FRIEDRICH JÜRGENSON
Sprechfunk mit Verstorbenen
Praktische Kontaktherstellung mit dem Jenseits

  zum Buchinhalt  


EINUNDDREISSIGSTES KAPITEL

Traumbesuch in einer jenseitigen Toten-Aufnahme-Station - Der Mann ohne Gesicht - Die Todesart eines Menschen ist nicht ohne Bedeutung - Die seltsamen Leichenwannen

Seite 158 In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend, dem 30. Juli, hatte ich einen Traum, der zu meinen interessantesten und eigentümlichsten Jenseitsbesuchen gerechnet werden kann. Ich erwachte gegen 5 Uhr morgens und schrieb das Erlebte sofort nieder.

Ich befand mich im Freien, vor einem breiten, unterirdischen Eingang, der gleich einer sacht abfallenden Garageneinfahrt in die Tiefe führte.

Ein sonderbares grüngelbes Licht strahlte vom klaren Abendhimmel herab, der seltsamerweise gleichzeitig dunkel und hell war. Rings um mich befanden sich viele freundliche Menschen. Sie arbeiteten an der Einfahrt, bahnten und erweiterten den Weg in die Tiefe für die sogenannten Toten, die doch Lebende sind, wenn sie auch von der Vorstellung des Totseins oft lange nicht loskommen. Ich bin von wohlwollenden Menschen umringt, die mich bereitwillig in die Verhältnisse des Jenseits einweihen

Es ist sonderbar: bei jedem neuen Gefühlswechsel verändert sich blitzartig die Situation. Ich befinde mich plötzlich - und ganz ohne Übergang - in einem sehr großen Raum, der sich ständig vor mir erweitert und eine eigenartige Kombination von Bahnhof, Kirche und Badeheilanstalt darstellt. Angrenzend erstrecken sich zahlreiche Wartehallen, Aufbewahrungsräume, öffentliche Toiletten, Duschnischen und allgemeine Badehallen.

Ich betrete einen größeren Raum, der von unsichtbaren Lichtquellen mit einem warmen, goldenen Schein erleuchtet wird. Ich erfasse sofort, daß mit diesem Raume etwas ganz Besonderes und äußerst Wichtiges verbunden ist.

Seite 159 Erstaunt betrachte ich die eigentümliche Stätte, die einerseits an eine ausgeschmückte Grabkammer, andererseits an eine Kirchhofkapelle erinnert, gleichzeitig aber noch etwas ganz anderes höchst Bedeutungsvolles verbirgt. Der Raum ist mit Menschen angefüllt, die in kleinen Gruppen stehen und sich halblaut unterhalten. Es herrscht eine freudiges etwas feierliche Stimmung.

Die meisten lächeln still und zufrieden, und alle Gesichter strahlen die gleiche Gewißheit aus: es ist vollbracht - es ist überstanden! Ganz unbemerkt treffen neue Menschen ein, und plötzlich wird es mir klar: dieser Raum stellt einen Übergang, eine Pforte dar, über die die Toten nach einer kirchlichen Beerdigung hereintreten.

Wieder findet eine Raumveränderung statt. Ich treffe einige Künstler, Bildhauer und einen bekannten Stockholmer Museumsdirektor. Man erzählt mir, daß es irgendwo in den oberen Stockwerken zahlreiche Ateliers gibt, die von allen Künstlern benutzt werden können. Trotzdem aber ziehen es die meisten vor, hier unten an der gemeinsamen Arbeit teilzunehmen, die gleichzeitig eine Umstellung und Umerziehung in sich schließt.

Es wird mir immer klarer, daß ich mich in einer von menschlichen Gefühlen durchdrungenen Lebensebene befinde, die nicht nur kraft unserer Emotionen räumliche Veränderung bewirken kann, sondern die vor allem unsere inneren Regungen rein plastisch und sichtbar an der Oberfläche unseres Körpers widerzuspiegeln imstande ist.

Hier konnte man also nichts verbergen; denn gerade darin bestand die Beschaffenheit und Aufgabe dieser Lebensebene, in der alles Unterdrückte, Verborgene, Nichtverstandene und Verdrängte sich offensichtlich ausleben und abreagieren konnte, und zwar nicht nur bis zur Erschöpfung der Gefühlskräfte, sondern vor allem bis zum vollen Verständnis der Rolle, die sie im menschlichen Leben zu spielen haben.

Ich begegne drei Frauen, die einander gegenüber sitzen und mit einer sehr eigentümlichen "Gefühlsdemonstration" Seite 160 beschäftigt sind. Die Frauen verändern nämlich sichtbar die Formen ihrer Körper. Offenbar wetteifern sie miteinander, indem sie durch groteske Überdimensionierung ihrer weiblichen Kurven die sichtbaren Reize gewisser Filmdivas zu übertreffen bemüht sind.

Dieses Schauspiel wirkt abstoßend und lächerlich. Es verrät aber die dringende Notwendigkeit, einen vorhandenen Komplex abzureagieren. Vielleicht waren diese Frauen im Erdenleben sehr einsam, häßlich und mißgestaltet gewesen. Im nächsten Augenblick stehe ich inmitten eines hellbeleuchteten Empfangszimmers, das durch einen offenen, sehr breiten Zugang mit einer mystischen Grabkammerkapelle verbunden ist.

Ein Mann steht vor mir und spricht eifrig auf mich ein. Ich sehe deutlich seine Gestalt, nur kann ich seine Gesichtszüge nicht erfassen; sie sind irgendwie aufgelöst, ausradiert. "Ich heiße Hugo F., ich war in meiner Jugend Kavallerieoffizier", stellt er sich vor.

Ich bin etwas erstaunt, wußte ich doch nicht, daß Freund Hugo F. einen gleichnamigen Verwandten gehabt hatte. Der Mann führt mich zu einer Art Monument, das mit einem metallischen Emblem versehen ist.

"Dieses ist unser Familienwappen", sagt er mit Nachdruck. Ich betrachte das sonderbare Ding, das an einen verzierten Messingkranz erinnert, und versuche vergebens, seine Symbolik zu erfassen.

Doch im nächsten Augenblick wechselt wieder die Szene. Ich durchschreite eine lange Reihe von Gemächern, Korridoren und Hallen, die durch ihr sonderbares Aussehen meine Aufmerksamkeit völlig in Anspruch nehmen. Ich nähere mich einer bahnhofähnlichen Halle, die mit vielen Türen versehen ist.

Vor einem großen Aufbewahrungsraum mache ich halt. Ein fader Geruch von welken Blumen, Tannennadeln und Palmenzweigen strömt mir entgegen. Es ist ein typischer Kirchhofkapellengeruch; denn es riecht auch nach Leichen. Dieser Aufbewahrungsraum ist über und über mit Seite 161 Beerdigungsreliquien und -utensilien angefüllt: frische und halbverwelkte Kränze, Blumensträuße, Trauerbänder, vollgepfropfte Koffer und Ähnliches.

Alles das sind Dinge, die den Ausdruck des letzten Beileides dem Verstorbenen gegenüber verkörpern. Es sind aber sicherlich ätherische Kopien derselben, die dem davon stark beeindruckten Toten ins Jenseits folgen. Ich meine damit gewisse astrale Abbilder und Gegenstücke physischer Dinge, die gleich dem feinstofflichen Körper des Toten ihre Existenz in der vierten Dimension weiterfahren.

Alle diese Dinge lagen hier in enormen Massen herum. Wer aber sollte sie abholen und was war der Sinn des Ganzen? Diese Frage beschäftigte mich eine längere Zeit und fand erst viel später ihre Beantwortung.

Zunächst begriff ich, daß es im großen und ganzen drei Arten der physischen Körperauflösung gibt:
1. die gewöhnliche Beerdigung,
2. die Einäscherung und
3. (damals war es mir noch nicht ganz klar) die durch Unglücksfälle verursachte Vernichtung des Körpers, wie zum Beispiel beim Ertrinken im Meer, bei Massakrierungen, Explosionsunglücken verschiedener Art und dergleichen.

Man könnte sich die Frage stellen: ist nicht tot - tot, und was spielt es schon für eine Rolle, auf welche Weise unser Körper aufgelöst wird? Dieses Argument stimmt aber nur teilweise, denn tatsächlich wird der Übergang in die andere Lebensebene durch die jeweilige Art der Auflösung des Körpers mitbestimmt.

Es treten hier gewisse Gesetze in Wirksamkeit, wonach die Verstorbenen ganz verschiedene Reinigungsprozeduren durchzumachen haben, wenn auch diese Vorgänge im tiefen Schlafe sich vollziehen.

Es wurde mir auch klar, daß gewisse tödliche Krankheiten, Geschwülste, Eiterungen, lepröse Verwesungen usw. irgendwie auch den astralen Körper des betreffenden Verstorbenen Seite 162 in Mitleidenschaft ziehen bzw. in dessen Vorstellung weiterleben. JedenfaIls müssen alle diese Verletzungen ausgeheilt und restlos zum Verschwinden gebracht werden. Zu diesem Zwecke gibt es drüben spezielle Badeanstalten, halbrunde Duschnischen, sonderbare Massage- und Kosmetiksalons sowie Behandlungsräume verschiedenster Art, in denen die Verstorbenen von den Resten ihrer Krankheit befreit werden.

In diesen Räumen roch es sehr übel. Ich weiß nicht, ob diese Gerüche durch die fixierte Vorstellung der Verstorbenen hervorgerufen wurden oder ob sie von diesen rein automatisch mitgebracht wurden.

Jedenfalls verließ ich recht bald diese übelriechende Reinigungsanstalt und begab mich in eine angrenzende große Badehalle, die von allen Erlebnissen dieser Astralwanderung zweifellos den tiefsten Eindruck in mir hinterlassen hat.

In Wirklichkeit war es nicht nur eine Badeanstalt, sondern eine ganze Reihe von Badehallen, die sich irgendwo in der Ferne verloren. Das Licht war rötlich-gelb und ziemlich gedämpft, es erinnerte an eine milde Kerzenbeleuchtung, deren Quelle ich nicht gewahr werden konnte. Auf dem Fußboden der Halle standen längliche, vierkantige Badewannen, Hunderte, ja vielleicht Tausende von Badewannen. Ich konnte ihre Anzahl nicht überblicken.

Ich trete näher an die Wannen heran, in denen verkohlte Menschengestalten unbeweglich ruhen. Die Körper sind ganz schwarz und ziemlich formlos; man kann nur die Konturen des Kopfes, der Schultern und der Brust erkennen, die aus einer dunklen, mir unbekannten Flüssigkeit hervorragen. Auch hier riecht es nach Blumen und Leichen.

In der Halle befinden sich einige hochgewachsene Krankenwärterinnen, die etwas an Diakonissenschwestern erinnern. Sonderbarerweise führen sie kleine schwarze Hunde an der Leine, die durch ihr zottiges Fell an schottische Terrier erinnern. Das sonderbarste ist aber, daß die Hunde mir freundlich "zulächeln" und liebenswürdig mit den Schwänzchen wedeln. Die Krankenwärterinnen unterhalten Seite 163 sich mit gedämpften Stimmen, sie sehen zufrieden und gütig aus.

In meinen Aufzeichnungen von jener Nacht habe ich an dieser Stelle "Normal-Verstorbene" notiert. Leider ist mir der volle Sinn dieser Angabe ziemlich entfallen. Ich kann mich nur erinnern, daß die Mehrzahl der Verstorbenen durch diese Badekur gehen muß.

Als ich näher an die Badenden herantrat, entdeckte ich, daß unter der schwarzverkohlten Kruste der Leiber hier und da eine kindlich-zarte, rosafarbene Haut hervorleuchtete. Einige Gesichter hatten bereits ihre normale Hautfarbe zurückbekommen. Ich verstand nur, daß ein Teil der Toten nach einer Art Feuerreinigungs-Prozedur hier reingebadet wurde. Die Toten schliefen bzw. waren alle bewußtlos.

In einem anderen, freundlichen und hellen Raume befanden sich Hunderte von still wartenden Menschen. Hier herrschte eine etwas kirchliche, feierliche Stimmung. Man sagte mir, daß diese Menschen nach der Einäscherung ihres Körpers auf einen Übergang warten.

Worauf es vor allem ankam, war der Umstand, daß die Toten vieles von ihren Denk- und Gefühlsgewohnheiten ablegen mußten, wodurch erst der Übergang zur astralen Lebensstufe nach und nach vollzogen werden konnte. Dies galt allerdings nur für die normal Verstorbenen. Den übrigen standen andere, mir damals noch unbekannte Zugangswege zur Verfügung.

Ich erwachte mit dem klaren Gefühl, einen wichtigen Einblick in eine ganz bestimmte Sphäre des Jenseits erhalten zu haben, einer Art Aufnahmezentrale vielleicht, die von den meisten Toten durchschritten werden muß.

   zurück zum Seitenanfang                                  zum nächsten Kapitel  


Sie befinden sich auf der Website: 

Hier geht es zur Homepage!