesen und Willen klarwerden auf demselben Wege, den alle Menschen gehen müssen, wenn sie zur Erkenntnis Gottes gelangen wollen?

 

Mußte auch er die Versuchungen des Bösen mit all den folgenschweren Entscheidungen erleben, die wir Menschen täglich an uns erfahren? Konnte er, wie jeder andere Mensch, diesen Versuchungen auch unterliegen? Konnte auch er durch die Macht des Bösen zum Abfall von Gott gebracht werden wie Millionen anderer Menschen? Und wenn er die Menschen erlösen sollte - worin bestand dann diese Erlösung? Wie waren alle diese Zusammenhänge zu erklären?

 

Als ich daher in den spiritistischen Gottesdiensten die Gewißheit erlangt hatte, daß Geister Gottes durch die Medien redeten, wie in den ersten christlichen Gemeinden, da war es vor allem die „Christus-Frage“, über die ich eine eingehende Belehrung erbat. Sie wurde mir bis in alle Einzelheiten gegeben. Sie war das für mein religiöses Leben Wertvollste.

 

Im Folgenden gebe ich die Wahrheiten wieder, wie sie mir über Christus, sein Leben und sein Erlösungswerk mitgeteilt worden sind.

 

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Christus als Führer des ersten Menschengeschlechts

 

Also sprach der mich belehrende Geist: Du willst Klarheit haben über die Person Christi, über seine Menschwerdung, sein menschliches Leben, Leiden und Sterben und über die Zusammenhänge der Erlösung.

 

Einen kleinen Teil dieser Fragen habe ich dir bereits beantwortet, als ich dich über die Schöpfung Gottes und ihr Schicksal sowie über den Erlösungsplan Gottes belehrte.

 

Damals ist dir gesagt worden, daß Christus der erste und höchste von Gott geschaffene Geist ist, die einzige direkte Schöpfung Gottes; daß durch Christus die übrige Geisterwelt ins Dasein trat, die mit ihm zusammen eine große geistige Gemeinschaft bildete - ein geistiges Königreich, an dessen Spitze nach dem Willen Gottes Christus als König stand. Christus war also in diesem Reich gewissermaßen der Stellvertreter Gottes. Er selbst war nicht Gott. Er war bloß der erste Sohn Gottes.

 

Seine Macht und Größe und sein Königtum hatte er von Gott empfangen. Er war bloß ein Geschöpf Gottes und daher nicht ewig wie Gott. Gegen das Königtum Christi richtete sich die Geisterrevolution unter Luzifer. Nach dem Abfall eines Teiles der Geisterwelt und dessen Sturz in die Sphären der Tiefe erbot sich Christus, die Abgefallenen nach dem von Gott festgelegten Erlösungsplan wieder zum Reiche Gottes zurückzuführen.

 

Das Erlösungswerk Christi begann sofort nach dem Abfall der Geisterscharen. Christus war es, der die von Gott vorgesehenen Besserungsstufen schuf, über die ich dich bei meiner Belehrung über den Erlösungsplan Gottes ausführlich unterrichtete. Dadurch wurde Christus der Schöpfer des ganzen materiellen Universums, das die Stufenleiter für die gefallenen Geister aus der Tiefe zur Höhe des Gottesreiches bildet.

 

Als nun Geister der Tiefe in ihrer Aufwärtsentwicklung bis zur Stufe des Menschen gelangt waren, da wurde Christus der Führer der Menschheit von den ersten Menschentagen an. Er suchte die zum Bösen geneigte Gesinnung der Menschheit zu Gott hinzulenken. Aber auch die Herrschermächte der Hölle boten alles auf, dieselbe Menschheit weiter in ihrem Banne zu behalten. So entspann sich der gewaltige Kampf zwischen Christus und Luzifers Reich um die in der Menschheit verkörperten Geister, der den Hauptinhalt dessen bildet, was euch in den Schriften des Alten Testamentes überliefert ist.

 

Bei diesem Kampf wurde Christus von der ihm unterstellten guten Geisterwelt unterstützt. Viele dieser Geister erboten sich freiwillig, selbst Mensch zu werden, um durch Verkündigung der Wahrheit und das Beispiel eines gottgefälligen Lebens die Menschen zum Guten zu führen.

 

Henoch war ein solcher Geist des Himmels, dem gestattet wurde, als Mensch zur Erde zu gehen. Er belehrte seine Zeitgenossen über den wahren Gott und den rechten Weg zur Gotteserkenntnis, vor allem auch über den Verkehr mit der Geisterwelt Gottes, mit der er ja selbst in täglicher Verbindung stand. Denn die Menschen waren damals fast alle dem Verkehr mit den bösen Geistern verfallen und wurden durch sie zum schändlichsten Götzendienst und zu allen Lastern verführt.

 

Doch der Erfolg seines Wirkens war nicht von langer Dauer. Die Macht des Bösen war so gewaltig, daß unter den Völkern jener Zeit Greuel verübt wurden, von denen ihr heute keine Vorstellung mehr habt. Die höchsten der Höllengeister benutzten die menschlichen Tieftrancemedien nicht bloß zum Sprechen, sondern auch, um mit deren Körpern Zeugungen vorzunehmen. Denn ebensogut wie der eigene Geist des Mediums mit seinem menschlichen Körper zeugungsfähig ist, kann auch ein fremdes Geistwesen in ein Tieftrancemedium eintreten und eine Zeugung bewirken.

 

Und das verkommene weibliche Geschlecht jener Zeit rechnete es sich zur Ehre an, bei den Götzendiensten in dieser Weise mißbraucht zu werden. Das bestätigt euch die Bibel, indem sie berichtet, daß sich die Gottessöhne zu den Menschentöchtern gesellten und diese ihnen Kinder gebaren (1. Mose 6, 4). - Was hier mit ‘Gottessöhnen’ bezeichnet wird, sind die einst als Rädelsführer von Gott abgefallenen, führenden Geister des Himmels. Es sind dieselben Geister, von denen es bei Hiob heißt:

 

‘Nun begab es sich eines Tages, daß die ‘Gottessöhne’ kamen, um sich Gott dem Herrn vorzustellen, und unter ihnen erschien auch der Satan’ (Hiob 1, 6). - Auch hier waren es bloß die abgefallenen Gottessöhne. Satan war ja der zweite der Söhne Gottes. Diese Gottessöhne als Beherrscher des Reiches der Finsternis können nicht schalten wie sie wollen, sondern unterstehen der Herrschergewalt Gottes und werden von ihm bisweilen zur Verantwortung gezogen.

 

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Christus als Führer der Menschheit nach der Sintflut

 

Die Beeinflussung einer solchen, dem Bösen ganz verfallenen Menschheit durch Christus und seine gute Geisterwelt war fruchtlos. Es mußte darum das damalige Menschengeschlecht vernichtet und durch eine neue Menschheit ersetzt werden. Die Vernichtung kam in der Sintflut, aus der bloß eine Familie gerettet wurde, damit sie die Stammfamilie einer besseren Menschheit würde. Es war die Familie des Noah.

 

Allein schon bald nach der großen Flut erhob auch bei den Nachkommen Noahs das Böse wieder sein Haupt. Das seht ihr bei den Städten Sodom und Gomorrha und der Familie des Lot. Und je weiter die Menschen sich verbreiteten, um so größer wurde der Teufeldienst in Form des Götzendienstes und des Lasters.

 

Um nun trotz der furchtbaren Gewalt des Bösen über die Menschheit doch sein Ziel zu erreichen, suchte Christus lange vor seiner Menschwerdung wenigstens einen kleinen Bruchteil des Menschengeschlechts für die Sache Gottes zu gewinnen. Dieser Bruchteil sollte der Träger des Gottesglaubens und der Erlösungshoffnung für die späteren Geschlechter werden. Er sollte der Sauerteig sein, mit dem nach und nach die große Masse der Menschheit durchsäuert würde.

 

Er sollte das Senfkorn sein, das zum großen Baume des wahren Gottesglaubens und Gottsuchens emporwachsen und im Laufe der Jahrtausende die Menschen unter seinen Zweigen sammeln sollte. War dieser Baum einmal zu einer gewissen Entwicklung gekommen, dann war die ‘Fülle der Zeit’ erschienen, wo der Erlöser zur Erfüllung des letzten Teiles seines Erlösungswerkes als ‘Menschensohn’ zur Erde stieg. Dann lohnte es sich für ihn, die Brücke zu bauen, über die der gottestreue Teil der Menschengeister aus dem Reiche Luzifers hinübergehen konnte nach dem Reich Gottes. Auch ihr baut ja keine Brücke, bevor genügend Leute da sind, die hinübergehen wollen.

 

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Israel als Träger des Gottesglaubens

 

Als Sauerteig und Senfkorn des Gottesglaubens und der Erlösungshoffnung wurde Abraham erwählt. Er war der Mann der starken Gottestreue. Christus trat mit ihm in Verbindung, bald selbst, bald durch seine Geister. Denn auch Abraham war ein menschgewordener Geist des Himmels. Die Gottestreue Abrahams wurde auf eine sehr schwere Probe gestellt. Denn jeder, dem Gott etwas sehr Großes anvertrauen will, wird vorher einer Belastungsprobe unterzogen.

 

Wenn ihr eine Eisenbahnbrücke baut, über die Güter- und Personenzüge fahren sollen, so prüft ihr zunächst ihre Tragfähigkeit, bevor ihr sie in Betrieb nehmt. Wird sie als zu schwach befunden, so bringt ihr Verstärkungen an. Ergeben aber auch diese nicht die erforderliche Tragfähigkeit, so ist die Brücke unbrauchbar, und ihr müßt eine andere bauen. - So macht es Gott auch mit den Menschen, die wichtige Aufgaben für das Reich Gottes erfüllen sollen.

 

Erweisen sie sich bei den Belastungsproben als ungeeignet und sind auch alle Verstärkungsmaßnahmen erfolglos, dann werden sie als unbrauchbar beiseite geschoben und andere für jene Aufgaben ausgewählt. Oft sind viele an und für sich für die großen Zwecke Gottes brauchbar. Aber wegen selbstverschuldeter Fehler, die sie nicht ablegen, müssen sie ausgeschaltet werden. Denn wegen dieses Mangels reicht ihre Tragfähigkeit nicht aus. - Viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt.

 

Wie gewaltig war die Belastungsprobe, der Abraham bei der Opferung seines Sohnes unterworfen wurde! Wer Vater oder Mutter, Bruder oder Schwester, Sohn oder Tochter oder Freund mehr liebt als Gott, ist der großen Gaben und Aufgaben Gottes nicht wert.

 

Abraham bestand die schwere Prüfung und empfing dafür die Verheißung Gottes: ‘Dafür, daß du so gehandelt und mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten hast, will ich dich reichlich segnen und deine Nachkommenschaft zahlreich werden lassen, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand am Ufer des Meeres ... und durch deine Nachkommenschaft sollen alle Völker der Erde gesegnet werden’ (1. Mose 22, 16-17+18). Die ihm hier verheißene Nachkommenschaft war keine leibliche.

 

Sie hätte ja nicht alle Völker der Erde umfassen können und wäre nicht so zahlreich wie die Sterne des Himmels und der Sand am Meere. Gott übertreibt nicht. Was er sagt, ist stets die volle Wahrheit. Die Nachkommenschaft Abrahams war eine geistige. Sie sollte die ganze gefallene Geisterwelt umfassen, indem der Gottesglaube und die Gottestreue Abrahams sich nach und nach auf alle von Gott Abgewichenen ausdehnen sollte.

 

Für Abraham wäre es wahrlich kein Segen gewesen, wenn von ihm leiblich viele Menschen abstammten, die dem Bösen verfielen, wie ja tatsächlich später ganze Generationen, die Abraham zum Stammvater hatten, dem wahren Gottesglauben den Rücken kehrten und dem Götzendienst huldigten.

 

Die zweite menschliche Nachkommenschaft Abrahams, Jakob und seine Söhne, wurde nach Ägypten geführt. Dort sollte sie sich in dem fruchtbaren Länderstrich Gosen zu einem großen Volk entwickeln und abgeschlossen von den götzendienerischen Einwohnern Ägyptens Träger des wahren Gottesglaubens bleiben.

 

Aber irdischer Wohlstand bildet für den Menschen auf die Dauer stets eine große Gefahr für ihre Gottestreue. Darum ließ Gott es zu, daß das Volk der Hebräer, wie die Nachkommen Abrahams genannt wurden, von den Pharaonen hart bedrückt und in schwerer Knechtschaft gehalten wurde.

 

Nicht Gott hat den Pharao zu dieser Maßnahme veranlaßt, sondern die bösen Geistermächte. Denn diese hatten erkannt, daß das Volk der Hebräer mit seinem wahren Gottesglauben ein für die gottfeindliche Geisterwelt gefährliches Werkzeug in der Hand Christi war. Darum sollte es der Vernichtung anheimfallen. Und als diese nicht durch harten Frondienst erreicht werden konnte, trieben die dämonischen Mächte die Pharaonen dazu, das Volk der Hebräer auf dem einfachsten, aber sichersten Wege auszurotten.

 

Jeder männliche Nachwuchs dieses Volkes sollte getötet werden. Als Begründung für dieses Vorgehen hatten die Höllenmächte dem ägyptischen König den Gedanken eingegeben, das in seinem Lande wohnende und schon äußerst stark gewordene Volk der Hebräer könnte durch ein Bündnis mit den Feinden Ägyptens dem Pharaonenreich gefährlich werden. Das Böse weiß die Menschen, besonders auch die menschlichen Herrscher, an ihrer schwächsten Stelle zu fassen. Die schwächste Stelle bei einem König ist stets die Furcht um seinen Thron.

 

So fiel der Pharao diesen Einflüsterungen des Bösen zum Opfer und begann mit der Tötung der neugeborenen männlichen Kinder der Hebräer. So hätte innerhalb einer nicht allzu langen Zeitperiode nach dem Plane Pharaos alles Männliche des hebräischen Volkes aussterben müssen. Das weibliche Geschlecht wäre dann als Frauen und Sklavinnen der Ägypter unter dem Volke des Landes aufgegangen und auch dem Götzendienst anheimgefallen. So wäre denn alle bisherige Arbeit Christi und seiner Geisterwelt, einen menschlichen Träger des wahren Gottesglaubens zu sichern, mit einem Schlage vernichtet gewesen.

 

Aber das Böse war auch hier, wie so oft in der Schöpfung und im Menschenleben, die Kraft, die das Übel will, aber das Gute schaffen hilft. Denn der Zeitpunkt, wo ein Volk durch Tötung seiner Kinder von seiten eines Herrschers zur höchsten Verzweiflung getrieben wird, ist der günstigste, um dieses Volk zum Verlassen des Ortes ihrer Qual zu veranlassen. Und aus einem anderen, viel wichtigeren Grunde war es die höchste Zeit, daß das Volk der Hebräer aus dem Lande der Pharaonen weggeführt wurde.

 

Es war nämlich im Laufe der 400 Jahre seines dortigen Aufenthaltes nach und nach immer mehr in Fühlung mit dem ägyptischen Götzendienst gekommen, und nicht wenige machten bereits diesen Götzendienst mit. Dieser ungeheuren Gefahr für den Gottesglauben des hebräischen Volkes konnte nur durch Auszug aus dem ägyptischen Lande vorgebeugt werden. Dazu war jetzt der geeignetste Augenblick gekommen. Denn die Tötung der Kinder machte den Hebräern jedes längere Verweilen in Ägypten zur Hölle.

 

Zur Wegführung eines so zahlreichen und an und für sich schwer zu behandelnden Volkes bedurfte es eines großen menschlichen Führers. Christus wählte dazu einen seiner hohen Himmelsgeister und ließ in als Mensch geboren werden. - Es war Mose. Als Sohn hebräischer Eltern wurde er durch die Tochter Pharaos vom Tode errettet. Sie ließ ihn in allen Wissenschaften der damaligen Zeit unterrichten, so daß er auch als Mensch das Können besaß, das er als Führer eines großen Volkes benötigte.

 

Als er zum Manne herangewachsen war, trat Christus im brennenden Dornbusch mit ihm in Verbindung und berief ihn zum Führer des ‘Volkes Gottes’. Mose hatte zunächst zwei Aufgaben zu erfüllen. Die eine war die, sich dem geknechteten Volke der Hebräer gegenüber als Gesandten Gottes auszuweisen, der den Auftrag hatte, es aus Ägypten wegzuführen. Die zweite bestand darin, daß er den Pharao dahin brachte, die Hebräer aus dem Lande ziehen zu lassen.

 

Zu diesen beiden Aufgaben rüstete ihn Christus mit übermenschlichen Kräften aus. Aber auch die bösen Geister, die ihre Vernichtungspläne durchkreuzt sahen, erschienen mit ihrer gesamten Macht auf dem Kampfplatz und bedienten sich der ägyptischen Zauberer als ihre Werkzeuge.

 

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Nun entspann sich der größte Geisterkampf, der je auf der Erde ausgefochten wurde. Auf der einen Seite stand Christus mit der guten Geisterwelt und Mose als seinem sichtbaren Werkzeug. Auf der anderen Seite die Hölle mit den ägyptischen Zauberern als Helfershelfer. Mose vollführte mit Hilfe der Geister Gottes, die ihm unsichtbar zugeteilt waren, die größten Wundertaten, die bis auf Christus gewirkt worden sind.

 

Dadurch wollte er sowohl das Volk der Hebräer, als auch den Pharao von seiner göttlichen Sendung überzeugen. Das Volk Gottes sollte durch die vor seinen Augen sich abspielenden Geschehnisse bestimmt werden, dem Mose als Führer Folge zu leisten. Pharao sollte bewogen werden, das Volk ziehen zu lassen.

 

Aber die bösen Geistermächte wirkten durch die Zauberer am Anfang ähnliche Wunder wie Mose, damit das Volk und der Pharao dem Mose keinen Glauben schenkten. Doch erlahmte bald die Macht des Bösen, und die Zauberer mußten selbst bekennen: ‘Hier ist der Finger Gottes. ’ Nie haben solch gewaltige Geistermaterialisationen stattgefunden wie bei diesem Kampfe. Bei Mose verwandelte sich ein guter Geist unter Auflösung des Stabes in eine Schlange.

 

Bei den Zauberern geschah das gleiche von seiten der niederen Geistwesen. Bei Mose wird das Wasser durch Gottes Geister in Blut verwandelt. Die Zauberer taten dasselbe mit Hilfe der Höllenmächte. Gott ließ die Bösen ihre Macht bis zum Äußersten ihres Könnens ausüben, um so Gelegenheit zu haben, seine Allmacht in ihrer ganzen Fülle zu zeigen und dadurch vor allem den Glauben der Israeliten zu festigen. Denn in diesem Kampf handelte es sich um Sein und Nichtsein der Hebräer als Volk Gottes. Israel war der Erstgeborene des Gottesglaubens. Fiel er der Hölle zum Opfer, dann dauerte es lange, bis in der Menschheit wieder ein Volk als Träger des Gottesglaubens herangewachsen war.

 

Christus, der Erstgeborene Gottes, kämpft mit dem Erstgeborenen der Hölle um den erstgeborenen irdischen Träger des Gottesglaubens und der Erlösungshoffnung. Christus blieb Sieger. Gottes Strafengel schlug die gesamte männliche Erstgeburt Ägyptens. Das brachte die Entscheidung. Furcht fiel auf Pharao und sein Volk, und er entließ auf Drängen der eigenen Untertanen die Hebräer aus dem Lande. Christus zog in der Wolkensäule vor Israel her und redete daraus zu Mose.

 

Er schützte das Volk Gottes gegen die nachdrängenden Ägypter. Die gute Geisterwelt teilte das Meer und türmte die Wogen. Das Volk vertraute auf den, der durch die Wolkensäule sprach und ging furchtlos zwischen den Wogen durch. Es empfing die erste Taufe auf Christus im gläubigen Vertrauen auf den ‘Engel des Herrn’; denn dieser war Christus. Gott und Christus führten Israel durch die Wüste, ließen ihm durch die Geisterwelt Wasser aus dem Felsen strömen und das Manna bereiten.

 

Darum schreibt Paulus mit Recht: ‘Ich will euch nicht im Unklaren darüber lassen, daß unsere Väter alle unter dem Schutze der Wolke gewesen und alle durch das Meer gegangen sind und alle die Taufe auf Mose in der Wolke und im Meer empfangen haben, auch alle dieselbe Speise gegessen und denselben geistigen Trank getrunken haben. Sie tranken nämlich aus einem geistigen Felsen, der sie begleitete. Und dieser Fels war Christus’ (1. Kor. 10, 1-4).

 

Gott und Christus, sowie die gute Geisterwelt gaben dem Volke in allem die notwendigen Unterweisungen und Belehrungen. Gott selbst gab die Gesetzgebung auf dem Berge Sinai.

 

Der Aufenthalt in der Wüste war nötig zur Erprobung des Volkes. Es sollte sich zeigen, ob sein Gottesglaube und sein Gottvertrauen stark genug war, die Gefahren zu bestehen, die ihm von den götzendienerischen Bewohnern des Landes drohten, das sie später in Besitz nehmen sollten. Denn der Gottesglaube dieses Volkes durfte nicht mehr vernichtet werden, da sonst alle bisherige Arbeit umsonst gewesen wäre.

 

Noch eine andere Gefahr für die Gottestreue mußte beseitigt werden. Das war die Sucht nach irdischen Gütern und die übermäßige Anhänglichkeit an das Materielle, die stets den Menschen in die Arme des Bösen treibt.

 

Christus ergriff alle Maßnahmen, die zur Beseitigung oder doch Verminderung dieser Gefahren erforderlich waren. Er ließ das von ihm erwählte Volk in dieser Hinsicht eine Radikalkur durchmachen. Er führte eine Gesetzgebung ein, nach der die Israeliten - wie das Volk der Hebräer später genannt wurde - von allem Besitztum den Zehnten entrichten mußten. Ferner hatten sie die Erstlinge von allem abzuliefern oder gegen eine andere Abgabe einzulösen.

 

Außerdem mußten sie zahlreiche Opfer von Tieren und Früchten als Brandopfer, Speiseopfer, Friedensopfer, Sündopfer und Schuldopfer darbringen und dabei nur Fehlerloses abliefern. Bei der Ernte durften sie nicht alles abernten und auch keine Nachlese halten, sondern mußten das Übrigbleibende den Armen und Fremdlingen überlassen. Im siebenten Jahr durften sie kein Feld bestellen. In jedem fünfzigsten Jahre mußte jedem sein früheres Eigentum wieder zurückgegeben werden. Endlich sah das Gesetz das Zinsverbot vor, das den Wucher von vornherein unmöglich machte.

 

Wurden diese Satzungen vom Volke Israel gehalten, dann war die Gefahr nicht allzu groß, daß es sein Herz übermäßig an Hab und Gut hängte und aus Liebe zum Mammon Gott die Treue brach. Aber die andere Gefahr, die dem Gottesglauben drohte, war viel größer. Es war der Götzendienst der Völker, die sie in dem sogenannten ‘Gelobten Lande’ antreffen sollten. Er war deswegen so gefährlich, weil er, wie jeder Götzendienst, in einer menschlich wahrnehmbaren Verbindung mit der bösen Geisterwelt bestand.

 

Für den Menschen ist das Geisterreich etwas Geheimnisvolles. Und das Geheimnisvolle übt auf jeden eine unwiderstehliche Gewalt aus. Die größte Aufmerksamkeit schenkt ihr den Erzählungen von Geistergeschichten. Und wo etwas Geheimnisvolles und Geisterhaftes wirklich oder vermeintlich vor sich geht, da strömt alles hin.

 

So fühlten sich auch die Israeliten schon früher zu den geheimnisvollen Vorgängen des Götzendienstes der Ägypter hingezogen. Auch der Apostel Paulus bezeugt den Korinthern dasselbe mit den Worten: ‘Ihr wißt ja von eurer Heidenzeit her, da waren es die toten Götzen, zu denen es euch mit unwiderstehlicher Gewalt hinzog’ (1. Kor. 12, 2). - Daß es sich dabei nicht um das bloße Anschauen von Götzenbildern handeln konnte, werdet ihr als denkende Menschen euch wohl selbst sagen können.

 

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Toter Stein und Holz konnte die Menschen der damaligen Zeiten ebensowenig fesseln, wie die der Jetztzeit. Das Anziehende des Götzendienstes bestand in dem wirklichen Verkehr mit der niederen Geisterwelt. Daß Geister durch die Götzenbilder und menschliche Medien sprachen und sonstige staunenerregende Dinge vollbrachten, das war es, was die Menschen anzog. Hier wurde ihnen so viel Geheimnisvolles gesagt. Hier erhielten sie die Antworten auf die Fragen nach ihrem materiellen Fortkommen.

 

Hier bekamen sie vermeintlichen Aufschluß über ihre Zukunft, die ja jeder Mensch so gern wissen möchte. Dazu wurde ihnen so vieles mitgeteilt, was ihren menschlichen Leidenschaften schmeichelte. Hier wurde das Laster zur Tugend und die Tugend zum Laster gestempelt. Wer einmal diesem Geisterverkehr verfallen war, der konnte nicht leicht mehr davon ablassen.

 

Durch zwei Maßnahmen suchte Christus als Führer des Gottesvolkes seine Schutzbefohlenen vor dem Abfall zum Götzendienst zu schützen. Die eine Maßnahme bestand darin, daß er ihnen als Ersatz für den verbotenen Verkehr mit der bösen Geisterwelt den guten Geisterverkehr vermittelte. Er gab ihnen das Offenbarungszelt, das Orakelschild und die guten Medien, die euch unter der Bezeichnung ‘Propheten’ bekannt sind. Darüber habe ich dir ja bereits in meinen früheren Darlegungen ausführliche Belehrungen gegeben

 

Die zweite Maßnahme bestand in dem Gebot des Herrn, bestimmte Völkerschaften, in deren Land die Israeliten einziehen sollten, vollständig zu vernichten. Es waren deren sechs, die derart dem Götzendienst und seinen Lastern verfallen waren, daß ihre Bekehrung zum Gottesglauben ausgeschlossen erschien. Andererseits aber unterlag es keinem Zweifel, daß sie in kurzer Zeit das bei ihnen wohnende israelitische Volk ebenfalls zum Abfall von Gott verführt haben würden.

 

Wegen der Ausrottung dieser Völker zeihen viele von euch den ‘alttestamentischen Gott’ der Grausamkeit. Sie meinen, die Schreiber des Alten Testamentes hätten sich noch nicht zu der Höhe des Gottesbegriffes Christi aufschwingen können, sonst würden sie nicht ein so grausames Vorgehen als von Gott angeordnet bezeichnet haben. Da befindet ihr euch in einem Irrtum. Es war derselbe Christus, der sowohl den Gottesbegriff des Neuen Testamentes predigte, als auch die Vernichtung jener götzendienerischen Völker anordnete.

 

In dem einen wie in dem anderen Falle steht Christus als Retter da. Dadurch, daß er jene Völker vertilgen ließ, bewahrte er sie vor einem noch tieferen Versinken in Unglauben und Laster. Er gab ihnen vielmehr die Gelegenheit, sich in einem neuen Dasein aus ihrer Tiefe heraufzuarbeiten. Hier lag derselbe Grund vor, der vor Zeiten die Vernichtung der ganzen Menschheit durch die Flut und die Zerstörung der Städte Sodom und Gomorrha herbeigeführt hatte.

 

Dazu kam noch der wichtigere Grund der Erhaltung des Gottesglaubens bei dem Volke Gottes. Ihr Menschen pflegt in einem Kriege jeden zu erschießen, der eure Soldaten zur Fahnenflucht verleiten sucht. Das findet ihr selbstverständlich. Sollte nun Gott nicht dasselbe Recht zustehen, diejenigen töten zu lassen, die sein Volk, das er als Träger des Gottesglaubens ausgewählt hatte, zur Fahnenflucht verleiten und zum Abfall an die Mächte der Finsternis verführen wollten.

 

Ferner sollte mit dem Gottesvolke die Stunde der Erlösung der ganzen Menschheit vorbereitet werden. Sollte sich Christus diese ohnehin so schwere Vorbereitung von denen zunichte machen lassen, die Gottes Feinde und Werkzeuge Luzifers waren? Was ihr Menschen mit einmal so zartfühlend werdet, wenn die Weisheit und Gerechtigkeit Gottes dem Bösen vollständig und hoffnungslos verfallene Menschen vertilgen läßt, damit sie nicht noch Millionen anderer Menschen unglücklich machen und damit sie selbst als Geister wieder auf den Weg der Rettung gebracht werden.

 

Und dazu ist es Gott, der dies tut, der Herr über Leben und Tod, der in übergroßer Langmut mit diesen Völkerschaften Erbarmen geübt, obschon sie alles, was für den Herrn ein Greuel war, bei ihrem Götzendienst verübt und sogar ihre Kinder ihren Götzen zu Ehren verbrannt haben (5. Mose 12, 31).

 

Gegen andere Völkerschaften sollten die Israeliten menschlich verfahren. ‘Wenn du gegen eine andere Stadt heranziehst, um sie zu belagern, so sollst du sie zu einem friedlichen Abkommen auffordern. ’ (5. Mose 20, 10). - Nicht einmal einen Obstbaum durften sie bei der Belagerung einer Stadt beschädigen. Ihre Belagerungsgeräte mußten sie von dem Holz solcher Bäume herstellen, die keine eßbaren Früchte tragen.

 

Einen Vorgeschmack von der Gefährlichkeit des Götzendienstes für sein Volk hatte Mose zuerst bei der Geschichte vom goldenen Kalb bekommen. Aber auch bald nachher, als sie sich dem Gebiet der Moabiter näherten: ‘Als die Israeliten sich in Sittim niedergelassen hatten, fingen sie an, mit den Moabiterinnen Unzucht zu treiben. Diese luden sie nämlich zu den Opferfesten ihrer Götzen ein, und das israelitische Volk nahm an ihren Opfermahlen teil und betete ihre Götter an’ (4. Mose 25, 1-2). -

 

Die hier erwähnte Unzucht gehörte zum Götzendienst und wurde von den Dämonen durch den Mund ihrer Medien von den Teilnehmern als etwas den Göttern Wohlgefälliges verlangt. Sie bildeten einen Bestandteil des Götzendienstes, wie bei allen anderen heidnischen Völkern.

 

Mit dieser Waffe des Götzendienstes und der damit notwendig verbundenen Laster fügten die bösen Geistermächte in den folgenden Zeiten auch dem Volke Gottes und dadurch dem Vorbereitungswerk der Erlösung schweren Schaden zu. Fast ganze Generationen des von Gott erwählten Volkes fielen nachher vom wahren Gottesglauben ab. Um sie wieder zurückzuführen, verhängte Gott furchtbare Strafgerichte über sie. Auch sandte Christus ihnen die Propheten, um sie wieder für das Gute zu gewinnen.

 

Die Propheten waren Medien der guten Geisterwelt, und es wurde ihnen nicht leicht, gegen den Einfluß der dämonischen Medien - der ‘Propheten des Baal’ - anzukämpfen. Es waren Geister des Himmels, die in den Propheten Gottes verkörpert waren, wenn sie auch als Menschen dem Bösen ebenso ausgesetzt blieben, wie die anderen Menschen. Durch ihr Eingreifen wurde wenigstens erreicht, daß der Glaube an den wahren Gott und den kommenden Erlöser nicht ganz aus der späteren Menschheit ausgetilgt wurde.

 

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Das Leben Jesu

 

Endlich war der Zeitpunkt da, wo ein großer Teil der Menschheit wenigstens in ihrem Sehnen nach Rettung reif war, die Erlösungstat Christi im Glauben entgegenzunehmen und über die Brücke zu gehen, die Christus über den Abgrund zwischen dem Reiche der Tiefe und dem Reiche Gottes schlagen sollte. Unzählige Menschengeister standen schon zum Übergang bereit. Nun war die Fülle der Zeit angebrochen, die nach dem Erlösungsplan Gottes für das Erscheinen des Erlösers vorgesehen war.

 

Kurz bevor Christus selbst Mensch wurde, sandte er einen Herold, der seine Ankunft vorbereiten und ankündigen sollte. Er war wiederum ein Geist des Himmels. Es war Elia - also derselbe Geist, der einst in schwerer Zeit des allgemeinen Götzendienstes im Auftrag Christi zur Erde gegangen war und den Kampf gegen die Werkzeuge der bösen Mächte mit Erfolg aufgenommen hatte. Nachdem er seine Aufgabe vollendet, war er wieder zur Höhe gegangen, ohne den irdischen Tod gekostet zu haben. Nun wurde er als Vorläufer Christi zum zweitenmal Mensch, wurde als Sohn des Zacharias geboren und führte den Namen - ‘Johannes’.

 

Noch war Johannes nicht geboren, da wurde auch schon die Menschwerdung des Gesalbten Gottes verkündet. Der Erzengel Gabriel, der dem Zacharias die Kunde von der Geburt des Johannes als des Vorläufers Christi überbracht hatte, wurde auch mit der Botschaft von der Menschwerdung des Erlösers betraut.

 

Er wurde zu einer Jungfrau in Nazareth gesandt, die Maria hieß. Sie war zur Mutter des Erlösers ausersehen.

 

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Die menschliche Geburt Jesu

Zeugung und Geburt vollziehen sich in der Schöpfung Gottes nach unabänderlichen Gesetzen. Die Verbindung männlichen und weiblichen Samens ist zur Zeugung überall erforderlich. Eine Ausnahme von diesem Gesetz gibt es nicht. Eine menschliche Zeugung kann daher nur zustande kommen, wenn der Same eines männlichen Menschen mit dem eines weiblichen sich vereinigt. Es kann infolgedessen kein körperloser Geist, sei es nun ein Geist des Himmels oder ein Geist der Hölle, ohne Benutzung eines menschlichen Körpers mit menschlichem Samen die Zeugung eines Menschen vornehmen.

 

Den Bericht der Bibel von der Zeugung Christi faßt ihr nun so auf, als ob ein Geist des Himmels ohne Benutzung eines männlichen Menschenkörpers und männlichen Samens im Schoße einer menschlichen Jungfrau den Lebenskeim des werdenden Kindeskörpers geschaffen habe. Diese Auffassung ist unrichtig und gibt zahllosen Menschen, gläubigen sowohl als ungläubigen, mit Recht Veranlassung, diese Art der Menschwerdung des Sohnes Gottes zu leugnen oder doch zu bezweifeln. Hier liegt das Wunderbare und Außergewöhnliche, aber doch den Naturgesetzen Entsprechende mit dem Widersinnigen und darum Unglaublichen nahe zusammen.

 

Ich will dir auch hierin die volle Wahrheit mitteilen, da ich weiß, daß du sie verstehen wirst.

 

Ist aus einem Tieftrancemedium der eigene Geist ausgetreten und hat ein fremdes Geistwesen von dem Körper des Mediums Besitz ergriffen, so vermag es die Organe des Körpers in derselben Weise zu gebrauchen, wie der eigene Geist. Infolgedessen ist ein in dem Körper eines männlichen Mediums befindlicher fremder Geist, sei es nun ein guter oder ein böser, auch fähig, mit einer weiblichen Person eine Zeugung vorzunehmen. Habe ich dich nicht bei der Schilderung des Götzendienstes der vorsintflutlichen Zeit ausdrücklich auf den Geschlechtsverkehr aufmerksam gemacht, den die bösen Geister durch männliche Medien mit den Töchtern der Menschen unterhielten und mit ihnen nach dem Zeugnis der Bibel Kinder zeugten?

 

Was nun die bösen Geister durch menschliche Medien vermögen, sollte das den guten Geistern nicht ebenso möglich sein? Wenn die abgefallenen ‘Gottessöhne’ durch männliche Medien Kindern das Dasein geben konnten zum Verderben der Menschheit, sollten dann treugebliebene Gottessöhne zur Rettung der Menschheit nicht dasselbe tun können? Jetzt wird dir die menschliche Zeugung Christi ohne weitere Auseinandersetzung klar sein. Das menschliche Medium war Josef, mit dem Maria verlobt war.

 

Schon oft hatten Geister Gottes durch Josef als Medium zu Maria über die kommende Erlösung gesprochen. Solche Geisterkundgebungen waren ihr also nichts Ungewöhnliches, wie überhaupt das jüdische Volk über den Verkehr mit der Geisterwelt gut Bescheid wußte. Das siehst du aus dem Bericht der Bibel über die Erscheinung des Engels bei Zacharias. ’Als Zacharias aus dem Heiligtum heraustrat und nicht mehr reden konnte, da merkte das Volk, daß er die Erscheinung eines Boten Gottes gehabt hatte’ (Lukas 1, 22).

 

Maria erschrak daher auch nicht, als eines Tages ein Geist in Josef als Medium eintrat und ihr eine Botschaft brachte. Nur über die Anrede, die der Geist an sie richtete, wurde sie bestürzt. Er nannte sie die Gesegnete unter den Frauen. Damit deutete er ihr an, daß sie Mutter werden sollte. Sie konnte nicht begreifen, wie er das meinte, da sie ja keinerlei Geschlechtsverkehr gehabt hatte und daher auch nicht Mutter werden konnte. Nun wurde ihr zur Aufklärung mitgeteilt, daß ein heiliger Geist auf sie kommen und die Kraft eines sehr Hohen sie überschatten werde.

 

Darum solle auch das Heilige, das aus ihr geboren würde, ein Sohn Gottes genannt werden. Der Geist erklärte ihr noch näher, wie das geschehen würde, was jedoch eure Bibel nicht berichtet. Er sagte ihr, daß sofort nachdem er aus dem Körper des Mediums ausgetreten sei, ein sehr hoher Geist des Himmels in das Medium eintreten werde und daß sie durch ihn nach dem allgemein gültigen Zeugungsgesetz Mutter würde. Maria erklärte daraufhin ihre Zustimmung.

 

Nach Austritt Gabriels aus dem Medium trat, noch bevor Josef aus dem medialen Schlaf erwachte, Christus selbst in seinen Körper ein, und Maria wurde durch ihn Mutter nach demselben Naturgesetz, nach dem alle menschlichen Mütter guter Hoffnung werden. Und wenige Augenblicke vor der Geburt des Kindes trat der Geist Christi in den Kindeskörper, also um dieselbe Zeit, wo bei allen Müttern durch Eintritt eines Geistes in den kindlichen Organismus die Menschwerdung eines Geistes sich vollzieht.

 

Diese Art der Zeugung Christi war den ersten Christen bekannt. Sie wurde ihnen auf dieselbe Weise mitgeteilt, wie ich sie dir mitteile. Sie wußten also, daß der menschliche Leib Christi durch Christus selbst als Geist unter Benutzung des Josef als Medium gezeugt worden ist, daß also der Heilige Geist, der nach den Worten Gabriels auf Maria kommen sollte, Christus selbst war. Denn er wollte alles, was er zur Vollbringung der Erlösung für erforderlich hielt, selbst vollbringen.

 

Er hatte die schwere Vorbereitungsarbeit für die Erlösung in der Menschheit vom ersten Tage an selbst in die Hand genommen. Er hatte das Gottesvolk als Träger des Gottesglaubens sich auserwählt, es geführt, belehrt, gemahnt, gewarnt, gestraft. Er hatte hohe Geister des Himmels als Propheten gesandt. Nun war sein letztes Vorbereitungswerk die Zeugung der menschlichen Hülle, in die er nach wenigen Monaten im Mutterschoße eintreten wollte, um durch menschliche Geburt als Mensch unter Menschen zu wandeln.

 

Nachdem Josef aus der Tieftrance erwacht war, teilte ihm Maria sofort das Geschehene mit. Es war eine sehr schwere Probe, auf die Josef sich gestellt sah. Sollte er den Angaben seiner Verlobten Glauben schenken? Ein furchtbarer innerer Kampf begann. Josef war ja ein Mensch wie alle anderen Menschen. Das Böse trat jetzt mit den schwersten Angriffen an ihn heran. Die Höllenmächte hatten jetzt nur das eine Ziel im Auge, Josef an Maria irre werden zu lassen, damit er sie verstoße.

 

Denn nach dem jüdischen Gesetze mußte eine Jungfrau, die verlobt war, den Steinigungstod erleiden, sobald sie sich mit einem anderen verging. Das Böse hämmerte nun dem Josef den Gedanken ein, daß Maria sich mit einem anderen eingelassen hätte und nun die Ausrede gebrauche, ein Geist Gottes habe Josef in seinem medialen Zustand zur Zeugung benutzt. Alles, was euch Menschen an Mißtrauen, Eifersucht und Bitterkeit über erlittene Enttäuschung eingegeben werden kann, das haben die bösen Mächte dem Josef eingeflößt.

 

Sie setzten ihm in furchtbarer Weise zu. Diese Belastungsprobe schien zu schwer für ihn zu sein. Halb und halb neigte er dazu, seine Verlobte heimlich zu entlassen. Eine heimliche Entlassung sollte es deshalb sein, weil er seiner Sache nicht sicher war und als gerechter Mensch nicht ohne vollen Beweis der Schuld jemand in den Tod bringen wollte. Andererseits konnte er bei diesem nagenden Zweifel an ihrer Treue seine Verlobte auch nicht ehelichen. Maria sagte ihm bloß, daß Gott ihn sicherlich auf irgendeine Weise über die Wahrheit aufklären werde.

 

Auch sie litt unter den Zweifeln ihres Verlobten unsagbar. Da, noch in derselben Nacht, stand ein Bote Gottes vor dem mit der Gabe des Hellsehens ausgestatteten Josef und klärte ihn über alles auf. Damit war der Kampf zu Ende.

 

Ich weiß, daß euch kleinen Menschen diese Wahrheit - und es ist die Wahrheit - viel zu menschlich erscheint und zu sehr den Naturgesetzen entsprechend. Sie ist euch nicht wunderbar und geheimnisvoll genug. Die menschliche Zeugung erscheint vielen als etwas Niedriges, und sie möchten Gott gewissermaßen einen Vorwurf daraus machen, daß er so etwas überhaupt in seine Schöpfung eingeführt hat. Gott ist euch nicht keusch genug. -

 

O, ihr elenden Menschen, die ihr die herrlichsten Gesetze der Allmacht und Weisheit Gottes, wie sie bei der Zeugung, dem Werden und der Geburt eines Kindes hervortreten, so minderwertig beurteilt! Christus, dem höchsten geschaffenen Geist, war es nicht zu minderwertig, nach den ewig gültigen Gesetzen der Zeugung seine menschliche Hülle zu bilden, um unter euch wohnen, leiden und sterben zu können.

 

Wenn euch die Wahrheit seiner menschlichen Zeugung nicht wunderbar genug ist, ihm ist alles das wunderbar, was nach den heiligen Gesetzen seines himmlischen Vaters geschieht, von denen der Prediger sagt: ‘Ich habe erkannt, daß alles, was Gott bestimmt hat, ewige Geltung besitzt. Man kann da nichts hinzufügen und nichts davon hinwegnehmen. Und das hat Gott so eingerichtet, damit man Ehrfurcht vor ihm habe’ (Pred. 3, 14). - Diese Ehrfurcht besitzt ihr leider nicht.

 

Darum klügelt ihr euch Erklärungen für das Menschwerden Christi aus, die wegen ihrer angeblichen Wunderbarkeit voll von Widersprüchen sind und den Ungläubigen berechtigten Anlaß geben, über diesen ersten Schritt Christi zur Menschwerdung zu höhnen.

 

Wäre die Menschwerdung Christi nicht nach den Gesetzen der menschlichen Zeugung erfolgt, dann hätte Paulus nicht sagen können: ‘Christus ist uns in allem gleich geworden. ’ Denn dann wäre er in dem Punkte der Zeugung von euch Menschen wesentlich verschieden. Sein Körper wäre nicht aus menschlichem Samen entstanden. Aber Paulus hat Recht. Christus ist euch in allem gleich geworden, auch in der Entstehung seiner menschlichen Hülle aus menschlichem Samen.

 

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Die Mutter Jesu

 

Nun komme ich, auf deinen Wunsch, auf einige Lehren der katholischen Kirche zu sprechen, die hierher gehören. Du warst ja Priester dieser Kirche. Es ist daher verständlich, daß es dir besonders am Herzen liegt, zu vernehmen, was von ihren Lehren der Wahrheit entspricht und was Irrtum ist.

 

Die katholische Kirche lehrt, daß die Mutter Jesu ohne ‘Erbsünde’ gewesen sei. Das ist richtig. Aber es ist nicht aus dem Grunde richtig, den deine bisherige Kirche dafür angibt. Auch in Maria war, wie in so manchen Menschen der früheren Zeiten, die eine große Aufgabe Gottes zu erfüllen hatte, ein Geist des Himmels verkörpert. So war es bei Henoch, Abraham, Mose, Elia und den anderen, die ich dir bereits genannt habe.

 

So war es bei Johannes, dem Vorläufer Christi, in dem Elia wieder zur Erde gekommen war. In Maria war also keiner der Geister, die einst von Gott abgefallen waren, sondern ein Gott treu gebliebener Geist. Die Sünde des Abfalles, die alle anderen irdischen Wesen belastet, hatte sie nicht auf sich. Von dieser ‘Erbsünde’ war sie frei.

 

Aber ganz unrichtig ist die Lehre der katholischen Kirche, daß Maria als Mensch frei von jeder, auch der geringsten Sünde gewesen sei. Kein Mensch ist ohne das, was ihr menschliche Sünden nennt und das nichts gemein hat mit der Sünde, von der Christus die Welt erlösen sollte - nämlich der Sünde des Abfalls von Gott. Dies ist die eigentliche Sünde. Alles andere ist ein menschliches Straucheln, von dem auch Maria nicht frei war. Trotzdem blieb sie ihrem Gott treu, wie ja auch Mose, jener hohe Geist des Himmels, Gott treu blieb, obschon er mehr als einmal als Mensch zum Straucheln kam und zur Strafe dafür nicht in das gelobte Land einziehen durfte.

 

Auch darin irrt die katholische Kirche, daß Maria nach der Zeugung und der Geburt Jesu noch Jungfrau gewesen sein soll. Ebensowenig wie jede andere Jungfrau nach der Empfängnis und nach der Geburt eines Kindes noch Jungfrau ist, ebensowenig war es Maria. Nur bevor sie Christus empfing war sie Jungfrau. Der Erlöser sollte nicht von einer Mutter geboren werden, die vorher schon einmal geboren oder empfangen hatte. Das ist der Sinn der Worte bei Matthäus: ‘Siehe, die ‘Jungfrau’ wird empfangen und einen Sohn gebären. ’

 

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Die Geschwister Jesu

 

Es steht auch mit der Wahrheit im Widerspruch, wenn die katholische Kirche behauptet, nach der Geburt Jesu habe Maria keine Kinder mehr geboren. Aus welchem Grunde sollte sie denn nach der Geburt ihres Erstgeborenen auf ihre Mutterrechte und Josef auf seine Vater- und Gattenrechte verzichten? Die nach Christus geborenen Geschwister beeinträchtigten doch in keiner Weise weder die Persönlichkeit Christi, noch sein Leben, noch seine Lehre oder sein Werk.

 

Wenn in den Urkunden des Neuen Testamentes an verschiedenen Stellen von Brüdern und Schwestern Jesu die Rede ist, so sind seine leiblichen Brüder und Schwestern damit gemeint und keine ‘Verwandte’, wie die Katholiken krampfhaft zu beweisen sich bemühen. Wären es ‘Verwandte’ Christi gewesen, so hieße es nicht ‘Brüder’ und ‘Schwestern’, sondern ‘Verwandte’. Oder meint ihr, die damalige Sprache habe kein Wort gehabt, mit dem sie die Bezeichnung ‘Verwandte’ hätte ausdrücken können?

 

Das werdet ihr doch wohl im Ernst nicht behaupten wollen. Denn in der Geschichte des zwölfjährigen Jesu im Tempel wird ja mitgeteilt, daß seine Eltern ihn suchten bei den ‘Verwandten’ und Bekannten. Also hier, wo es sich um wirkliche ‘Verwandte’ handelte, gebraucht auch der Evangelist das Wort ‘Verwandte’. Wenn derselbe Evangelist nun später schreibt: ‘Es trafen seine Mutter und seine Brüder bei ihm ein’ (Lukas 8, 19), dann will er sicher nicht sagen, daß diese Brüder bloß ‘Verwandte’ gewesen seien, die mit seiner Mutter kamen. Und die Leute, die Jesus die Ankunft seiner Mutter und Brüder meldeten, sagten ebenfalls: ‘Deine Mutter und deine ‘Brüder’ stehen draußen und wünschen dich zu sprechen. ’

 

Und Matthäus und Markus berichten ebenfalls, daß seine ‘Mutter’ und ‘Brüder’ zum ihm kamen. Sollten alle drei Evangelisten das Wort ‘Brüder’ gebraucht haben, wo es ‘Verwandte’ heißen soll, wiewohl sie doch das Wort Verwandte hätte gebrauchen können und müssen? Es ist töricht, so etwas anzunehmen. Ferner berichtet Matthäus über das Auftreten Jesu in seiner Vaterstadt Nazareth: ‘Als er in seine Vaterstadt gekommen war, machte er in dem dortigen Betsaale durch seine Lehre solchen Eindruck auf sie, daß sie in Staunen gerieten und fragten: ‘Woher hat dieser solche Weisheit und Wunderkraft? Ist dieser nicht der Sohn des Zimmermannes?

 

Heißt seine Mutter nicht Maria und seine Brüder nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas? Leben nicht auch seine Schwestern alle hier bei uns? Woher hat er denn dies alles?’ (Matth. 13, 54-56). - Kann irgendeiner mit gesundem Menschenverstand behaupten, in dieser Aufzählung von Vater, Mutter, Brüdern und Schwestern Jesu handle es sich bloß um Verwandte? So wie hier der wirkliche Vater und die wirkliche Mutter Jesu gemeint ist, so sind auch die wirklichen Brüder und Schwestern Jesu gemeint. Und was könnte die Aufzählung von ‘Verwandten’ hier überhaupt bezwecken?

 

Die Bewohner von Nazareth staunten über die Lehre und Wunder Jesu. Und da fragten sie, wie auch ihr in ähnlichen Fällen manchmal fragt: Von wem hat er denn das alles? Sein Vater der Zimmermann, ist doch ein einfacher Mann. Seine Mutter, die Maria, ist eine einfache, schlichte Frau, und auch an seinen Geschwistern ist nichts Auffallendes zu bemerken. Denn seine Brüder, der Jakobus und der Josef und der Simon und der Judas, verkehren doch täglich mit uns. Aber an ihnen haben wir bisher nichts Außergewöhnliches bemerkt.

 

Auch seine Schwestern, die alle hier in unserem Orte sind, unterscheiden sich ebenfalls in nichts von den anderen weiblichen Bewohnern von Nazareth. Wie kommt nun der Jesus als einziger von allen seinen Geschwistern zu der wunderbaren Veranlagung? Hier sagen zu wollen, mit der Bezeichnung ‘Brüder’ und ‘Schwestern’ Jesu seien hier bloß ‘Verwandte’ gemeint, ist so töricht, daß niemand eine solche Behauptung aufstellen kann, wenn er sich nicht durch andere Gründe dazu gezwungen fühlt. Aber hier siehst du, wie es geht, wenn man eine Unwahrheit durch eine andere schützen muß.

 

Die katholische Kirche hat die widersinnige Lehre aufgestellt, daß Maria trotz der Geburt Jesu Jungfrau geblieben sei. Dann durfte sie selbstverständlich erst recht nicht noch andere Kinder haben. Nun berichtet aber die Bibel an vielen Stellen von Brüdern und Schwestern Jesu. Da dies aber mit der Lehre von der immerwährenden Jungfrauschaft Marias in Widerspruch steht, so müssen die tatsächlich vorhandenen Brüder und Schwestern Jesu zu ‘Verwandten’ gestempelt werden. Denn sonst wäre sowohl das Dogma von der immerwährenden Jungfrauschaft Marias, als auch das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papsttums hinfällig.

 

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Die Kindheit Jesu

 

Die Geburt Jesu verlief bei Mutter und Kind wie jede andere menschliche Geburt. Das neugeborene Kind wurde genährt, gepflegt und später der Muttermilch entwöhnt wie jedes andere Kind.

 

Die Engelbotschaft an die Hirten, deren Begrüßung des erschienenen Retters der Menschen, die Darstellung Jesu im Tempel und das Erscheinen der Magier aus dem Morgenlande verlief so, wie es eure neutestamentliche Bibel berichtet. Die Magier waren Werkzeuge Gottes mit großen medialen Gaben. Sie waren in ihrer Heimat Künder des wahren Gottesglaubens und durch ihren Verkehr mit der guten Geisterwelt in manche Heilswahrheiten eingeweiht worden. Durch dieselbe Geisterwelt, die den Hirten die Geburt des Heilandes verkündet hat, empfingen auch sie die Nachricht von dem freudigen Ereignis.

 

Schon vorher war es ihnen durch Boten Gottes als nahe bevorstehend angezeigt worden. Sie wurden nun aufgefordert, sich auf den Weg zu machen, um das Kind zu finden, in dem Gottes Sohn Mensch geworden war. Der Ort selbst wurde ihnen nicht genannt. Es wurde ihnen bloß gesagt, daß ein Lichtschein vor ihnen hergehen werde, um ihnen den Weg zu zeigen. Nicht bloß die Magier, sondern jeder sah diesen Lichtschein, der wie ein strahlender Stern aussah und vor ihnen herzog.

 

Durch ihn wurden die Magier auf dieselbe Weise geführt, wie einst Mose und das israelitische Volk durch die Wolkensäule. Sie kamen zunächst nach Jerusalem zu Herodes. Das war Fügung Gottes. Dadurch sollte der irdische Fürst die Geburt des Weltenkönigs erfahren, damit das durch den Propheten vorherverkündete Schicksal der bethlehemitischen Kinder seine Erfüllung fand. Auch hier war es das Eingreifen der christusfeindlichen Geistermächte, die durch Einflößung der Furcht um den Thron den irdischen Fürsten veranlaßten, den Kindermord zu begehen, um den neugeborenen Lehrer der Wahrheit zu vernichten.

 

Die Ankunft der Magier in Bethlehem erfolgte nach der Darstellung Jesu im Tempel. Die Eltern des Kindes waren mit dem Kinde von Jerusalem wieder nach Bethlehem gegangen. Dort wollten sie noch einige Zeit bleiben und dann nach Nazareth zurückkehren. Während ihres Aufenthaltes in Bethlehem erschienen die Magier. Nachdem diese ihre Rückreise angetreten hatten, rüsteten sich auch die Eltern des Kindes zur Heimkehr. Da erhielt Josef durch einen Boten Gottes die Weisung, mit Mutter und Kind nach Ägypten zu fliehen.

 

Denn Herodes, der schon auf die erste Nachricht von der Geburt des neuen Königs der Juden den Entschluß gefaßt hatte, ihn aus dem Wege zu räumen, stand unmittelbar vor der Ausführung des Vorhabens.

 

Nachdem das Jesuskind dem Säuglingsalter entwachsen war, gestalteten sich seine Kinderjahre wie die anderer Kinder. Es lernte gehen und sprechen und spielte, wie es auch sonst bei Kindern der Fall ist. Es beging kindliche Fehler in derselben Weise, wie ihr sie bei allen anderen Kindern erlebt. Der Knabe kam in die Jahre des Erwachens der Vernunft. Da in ihm der höchste der geschaffenen Geister verkörpert war, hatte er auch eine hohe menschliche Begabung.

 

Aber trotzdem mußte er anfangen zu lernen, wie jeder, auch der Begabteste anfangen muß. Er kam als Kind zur Erkenntnis eines Gottes auf dieselbe Weise wie du dazu kamst, nämlich zunächst durch Belehrung von seiten seiner Eltern und Lehrer. Er hörte die Predigten über Gott in dem Betsaal seines Heimatstädtchens. Er besprach sich über das Gehörte mit seinen Eltern und Lehrern und ließ sich von ihnen Aufklärung über das geben, was er nicht verstanden hatte oder was ihm nicht richtig zu sein schien.

 

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Die menschlichen Schwächen Jesu

 

Auch die Versuchung zum Bösen trat an den Knaben heran, wie an alle Menschenkinder und in der Stärke, wie es der kindlichen Kraft entsprach. Er überwand in einer seinem Alter entsprechenden Erkenntnis des Bösen die Versuchungen zur Sünde. Doch auch er strauchelte und beging Fehler aus menschlicher Schwäche, wie sie auch das beste Kind begeht. Mit jeder Überwindung einer Versuchung zum Bösen erhielt der Knabe von Gott eine Vermehrung seiner inneren Kraft und Erkenntnis des Geistes.

 

Aber in dem Maße, in dem die innere Widerstandsfähigkeit bei ihm wuchs, durften auch die bösen Mächte ihre Angriffe gegen ihn verstärken. So ist es auch bei jedem anderen Menschen. Bei dem Jesusknaben wurde also auch hierin keine Ausnahme gemacht. Denn es ist ein für die Menschheit allgemein gültiges Gesetz, daß ein Mensch mit jedem neuen Sieg über das Böse eine größere Widerstandskraft gegen die Sünde erlangt, daß aber auch dem Bösen gestattet wird, mit entsprechend größerer Gewalt gegen ihn vorzugehen, so daß das ganze Leben eines gottestreuen Menschen ein beständiger Kampf gegen die gottfeindlichen Mächte bedeutet. ‘Ein Kriegsleben ist des Menschen Leben auf dieser Erde. ’

 

Einen großen inneren Kampf verursachten dem Jesusknaben bei zunehmendem Alter die vielen Irrtümer in der jüdischen Religion als der Religion seiner Eltern. Es waren alle jene Irrtümer, die im Laufe der Zeit von der jüdischen Kirche als Menschensatzungen und angebliche Ergänzungen des Gesetzes Gottes eingeführt worden waren. Als er soweit war, daß er selbst die Urkunden des Alten Testamentes lesen und verstehen konnte, empfand er die Auslegungen, die von den jüdischen Gesetzeslehrern über so manche Bibelstelle gegeben wurden, als unrichtig.

 

Und wenn er in seinem kindlichen Freimut seine Überzeugung seinen Eltern oder Lehrern gegenüber zum Ausdruck brachte, erhielt er manch harten Verweis. Diese im Gegensatz zu der jüdischen Kirchenlehre stehende Überzeugung des Knaben war es, die der Zwölfjährige im Tempel zu Jerusalem den Priestern zu deren größtem Erstaunen vortrug, ihnen darüber Fragen vorlegte und deren Fragen nach seiner eigenen Erkenntnis beantwortete.

 

Gewiß, er war in dieser Beziehung das, was ihr ein ‘Wunderkind’ nennt. Ihr habt Wunderkinder auf den verschiedenen Gebieten menschlichen Könnens. Dieser Knabe war ein Wunderkind in der Erkenntnis der Heilswahrheiten Gottes. Aber er war Mensch wie alle anderen Menschen. Er wußte zunächst nicht, wer er war und welche Aufgabe er als Mensch zu erfüllen hatte

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Aber schon in den ersten Jahren der Vernunft hatten sich große mediale Gaben bei diesem Knaben zu entwickeln begonnen. Es waren die Gaben des Hellsehens und Hellhörens, die, mit kleinen Anfängen beginnend, nach und nach zur höchsten Vollkommenheit sich steigerten. Sie befähigten ihn, mit der Geisterwelt in Verbindung zu treten, die Geister hellsehend zu schauen und ihre Worte hellhörend zu vernehmen. Es war nichts Neues, was dem heranwachsenden Jüngling mit dieser Gabe verliehen wurde.

 

Viele Menschen vor ihm besaßen sie. Nur wurde sie bei diesem Gottgesandten zum höchsten Grade entwickelt, der bei Menschen überhaupt möglich ist. Durch seine Verbindung mit der Geisterwelt Gottes wurde er während seines Erdenlebens über alles unterrichtet, was zur Erfüllung seiner Aufgabe für ihn zu wissen notwendig war. Denn als Mensch wußte er von alledem ebensowenig wie andere Menschen. Eine Rückerinnerung an sein früheres Dasein als höchster Geist Gottes besaß er nicht, weil jede Verkörperung eines Geistes in einem materiellen Leibe die Rückerinnerung auslöscht.

 

Was also Christus während seines menschlichen Lebens lehrte, hatte er aus diesem Geisterverkehr empfangen, wie auch Mose alles, was er dem Volke mitteilte, vorher im Offenbarungszelte durch Befragen Gottes erfahren hatte.

 

So wuchs der Knabe zum Jüngling und Manne heran. Mit zunehmendem Alter nahmen auch seine Erkenntnisse zu, nicht bloß die Erkenntnisse, wie sie jeder Mensch mit zunehmendem Alter gewinnt, sondern auch vor allem die Erkenntnisse, die ihm durch die Geister Gottes vermittelt wurden. In demselben Maße ging auch sein Wachstum im Guten voran, was eure Bibel in den Worten ausdrückt: ‘Er nahm zu an Alter und Weisheit und Wohlgefallen vor Gott und den Menschen’ (Lukas 2, 52).

 

Es war ein wirkliches Zunehmen und nicht bloß ein äußeres Andentaglegen, wie deine bisherige Religion behauptet. Christus war als Mensch nicht von vornherein vollkommen, da kein Geist im Menschenkörper vollkommen sein kann. Denn die Materie ist in sich etwas Unvollkommenes und Niedriges. Auch der Geist, der rein und vollkommen in die materielle Hülle kommt, muß sich als Mensch nach und nach in beständigem Kampfe gegen das ihn niederziehende Böse zur Vollkommenheit durchringen.

 

Mit jedem Menschenleib sind menschliche Schwächen und Unvollkommenheiten des darin verkörperten Geistes verbunden, mit denen auch der vollkommenste Geist zu ringen hat und von denen er sich, so lange er Mensch ist, nie ganz befreien kann. Es gehört dies eben zur Natur des Menschen. Auch Christus machte darin keine Ausnahme. Er hatte mit diesen Unvollkommenheiten bis zu seinem letzten Atemzuge zu kämpfen und unterlag mehr als einmal der menschlichen Schwäche im Kampfe gegen das Böse.

 

Im Garten Gethsemane wurde dieser große Überwinder des Bösen doch als Mensch schwach und unvollkommen, als er betete, der Vater möge den Kelch des Leidens an ihm vorübergehen lassen; wenn er auch hinzufügte: ‘Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!’ Er wußte, daß es der Wille des Vaters war, daß er diese Leiden erdulden sollte. Hier spricht also der schwache, unvollkommene Mensch, der infolge seiner Menschennatur vor einem qualvollen Tod erbebt und sich gegen ihn sträubt.

 

Der Vollkommene würde gesagt haben: ‘Vater, gib mir soviel Leiden als du willst und für gut findest. Ich nehme sie gern auf mich. ’ Er würde nicht gesagt haben: ‘Nimm sie weg!’ - Und der schwache Mensch sprach am Kreuze aus ihm, als er sich bei Gott mit den Worten beklagte: ‘Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?’ Diese Klage hätte ein in allen Stücken vollkommener Mensch nicht ausgesprochen. Aber einen so vollkommenen Menschen gibt es nicht. Da müßte der Mensch aufhören, Mensch zu sein und der Leib aufhören, Materie zu sein.

 

Paulus hat diese Wahrheit in seinem Brief an die Hebräer in Worten wiedergegeben, die denjenigen sehr unangenehm klingen, die Christus als Gott bekennen und daher jede Möglichkeit der Sünde und des Abfalls von Gott bei Christus leugnen. Er schreibt: ‘Christus hat in den Tagen seines Erdenlebens Bitten und Flehen mit lautem Geschrei und Tränen vor den gebracht, der ihn vom ‘Tode’ zu retten vermochte. Und er hat auch Erhörung gefunden und ist von der Angst befreit worden. ’ (Hebr. 5, 7).

 

In diesen Worten findest du alles, was ich dir vorhin gesagt habe, bis ins einzelne bestätigt.

 

Ich wies dich bei der Erklärung des Heilsplanes Gottes auf die sehr wichtige Tatsache hin, daß auch der höchste geschaffene Geist sich durch eine Menschwerdung der Gefahr aussetze, vom Bösen besiegt und zum Abfall von Gott verleitet zu werden. Diese Gefahr bedrohte auch Christus. Er erkannte sie in ihrer ganzen Größe. Mehr als einmal war er nahe daran, den Angriffen Satans zu erliegen. Darauf weist Paulus in den vorgenannten Worten seines Briefes hin, wenn er sagt, daß Christus zu Gott unter Tränen geschrien habe, ihn doch von dem Tode zu erretten.

 

Daß nicht der leibliche Tod damit gemeint war, geht daraus hervor, daß Paulus ausdrücklich sagt, Gott habe das Gebet Christi erhört. Er hat ihn also vor dem Tode bewahrt, vor dem Christus so große Angst empfand. Hat ihn Gott vor dem irdischen Tode und der irdischen Todesangst bewahrt? Im Gegenteil. Den Kelch der irdischen Todesangst und des irdischen Todes hat Gott ihn bis zur Neige leeren lassen. Es muß also ein anderer Tod gewesen sein, von dem Christus auf sein Flehen errettet wurde. Du weißt, daß das Wort ‘Tod’ an fast allen Stellen der Bibel und vor allem in den Briefen des Paulus den ‘geistigen Tod’ oder den Abfall von Gott bezeichnet.

 

Vor diesem Abfall zitterte Christus schon zu einer Zeit, wo er von einem Kreuzestod noch nichts wußte. So furchtbar hat ihm Satan zugesetzt. Eure Bibel weiß nichts von dem täglichen Ringen Christi mit den Höllenmächten, die alles aufboten, ihn mürbe zu machen und dadurch zum Abfall von Gott zu bringen. Daß er unter Tränen zu Gott aufschrie und ihn um Hilfe anflehte, wenn Satan mit seiner ganzen Horde an ihm war und er vor Angst zitterte, er möchte der Hölle auf die Dauer nicht widerstehen können - daran möget ihr erkennen, daß die Möglichkeit eines Abfalles von Gott auch bei Christus gegeben war. Denn wäre bei ihm keine Möglichkeit eines Abfalles vorhanden gewesen, dann brauchte er nicht vor dem Angriff der Hölle zu zittern und noch weniger unter gewaltigem Schrei und unter Tränen Gott um Rettung anzuflehen.

 

Und Satan, der ja genau wußte, wen er in Christus vor sich hatte, wäre nicht so dumm gewesen, seine ganzen Machtmittel gegen ihn ins Feld zu führen, wenn er keine Aussicht gehabt hätte, ihn zu besiegen. Darum richten sich seine Angriffe nie gegen Gott selbst, sondern nur gegen die Geschöpfe Gottes. Und wenn Luzifer als zweithöchster der geschaffenen Geister von Gott abfiel, warum sollte nicht der erste dieser Geister ebenfalls abfallen können, vor allem jetzt, wo er als schwacher Mensch den Höllenmächten gegenüberstand. Satan weiß genau, was er tut, und er unternimmt nichts Aussichtloses.

Auch die Wahrheit, daß Christus menschliche Fehler und Schwächen beging, hat Paulus in der angegebenen Stelle zum Ausdruck gebracht.

 

Denn er sagt, Christus habe, wiewohl er Gottes Sohn war, doch aus dem, was er durchzumachen hatte, Gehorsam gelernt. Also auch Christus mußte als Mensch Gehorsam lernen. Auch er hat nicht immer den inneren und äußeren Anregungen zum Guten Folge geleistet. Aber die Strafe, die auch er als Mensch für den kleinsten aus Schwachheit begangenen Ungehorsam bekam, hat ihn nach und nach Gehorsam gelehrt, und so ist er zur Vollendung gekommen und zwar durch den größten Akt des Gehorsams - seinen Tod am Kreuze.

 

Das ist ja das Große und Wunderbare an Christus, daß er, obschon er der Sohn Gottes war, doch als Mensch mit denselben Schwachheiten und Unvollkommenheiten zu kämpfen hatte, die auch die anderen Menschen haben, und daß er trotzdem gegen die Macht der Hölle standhielt. Er hat die schlimmsten Angriffe des Bösen an sich erfahren müssen als einer, der besiegt werden konnte und vor Angst, er möchte besiegt werde, zu Gott im Gebet schrie. Darum weiß er auch aus eigener Erfahrung, wie es euch schwachen Menschen zumute ist.

 

‘Wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitgefühl mit unseren Schwachheiten haben könnte, sondern einen solchen, der in allen Stücken ebenso versucht worden ist nur ohne die Sünde’ (Hebr. 4, 15). Mit ‘Sünde’ ist hier nicht das menschliche Straucheln aus Schwachheit gemeint, von dem kein Mensch frei ist und von dem auch Christus nicht frei war, sondern unter ‘Sünde’ ist die Verfehlung zu verstehen, die uns von Gott trennt. Es ist die Sünde, die den Tod gebiert infolge des Abfalles von Gott. Christus gehörte nie zu den von Gott Abgefallenen und ließ sich auch nicht als Mensch von Gott trennen. ‘Die Sünde zum Tod’, wie der Apostel Johannes sie nennt , beging er nicht.

 

Sonst ist er den Menschen in allem gleich geworden, auch in der menschlichen Schwachheit und im menschlichen Straucheln. Denn die Schwachheit zeigt sich im Straucheln. Wer nie strauchelt, ist auch nie schwach.

 

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Jesu erste Erkenntnis seiner Gottessohnschaft

 

Der Zeitpunkt, an dem Johannes der Täufer öffentlich als Bußprediger auftrat, sollte auch für Christus von entscheidender Wichtigkeit werden. Denn bis dahin wußte er noch nicht, daß er der verheißene Messias war. Als er jedoch Johannes aufsuchte und dieser ihn der Volksmenge als das Lamm Gottes vorstellte, das die Sünde der Welt hinwegnehmen solle, da erkannte er, wer er war und erhielt sofort auch von Gott selbst die Bestätigung: ‘Du bist mein geliebter Sohn; an dir habe ich mein Wohlgefallen. ’

 

Jetzt war der Augenblick gekommen, wo auch die Geisterwelt Gottes Christus über seine Lebensaufgabe aufklärte. Es wurde ihm gesagt, daß er der höchste der geschaffenen Geister, der erstgeborene Sohn Gottes sei. Er wurde belehrt, daß er die Wahrheiten Gottes zu verkünden habe, daß er gegenüber den Angriffen Satans standhaft bleiben müsse, daß Satan in seinem Kampfe gegen ihn bis zum Äußersten gehen und ihn in den Kreuzestod hineintreiben werde, wie es von den Propheten vorausgesagt worden war. Worin jedoch der endgültige Sieg über Satan bestand, erfuhr Christus erst, als sein Geist sich im Kreuzestod vom irdischen Leib getrennt hatte.

 

Die Hölle erkannte Christus als den Sohn und Gesandten Gottes, der die Menschheit durch seine Lehre zu Gott führen und für die Wahrheit zu sterben bereit sein solle. Der wirkliche Zusammenhang zwischen dem Kreuzestod Christi und einem Sieg über die Hölle war auch Satan nicht bekannt. Hätte er die Wahrheit darüber gewußt, so würde er Christus weder versucht, noch seinen Tod herbeigeführt haben. So aber wollte er Christus, den er bloß als einen Künder der Wahrheit erkannte, möglichst bald unschädlich machen.

 

Sofern es ihm nicht gelang, Christus zum Abfall von Gott zu bringen, hoffte er seiner Wirksamkeit als Wahrheitskünder dadurch ein Ende machen zu können, daß er ihm das schimpfliche Los eines Kreuzestodes bereitete. Satan rechnete damit, daß die Lehre eines ‘Gehängten’ bei den Menschen schnell abgetan sei. Denn diese mußten erwarten, daß ein Gottessohn, als den sich Christus ausgab, soviel Macht von Gott erhalten werde, daß er einen schmählichen Tod von seiten seiner Feinde verhindern könne. War er dazu nicht imstande, dann war mit seinem Tode auch seine Lehre gerichtet. Das war die Berechnung, die Satan sich gemacht hatte.

 

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Die Prüfung Jesu in der Wüste

 

Christus wußte jetzt also, wer er war und welche große Aufgabe er zu vollbringen hatte. Doch ehe er mit der Ausführung begann, hatte auch er die Belastungsprobe zu bestehen, wie alle bisherigen Werkzeuge Gottes sie hatten bestehen müssen. Er mußte zeigen, ob er seiner wichtigen und folgenschweren Aufgabe gewachsen war. Darum führte ihn der Geist Gottes in die Wüste.

 

Hier hatte er einen furchtbaren Ansturm der Höllenmächte auszuhalten. Niemand stand ihm dabei helfend und stützend zur Seite. Kein Wort menschlichen Trostes von seiten einer Mutter oder der Geschwister oder eines Freundes erreichte ihn hier. Und doch sehnt sich der Mensch gerade in schweren Seelenkämpfen nach einem mitfühlenden, mittragenden und stützenden Menschenherzen. Das alles war ihm in der Wüste versagt.

 

Wilde Tiere umheulten ihn, und die Geister der Hölle standen vor seinem hellsehenden Auge. Unaufhaltsam kamen und gingen sie. Er hörte ihre Lockungen, Versprechungen, Drohungen. Zu allem, wozu Menschen versucht werden können, wurde dieser Menschensohn bis zum äußersten versucht. Satan hat ja seine Spezialisten auf allen Gebieten des Bösen. Es kamen die Geister der Verzagtheit und des Kleinmuts, die Geister des Zweifels, die ihm den Glauben an seine Gottessohnschaft und an seine gottgegebene Aufgabe rauben und ihn zur Verzweiflung an sich selbst bringen wollten.

 

Es kamen die Geister des Hasses und suchten ihm Erbitterung gegen einen Gott einzuflößen, der ihn hier in der Wüste einem solchen Jammer preisgab. Es kamen die Geister der Lebensfreude, die ihm den Gegensatz zwischen dieser schaurigen Wüste und dem menschlichen Wohlleben in Freude und Lust in den verlockendsten Bildern vorführten. Aber alle kamen in der Gestalt von Engeln des Lichtes und gaben sich als seine Freunde aus.

 

Diese Verführungsspezialisten hatten ihre Rollen gut verteilt. Die Geister des Zweifels waren die mächtigsten und erschienen immer wieder auf dem Plan. Wie konnte denn ein Gott seinen erstgeborenen Sohn in eine solche Wüste schicken, dem Hunger preisgeben und diesen Seelenqualen aussetzen? War am Ende doch alles, was er von vermeintlichen guten Geistern gehört, war der Ausspruch des Täufers, war die Gottesstimme am Jordan nicht eine einzige große Täuschung oder eine Kundgebung des Bösen? War die Gottessohnschaft infolgedessen nicht ein großer Wahn, dem er zum Opfer gefallen war?

 

Um diesen Punkt drehte sich der Hauptangriff der Hölle. Die Überzeugung von seiner Gottessohnschaft sollte in diesem Menschensohn vernichtet werden. War das erreicht, dann hatte Satan gewonnenes Spiel. Denn wer an seiner Aufgabe irre wird, wirft sie von selbst fort.

 

Vierzig Tage und vierzig Nächte dauerte das Kesseltreiben der Hölle. Und ihr Opfer war ihr schutz- und hilflos preisgegeben, zitternd an allen Gliedern vor seelischen Aufregungen vor körperlichem Elend infolge Hungers und Schlaflosigkeit. Es fehlte hier ja jede Nahrung. Er fastete, aber nicht freiwillig, sondern weil nichts Eßbares vorhanden war. Nichts als Sand und Steine, soweit man schaute.

 

Aber alle Spezialisten der Hölle mühten sich vergeblich ab, diesen fiebernden Jesus von Nazareth zu Fall zu bringen, obschon er sich vor körperlicher Schwäche, Hunger und Durst nicht mehr aufrecht halten konnte. Immer wieder schrie er unter Tränen zu seinem Vater um Hilfe, damit er ihn vor dem Tode des Abfalls bewahren und ihm die Kraft geben möge, dem Ansturm des Bösen bis zum siegreichen Ende standzuhalten.

 

Da, am letzten Tage, als alle Höllenmächte mit ihren Verführungskünsten dem gequälten Opfer gegenüber versagt hatten, kam er selbst - er, der Fürst der Finsternis. In manchen Dingen ist er Spezialist. Vor allem ist er der Geist höllischer Wundertaten. Als solcher steht er vor dem vor Hunger zitternden Jesus und spricht: ‘Du meinst, du seiest ein Sohn Gottes? Wenn du das bist, dann brauchst du keinen Hunger zu leiden, sondern du kannst diese Steine zu Brot machen. Aber du kannst es nicht, du Irregeführter und mußt hier wegen dieses Wahns des Hungertodes sterben.

 

Wunder kannst du nicht wirken und hast noch keine gewirkt und wirst auch keine wirken. Und doch bildest du dir ein, du seiest ein Sohn Gottes. Siehe mich an, ich bin ein Sohn Gottes, aber von jenem Gott weggegangen, der in seiner Grausamkeit dich hier so elend werden läßt. Ich kann Wunder wirken. Diese Kraft kann mir jener Gott nicht nehmen. Ich kann aus diesen Steinen Brot machen. Ich will dir zu essen geben. Du wirst sehen, ich kann es. Sag dich los von dem, der dich hier verhungern läßt! Tritt zu mir, und die schönsten Speisen der Erde stehen dir zur Verfügung. ’

 

‘Weiche Satan, ich mag dein Brot nicht und möchte auch keines, wenn ich es aus diesen Steinen bereiten könnte. Ich warte auf das Wunderwort, das aus dem Munde Gottes kommt. Das Wort wird kommen zur rechten Stunde und mir Speise verschaffen, und ich werde am Leben bleiben. ’

 

Aber so leicht läßt Satan sich nicht abweisen. ‘Gut!’ spricht er, ‘wenn du keine Wunder in meinem Beisein wirken und von mir kein Brot haben willst, das ich dir bloß aus Mitleid angeboten habe, dann kannst du ja einen anderen Weg wählen, um dich zu überzeugen, ob du ein Sohn Gottes bist. Denn daß du kein Sohn Gottes bist, dafür möchte ich dir den Beweis erbringen. Von dieser Selbsttäuschung möchte ich dich befreien. Siehe, hier ist die Zinne des Tempels. Ich will dich dorthin bringen, damit du dich hinabstürzest.

 

Denn den Gottessöhnen ist ja versprochen worden, daß sie in solchen Fällen von Engelshänden getragen werden. Also mache den Versuch! Daß ich dir dabei nicht helfen werde, weißt du. Denn ich will dir ja gerade beweisen, daß du nicht zu den Gottessöhnen gehörst. Und ich bin sicher, daß du bei diesem Sturz zerschmettert liegenbleiben wirst. Aber versuchen sollst du es. Auch Gott kann nicht verlangen, daß du blindlings an deine Gottessohnschaft glauben sollst.

 

Auf eine Probe mußt du doch wohl deine angebliche Gottessohnschaft stellen, wenn du nicht jedes vernünftige Denken preisgeben willst. Kommst du heil unten an, so will auch ich an dich glauben. Findest du aber den Tod dabei, dann kannst du froh sein, lieber sofort von dem ganzen Trug, den man dir vorgegaukelt, durch den Tod befreit zu werden, als daß du dein ganzes Leben einem solchen Irrwahn opferst, um zum Schluß enttäuscht und von den Menschen verflucht zugrunde zu gehen. ’

 

Alle Kraft zusammennehmend, gibt ihm das schon seit vielen Wochen gequälte Opfer die Antwort: ‘Meinen Gott versuche ich nicht. Nicht auf diese Art will ich mich als den Sohn Gottes erweisen. Meinem Vater überlasse ich es, wie er mich als seinen Sohn bezeugt. Er wird den Beweis erbringen, und du wirst den Beweis an dir selbst erfahren. ’

 

Vor dieser Sprache wich Luzifer, der zweite, aber gefallene Sohn Gottes, vor seinem ältesten, aber gottestreuen Bruder für einige Augenblicke zurück. Mit der Kunst seiner Wunderkraft konnte er nichts ausrichten, weil sein Opfer von ihm kein Wunder annahm und auch nicht zur Vermessenheit bestimmt werden konnte, selbst ein Wunder wirken zu wollen.

 

Aber Satan gab seine Hoffnung noch nicht auf. Er hatte noch ein anderes Lockmittel, mit dem er bisher stets glänzende Erfolge erzielte: Die Welt war sein. Alles Materielle untersteht seiner Herrschaft. Er konnte die Reiche der Erde geben, wem er wollte. Ob er ein Reich dem Babylonier Nebukadnezar gab oder dem Römer Tiberius oder dem Nazarener Jesus - er hatte es zu bestimmen. Alle, denen er sie bisher gegeben hatte, waren seine Vasallen gewesen und hatten getan, was er ihnen befahl.

 

Und wie in einem Film zogen die irdischen Reiche in all ihrer verlockenden Pracht vor dem fieberglühenden Auge des Menschensohnes vorüber: ‘Siehe, das alles will ich dir geben. Willst du alles haben, es ist dein. Willst du nur das eine oder andere davon haben, wähle es dir aus; du sollst es besitzen. Aber mich mußt du als Oberherrn über dich anerkennen. In diesen Reichen, die du gesehen, bin ich der erste und will der erste bleiben. Aber du sollst der zweite sein. ’

 

‘Weiche, Satan! - Ich erkenne nur einen als meinen Oberherrn an meinen Gott. ’

 

Satan hatte den Kampf verloren. Er glaubte sicher, ihn gewinnen zu können, als er sein Opfer in den verflossenen Tagen so oft zum Vater schreien hörte und seine Angst sah. Und da waren doch nur Luzifers Untergebene an der Arbeit. Jetzt war er selbst gekommen, um die, wie er glaubte, sturmreife Festung zu nehmen, in der sich der Hunger als starker Bundesgenosse eingestellt hatte. Doch er hatte sich getäuscht. Mit geistigen Waffen und menschlichen Lockungen war diesem Menschensohn nicht beizukommen.

 

Doch ein Kampfmittel blieb ihm noch, vor dem alle Menschen erbeben und willfährig werden. Es war das Kampfmittel irdischer Leibesqualen. Die schärfsten wollte er hervorholen. Menschliche Henkersknechte hatte er ja genug in seinem Dienst: Gelehrte und Ungelehrte, Könige und Landpfleger, geistliche und weltliche Machthaber. Es mußte gelingen. Die beste Gelegenheit zur Ausführung würde er schon finden. Darum sagt eure Bibel: ‘Als der Teufel so mit allen Versuchungen zu Ende war, ließ er von ihm ab bis zu einer gelegenen Zeit’ (Lukas 4, 13).

 

Die furchtbaren Anstürme des Bösen auf Jesus in der Wüste hatte Paulus vor allem im Auge, als er schrieb, daß Christus unter lautem Schrei und unter Tränen den um Hilfe angefleht habe, der ihn vom Tode des Abfalls erretten konnte.

 

Du siehst, Gott verschenkt seine wertvollen Gaben nicht. Sie müssen unter harten Proben errungen werden. Auch Christus mußte sich als Mensch die Kraft bitter verdienen, die er für seine gewaltige Aufgabe nötig hatte. Ihm wurde nichts in den Schoß geworfen. Aber jedesmal, wenn er siegreich mit dem Bösen gerungen hatte, kam die Gotteskraft als Lohn über ihn. Der Himmel tat sich auf und Gottes Geister umgaben ihn. So geschah es auch nach dem Kampfe in der Wüste.

 

‘Engel kamen und leisteten ihm Dienste’ (Matth. 4, 11). Sie verschafften ihm auch das irdische Brot, das er vierzig Tage hatte entbehren müssen. Jetzt, wo die Steine durch die Geister Gottes in Brot verwandelt wurden, nahm er es mit Dank gegen Gott an. Er hatte es zurückweisen müssen, als es ihm unter Satans Einfluß gereicht werden sollte.

 

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Die Aufgabe Jesu

 

Nach der ersten siegreich bestandenen Probe trat Jesus sein öffentliches Lehramt an. Er sammelte einige arme, schlichte, aber für die Wahrheit empfängliche Männer um sich, die euch unter dem Namen ‘Apostel’ bekannt sind. Diese wollte er tiefer in das Verständnis der Erlösung einführen. Doch bald stellte sich heraus, daß auch sie schwache Kinder ihrer Zeit und nicht stark genug waren, mehr als bloß einen Bruchteil der Wahrheit zu tragen.

 

Zunächst hatte Jesus sich sowohl seinen Jüngern, als auch dem Volke gegenüber als den Gottgesandten zu erweisen. Er mußte ihnen sagen, wer er sei und was er wolle und seine Aussage durch die Kraft desjenigen beweisen, als dessen Gesandten er sich ausgab.

 

So war es ja auch bei Mose, dessen Aufgabe in allen Teilen ein genaues Abbild der Aufgabe des kommenden Christus war. Auf ihn wies Mose auch ausdrücklich mit den Worten hin: ‘Einen Propheten wie mich wird Gott der Herr aus eurer Mitte erwecken’ (5. Mose 18, 18). - Mose sollte als Gottgesandter ein einzelnes Volk aus dem Lande der Knechtschaft in das Gelobte Land führen. Die Geknechteten waren die Israeliten. Ihre Peiniger waren die Ägypter unter Pharao. Die Geknechteten, die Christus von der Knechtschaft befreien sollte, waren alle zum Abfall von Gott verführten Geister. Ihre Beherrscher waren die Mächte der Hölle unter Luzifer. Mose konnte seine Aufgabe nur lösen, wenn ihm zwei Dinge gelangen:

 

Zuerst mußten die Geknechteten bereit sein, das Land der Knechtschaft zu verlassen und sich der Führung des Mose anzuvertrauen. Hatte Mose dies erreicht, dann blieb ihm ein zweites, viel Schwereres zu tun übrig. Er mußte die Ägypter unter ihrem König Pharao zwingen, das bis dahin geknechtete Volk Israel aus Ägypten wegziehen zu lassen. Denn daß Pharao und sein Volk nicht freiwillig auf die billigen Fronknechte und Sklavinnen verzichtete, war selbstverständlich.

 

So hing auch die Erlösung durch Christus von zwei Dingen ab: Zuerst mußte auch er die in der Knechtschaft des Bösen schmachtenden Geister, die in der Stufe des Menschen verkörpert waren, dahin bringen, daß sie bereit waren, dem Bösen zu entsagen. Dann aber blieb noch als schwierigste Aufgabe, die Herrschermächte des Bösen unter Luzifer zu zwingen, diejenigen freizugeben, die zu Gott wollten.

Diese beiden Aufgaben waren sowohl bei Mose, als auch bei Christus scharf voneinander getrennt.

 

Mose hatte, was seine eigene Person betraf, vor allem dafür zu sorgen, daß er dem Pharao gegenüber stark blieb, nicht nachgab und sich von ihm weder durch Drohungen noch durch Lockungen von seiner gottgegebenen Aufgabe abbringen ließ und den Rettungsplan Gottes nicht durch eigene Schuld zunichte machte. Das Volk Israel hatte das Seine zu tun und sich zum Auszug bereitzuerklären und bereitzuhalten. Gott war es, der dann den endgültigen Sieg über Pharao verlieh und die Befreiung des Volkes Israel zur vollendeten Tatsache machte. Auf welche Weise Gott diesen Sieg verlieh, danach hatte weder Mose, noch das Volk zu fragen. Das war allein Gottes Sache.

 

So auch bei Christus. Auch für ihn war es wertlos, dem Volk darüber Mitteilung zu machen, auf welche Weise die Erlösung erfolgen sollte. Er hatte es bloß darüber zu belehren, daß die Zeit der Befreiung nahe sei, daß es sich der Befreiung würdig machen solle und daß er selbst derjenige sei, der von Gott als Retter zu ihm gesandt worden war.

 

Christus hatte für seine Person dafür zu sorgen, daß er nicht den Machthabern des Bösen unterlag, die kein Mittel unversucht ließen, ihn zum Abfall von Gott und dadurch auch von seiner göttlichen Aufgabe zu bringen. Christus mußte wie Mose auf der Hut sein, von dem nicht besiegt zu werden, den er besiegen wollte. Blieb er in seiner Verteidigungsstellung gegen die Angriffe des Bösen fest, dann war es Gottes Sache, zu bestimmen, wie er den Sieg über Satan auch in der Offensive errang.

 

Es war ja klar, daß Christus nicht als Mensch gegen die Geister zum Angriff vorgehen konnte. Menschen haben bloß die Möglichkeit, sich gegen den Ansturm der bösen Mächte zu wehren, wenn diese durch Einflüsterungen, Verlockungen, Einjagen von Furcht oder auch durch Erscheinungen, sowie menschliche Helfershelfer sie zum Bösen zu verleiten suchen. Zum Angriff konnte Christus daher bloß als Geist nach seinem irdischen Tode gegen Satan vorgehen. Dann erst konnte es heißen: ‘Abgestiegen zu der Hölle. ’

 

Ich habe dir gesagt, daß Christus als Mensch Satan gegenüber hätte unterliegen können. Dann hätte der Fürst der Unterwelt auch diesen ersten Sohn Gottes zu seinem Vasallen gemacht. In diesem Falle hätte Gott einen anderen der höchsten Himmelsfürsten Mensch werden lassen, um das Werk der Erlösung zu vollbringen, das dem ersten Sohn Gottes wegen seiner Schwachheit als Mensch mißlungen war. Du schauderst bei dem Gedanken, daß Christus den Angriffen Satans hätte unterliegen können.

 

Und doch ist es so. Ihr wißt ja gar nicht die unermeßliche Liebe eures himmlischen Vaters zu schätzen, der seinen eingeborenen Sohn nicht schonte, sondern sich aus Liebe zu euch der Gefahr aussetzte, auch ihn zu verlieren, wie er den zweiten Sohn verloren hatte. Und ihr vermögt euch auch nicht das Furchtbare des Kampfes vorzustellen, den Christus euretwegen gegen die ganze Hölle zu bestehen hatte, wenn er euch erlösen wollte. Bei euch genügt schon einer der kleinsten Teufel, um euch in wenigen Augenblicken zum Abfall von Gott zu bringen. Er braucht euch bloß eine Handvoll Geld, eine menschliche Ehre oder einen Sinnesgenuß hinzuhalten, und er hat den Sieg errungen. -

 

Aber auf Christus, euren ältesten Bruder, stürzte sich die ganze Hölle, an ihrer Spitze Luzifer selbst. Und das nicht bloß einmal und für wenige Augenblicke, sondern immer und immer wieder, ein ganzes Menschenleben hindurch. Sturmkolonne auf Sturmkolonne der finsteren Mächte ging Tag für Tag gegen diesen Menschensohn vor, und schließlich nahmen sie als Sturmwaffe die größte menschliche Marter, bis der Gequälte am Kreuze verblutete - zwar als Mensch getötet, aber nicht zum Abfall von Gott gebracht.

 

Satan hatte an ihm nichts ausrichten können. Und doch war der, gegen den die ganze Höllenmacht in dieser Weise anstürmte, ein Mensch wie ihr, euch in allem gleich.

 

Das ist das wahre Bild des Erlösers, und so sollte sein Erlösungswerk verlaufen.

 

Wie es für Mose das erste war, sich den Israeliten als Gesandten Gottes und als von Gott bestellten Retter vorzustellen und als solchen durch Wunderwerke zu erweisen, so war es auch Christus zunächst dem Volke schuldig, zu sagen, wer er sei und welche Aufgabe er zu erfüllen habe. Auch er mußte seine Sendung als Erlöser durch Wunderwerke beglaubigen.

 

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Jesus Christus - nicht Gott, sondern Gesandter Gottes

 

Wer war Christus und als was bezeichnete er sich selbst? - ‘Ich bin Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. ’ - Das ist sein Zeugnis von sich selbst. Und dieses Zeugnis stellte ihm auch Gott aus: ‘Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. ’ - Christus war also der Sohn Gottes, und nur das wollte er sein. Er war nicht Gott. Niemals sagte er: ‘Ich bin Gott. ’ Niemals behauptete er, Gott in irgend einem Punkte gleich zu sein.

 

Er wird nicht müde, immer wieder zu betonen, daß er nichts aus sich selbst vermöge, nichts aus sich selbst rede, keine wunderbaren Werke aus sich selbst vollbringen könne. Der Vater ist es, der ihn beauftragt hat. Der Vater ist es, von dem er alle Wahrheit empfangen hat. Der Vater ist es, der ihm die Kraft gibt, Kranke zu heilen und Tote zu erwecken. Alles tut er so, wie der Vater es will, und zu der Stunde, die der Vater dazu bestimmt hat.

 

Wie ein Statthalter nur im Namen und Auftrag des Herrschers, der ihn als Statthalter eingesetzt hat, seine Machtbefugnisse ausübt und nur in den Grenzen der empfangenen Machtbefugnisse handeln darf, so auch Christus. Und wenn ein Herrscher seinem Statthalter alle Macht überträgt, die er selbst als Herrscher besitzt, so hat der Statthalter doch nichts aus sich. Er ist nicht der Herrscher, sondern von diesem in allem abhängig. Er kann von ihm jederzeit seines Postens enthoben werden.

 

So war Josef der Statthalter des Pharao. Er hatte von ihm unbeschränkte Macht zur Rettung des Landes erhalten. Pharao hatte ihm als Zeichen der ihm übertragenen königlichen Gewalt seinen Siegelring überreicht und in königliche Gewänder gekleidet. Mit dem Siegelring hatte Josef seine Urkunden als königliche Urkunden zu kennzeichnen. In seiner Gewandung glich er dem Pharao. Aber er war nicht der oberste Herrscher. Der war Pharao und blieb es.

 

Josef war bloß der vom ägyptischen Herrscher ernannte, wenn auch mit voller Königsgewalt ausgestattete Statthalter. Er hatte die volle Königsgewalt nicht aus sich. Er hatte sie bekommen durch freien Entschluß des Königs. Dieser konnte sie wieder nach Belieben beschränken oder ganz entziehen oder sie auf einen anderen übertragen.

 

Hier hast du in der einfachsten und klarsten Weise ein Bild von Christus in seinem Verhältnis zu Gott. Gott ist der Herr und Schöpfer aller Dinge. Auch der Herr und Schöpfer des Sohnes Gottes. Gott ist aus sich ewig, allmächtig und allwissend. Der Sohn nicht. Der Vater hat dem Sohn die Statthalterschaft über die Schöpfung übertragen und ihn vor allem zu der Aufgabe der Erlösung gesalbt. Aber aus sich hat der Sohn nichts, weder das Dasein, noch sein Amt als Statthalter, noch irgendeine Kraft.

 

Alles hat ihm der Vater gegeben. Ist der Sohn im Himmel auch in gottähnliche Gewänder gekleidet, und tritt er mit göttlichen Machtbefugnissen auf, so ist er doch ebensowenig Gott, wie Josef der Pharao war.

 

Diese Wahrheit ist in den Heiligen Schriften so klar enthalten, daß man sich darüber wundern muß, wie Menschen dazu kommen konnten, Christus zum ‘Gott’ zu machen, während der Vater und Gebieter alles Geschaffenen feierlich schwört: ‘Ich allein bin Gott und sonst keiner. ’

 

Die christlichen Religionen, die Christus als Gott bekennen und ihn dem Vater in allem gleichstellen, wagen selbst nicht zu behaupten, daß Christus gesagt habe, er sei ‘Gott’. Aber sie folgern es zunächst daraus, daß er sich ‘Sohn Gottes’ nannte. Sie urteilen, wie die Hohen Priester, Schriftgelehrten und Pharisäer geurteilt haben, von denen es in der Bibel heißt: ‘Sie trachteten ihm um so mehr nach dem Leben, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch in einem einzigartigen Sinne Gott seinen Vater nannte und sich damit Gott gleichstellte’ (Joh. 5, 18).

 

Gegen den Vorwurf, daß er in einem einzigartigen Sinne Gott seinen Vater nannte, wehrte sich Christus nicht. Denn er war in einem Sinne ein ‘Sohn Gottes’, wie kein anderer der ‘Gottessöhne’ oder der Geister Gottes. Er war nicht bloß der höchste der von Gott geschaffenen Geister, sondern auch der einzige Geist, der auch seinem himmlischen Leibe nach von Gott ins Dasein gerufen worden ist. Die anderen Söhne Gottes hatten bloß ihrem Geiste nach von Gott ihr Dasein erhalten, während ihre himmlischen Leiber dem erstgeschaffenen Sohne ihr Entstehen verdankten.

 

Christus war also nicht bloß der ‘Erstgeborene’ Gottes, sondern auch der einzige, der nach seinem ganzen Sein eine direkte Schöpfung Gottes war. Er war der einzige in seiner Art. Er war der ‘Eingeborene’ des Vaters. Auch noch aus einem anderen Grunde war er in einzigartigem Sinne der Sohn Gottes. Ihm allein hatte der Vater die Statthalterschaft über die Schöpfung übertragen. Er hatte ihm dieselbe Stellung in seinem Reiche eingeräumt, die der Pharao dem ägyptischen Josef im Reiche Ägypten verliehen hatte.

 

Also darin hatten die Juden Recht: Christus nannte sich in einer besonderen Bedeutung einen Sohn Gottes. Er war der Sohn Gottes. Aber wogegen sich Christus bis aufs äußerste wehrte, war die Behauptung seiner jüdischen Feinde, er stelle sich Gott gleich. Er beteuerte immer wieder, daß er keinerlei Macht von sich selbst habe und aus sich selbst nicht das Geringste tun könne. Wenn einer aus sich selbst nichts kann, dann ist damit der unwiderlegliche Beweis erbracht, daß er nicht Gott sein kann.

 

Soviel folgerichtiges Denken mußten auch die Hohen Priester und Schriftgelehrten besitzen. Und sie begriffen es auch sehr gut, was Jesus unter ‘Sohn Gottes’ verstand. Aber nach außen wollten sie es nicht verstehen. Sie suchten ja einen Grund, ihn zu töten. Und da konnten sie keinen besseren finden, als wenn sie behaupteten, Christus mache sich zum Gott, indem er sich Sohn Gottes nenne. Diesen Scheingrund durften sie um keinen Preis mehr aus der Hand geben. Darum war auch jede Belehrung von seiten Christi zwecklos.

 

Es ist wahr, Christus hatte alle Macht im Himmel und auf Erden. Aber er hatte sie ebensowenig von sich selbst, wie der ägyptische Josef alle Macht über Ägypten aus sich hatte. Wie Josef nicht der Pharao war, so war Christus auch nicht Gott.

 

Nur der Vater ist Gott und sonst keiner. Der Vater hat alle Macht und sonst niemand. Der Vater kann diese Macht nach seinem Gutdünken auf irgendeinen geschaffenen Geist übertragen, indem er in diesem und durch diesen wirkt. Gott hätte daher die Macht, die er Christus verlieh, einem anderen geschaffenen Geiste geben können. Es mußte nicht sein erstgeborener Sohn sein. Und die großen Wunder, die Christus wirkte, konnte auch jeder andere Mensch wirken, wenn ihm Gott die Kraft dazu gab.

 

Christus sagt ja selbst, daß nicht bloß er das alles wirken könne, sondern auch jeder andere, sobald er gläubig werde. ‘Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich tue, auch tun, ja er wird noch größere als diese vollbringen’ (Joh. 14, 12). - An Christus glauben heißt an Gott glauben, aber nicht etwa, weil Christus selbst Gott ist, sondern weil er die Lehre Gottes verkündet. ‘Ich habe nicht von mir aus geredet, sondern der Vater selbst, der mich gesandt hat, der hat mir aufgetragen, was ich sagen und was ich lehren soll’ (Joh. 12, 49).

 

Zwischen dem Vater und Christus herrscht die große Einheit der Liebe. Jedes Geschöpf Gottes kann zu dieser Einheit mit dem Vater gelangen. Sie erbittet ja Christus von Gott auch für seine Jünger. ‘Sie sollen eins sein, wie wir eins sind: Ich in ihnen und du in mir, auf daß sie voll ausgestaltet werden zu einer Einheit mit uns’ (Joh. 17, 22-23).

 

Du siehst, wie töricht es ist, wenn deine bisherige Kirche zum Beweis für die Gottheit Christi sich auf den Satz beruft: ‘Ich und der Vater sind eins’, wo doch dieselbe Einheit, die der Sohn mit dem Vater hat, auch den Gläubigen zuteil werden soll.

 

Wenn du dir die Aussprüche Christi zusammenstellst, in denen er sein Verhältnis zu seinem Vater darlegt, so wirst du erkennen, wie frevelhaft es ist, Christus als Gott zu bezeichnen, ihn als den Gebenden hinzustellen, wo er bloß der Empfangende ist und anderen bloß das geben kann, was er selbst von Gott erhalten hat. - Die große Gotteslästerung, welche die Juden Christus vorwarfen, indem sie fälschlich behaupteten, er mache sich Gott gleich, begehen heute diejenigen, die Christus zum Gott machen, während Christus selbst die Gottgleichheit so weit von sich wies.

 

Die Lehre Christi über seine eigene Person, über den Ursprung seiner Lehre und die Macht und Kraft, die er besitzt, war also die, daß er alles und jedes vom Vater erhalten hat. Aus sich hat er nichts. Er ist nicht Gott.

 

Nicht alles hat ihm der Vater übertragen. Gewisse Dinge hat der Vater sich selbst vorbehalten. Zu den Söhnen des Zebedäus sagte Christus: ‘Den Platz zu meiner Rechten und Linken habe nicht ich zu vergeben, sondern er wird denen zuteil, für die er von meinem Vater bestimmt ist’ (Matth. 20, 23).

 

Auch den Tag des allgemeinen Gerichtes weiß der Sohn nicht, sondern nur der Vater. ‘Von jenem Tage aber und von der Stunde hat niemand Kenntnis, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern ganz allein mein Vater’ (Matth. 24, 36).

 

Christus hatte von Gott auch nicht die Erlaubnis bekommen, die Marter des Kreuzestodes von sich abzuwenden. Darum wurde er im Garten Gethsemane nicht erhört, als er den Vater bat, diesen Leidenskelch an ihm vorübergehen zu lassen.

 

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Jesus in der Beurteilung seiner Umgebung

 

Sowohl die Angehörigen Jesu, als auch die Apostel und das gläubige Volk erkannten in ihm bloß den ‘Propheten’ - den ‘Gottesgesandten’. Daß einer der ‘Söhne Gottes’ in ihm Mensch geworden war, wußte wohl seine Mutter aus der Verkündigung des Engels vor seiner Geburt. Aber sie wußte auch, daß er ein Mensch war mit menschlichen Schwächen. Sie war mit der Art seines öffentlichen Auftretens und seiner Lehrverkündigung nicht einverstanden.

 

Sie wußte wohl, daß seine Glaubensüberzeugung von der Lehre der jüdischen Religion wesentlich abwich. Aber daß er das alles jetzt dem Volke öffentlich predigte, das drückte sie schwer. Sie hatte sich seine Aufgabe ganz anders gedacht. Und als sie hörte, daß Jesus in seinen Predigten so scharfe Worte gegen die geistlichen Führer des jüdischen Volkes gebrauchte und so manches in ihrer althergebrachten Religion in der Öffentlichkeit als unrichtig bezeichnete, da suchte sie das im Verein mit ihren anderen Söhnen zu verhindern.

 

Sie wollte ihn zur Rückkehr in sein Elternhaus zwingen. Dadurch glaubte sie den Anstoß beseitigen zu können, den sein Vorgehen bei den Priestern, Schriftgelehrten und Pharisäern erregt hatte. ’Als seine Angehörigen es hörten, machten sie sich auf, um sich seiner zu bemächtigen. Denn sie sagten, er sei von Sinnen gekommen’ (Mark. 3, 21). - ‘Denn nicht einmal seine Brüder glaubten an ihn’ (Joh. 7, 5).

 

Daß seine Mutter und seine Brüder diese Einstellung gegenüber seinem öffentlichen Auftreten hatten, ist menschlich verständlich. Sie hielten die Lehre der jüdischen Kirche für die richtige. Darin waren sie von Jugend auf erzogen. Ihre Vorfahren hatten in dieser Religion gelebt und waren darin gestorben. Und nun sollte der eigene Sohn und Bruder öffentlich predigen, daß diese Religion in vielen Punkten im Irrtum sei. Das war für diese einfachen, unerfahrenen Leute unerträglich.

 

Das, was ihre Geistlichkeit ihnen sagte, war für sie maßgebend. Doch war auch Menschenfurcht dabei im Spiele. Man zeigte mit Fingern auf sie als die Angehörigen eines Mannes, der die Religion seiner Väter angriff. Von dem Synagogenvorsteher ihres Ortes mußten sie oft Vorhaltungen deswegen über sich ergehen lassen. Auch eine geschäftliche Schädigung mußten sie befürchten. Besonders hart aber traf sie die Nachricht, daß die oberste Kirchenleitung Jesus in den Bann getan habe und alle, die ihm anhingen und als den Messias bekannten, ebenfalls mit dem Banne bedrohe.

 

‘Sie hatten schon abgemacht, daß der, welcher Jesus als den Messias bekenne, in den Bann getan würde’ (Joh. 9, 22). Die jüdische Geistlichkeit warnte das Volk vor Jesus und seiner Lehre. Reichlichen Gebrauch machte sie von der Waffe der Verleumdung. Sie nannte ihn einen ‘falschen Propheten’, einen ‘vom Teufel Besessenen’, einen ‘Volksaufwiegler’, einen ‘Weinsäufer’ und ‘sittlich Verkommenen’, der sich mit Dirnen abgebe und bei den öffentlichen Sündern zu Gast sei.

 

Kein Mittel war ihr zu schlecht, um denjenigen unschädlich zu machen, von dem sie ihren Einfluß auf das Volk bedroht sah. Sie konnte nicht dulden, daß die große Masse des Volkes etwas anderes als relgiöse Wahrheit annahm, als was sie selbst vortrug. Ihr hatte sich das Volk zu fügen. Was sie nicht glaubte, durfte auch das Volk nicht glauben, oder der Fluch traf es. ‘Ist denn irgendein Mitglied des Hohen Rates oder ein Pharisäer zum Glauben an ihn gekommen? Nein, nur dies gemeine Volk, das vom Gesetz nichts weiß - verflucht sei es!’ (Joh. 7, 48-49).

 

Es ist das alte Lied, das die Geistlichkeit aller Religionen stets anzustimmen pflegt, wenn sie ihren Einfluß auf das Volk durch irgendeinen Wahrheitskünder bedroht sieht.

 

Auch du wirst diese Melodie noch reichlicher kennenlernen wie bisher, sobald du die Wahrheiten veröffentlicht hast, die du von mir empfingst. Da wirst du sehen, daß sich das alles wiederholt, was sich damals abspielte. Denn der Knecht ist ja nicht über den Meister. Man wird dich einen abgefallenen Priester, einen falschen Propheten, einen Irrsinnigen, einen vom Teufel Besessenen, einen verkommenen Menschen nennen.

 

Auch deine Angehörigen werden dir Vorwürfe machen. Sie werden dir sagen, du hättest alles beim alten lassen sollen, und was anderen Geistlichen gut genug war, hätte auch dir genügen können. Doch fürchte dich nicht! Hoffe auf Gott! Was können dir die Menschen tun? Aber auch vielen wirst du durch Vermittlung der Wahrheit die größte Wohltat erweisen. Auch manche Geistliche, die dein Buch lesen, werden zu der Überzeugung kommen, daß es die Wahrheit enthält, wenn sie es auch nicht offen einzugestehen wagen.

 

So war es auch zur Zeit Christi. ‘Es glaubten sogar von den Mitgliedern des Hohen Rates viele an ihn, wagten aber um der Pharisäer willen nicht, es offen zu bekennen, um nicht in den Bann getan zu werden. Denn an der Ehre bei den Menschen lag ihnen mehr, als an der Ehre bei Gott’ (Joh. 12, 42-43).

 

Auch die Apostel wurden mehr als einmal irre an ihrem Meister. Auch sie hatten sich den Messias anders gedacht. Daß in Jesus von Nazareth der ‘Sohn Gottes’ zur Erde gekommen sei, wußten auch sie nicht, bis es ihnen eines Tages durch das Bekenntnis des Petrus zum Bewußtsein kam: ‘Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes’ (Matth. 16, 16). - Diese Überzeugung hatte jedoch Petrus nicht aus den Worten und Taten Christi, noch aus dem eigenen Denken heraus gewonnen. Sie war ihm durch eine Offenbarung Gottes eingegeben worden: ‘Nicht Fleisch und Blut hat dir das geoffenbart, sondern mein himmlischer Vater’ (Matth. 16, 17).

 

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Die Verbindung Jesu mit der Geisterwelt

 

Über den Weg, auf dem Christus die Offenbarungen Gottes zuflossen, habe ich dir bereits einige Andeutungen gegeben. Doch möchte ich noch näher darauf eingehen, weil es zum vollen Verständnis des Lebens und Wirkens Christi erforderlich ist. Dabei wirst du erkennen, daß auch in diesem Punkte bei Christus nichts vollständig Neues und nie Dagewesenes in Erscheinung trat.

 

Du brauchst dir bloß zu vergegenwärtigen, auf welche Weise Gott früher seinen Werkzeugen die erforderlichen Offenbarungen und Aufträge zukommen ließ. Wie machte er es bei Abraham, Isaak und Jakob? Wie bei Mose und Josua? Wie bei den Richtern, Königen und Propheten? Wie bei Zacharias, Maria und Josef? Nun, auf dieselbe Weise vollzog sich alles auch bei Christus. Hierin hatte er also vor den bisherigen Gesandten und Werkzeugen Gottes nichts voraus. Gott ließ mit ihm, wie mit allen anderen, seine Geisterwelt in Verkehr treten und durch sie alles vermitteln, dessen Christus zur Erfüllung seiner Aufgabe bedurfte.

 

Die Vorbedingungen für eine Verbindung mit der Geisterwelt waren bei ihm dieselben, wie bei jedem Menschen, mit dem Geister in Verkehr treten. Daß seine mediale Veranlagung eine besonders große war, ist natürlich. Denn bei ihm handelte es sich um den höchsten und reinsten der von Gott geschaffenen Geister in menschlicher Verkörperung. Die innere Sammlung und geistige Versenkung, von der ich dir bei den Belehrungen über die Ausbildung der Medien sprach, war bei Christus in einem Grade vorhanden, wie sie in dieser Stärke noch von keinem Menschen erreicht worden ist.

 

Auch hatte niemals ein menschliches Medium die Reinheit des körperlichen Ods, wie Christus sie besaß. Bei ihm waren daher die Vorbedingungen für eine Verbindung mit den Geistern Gottes in einem Umfange gegeben, wie sie von keinem anderen Menschen je erreicht werden können.

 

Christus hatte die größte Aufgabe für das Reich Gottes zu lösen, die je einem Menschen zugeteilt war. Daher mußte Gott ihm auch die Geister in reicher Fülle zusenden, nicht bloß reich an Zahl, sondern auch an Kraft und Fähigkeit.

 

Zu ihm traten die Geister der Stärke, um ihm neue Kraft zu verleihen, wenn er die eigene Kraft im Kampfe gegen die bösen Mächte erschöpft hatte. Oft waren in ihrer Begleitung Geister der Hoffnung, der Freude und des Seelenfriedens. Dann wieder traten Kampfengel der Legion Michaels an seine Seite, wenn Satan seine Legionen aufbot, um Jesus zu Fall zu bringen und die Gewalt seines Angriffes jede menschliche Widerstandsfähigkeit zu übersteigen drohte.

 

Geister der Wahrheit und der Erkenntnis traten bei ihm in Tätigkeit, wenn er über die Lehren unterrichtet werden sollte, die er als Wort Gottes dem Volke zu verkünden hatte oder wenn er selbst über persönliche Fragen und Aufgaben Aufklärung erhalten sollte. Geister der Weisheit zeigten ihm den rechten Weg zur Ausführung seiner Einzelaufgaben. Aber auch nur dann, wenn er die eigenen Geisteskräfte bis zum äußersten angespannt hatte, ohne das Rechte zu finden.

 

Auch bei ihm galt, was bei jedem anderen Menschen gilt: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Gebrauche zuerst deine eigenen Kräfte, um zum guten Ziele zu kommen, und wenn diese nicht ausreichen, dann erst greift Gott mit Hilfe seiner Geisterwelt ein. Gott wirft das Gute und den Sieg des Guten niemandem in den Schoß. Er verlangt, daß jeder zunächst seine persönlichen Kräfte voll ausnutzt. Auch von Christus verlangt er dies.

 

Handelte es sich um die Heilung von Kranken, dann waren es die Geister der Heilkraft, die in seinen Dienst traten, sofern die ihm eigene natürliche Heilkraft nicht ausreichte, das kranke Od des Leidenden gesund zu machen. Seine überaus große persönliche Heilkraft war in sehr vielen Krankheitsfällen stark genug, die Heilung herbeizuführen, ohne daß Geister der Heilung in Tätigkeit zu treten brauchten.

 

Doch heilte Christus nicht alle, die geheilt sein wollten. Bei manchen ist die Krankheit eine Strafe Gottes, die der Kranke eine kürzere oder längere Zeit zu tragen hat. Durch die Gabe des Hellsehens oder Hellempfindens erkannte Christus in jedem Falle, ob eine Heilung erfolgen sollte oder nicht. Auch war der Glaube an Gott und Christus als den Gottgesandten die Vorbedingung jeglicher Heilung.

 

Auch blieben nicht alle geheilt. Manche fielen wieder in ihr früheres Leiden zurück, sobald sie dem Glauben an Gott und Christus wieder untreu wurden. Denn die Heilungen sollten ja in erster Linie eine Beglaubigung der Wahrheit sein, die Christus verkündigte.

 

Bei den durch Christus gewirkten ‘Totenerweckungen’ muß ich dir etwas sagen, was dich wohl sehr überraschen wird. Bei allen sogenannten ‘Totenerweckungen’, sowohl bei den im Alten Testament erwähnten, als auch bei den von Christus gewirkten, handelte es sich nicht um Menschen, deren Geist bereits ins Jenseits hinübergetreten war. Ein wirklich Toter kann aus dem Jenseits in das Diesseits nicht mehr zurückkehren. Sein Geist kann nicht wieder von dem Körper Besitz ergreifen, den er durch den irdischen Tod verlassen hat.

 

Das ist ein göttliches Gesetz, von dem es keine Ausnahme gibt. Sobald sich ein Geist im Jenseits befindet, ist seine irdische Laufbahn endgültig abgeschlossen. Sein diesseitiges Schicksal ist unwiderruflich entschieden. Ein Mensch kann er alsdann nur wieder auf dem Wege einer neuen Geburt werden.

 

In allen Fällen, in denen Christus Menschen zum Leben erweckte, handelte es sich um solche, deren Geist zwar vom Körper gelöst war, aber noch durch ein ganz schwaches Odband mit dem materiellen Leib verbunden blieb. Dieses Odband war so schwach, daß der ausgetretene Geist weder aus eigener Kraft, noch durch menschliche Wiederbelebungsmittel hätte in den Körper zurückkehren können und infolgedessen der wirkliche Tod durch Zerreißen des Odbandes bald hätte eintreten müssen.

 

Bei Lazarus war dieses Odband so schwach, daß nicht einmal soviel Lebenskraft dem Körper zugeführt werden konnte, als notwendig war, um den Verwesungsprozeß zu verhindern. Weder der Verwesungsgeruch, noch die sogenannten Totenflecken an der Leiche sind also untrügliche Zeichen des wirklichen Todes.

 

Daß es sich bei den Totenerweckungen nur um Scheintote handelte, deutet Christus klar an, als er die Tochter des Jairus ins Leben zurückrief: ‘Das Mädchen ist nicht tot, sondern schläft nur’ (Matth. 9, 24). - Ihr erklärt diese Worte als Scherz. Solche Scherze machte Christus nicht, wenn es sich darum handelte, die Beweise für seine göttliche Sendung dem Volke zu erbringen. Auch bei Lazarus weist er seine Apostel darauf hin, daß es sich bei ihm nicht um einen wirklichen Tod handelte.

 

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Denn als er von seiner Krankheit vernahm, sagte er zu ihnen: ‘Der Zweck dieser Krankheit ist nicht der Tod, sondern sie dient zur Verherrlichung Gottes’ (Joh. 11, 4). - Und als Lazarus nach menschlichem Ermessen tot war, sagte Jesus wiederum: ‘Unser Freund Lazarus ist eingeschlummert und ich gehe hin, ihn aufzuwecken. ’ Als aber seine Apostel ihn nicht recht verstanden und es auch zwecklos erschien, längere Erklärungen darüber abzugeben, die sie doch nicht begriffen hätten, da sagte er: ‘Lazarus ist tot. ’ Damit gebrauchte er zwar nicht die richtige Bezeichnung des Zustandes, in dem sich Lazarus befand; aber es war die einzige, durch die er sich verständlich machen konnte.

 

Denn in diesem Augenblick lag Lazarus bereits im Grabe und wurde von den Menschen zu den Toten gerechnet. Wäre es der wirkliche Tod gewesen, dann hätte Christus nicht einige Tage vorher sagen können, daß der Zweck der Krankheit des Lazarus nicht sein Tod sei. Auch hätte er nach der Grablegung nicht die Worte gebrauchen dürfen: ‘Unser Freund ist eingeschlummert. ’ In beiden Fällen sprach Christus die Wahrheit, da es sich tatsächlich nicht um den wirklichen Tod handelte, sondern um einen ‘Scheintod’.

 

Aber deswegen ist die Tat der Auferweckung um nichts verkleinert. Denn sie konnte nicht durch menschliche Kräfte herbeigeführt werden, sondern nur durch die Kraft Gottes. So war es bei allen Totenerweckungen Christi. Menschenkräfte versagten hier vollständig. Die Geister Gottes griffen ein. Sie vollendeten alles, was den Wiedereintritt des Geistes in den Körper ermöglichte. Christus nahm die Arbeit der Geisterwelt hellsehend wahr, und auf sein Wort trat dann der Geist des Scheintoten wieder in seinen Körper zurück und der Scheintote wachte auf.

 

Ihr Menschen denkt nicht daran, daß sich derartige Wirkungen nach gottgegeben Gesetzen vollziehen. Das gilt nicht nur von den Totenerweckungen, sondern von allen wunderbaren Taten Jesu. Als er Wasser in Wein verwandelte, war es ebenfalls die Geisterwelt Gottes, die dies vollführte. Darum konnte auch Christus diese Verwandlung nicht in dem Augenblick vornehmen, als seine Mutter es wünschte. Seine Stunde war deswegen noch nicht gekommen, weil die dazu erforderliche Arbeit der Geisterwelt noch nicht beendet war.

 

Auch die Arbeit der Geister erfordert Zeit. Weil ihr diese Vorgänge nicht versteht, darum ist euch auch der Sinn mancher Worte nicht klar, die euch die Bibel berichtet, und ihr übersetzt sie deswegen falsch in eure Sprachen. So enthält auch der biblische Bericht über die Auferweckung des Lazarus einen Satz in eurer Übersetzung, der euch ganz unverständlich sein muß. Er lautet: ‘Als nun Jesus sah, wie Maria weinte und wie auch die Juden laut weinten, die mit ihr gekommen waren, fühlte er sich im Geiste entrüstet und erregte sich’(Joh. 11, 33). Andere übersetzten: ‘Er ergrimmte. ’ Warum sollte denn Christus ergrimmen oder entrüstet sein, wenn er Schwestern und Freunde eines Toten weinen sieht? -

 

Nein, es heißt: ‘Ein Schauer befiel seinen Geist und er fühlte sich erschüttert. ’ Denn wenn Geister an euch herantreten und ihre starke Odstrahlung auf euch wirken lassen, dann fühlt ihr einen Schauer euch durchrieseln, so daß ihr euch schüttelt. Es ist ein wohltuender Schauer, wenn es gute Geistwesen sind, die auf euch einwirken und ein unangenehmes Gefühl, wenn die Einwirkung von einem niedrigen Geistwesen herrührt. Ein solcher Schauer rann auch durch Christus. Es waren die gewaltigen Odstrahlungen der Geister, die ihn umgaben und die ihm die Kraft zuströmten, die er als Schlußstein der Geisterarbeit durch seinen lauten Ruf: ‘Lazarus, komm heraus!’ auf den Scheintoten wirken ließ.

 

Solche ‘Totenerweckungen’ konnte Christus nur dann vornehmen, wenn er durch die Boten Gottes erfahren hatte, daß es der Wille Gottes sei. Denn alle Zeichen der Krafterweise Gottes erfolgen nur dann, wenn sie zur Verbreitung des Reiches Gottes oder zur Bestätigung seines Gesandten und seiner Lehre in besonderer Weise dienlich waren.

 

Christus sprach in der Öffentlichkeit nie über seine Verbindung mit der Geisterwelt Gottes. Nur wenn er sie erwähnen mußte, tat er es. So sagte er zu den Juden, die ihm vorwarfen, daß er durch das Böse die Geister aus den Besessenen austreibe, er treibe die bösen Geister durch einen Geist Gottes aus. ‘Wenn ich aber die bösen Geister durch einen Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes schon zu euch gekommen’ (Matth. 12, 28).

 

Mit dem höchsten Grade des Hellsehens, wie es Jesus eigen war, hing auch die Gabe zusammen, den geistigen Zustand eines Menschen zu erkennen und dessen Gedanken zu sehen. Es gab zu allen Zeiten Menschen, die eine ähnliche Gabe besaßen. Eure Zeit versteht das nicht und weiß vor allem nicht, daß es sich auch hierbei um ewig gültige Gesetze handelt, nach denen derartige Erscheinungen auftreten.

 

Auch bei Christus vollzog sich alles nach diesen Gesetzen. Ihnen trug er auch dadurch Rechnung, daß er Ort und Stunde für den Geisterverkehr so wählte, daß die Vorbedingungen dafür möglichst günstig waren. Er, der seine Anhänger aufforderte, das stille Kämmerlein zum Gebete aufzusuchen, ging selbst auf belaubte Höhen in den kühlen Abend- und Nachtstunden. Denn Licht und Wärme und der Lärm des Tages sind der für den Geisterverkehr notwendigen Odgestaltung sehr nachteilig. Darum wählte er die Einsamkeit des Waldes oder Gartens und das Dunkel und die Kühle der Nacht.

Auch alles, was Christus von der Zukunft voraussagte, wußte er nur aus seiner Verbindung mit den Geisterboten seines Vaters.

 

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Die früheren Gottgesandten und die Geisterwelt

 

Ihr pflegtet bisher die Wunder und Weissagungen Jesu als Beweis für seine Gottheit anzusehen. Dabei begingt ihr einen großen Trugschluß. Ihr verwechselt den Wirkenden mit dem Werkzeug. Der Wirkende ist Gott. Das sichtbare Werkzeug seines Wirkens kann jedes Wesen sein, während die unsichtbaren Werkzeuge die dem Betreffenden Wesen beigegebenen Geister Gottes sind. Wenn ihr nur ein wenig nachdenken würdet, so müßtet ihr dies von selbst finden.

 

Wenn du über die ‘Gottheit Christi’ predigtest und sie mit seinen Wundern und Weissagungen zu beweisen suchtest, kam dir da nicht in den Sinn, einmal einen Vergleich mit den früheren Gottgesandten anzustellen? Haben diese nicht ähnliche Wunderzeichen gewirkt, wie Christus? Waren die Wunder des Mose denn geringer, als die Wunder Jesu? War die Verwandlung des Stabes in eine Schlange, des Wassers in Blut, die Tötung der ägyptischen Erstgeburt, der Durchgang durch das Rote Meer, das Hervorbringen von Trinkwasser durch einen Schlag seines Stabes und viele andere Zeichen des Mose etwas Geringeres, als die durch Jesus bewirkte Verwandlung des Wassers in Wein, das Wandeln auf dem Meere und die Stillung des Meeressturmes?

 

Dann müßtet ihr ja auch Mose als Gott ansehen, wenn ihr in dem, was Jesus tat, einen Beweis für seine Gottheit erkennen wollt. Und wurden nicht durch viele Menschen, die Werkzeuge Gottes waren, Kranke geheilt und ‘Tote’ erweckt? Dann mußten auch sie alle Gott gewesen sein. Dann waren Josua, Elia, Elisa und die übrigen großen Propheten Gottes ebenfalls Gott. Dann waren auch die Apostel Gott, da sie ja dieselben Wunderzeichen wirkten, wie Christus und gemäß seinen Worten noch Größeres wirken sollten, als er selbst.

 

Ihr könnt keine Wunder Jesu angeben, die nicht in gleicher oder ähnlicher Weise von anderen Menschen als Gesandten Gottes gewirkt worden sind. Ihr verkennt vollständig den Zweck, den die Wunderwerke nach den Absichten Gottes bei seinen Gesandten haben. Ihr bedenkt zu wenig, daß Gott seine Werkzeuge durch solche außergewöhnliche Taten beglaubigen muß, bevor er von den Menschen verlangen kann, daß sie jene Werkzeuge als von Gott beauftragt anerkennen. Alle Gesandten Gottes haben bei Erfüllung ihres Auftrages von der Menschheit Schweres zu erdulden gehabt. Alle hatten einen bitteren Leidensweg zu gehen. Sie waren die Gefäße, in denen Gottes Licht und Wahrheit leuchtete.

 

Aber die im Banne der Finsternis liegenden Menschen konnten das Licht nicht vertragen. Es schien ihnen zu hell in ihre von Sünden kranken Augen. Sie wandten sich von dem Lichte ab und suchten die menschlichen Gefäße zu vernichten, die als Leuchter für das Licht Gottes dienten. So war es zu allen Zeiten. So ist es auch heute und so wird es so lange bleiben, als es sündenkranke Menschenaugen gibt, die es schmerzt, wenn ihnen das Licht der Wahrheit vorgehalten wird. Die bösen Mächte und die von ihnen geknechteten Menschen hassen das Licht und die Lichtträger und bieten ihre ganze Kraft zum Vernichtungskampfe gegen sie auf.

 

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Die Leiden Jesu in seiner Bedeutung für die Erlösung

 

Wie furchtbar mußte daher vor allem auch das Wüten sein, das gegen den größten Lichtträger, der je zur Erde kam, von seiten des Bösen einsetzte, um ihn unschädlich zu machen! Wie bitter mußte der Leidensweg werden, den Christus zu gehen hatte!

 

Das, was Christus innerlich unter den Anfechtungen des Bösen zu erdulden hatte, entzog sich den Augen der Menschen. Darum berichtet auch die Bibel nichts darüber. Sie bringt bloß die so wenig sagende Erzählung von der Versuchung Jesu in der Wüste. Und doch waren diese Angriffe Satans so furchtbar, daß alle früheren Gottgesandten zum Abfall von Gott gebracht worden wären, wenn Gott den Höllenmächten gestattet hätte, mit solcher Stärke gegen sie vorzugehen, wie er es ihnen bei Jesus erlaubte.

 

Aber auch die körperlichen Leiden, die er bis zu seinem letzten Atemzug am Kreuze zu erdulden hatte, waren derart, daß ihnen die anderen Gottgesandten, vor allem in Verbindung mit den gleichzeitigen Seelenqualen, nicht hätten standhalten können. Für Christus hatte sein Leidensweg allerdings eine wesentlich höhere Bedeutung, als für die anderen Propheten Gottes. Für diese war mit dem Abschluß ihres Menschenlebens ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie Gott treu blieben.

 

Für Christus war sein menschliches Leiden jedoch bloß die Erfüllung eines Teiles seiner Aufgabe. Den Hauptteil dieser Aufgabe hatte er nach seinem irdischen Tode als Geist durch einen Sieg über die Mächte der Finsternis zu lösen. Der Kreuzestod war bloß die Vorbedingung für diesen Sieg. Zwar nicht der Kreuzestod als solcher, sondern das Ertragen des Kreuzestodes, ohne dadurch zum Abfall von Gott gebracht zu werden. Christus hätte ja, schon am Kreuze hängend, noch im letzten Augenblick an Gott verzweifeln und dem Bösen verfallen können.

 

Dann wäre er zwar auch am Kreuze gestorben, aber als ein von Satan Besiegter und von Gott Abgefallener. Bis dahin stand er in der Verteidigung gegen das furchtbare Trommelfeuer höllischer Angriffe. Wäre Christus diesen Angriffen erlegen, dann wäre alles zu Ende gewesen. Der Erlösungsversuch war gescheitert und Christus war der Gefangene des Fürsten der Finsternis.

 

Konnte jedoch Christus weder durch die seelischen Anfechtungen noch durch die furchtbarsten körperlichen Leiden als Mensch von den Höllenmächten niedergekämpft werden, dann begann im Augenblick des irdischen Todes Jesu der zweite Teil des Befreiungskampfes. Er, der als Mensch in der Verteidigung gegen die Höllenmächte stand, ging nun als Geist zum Angriff gegen sie vor, um den endgültigen Sieg über sie zu erringen. Er stieg zum Entscheidungskampf in die Hölle hinab. ‘Abgestiegen zu der Hölle!’

 

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Jesu letzte Leidensstunden

 

Doch möchte ich zunächst noch bei dem ersten Teil dieses wichtigsten Kampfes, der je ausgefochten wurde, etwas länger verweilen. Ich möchte mit dir die menschlichen Leidensstunden Christi durchgehen, die ihr die ‘Passion’ nennt. Ihr Menschen würdigt ja viel zu wenig das unsagbare Leiden, das dieser gottgesandte Kreuzträger zu eurer Rettung erdulden mußte.

 

Am Abend vor seinem Tode befand er sich mit seinen Jüngern im Abendmahlssaale. Das Ostermahl, das er mit ihnen hielt, war zugleich sein Abschiedsmahl. Aber wer vermag den Seelenschmerz zu ermessen und nachzuempfinden, der ihn hier durchzitterte! - Er wußte durch die Geisterboten Gottes, daß bereits alle Vorbereitungen zu seiner Gefangennahme und beschleunigten Hinrichtung getroffen waren. Er wußte, daß einer seiner Jünger Verhandlungen mit den Hohen Priestern geführt und sich gegen einen Verräterlohn von 30 Silberlingen bereiterklärt hatte, ihnen seinen Meister in die Hände zu liefern.

 

Und dieser Verräter lag in diesem Augenblick mit ihm an demselben Tisch. Sie saßen nämlich nicht, wie ihr annehmt und eure Bilder es darstellen, an einem langen Tisch, sondern lagen auf Tierfellen, deren Köpfe zu einem Ruhepolster erhöht waren, zu je drei an kleinen niedrigen Tischchen, mit dem einen Arm sich auf das Polster stützend und mit dem anderen die Speisen essend, die vor ihnen standen. Mit Christus zusammen an demselben Tischchen lagen Johannes und Judas: Johannes zu seiner Linken mit seinem Haupt nahe an der Brust des Meisters, an der anderen Seite Judas. Dieser wagte nicht, seine Augen zum Meister zu erheben und sehnte sich nach dem Augenblick, wo er unauffällig den Saal verlassen konnte.

 

Wie schnitt es dem Meister ins Herz, diesen seinen Jünger als Verräter vor sich zu sehen, dessen furchtbaren Tod er vorauswußte. ‘Es wäre ihm besser, wenn er nicht geboren wäre. ’- Jesu Augen füllten sich mit Tränen, als er ihn immer wieder anschauen mußte. Sein Herz hing mit Liebe auch an diesem verlorenen Bruder. Vor seinem Geist stieg das Bild auf, das schon nach wenigen Stunden Wirklichkeit werden sollte: Judas in Erkenntnis seiner Freveltat mit Verzweiflung im Herzen und einem Strick in der Hand vor dem Baume stehend, an dem er sich erhängte, und neben ihm Luzifer, um den Geist des von ihm Verführten mit sich in die Tiefe zu nehmen. - Der Meister schüttelte sich vor Entsetzen bei diesem Bilde.

 

Und die anderen Apostel? Werden sie ihm in seinen schweren Marterstunden tröstend und helfend zur Seite stehen? Er sah den Schicksalsfilm der nächsten zwölf Stunden sich vor seinem geistigen Auge abrollen. Er sah sie alle von ihm fliehen aus Angst für das eigene Leben, sah einen Petrus in Todesangst zitternd vor einer Türhüterin stehen und die Zugehörigkeit zu seinem Meister unter einem Eidschwur ableugnen.

 

Er sah die Teufel sich schon an der Tür des Abendmahlsaales drängen, um seine Jünger beim Verlassen des Saales in Empfang zu nehmen und sie in dieser Nacht an ihrem Meister irre werden zu lassen, damit sie dem für den Tod Bestimmten keine Stütze sein und ihm keinen Beistand leisten könnten. - ‘Satan hat verlangt, euch sieben zu dürfen wie den Weizen. ’ Warum hatte Satan dies verlangt? - Jetzt erst hatte er durch eine Offenbarung Gottes erfahren, was bei diesem Entscheidungskampfe für ihn auf dem Spiele stand.

 

Die Gerechtigkeit Gottes war es Luzifer schuldig, ihn nicht länger darüber im unklaren zu lassen, daß es sich in dem nun beginnenden Kampfe zwischen ihm und Christus um die Herrscherrechte der Hölle über die gefallenen Geister handle. Gott offenbarte ihm, daß Christus, falls er in dem nun beginnenden Todesleiden standhaft bliebe, nachher als Geist im Verein mit den himmlischen Legionen gegen die Hölle zum Angriff schreiten, ihn - den Fürsten der Hölle - besiegen und ihm einen wesentlichen Teil seiner Herrscherrechte entziehen werde.

 

Satan erbebte bei dieser Kunde. Nun verlangte er von derselben Gerechtigkeit Gottes, die ihm einst das unbeschränkte Recht über die gefallenen Geister eingeräumt hatte, für den Entscheidungskampf vollständige Neutralität von seiten Gottes. Gott sollte seine Hand von Jesus wegziehen und ihm auch keine menschliche Hilfe gewähren, andererseits aber der Hölle in allem freie Hand lassen. Würde Gott dieser Forderung nachgeben, so hoffte Luzifer bei Anspannung aller seiner Kräfte diesen Jesus von Nazareth im letzten Augenblick doch noch mürbe machen und zur Verzweiflung treiben zu können.

 

Gott erfüllte das Verlangen Satans mit der einzigen Ausnahme, daß er sich eine Stärkung der rein körperlichen Lebenskraft Jesu vorbehielt. Denn ohne diese Stärkung wäre Christus schon im Garten Gethsemane gestorben, und sein Leidensweg hätte sich nicht vollenden können.

 

Alles seelische und körperliche Leid der Erde sollte nach dem Verlangen Luzifers auf wenige Stunden zusammengedrängt über dem Haupte seines Gegners zusammenschlagen und gleichzeitig die Hölle mit ihrer ganzen Macht auf ihn und seine Getreuen eindringen dürfen. So sollte dem Alleinstehenden, vom eigenen Jünger Verratenen, von den übrigen im Stich Gelassenen und ohne Hilfe Gottes der Hölle Preisgegebenen das Ende eines Judas bereitet werden.

 

Schon jetzt, als Jesus nach dem Weggang des Judas Brot und Wein als Sinnbild seines Sterbens den Aposteln darreichte und die Abschiedsworte an sie richtete, da blutete sein Herz aus tausend Wunden. Er war Mensch, wie ihr und hatte auch in dieser und den folgenden Stunden vor anderen Menschen nichts voraus. Im Gegenteil, ihm fehlte überdies noch alles das, was sonst den Menschen in ihren Leidensstunden als Quelle des Trostes und der inneren Aufrichtung zu dienen pflegt.

 

Nun geht er in die dunkle Nacht hinaus zum Garten Gethsemane. Die Nacht ist keines Menschen Freund, vor allem keines leidgequälten. Die Jünger, an denen schon die bösen Geistermächte am Arbeiten sind, gehen in banger Erwartung der Dinge, die da kommen sollen, schweigend neben ihm her. Auch er schweigt unter dem Drucke tiefster Seelenqual.

 

Im Garten, an der einsamen Stelle, die er sich für sein Gebet um Stärke auswählt, wartet schon Luzifer mit seinen stärksten Höllenmächten, um den Kommenden mit vereinten Kräften seelisch niederzuringen. Jetzt ist ja die Stunde, die Gott dem Fürsten der Finsternis zugebilligt hat.

 

Menschliche Worte vermögen das nicht wiederzugeben, was die Hölle in dieser einen Stunde an Schrecknissen über ihr Opfer ausgegossen hat. Wie einst derselbe Luzifer bei der Versuchung in der Wüste diesem Menschensohn alle Reiche der Welt in ihrer Herrlichkeit zeigte, um ihn damit zum Abfall zu verlocken, so führt er ihm jetzt zu demselben Zwecke das Furchtbarste und Häßlichste vor Augen, das es in dieser Menschheit gibt.

 

Er läßt die Gott lästernde und dem Bösen verfallene Menschheit in allen Einzelbildern des Unglaubens und Lasters an seinen Augen vorüberziehen. Bild folgt auf Bild ... grauenhaft! Dann zeigt er Jesus die angeblichen ‘Früchte’ seiner vieljährigen Tätigkeit unter dem jüdischen Volke als dem Volke Gottes, zeigt hohnlachend auf seine Jünger, von denen der eine als Verräter mit einer Horde im Anzug ist, während die anderen nicht weit von ihm liegen und schlafen und in dieser qualvollen Stunde kein liebes Wort für ihren Meister finden und nicht eine Stunde mit ihm wach bleiben können. ‘Und für eine solche Menschheit willst du zur Besiegelung deiner Lehre sterben?’, hört er Luzifer höhnen.

 

‘Für diese Menschheit, die deinen Vater verlästert und dich als eine Narren verhöhnen wird, wenn du dein Leben für solche Verbrecher hingibst. - Und wie wirst du sterben?’ Und nun dreht er den Leidensfilm vor dem hellsehenden Auge seines an allen Gliedern zitternden Opfers: die Gefangennahme, die Flucht der Jünger, die Verleugnung des Petrus, das blutdürstige Geheul jenes Volkes, das ihm noch vor wenigen Tagen das Hosanna zugerufen, das Todesurteil, die Geißelung, die furchtbaren Mißhandlungen, die Dornenkrönung, den Kreuzweg, die Kreuzigung alles in den schauerlichsten Bildern, nur um ihn zu einem seelischen Zusammenbruch und zur Verzweiflung zu bringen.

 

Und gleichzeitig hämmerten die Geister der Trostlosigkeit und der Verzweiflung die entsetzlichsten Gedanken in den Geist dieses von allen Verlassenen. Seine Pulse rasten, sein ganzer Leib erzitterte im höchsten Fieberschauer, das Herz drohte zu zerspringen. Todesangst befiel ihn, und mit dem Angstschweiß wurden auch Blutstropfen durch die Poren hindurchgepreßt und rannen zur Erde. Die Jünger schliefen, während sich das Furchtbare bei ihrem Meister abspielte.

 

Die Bilder der Leidensgeschichte Jesu hat eure Bibel in wenigen Strichen gezeichnet, die euch das wirkliche Erleben dessen nicht nahebringt, was an seelischen und körperlichen Martern dem Erlöser bereitet worden ist. Auch sind manche der schlimmsten Qualen in eurer Bibel überhaupt nicht erwähnt. So sind die entsetzlichen Stunden mit Stillschweigen übergangen, die Jesus in den unterirdischen Kellern der Statthalterei hat zubringen müssen.

 

In diese nassen, von den abscheulichsten Tieren wimmelnden dumpfen Verließe hatten die Soldaten Jesus nach seiner Geißelung, Dornenkrönung und Verhöhnung geschleppt, nachdem sie vorher die zahllosen tiefen Wunden des von den Geißelhieben zerfetzten Leibes voll Salz gestreut und ihm die Hände gebunden hatten, damit er sich nicht durch Entfernung des Salzes eine Linderung der unmenschlichen Qualen verschaffen konnte.

 

Nie hat ein Mensch eine solche Marter zu erdulden gehabt, wie dieser menschgewordene Gottessohn. Die Hölle hat durch ihre irdischen Werkzeuge bei ihm das Äußerste versucht, weil sie ihn als den größten Gegner erkannte, der auf die Erde kommen konnte. Aber das, was sie ihm an leiblichen Schmerzen bereitete, kam dem nicht gleich, was er an seelischen Leiden zu tragen hatte. Und zwar lasteten die körperlichen und seelischen Qualen gleichzeitig auf ihm. Dazu fehlten ihm bis zum letzten Augenblick jeder menschliche Trost und, was noch schlimmer war, auch jede göttliche Hilfe.

 

Gott zog seine stärkende Hand von ihm weg und überließ ihn hilflos den Mächten der Hölle. Der Schrei des am Kreuze mit dem Tode Ringenden: ‘Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?’ verrät die ganze Größe dessen, was er im Augenblick höchster irdischer Qual an tiefster innerer Verlassenheit zu erdulden hatte. Satan sollte nicht sagen können, er habe diesen Menschen deshalb nicht zu besiegen vermocht, weil ihm von anderer Seite zu viel Hilfe zuteil geworden sei. Er sollte bekennen müssen, daß er einen sich selbst überlassenen Menschen trotz der größten geistigen und leiblichen Folterqualen, die er ihm bereitete, nicht zum Abfall von Gott hatte bewegen können.

 

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Fehler in der Bibel in Bezug auf die Kreuzigung Jesu

 

Es ist unrichtig, wenn eure Bibel berichtet, daß unter dem Kreuze die Mutter Jesu mit Johannes gestanden habe. Auch dieser äußere Trost war ihm versagt. Von allen, die ihn am meisten liebten, war keiner bei der Kreuzigung anwesend. Sie hätten den Anblick nicht ertragen können. Oder wo wäre eine menschliche Mutter, die zusehen könnte, wie ihr Kind ans Kreuz genagelt wird. Und dazu soll nach eurer Annahme Maria unter dem Kreuze sogar gestanden haben. Wäre sie dort gewesen, so hätte sie sicherlich nicht gestanden, sondern wäre ohnmächtig zusammengebrochen.

 

Darum ist es auch unrichtig, daß Jesus vom Kreuze herab zu seiner Mutter und zu Johannes die Worte gesprochen haben soll: ‘Mutter, siehe deinen Sohn - Sohn, siehe deine Mutter!’ - Wohl hat er ähnliche Worte an seine Mutter und an Johannes gerichtet, als er nach dem von Pilatus verkündeten Todesurteil aus der Statthalterei heraustrat und seine Mutter und Johannes im tiefsten Seelenschmerz sich an ihn klammerten, bis die Soldaten sie wieder von ihm wegrissen. Zur Gerichtssitzung waren Mutter und Jünger gekommen.

 

Die Mutter hatte immer noch auf einen günstigen Ausgang gehofft. Sie mußte immer wieder an das Opfer Abrahams denken, dessen Sohn Gott auch noch im letzten Augenblick, als schon das Schlachtmesser gezogen war, vor dem Tode bewahrte. Auch bei euch bleibt keine Mutter von der Gerichtssitzung fern, bei der es sich um Leben und Tod des Kindes handelt. Aber auch keine Mutter geht mit auf den Richtplatz, um zu sehen, wie ihr Kind hingerichtet wird. Der Anblick seiner vor Schmerz und Entsetzen taumelnden Mutter schnitt Jesus tief in die Seele.

 

Er wollte sie der Qual, das Leiden ihres Sohnes mitanzusehen, nicht länger aussetzen. Darum bat er Johannes, sie mit sich in sein Haus zu nehmen, bis alles vorüber sei, und er redete seiner Mutter liebevoll zu, mit Johannes zu gehen und Gott um Stärke in dieser schweren Stunde zu bitten. Denn was jetzt mit ihm geschehe, sei der Wille seines himmlischen Vaters. Sie werde ihn nach drei Tagen wiedersehen.

 

Johannes kam dem Wunsche des Meisters nach und brachte diese mit tausend Schmerzensschwertern durchbohrte Mutter, die sich nur mit äußerster Kraftanstrengung aufrecht halten konnte, in seine Wohnung. Er nahm sie nicht von dieser Stunde an zu sich, wie eure Übersetzung lautet, sondern er nahm sie aus dieser qualvollen Stunde heraus mit sich in sein Haus. Dorthin kamen nach und nach alle Getreuen Jesu. Später, als man annehmen konnte, daß die Kreuzigung vorüber sei, gingen einige, darunter auch Maria Magdalena, an einen Platz, von wo aus sie die Kreuzigungsstätte sehen konnten und berichteten nachher den Tod Jesu.

 

Die Mutter Jesu blieb bei Johannes nur so lange, als sie in Jerusalem weilte. Nachher ging sie wieder nach Nazareth. Dort waren ja ihre anderen Kinder und dort hatte sie ihr Heim. Selbstverständlich ging sie oft nach Jerusalem zu den Aposteln, solange diese dort wohnten, besonders zu Johannes.

 

Wie Christus während seines Lebens durch die Kraft Gottes als Gottgesandter bestätigt wurde, so auch in seinem Tode. Die Sonne verfinsterte sich drei Stunden lang. Es war keine natürliche Finsternis, sondern eine durch Gottes Kraft bewirkte. Und in dem Augenblick, wo Christus seinen Geist aufgab, zerriß der Vorhang des Tempels von oben bis unten zum Zeichen, daß die Scheidewand zwischen dem Reiche Gottes und dem Reiche Satans durch den Tod Jesu gefallen sei. -

 

Die Erde erbebte und die Felsen zersprangen. Aber was eure Bibel im Matthäus-Evangelium berichtet, daß nämlich die Toten aus den Gräbern gekommen und vielen in Jerusalem erschienen seien, ist eine Fälschung eines ursprünglich richtigen Textes. Dieser lautete: ‘Da zerriß der Vorhang im Tempel von oben bis unten in zwei Stücke, die Erde erbebte, die Felsen zersprangen, die Gräber wurden auseinandergerissen und viele Leichen der Entschlafenen wurden herausgeschleudert. Viele, die aus der Stadt herausgekommen waren, konnten die Leichen dort liegen sehen. ’

 

In diesem richtigen Text wird also der ganz natürliche Vorgang berichtet, daß durch die Erdstöße die in die Felsen gehauenen Grabkammern auseinandergerissen und die Leichen an die Oberfläche geschleudert wurden. Da nun viel Volk zu dem Schauspiel der Kreuzigung aus der Stadt herausgeströmt war, konnten diejenigen, die an den auseinandergesprengten Grabstätten vorbeikamen, die herausgeschleuderten Leichname dort liegen sehen.

 

Hier hast du wieder eines von den zahlreichen Beispielen, wie man in der Vergangenheit die Heiligen Urkunden aus ganz bestimmten Absichten fälschte. Man hatte die falsche Lehre aufgestellt, daß auch die irdischen Leiber der Menschen später wieder auferstehen würden. Um für diese Lehre in der Bibel eine Beweisstelle zu schaffen, hat man außer anderen Stellen auch diese Bibelstelle gefälscht, indem man folgende Änderungen an dem richtigen Text vornahm:

 

Anstatt der Worte: ‘Die Leichen der Entschlafenen wurden herausgeschleudert’ setzte man die Worte: ‘Die Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt. ’ Das Wort ‘Heilige’ mußte man schon deshalb hinzufügen, weil man nicht sagen durfte, daß auch die Leiber unheilig Verstorbener beim Tode Christi auferweckt wurden. - Aber eine noch größere Schwierigkeit hatte man bei dieser Fälschung zu überwinden. Es wäre nämlich nach der Lehre der Kirche nicht möglich, daß Leiber von Verstorbenen auferstehen konnten, noch bevor Christus auferstanden war.

 

Denn Christus stand ja als erster von den Toten auf. Darum setzte man hinzu: ‘Sie kamen nach dessen Auferstehung in die Heilige Stadt und erschienen vielen. ’ Die Fälscher haben sich dabei nicht überlegt, daß vorher ausdrücklich gesagt war, daß die Leiber der Verstorbenen schon am Karfreitag auferstanden sind, also drei Tage vor der Auferstehung Christi. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie am Karfreitag oder am Ostersonntag den Leuten in Jerusalem erschienen sein sollen.

 

Und dann - wo haben sich denn diese schon am Karfreitag angeblich auferstandenen Leiber während der nächsten Tage aufgehalten? Und wo sind sie nach dem Ostersonntag hingegangen? Sind sie wieder in die Gräber zurückgekehrt oder was ist aus ihnen geworden? - Es ist merkwürdig, daß den drei anderen Evangelisten nichts von dieser Auferstehung von Leibern der Toten am Karfreitag bekannt ist. Aber auch Matthäus hat in Wirklichkeit nichts dergleichen berichtet, wie du aus meinen Richtigstellungen ersiehst.

 

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Christi Abstieg in die Hölle und sein Sieg

 

Christus war tot. Sein Geist hatte sich im irdischen Sterben von der materiellen Hülle getrennt. Als Mensch war er allen Angriffen der Hölle gegenüber standhaft geblieben. Somit hatte er den ersten und wichtigsten Teil seiner Messias-Aufgabe gelöst. Er war von der Hölle nicht besiegt worden. Damit war er selbst aber noch nicht Sieger über den Feind, dem er standgehalten hatte. Denn wenn zwei miteinander kämpfen und der eine wehrt alle Angriffe des anderen ab, dann ist er damit noch nicht Sieger. Um den Sieg zu erlangen, muß er den anderen angreifen und ihn niederringen, so daß jener sich für besiegt erklärt.

 

So war es auch bei Christus. Als Mensch hatte er alle Angriffe seines gewaltigen Gegners abgeschlagen. Das war alles, was er als Mensch tun konnte. Jetzt aber, wo er frei war vom irdischen Körper, konnte er als Geist auch zum Angriff gegen seinen Feind, den Fürsten der Finsternis, vorgehen. Er stieg hinab zur Hölle im Vertrauen auf die alles überwindende Kraft Gottes, die er sich durch seine Standhaftigkeit in der Gottestreue als Mensch verdient hatte.

 

Gott sandte ihm nun die himmlischen Heerscharen als Kampfgenossen. Es begann ein Ringen, das demjenigen ähnlich war, das sich damals abspielte, als Luzifer mit seinem Anhang gegen die himmlischen Legionen am Tage der großen Revolution im Geisterreiche Gottes kämpfte. Der jetzige Kampf spielte sich im Reiche Satans ab. Es war sowohl ein Einzelkampf zwischen Christus und Luzifer, als auch ein Massenkampf zwischen den himmlischen Legionen und denen der Finsternis.

 

Dieses gewaltige Ringen pflanzte sich fort bis in die tiefsten Sphären der Hölle, wohin Luzifer und sein Anhang zurückweichen mußte. Da, als die Niederlage der Höllenmächte nicht mehr zweifelhaft war, traten auch viele von denen, die bisher ihre Vasallen waren, aber ihren Abfall von Gott bereuten, auf die Seite der himmlischen Heerscharen und kämpften mit diesen zusammen gegen ihre bisherigen Unterdrücker. Und die Zahl der Überläufer wuchs von Sekunde zu Sekunde.

 

Als Luzifer sah, daß alles verloren war, flehte er um Schonung. Er, der einst bei der Versuchung in der Wüste dem Gottessohne die Reiche der Welt angeboten hatte, stand jetzt bebend vor demjenigen, dem er damals den Glauben an die Gottessohnschaft rauben wollte. Jetzt zitterte er bei dem Gedanken, dieser Jesus von Nazareth werde ihm die ganze Herrschaft entziehen, und es sei jetzt der Augenblick gekommen, wo er mit seinem Anhang in die Tiefe der Finsternis eingeschlossen würde.

 

Denn die Weissagung war ihm bekannt, wonach eine Zeit kommen werde, da er als Fürst des Totenreiches mit seinen Höllenmächten in die Tiefe geschleudert, zur vollständigen Ohnmacht verdammt und der Herrschaft über die gefallenen Geschöpfe Gottes beraubt würde.

 

Christus eröffnete ihm jedoch, daß ihm seine Herrscherrechte nicht ganz entzogen, sondern bloß auf die beschränkt würden, die ihm der Gesinnung nach angehörten. Aber die, welche aus seinem Reiche zu Gott zurückwollten, müsse er freigeben. Er dürfe sie nicht mehr als seine Untertanen betrachten. Wohl stehe es ihm frei, sie durch Betörung und Verführung an sich zu fesseln, aber nicht mehr mit Gewalt wie bisher.

 

Satan willigte ein - mußte einwilligen. Er hatte viel härtere Bedingungen erwartet. Die Urkunde seiner Herrscherrechte, die ihm Gott einst ausgestellt, wurde so geändert, wie Christus als Sieger es wollte. Und Gott, in dessen Namen der Sieger die Abmachungen mit Luzifer traf, ist der gerechte und allmächtige Hüter, der die genaue Einhaltung dieses Friedensvertrages garantiert. Seiner Macht ist ja alles unterworfen. Auch die Hölle. Seinen Befehlen müssen auch die gehorchen, die ihm feindlich gegenüberstehen.

 

Damit war das große Rettungswerk der Erlösung zum Abschluß gebracht. Der Erlösungsplan Gottes hatte in seinen wesentlichen Teilen die Verwirklichung gefunden. Die zwischen dem Reiche der Finsternis und dem Reiche Gottes gähnende Kluft war überbrückt. Jeder, der von jetzt an aus der Fremdenlegion Satans nach der alten Heimat Gottes zurückkehren wollte, konnte über diese Brücke gehen. Kein Wächter des Höllenreiches durfte ihm das Überschreiten der Grenzen verwehren.

 

Umjubelt von seinem Geisterheer, zog Christus aus der Residenz Satans hinauf in die Sphäre des einstigen Paradieses. Und die Cherubinen, die seither die Paradiesessphäre bewacht hatten, senkten ihre flammenden Schwerter zum Willkommensgruß vor Christus, ihrem König und Herrn und seinem siegreichen Geisterheer. Hier im Paradies blieben sie bis zu dem Tage, wo Christus an ihrer Spitze in die Himmelsgefilde einzog.

 

Doch während dieser Zeit waren weder Christus noch seine Geisterschar untätig. Es galt, schon von hier aus der ganzen Schöpfung Gottes den Sieg des Erlösers zu verkünden und alle, die guten Willens waren, zur Heimkehr zu mahnen. Besonders die ungeheure Zahl der in den unteren Geistersphären leidenden Geister wurden aufgesucht, belehrt, ermuntert, getröstet und angespornt, sich nun aufzuraffen, um den von Christus eröffneten Weg zum Vaterhaus zu betreten.

 

Christus selbst leitete die Belehrung dieser zahllosen Geschwister, damit schon jetzt möglichst viele den Heimweg fänden. Darauf weist Petrus in seinem Brief mit den Worten hin: ‘Als Geist ist Christus hingegangen und hat den Geistern im Gefängnis die Botschaft gebracht, solchen, die einst ungehorsam gewesen, als Gottes Langmut geduldig zuwartete in den Tagen Noahs, während die Arche hergestellt wurde’ (1. Petrus 3, 19-20).

 

Christus erschien in menschlicher Materialisation denen, die ihm als Menschen am nächsten gestanden und viel Leid mit ihm und um ihn getragen hatten: Seiner Mutter, seinen Aposteln und Freunden.

Da kam der Tag, an dem Christus zu der im Paradies seiner harrenden Geisterschar aufstieg, nachdem er sich von seinen irdischen Freunden verabschiedet und ihnen seine Aufträge erteilt hatte. Es war der Tag seiner Himmelfahrt. Als Sieger zog er an der Spitze eines großen Geisterheeres in das Reich Gottes ein.

 

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Der Rückweg der Erlösten zu Gott

 

Nach der großen Erlösungstat Christi bleibt es nunmehr den von Gott abgefallenen Geschöpfen überlassen, ob sie von der Erlösung Gebrauch machen wollen. Die Gefangenenlager Satans sind durch den Sieg Christi geöffnet. Die Gefangenen können nach ihrer Heimat gehen. Ob sie es tun oder nicht, das hängt von ihnen selbst ab. Christus hat die Brücke zur Heimat gebaut. Aber der Freie Wille des einzelnen muß die Heimkehr bewerkstelligen.

 

Er darf die Mühen nicht scheuen, die mit Zurücklegung des Heimweges verbunden sind. Was haben es sich eure Gefangenen im Weltkrieg nach Friedensschluß kosten lassen, um zur Heimat zu gelangen! Aus den fernsten Steppen Sibiriens wanderten sie mit blutenden Füßen Woche um Woche, um die Grenzen ihres Vaterlandes zu erreichen.

 

So müssen auch die Gefangenen Satans sich aufmachen, um den Weg zu finden, der zur Heimat Gottes führt. Christus steht ihnen in den Strapazen der Heimkehr durch seine Geisterwelt hilfreich zur Seite. Seine Boten zeigen ihnen den Weg, stärken, ermuntern, trösten sie, richten sie immer wieder auf, wenn die Heimkehrenden auf dem Weg ermatten und straucheln. Nur dürfen sie nicht wieder umkehren in die Knechtschaft des Feindes durch Abfall von Gott, sonst dauert es um so länger, bis sie von neuem zu dem Entschluß kommen:

 

‘Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen!’ Doch für jeden wird einmal der Tag kommen, wo er seinen Hunger nach Glück und Frieden nicht mehr an den Trögen des Bösen stillen kann, und er wird endgültig den Heimweg antreten.

 

Die einen brauchen zu diesem Weg nur ein einziges Menschenleben. Andere quälen sich Hunderte, wieder andere Tausende von Jahren fern von Gott auf der Suche nach dem Golde des Glückes in den Falschmünzerstätten der Finsternis, von den Irrlichtern Satans aus der einen Irre in die andere gelockt. Es ist ihre eigene Schuld, daß sie öfters von neuem Mensch werden müssen und so spät den Weg des Lichtes finden, gebaut von der Liebe Gottes und seines Sohnes, des großen Retters der gefallenen Schöpfung.

 

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rodiehr Juli 2012

 


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