Der Jenseitige Mensch
Emil Mattiesen

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Kap LXXVII. Metapsychologie des mystischen Komplexes.         (S. 782)

Hiermit erledigt sich uns denn in letzter Instanz die Frage nach dem Ursprung jenes Komplexes, der im  erwecklichen Leben führt. Wir sind endgültig über den üblichen Standpunkt des naturalistischen Psychologismus hinausgelangt.

Unser Gewinn dabei ist ein ähnlicher, wie er dem Biologen zufällt, der sich von den Verblendungen der Lebensmechanistik freimacht. Der Mechanist gerät, entwicklungsgeschichtlich rückschreitend, unfehlbar an den Punkt, wo er seinen Grundsätzen, daß alles Lebende von Lebendem, jede Zelle von einer Zelle stamme, untreu werden muß.

Ähnlich leitet der Religionspsychologist die Gnadenerfahrung des Mystikers aus der 'Inkubation' seiner angestrengten Asketik ab, oder, wo dies versagt, aus irgendwelchem halb oder ganz verschüttetem Erbgut, das in der Erweckung zum Durchbruch komme.

Aber alles stammesgeschichtliche Zurückschieben führt ihn nicht über gewisse Urphänomene hinaus, die mit der Gemeinschaft bewußter Wesen stets schon gegeben sind.

Wir unserseits haben diese Urphänomene nunmehr ausdrücklich in den mystischen Untergrund des geistigen Lebens verlegt und gewinnen damit Raum für die Vermutung, daß auch das angestrengte Sichselbstbilden des geistlichen Menschen [2] unter Umständen schon eine mystisch begründete Erscheinung sei: ein erstes Frühlingssteigen von Säften, die berufen sind Früchte zu treiben, und in vielen Fällen nicht einmal Knospenhüllen zu sprengen vermögen.

Damit ist aber zugleich gesagt, daß wir eigentlich keine zwingenden Gründe mehr haben, anscheinend voraussetzungslose Erweckungen, Bekehrungen ohne vorhergegangene Inkubation, als unmöglich zu bezeichnen.

William James, ein Psychologe ohne Vorurteile, hat vier Fälle namhaft gemacht, die ihm unter diesen Begriff zu fallen schienen, [3] und die Urkunden der großen Erweckungsbewegungen berichten häufig von Bekehrungen, die soz. aus blauem Himmel Personen befallen, bei denen man etwas derartiges schlechterdings für ausgeschlossen gehalten hätte: wahre Teufel in Menschengestalt, mit einem Vorleben angeblich ungemilderter Bosheit und Gemeinheit, die 'in einem Augenblick' die Wandlung zu seligen

[2] S.o. Kap. I.
[3] Varieties 236 Anm. (Zwei dieser Beispiele - Ratisbonne u. Gardiner - sind allerdings nachweislich völlig unzureichend.)


Kap LXXVII. Metapsychologie des mystischen Komplexes.         (S. 783)

und liebenden Kindern Gottes durchmachten.[1] Bedenkt man freilich, wie vielsträhnig in der vererbten Anlage der Einzelne fast immer ist, so wird man doch noch bezweifeln, ob nicht auch in solchen sonderbaren Bekehrungskandidaten irgendwo ein leidlich fruchtbarer Kernkomplex religiöser Bildung versteckt gewesen sei. -

Und doch sind für den hier von uns erreichten Standpunkt diese Zugeständnisse an den Psychologismus eigentlich wesenlos geworden. Der Beweis einer Erweckung ohne jede individuelle oder erbliche Inkubation wird aus naheliegenden Gründen nie zu erbringen sein; aber im Grunde - bedürfen wir seiner nicht mehr; denn der Begriff der Anlage selbst hat sich uns unerwartet vertieft:

'Gott' gehört im Grunde zur persönlichen 'Anlage' eines Jeden. Der Quell des Lebens, auch des geistlichen, rinnt schließlich im Erbgut des Einzelnen ebensogut, als in seinen persönlichsten Inspirationen; der Unterschied liegt nur im Grade der Unmittelbarkeit. Die Wirkungen des schöpferischen Überich pflanzen sich von Geschlecht zu Geschlecht fort, und setzen doch gleichzeitig in jedem Einzelnen von neuem an, langsam bildend, oder plötzlich zum Ziele schießend.

Die 'freie Gnadenwahl' des Einzelnen durch Gott ist schließlich nur der äußerste Typ eines Vorgangs, der sich in der fortschreitenden Vergeistigung ganzer Geschlechter auch beobachten ließe.

Und so mag es nie als Tatsache zu erweisen und doch jederzeit als Möglichkeit anzunehmen sein, daß ein Einbruch aus dem Überich - ursachlos für unser beschränktes Verstehen - den Einzelnen erfasse und im Nu dermaßen verändere, daß er sich kaum noch selbst erkennt und eine 'neue Kreatur' geworden zu sein meint.

Der Begriff der Inspiration, auf den wir hier gestoßen sind, verhält sich also letzten Grundes gleichgültig gegen Fragen der Erblichkeit; es ist ihm wichtiger festzustellen, daß allenthalben und jederzeit ein schöpferischer Druck der Überwelt stattfinde, der - bald individual-, bald massenpsychologisch - auf die geistige Geschichte irdischer Wesen Einfluß gewinne.

Von diesem Standpunkt aus ließe sich eine ethnologische Geschichte der religiösen und ethischen Inspiration schreiben, die einen bedeutsamen Parallelismus der Erscheinungen in sehr verschiedenen Ländern und Zeiten festzustellen hätte.

Da sich mir jede Ausführlichkeit hier verbietet, will ich den Leser nur flüchtig auf drei fast wahllos herausgegriffene Beispiele verweisen. Ein ihm wohlbekanntes bietet der israelitische Prophetismus mit seiner neuartigen Verkündigung des Herzens-Verhältnisses zur Gottheit, gegenüber der bisherigen Gesetzesreligion, und seinen mannigfachen ethischen Anregungen. [2] -

Aber ganz die gleichen Vorgänge finden sich zB. unter den Rothäuten Amerikas. Der 'Prophet' wird - anscheinend während einer Epidemie - vom Bewußtsein seiner Sündigkeit gepackt,

[1] Gibson 187f. 330; vgl. auch 51. 176f. 185.
[2] über das Neuartige des jüd. Prophetismus s. zB. C. Comill, D. israel. Prophetismus (Straßb. 1906) 178; K. Marti, Gesch. d. isr. Rel. (Straßb. 1907) 179ff.: W. Bousset, Das Wesen der Religionen (Halle 1903) 120.


Kap LXXVII. Metapsychologie des mystischen Komplexes.         (S. 784)

fleht zum Großen Geist um einen Ausweg, wird durch eine symbolische Vision endgültig erweckt und beginnt nun Reinheit und Umkehr zu predigen, die sich besonders auf Abkehr von Zauberei, Raufereien, Mord, Trunksucht und Mißhandlung der Frauen erstreckt.

Viel Volk läuft ihm zu; wer bekennt, wird aufgenommen, und eine Auswanderung führt zu friedlicher Kleinstaatbildung. [1] - In Japan wächst ein kluges, ernstes, liebevoll-mildtätiges und frommes Mädchen heran, Maekawa Miki (geb. 1798).

Verehelicht und Mutter dreier Kinder, fällt sie eines Tages in 'Konvulsionen, ihre, Stimme nimmt einen ernsten, erschrecklichen Klang an, und sie fängt an zu verkünden, daß sie von den Göttern erkoren sei als ein Werkzeug zur Ausrichtung ihres himmlischen Willens zu der Menschen Heil'.

Ihr Leben wird von da ab noch heiliger, sie verschenkt ihre ganze Habe an die Armen, trägt jedes Leid - auch den Tod ihrer Kinder und häufige Einkerkerung - mit unbeugsamer Festigkeit und Heiterkeit, und verkündet ihre Lehre:

Ten-ri. ist die himmlische Vernunft und die Menschen sind göttlichen Geschlechts; wer den Glauben hat und reinen Herzens ist, wird schon hienieden eins mit der Gottheit und damit selig und fröhlich; durch Selbstverleugnung und kindliches Verhalten vor Gott erbaut man den geistlichen Tempel.

Diese und andere typisch-mystische Lehren begründen eine Religionsgemeinschaft, die heute mit 6 Millionen Anhängern in Japan an vierter Stelle steht und in welcher Arbeitsamkeit und gegenseitige Hilfeleistung blühen. [2]

Soz. ganz von innen beobachten wir diesen 'schöpferischen Druck' in manchen Schilderungen ekstatischer Erlebnisse, die mit dem Auftrag der Wirksamkeit innerhalb der unerweckten Welt enden. Man könnte diesen typischen Zug als das Motiv der apostolischen Rücksendung bezeichnen.

S. Katharina von Siena hat eines Sonntags 'um die Terz' vier Stunden lang wie 'tot' dagelegen und derweil, von 'diesem sterblichen Leibe frei geworden', die 'Qualen der Hölle und des Fegfeuers' und danach 'die Seligkeit des Himmels und die Herrlichkeit [Christi)' geschaut.

'Und als ich eine gewisse Hoffnung gefaßt, daß ich nun... in einen Stand ewiger Freude eingetreten, sprach unser Herr zu mir: Tochter, siehst du jene unseligen Sünder? . .. Ich habe dir diese Dinge gezeigt, weil ich will, daß du in die Welt zurückkehrst, meinem Volke ihre Sünden und Übertretungen zu erklären, und die große Gefahr, die über ihnen schwebt, wenn sie sich nicht bessern...

Es ist eine große Zahl von Seelen in der Welt, die durch dich gerettet werden sollen. .. Von jetzt ab ist es mein Wille, daß du die Weise deines Lebens änderst. Du sollst nicht länger in deiner Zelle verharren, sondern hinaus in die Welt gehen, Seelen zu gewinnen.

Du sollst von Stadt zu Stadt ziehen, wie ich dich heißen werde; du sollst mit der Menge leben und öffentlich reden; ich werde Einige zu dir senden und werde dich zu Andern senden, wie es mir gefällt; sei du nur bereit, meinen Willen zu tun. - Während der Herr diese Worte sprach, ward meine Seele plötzlich dem Körper wiedergegeben.' [3]

Ganz ähnlich geht es zB. der eigenartigen amerikanischen Sektiererin Jemina Wilkinson (geb. 1751), die nach einer wilden und eigenwilligen Mädchenzeit unter religiöse Einflüsse gerät, mit plötzlichem Ernste in sich geht, Schönheit und Witz

[1] M'Nemar 111ff.
[2] H. Haas, Tenrikyo, in Ztschr. f. Missionsk. u. Religionswiss. XXV (1910) 129ff.
[3] Drane I 119ff. (zuverlässige Beob.).


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Kap LXXVII. Metapsychologie des mystischen Komplexes.         (S. 785)

fahren läßt, und in mehrstündigem, fast 'leblosem' Trans ihre Sendung empfängt von einer Stimme, die 'durch den ganzen Himmel erschollen' sei: Wer will hingehen und der todgeweihten Welt predigen? Worauf sie erwidert habe:

'Hier bin ich, sende mich', und herabgesandt worden sei. Seitdem las sie angeblich die Gedanken Aller und gründete unter dem Namen Jerusalem eine Kolonie von Jenseitigen, denen die Heirat verboten war. [1]

So oder ähnlich wiederholt sich der Vorgang. inspiratorischer Einflußnahme jenseitiger Bindekräfte überall und zu allen Zeiten. Die Göttersymbole und damit der konkrete Inhalt von Visionen und Dogmen wechseln (bei der alten O-Miki zB. waren es Shinto-Gestalten beiderlei Geschlechts), nur der triebkräftige Kern bleibt immer derselbe. -

Aber die Fruchtbarkeit unsrer vertieften Auslegung reicht noch weiter. Sie fügt sich als eine natürliche Ergänzung nachgerade allem ein, was vor ihrer Erarbeitung im Sinne naturalistischer Psychologie zur Deutung erwecklicher Vorgänge beigebracht wurde. -

Von den verschiedenen psychologistischen Hypothesen über Natur und Herkunft des Erweckungskomplexes: seiner versuchsweisen Auffassung als kindlich, primitiv, weiblich, geschlechtlich, sozial, [2] erschien zwar jede einzelne unbefriedigend, hinterließ aber doch den Eindruck einer gewissen Annäherung an Wahrheit.

Dieser Eindruck läßt sich jetzt verständlich machen. Über Zusammenhänge des Geschlechtlichen und des Sozialen mit dem Mystischen ist bereits Einiges angedeutet worden. Aber auch die übrigen Begriffe entziehen sich nicht dem Rückgriff vom jetzt erreichten Standpunkt aus.

Sowohl das Kind, als auch das Weib, sowie den Primitiven (ja selbst das Tier) betrachtet auch die geltende Psychologie als besonders nahestehend und innig verwachsen mit jenem Gebiet des Unpersönlich- gemeinschaftlichen und Urtümlichen, - des Instinktmäßigen, der 'Natur' (im Gegensatz zum 'Persönlichen' des 'Geistes'), des der Gattung mehr, als dem Einzelwesen Zugehörigen, - welches wir ganz all- gemein dem 'unterbewußten' Wesen zuweisen.

Ebenso erscheinen das Geschlechtliche und die Sozialität als Vertreter des Lebenswillens der Gattung, dem der Einzelne dient. Es ist nun aber merkwürdig zu sehen, wie selbst dem naturalistischen Psychologen die Verlegung des Schwerpunkts in diese tieferen und unpersönlichen Gebiete unwillkürlich eine fast mystische Färbung annimmt.

Die Introversion (im Sinne der Psychanalyse) nennt Jung die 'selten stillbare Sehnsucht nach allen tiefsten Quellen [des] eigenen Seins, nach dem Leibe der Mutter, und in ihm nach der Gemeinschaft mit dem unendlichen Leben in den unzähligen Formen des Daseins'. [3] Die 'Rückkehr zum Infantilen' bedeutet ihm 'nicht nur Regression und Steckenbleiben, sondern auch die Möglichkeit der Auf-

[1] Dr.H. F. Frost in AJI Juli 1895 13ff. Vgl. o. d. Fall S. 289.
[2] S. o. Kap. XIXff.
[3] JPPF IV, 1 (1902) 249.


Kap LXXVII. Metapsychologie des mystischen Komplexes.         (S. 786)

findung eines neuen Lebensplanes. Die Regression ist so recht eigentlich auch Grundbedingung des Schöpferaktes'. [1] -

Das Weib wiederum bedeutete einer älteren, mehr intuitiv und dichterisch urteilenden Psychologie ohne weiteres die Vertreterin 'des Sympathetischen in allem Weltzusammenhange, . .. [der] stillen Musik im Innersten der Weltseele, die Sterne, Sonnen, Körper, Geister in diesem ewig wandelnden Rhythmus... sich bewegen macht, [des] Weiblichen des Universums...

Das Weibliche ist etwas Allgemeines an allem Leben, die leiseste Psyche des Daseins, und daher der feine Zusammenhang der weiblichen Natur mit den allgemeinen Organisationen, Einwirkungen und Weltkräften'. [2]

Hier stehen wir schon unserer Hypothese Auge in Auge gegenüber. Und in der Tat: um den teilweisen Sinn solcher phantastischen Ergüsse zuzugestehen, brauchen wir, unter Anerkennung der mehr 'unterbewußten' Geistesanlage des Weibes (aber auch des Kindes und des Wilden), uns nur der Vieldeutigkeit dieses Begriffs zu entsinnen.

Das 'Unterbewußte' ist ja recht eigentlich der Durchgangsraum für die verschiedensten Richtungen des Lebens: es ist sowohl der Aufnahmebehälter dessen, was aus dem Reiche des Willkürlichen, Persönlichen hinabsinkt zum seelischen Mechanismus, als auch der Keimboden des in mancherlei Sinne Fortschrittlichen. [3]

Ich habe mich früher im Rahmen des Gedankengangs auf das Primitive des Weibes berufen müssen; ich darf jetzt daran erinnern, daß heutige biologische Betrachtung, wie am Kinde, so am Weibe gelegentlich auch auf entwicklungstheoretisch-fortschrittliche Merkmale hinweist.

Sie stützt sich dabei auf den Grundsatz, daß der eigentliche Entwicklungsschub soz. an den Anfang jedes Einzellebens falle, daß also das Ungeborene auf der Entwicklungslinie verhältnismäßig höher stehe, als der Säugling, der Säugling als das Kind, das Kind als das erwachsene Wesen.

Das Kind bietet die Versprechungen des Aufstiegs, die der Erwachsene nur zum Teil zu halten vermag; dem Pubeszens ist meist eine gewisse Genialität eigen, die sich, außer beim 'Genie', in der Banalität des spätem Voll-Ich verliert; [4] und was ist Genialität anderes, als das eigentlich Fortschrittliche und Lebensteigemde, das keimkräftig Bewegliche, Unverbildete und Unerstarrte, das auch den tiefem Bezügen der Welt Erschlossene, der 'Entwicklungsschub' in reinster Form? -

Nun scheinen aber manche Beobachtungen nicht nur die Überlegenheit des Mädchens über den gleichaltrigen Knaben in körperlicher und geistiger Hinsicht zu erweisen, [5] sondern auch eine allgemeinere und tiefere Verwandtschaft des weiblichen mit dem kindlichen Typ: dem Typ also, der sich als der führende Typ der Entwicklung darstellt:

Der Fortschritt der Rasse - so etwa faßt Ellis zusammen - sei ein Fortschritt in der Jugendlichkeit; der Mensch

[1] Das. V 396. Vgl. das o. S. 311 über den anagogischen Aspekt der Introversion Gesagte.
[2] Tb. Mundt bei Bloch 83f. Vgl. Paracelsus: 'Die Frau ist der Welt näher, denn der Mann' (das. 61).
[3] Vgl. o. S. 260f.
[4] Vgl. das berühmte Goethe-Wort üb. d. wiederholte Pubertät der genialen Natur (zu Eckermann, 11. März 1828).
[5] S. zB. H. EIlis, Man and woman 103f. 176. 179.


LKap XXVII. Metapsychologie des mystischen Komplexes.         (S. 787)

werde weiblicher und damit kindlicher. Daß das Ewig-Weibliche uns hinanziehe, sei mithin eine biologische Wahrheit. [1]

Lassen wir diesen Satz gelten, [2] so kann er offenbar durch naheliegende Wendungen für unsere Hypothese fruchtbar gemacht werden.

Das Kindliche, das Weibliche, das Primitive, ob nun entwicklungsgeschichtlich höher oder nicht, ist jedenfalls das Flüssigere und Bildsamere, insofern es dem treibenden Keimboden von Geist und Natur-inniger eingeschmiegt ist; es hat etwas von der größeren Fruchtbarkeit des Chaos gegenüber der gehärteten Form des Fertigen.

Diesen Fruchtboden aber erfassen wir nunmehr mit den Begriffen des Vitalismus und - mehr noch - einer Mystik des Allgeistes. Wer sich dem Überich nähert, der nimmt, wie wir wissen, den Weg über das dämmerige und gestaltenreiche Gebiet des Unterbewußten, und insofern nähert er sich in einem wesentlichen Betracht dem Typ des Weiblichen, des Kindlichen und Primitiven.

Entsprechend fanden wir früher, daß Frauen (auch Frauenhafte) und Primitive sich durch besondere Häufigkeit metapsychischer Leistungen auszeichnen; ja man hat geradezu - mit Recht oder Unrecht - die Ansicht vertreten können, daß die übernormalen Fähigkeiten ein Überrest primitiven Geistesguts seien. [3]

Weiblichkeit, Kindlichkeit, Primitivität einerseits, Jenseitigkeit anderseits bilden also Kreise, die sich teilweise überschneiden, ohne zusammenzufallen; und dies erklärt jenes Gefühl teilweiser Wahrheit, das den Versuch begleitet, den erwecklichen Komplex allein durch jene Begriffe zu bestimmen. [4]

[1] Das. 23ff. 392.
[2] Näher eingehen auf diese Fragen kann erst der 2. Teil des Werkes.
[3] Vgl. Podmore, Stud. 413ff. und o. S. 732f.
[4] Vgl. o. S. 187.191.201.

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