Der Jenseitige Mensch
Emil Mattiesen

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Kap LVII. Das Transdrama.             (S. 603)

Es gibt nun noch ein Tatsachengebiet, auf welchem sich die Probleme, vor die wir uns hier gestellt finden, in besonders eigenartiger und fruchtbarer Abwandlung sich wiederholen:

der vollentwickelte Trans der Medien zeigt nicht nur das lebenswahre Phantom eines Unbekannten 'anwesend' und diese seine Anwesenheit durch 'natürliches' gesprächsweises und mimisches Verhalten zum Ausdruck bringend; sondern anscheinend auch den merkwürdigsten aller Eingriffe in die Objektivität:

nämlich die Handhabung - nicht lebloser Gegenstände, sondern des verwickeltsten aller Werkzeuge: des menschlichen Organismus. Aber diese Dinge wollen in ihrer Ordnung und ohne vorgefaßte Meinung besprochen werden.

Die Grundzüge dieses mediumistischen Transdramas, wie man es nennen könnte, wiederholen sich bei fast allen Medien, sind aber in einigen neueren Fällen - ich nenne die Damen Piper, 'Thompson', Holland [4] - mit einer Ausführlichkeit und Gründlichkeit studiert worden, die kaum auf einem Sondergebiete der Psychologie übertroffen sein mögen.

Hiernach erscheint während des Transzustandes das Ich des Mediums mehr oder weniger verdrängt durch Persönlichkeiten, die herkömmlicherweise

[4] Vgl. etwa auch M. Karadja. Spiritist. Phänomene u. spiritualist. Offenbar. (Lpz. 1901).


Kap LVII. Das Transdrama.             (S. 604)

als 'Kontrollen' oder 'Kontrollgeister' bezeichnet werden. Unter diesen nehmen eine oder mehrere eine bevorzugte Stellung ein, indem sie den Verkehr des Mediums mit den andern 'Geistern' großenteils zu vermitteln vorgeben.

Wir können sie als die 'Impresarios', oder besser: 'Spielleiter' des mediumistischen Dramas bezeichnen. In der Transrede und Transschrift des Mediums geben gewöhnlich diese Spielleiter vor, unmittelbar zu Worte zu kommen. [1]

Merkwürdig ist nun, was diese Mittelspersonen des mediumistischen Dramas über die Art berichten, in der ihnen ihr übernormales Wissen zukommt. Im einfachsten Falle geben sie vor, nur 'Bilder zu sehen,' wie  'Nelly' es gelegentlich ausdrückt, der schelmische und liebenswürdige Kontrollgeist der Mrs. Thompson. [2]

 'Es ist wie eine Wandtafel und auf Wandtafel kommt Bilder' - Nelly hat oft eine kindliche Sprache - 'und ich sage Ihnen, während sie kommen.' [3] ZB. sagt sie von einem verstorbenen Freunde Dr. van Eedens:

'Er scheint keine Frau gehabt zu haben; ich sehe ihn allein schlafen.' So auch sieht sie vergangene Handlungen des Sitzers im Bilde: 'Haben Sie (zur Professorin Harrison gewendet) etwa aus einer Flasche in eine andere - aus einer weithalsigen in eine andere - gegossen? Ich sehe es ganz deutlich." [4]

In einzelnen Fällen erlangt die Transpersönlichkeit ihr Wissen sogar durch gesehene Schriftzeichen - 'vor meinen Augen, nicht meiner Mutter [d. i. des Mediums] Augen', sagt Nelly -; [5] oder durch das Hören von Worten, - 'wahre' Halluzinationen des Ohres. [6] Alle diese Arten des unzweifelhaft halluzinatorischen übernormalen Wissenserwerbes sind uns bereits wohlvertraut.

Das bedeutsamste dieser 'Bilder' nun aber ist wiederum die Gestalt, das Phantom des sich mitteilenden 'Geistes', gesehen von der Transpersönlichkeit des Mediums (dem 'Spielleiter'), und dieses Bild verquickt sich nicht nur mit andern mehr epischen Bildern und Auditionen rückschauender Art, -

wie wenn sich zB. mit der Vision eines erschossen Vorgefundenen das Hören eines Schusses verbindet; [7] es übernimmt auch selbst die Rolle des direkt Mitteilenden: es buchstabiert zB. Sätze hervor, indem es beim; wiederholten Hersagen des Alphabetes die gewünschten Buchstaben durch Handbewegungen bezeichnet; [8]

es bedient sich gelegentlich einer unverkennbaren Zeichensprache der Hände; [9] es äußert seine Gefühle mit erregten Gebärden oder durch Lachen ; [10] vor allem aber: es redet persönlich zum Spielleiter, der die gehörten Mitteilungen des, Phantoms durch Transrede oder -schrift oder durch Klopftöne weitergibt, wie ein

[1] S. die Selbstbezeugungen Pr XX 78. 79 (Abs. 2). 421 (2). 423 (2); XXI 385; XXII 97 (4). Individuelle Charakteristik dieser Personen: Pr XX 80 (3). 82 (4).
[2] Pr XVIII 153; vgl. 155.
[3] Pr XVII 226.
[4] Pr XVII 107. 212f. Vgl. 188; XVIII 116.
[5] Pr XVIII 156; vgl. XVII 95.
[6] Pr XVII 95.
[7] Okkultistin 27.
[8] ein seltener Fall (z.B. Pr XVIII 301).
[9] zB . Pr VI 489f.
[10] Pr XVII 91. 105; VI 479.


Kap LVII. Das Transdrama.             (S. 605)

Berichterstatter Gehörtes weitergibt, - zusammenfassend und durchaus nicht immer wörtlich, und mit reichlich eingestreuten 'sagt er' oder 'sagt sie'. - Auf einem Höhepunkt angeblicher Verwicklung faßt Nelly den Vorgang einmal folgendermaßen zusammen: 'Sie [d. h. die Geister] müssen das Wort sagen, müssen sich äußern und es Mrs. Cartwright sagen [dies ist Mrs. Thompsons andere Hauptkontrolle], und sie sagt es mir.' [1] -

Und kommen die andern 'Geister' gelegentlich (wie wir sehen werden) unmittelbar zu Worte, so bestätigen sie ihrerseits diese Darstellung. 'Ich faßte Rector bei unserer letzten Begegnung', sagt Myers p [2] einmal, 'und buchstabierte ihm das Wort Plotinos deutlich vor .' [3]

Denn 'der gute alte Rector' - versichert uns Myers p, im Leben ein bedeutender Klassizist - 'versteht [ja nicht] ein Wort Latein'. Auch bezeichnen diese 'Geister' oder mittelbaren Kontrollen ihren Anteil meist als ein Reden, welches das Medium bezw. der Spielleiter zu 'hören' habe, [4] wobei sie zuweilen 'schreien' oder ihre Worte immerfort 'wiederholen' müssen, [5] um den gewünschten Eindruck zu erzielen.

Umgekehrt hören wir den Spielleiter zuweilen klagen, daß seine Mitspieler, die er zum besten des Sitzers auszuholen hat, nicht genügend reden, sich allzu ruhig verhalten. [6]

Wir erleben es aber auch, daß der Spielleiter, soz. sich selbst vergessend, die Rolle seines Schützlings übernimmt, in dem er nicht nur seine Worte (in der ersten Person) wiederholt, sondern auch seine Gebärden nachahmt und seine Gefühle durchlebt; so daß der Sitzer für einen Augenblick - bis ihn eine eingestreute Bemerkung der Kontrolle aus solcher Täuschung reißt - den 'Geist' des Dargestellten unmittelbar, und nicht die Hauptkontrolle im Medium anwesend glaubt. [7]

Soweit unterscheiden sich die Erlebnisse des Mediums von denen zahlloser Perzipienten von Freiluftphantomen nur durch den abnormen Bewußtseinszustand während der Wahrnehmungen.

Aber die zuletzt berührte Phase - das lebensgleiche Mimen des 'Geistes' seitens des Impresario - leitet uns zu einer weiteren Entwicklung des Dramas über, die - falls sie in Wahrheit bedeutete, was sie dem ersten Anschein nach besagt - jene oben bezeichnete merkwürdigste aller objektiven Wirkungen eines ortsanwesenden Phantoms darstellen würde: der 'anwesende Geist', soeben noch auf die Dienste eines Dolmetschers angewiesen, bringt das Medium unmittelbar in seine Gewalt.

Dieser Anschein eines Übergangs von bloßem visionärem Erfahren des Mediums im Trans zu seiner Besessenheit durch den Geist eines Abgeschiedenen ist in vielen Fällen von einer

[1] Pr XVIII 129; XVII I02. 104.
[2] d. h. der durch Mrs. Piper redende angebliche Myers.
[3] Pr XVII I70 (4); oder vgl. Hodgson-p, der selbst vielfach die Rolle des Impresario spielt, über Prudens: Pr XXII 88.
[4] Der Ausdruck findet sich sehr häufig, zB. Pr XX 29 (2). 48 (4). 96 (4), 183 (4).
[5] Pr XXII 44 (4). - Pr XX 267 (2); XXII 15 (I), 54 u, 78 (3). 80 (4) u. oft.
[6] Pr VI 499.
[7] S. die drastische Zurückweisung dieses Irrtums durch 'Phinuit' Pr XIII 56 f. ('. ., ich rede für ihn, ,.. ich suche ihn nachzuahmen... ')


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Kap LVII. Das Transdrama.             (S. 606)

Lebenswahrheit, die Manchen als Beweis gelten mag, daß Anschein und Wirklichkeit sich hier decken.

Diese dramatische Realistik entfaltet sich zB. in gewissen erregten Augenblicken, in denen der Spielleiter, der für gewöhnlich die Worte des anwesenden Geistes über- mittelt, verdrängt zu werden scheint, indem dieser vorübergehend selbst bis an die 'Maschine' vordringt, die Kontrolle wenigstens soweit unmittelbar in die Hand bekommt, wie kurz zuvor der Spielleiter, und dann wieder in sich und seine abseitigere Stellung zurücksinkt. -

Während einer Sitzung am 12. März 1892 hatte 'Phinuit' [1] Angaben über eine gewisse Annie D. gemacht. Gegen Schluß bewegte sich Mrs. Pipers rechter Arm in KrampfsteIlung langsam aufwärts, bis sich die Hand über dem Kopf des Mediums befand. Phinuit rief aus: 'Sie hat meine Hand fortgenommen . ..

sie will schreiben.' Nachdem der Hand ein Bleistift gegeben und ihr starkes Zittern durch Umfassen des Handgelenks unterdrückt war, schrieb sie: 'Ich bin Annie D - [der Familienname richtig wiedergegeben], . .. Ich bin nicht tot. . .Ich bin nicht tot, sondern lebe... Ich bin nicht tot.. . Lebt wohl... Ich bin Annie D -.'

Der Bleistift wurde losgelassen und Phinuit murmelte: 'Gib mir meine Hand zurück, gib mir meine Hand zurück' usw. [2]

Bei andern Gelegenheiten scheinen wir den Übergang des andrängenden Geistes zur selbständigen Kontrolle, das Überranntwerden des Torwächters gleichsam, noch deutlicher zu beobachten. 'Hier kommt eine Dame - sagt Phinuit einmal - ...sie faßt mich an. Sie faßt meine Hand.

Sie macht mir Zeichen. (Die Hand des Mediums macht Bewegungen und Bleistift und Papier werden gefordert. Dann schriftlich:) Guten Tag, Will. . .' und es folgt eine Mitteilung in der ersten Person.

Die sekundären Kontrollen' - der Ausdruck ist jetzt unmißverständlich - bestätigen ihrerseits ausdrücklich den Eindruck, den solche Szenen, von außen gesehen, hervorrufen. 'O, daß Sie mich verständen', schreibt Mrs. Hollands Hand am 16. Apri11907.

'Aber ich habe so selten Gelegenheit zu sprechen - es ist wie beim Warten am Fahrkartenschalter, und ich werde immer vom Schalterloch fortgestoßen, ehe ich des Mediums Geist beeinflussen kann.' [3] Überhaupt spinnt die Selbstdarstellung des Binnenlebens des Trans jene von außen beobachtbare Realistik mit bemerkenswerter Folgerichtigkeit auf 'die andere Seite' hinüber.

So behauptet zB. Phinuit von einer gewissen Etta einmal, sie sei so zudringlich gewesen, daß es ausgesehen habe, als würde sie ihn in Stücke reißen. [4] Ein anderes Mal beschwert er sich über seinen Mitspielleiter 'George Pelham'.

Mrs. Piper, die als 'G. P.' gesprochen hatte, war wach geworden, fühlte sich aber unbehaglich und verfiel nach wenigen Minuten von neuem in Trans. Phinuit, der jetzt sofort auftrat, schien ein wenig erregt:

'Das lasse ich mir nicht gefallen. George Pelham ist ein gescheiter Kerl, aber ich will Ihnen sagen, er kam an mir vorüber, und wissen Sie, was er tat, er ließ das Medium los, ohne mir überhaupt ein Zeichen zu geben; er tat es versehentlich; er sagte es mir darauf, und darum kam ich zurück, um

[1]) die schon erwähnte Haupt-Kontrolle der Mrs. Piper.
[2] Pr XIII 291f. (Dr. Hodgsons Bericht). Vgl. die Zwischenspiele Pr XVI 327 (3); VI 468f.
[3] 16. April 1907. - Pr XXII 215 (3).
[4] Pr XIII 440 (1).


Kap LVII. Das Transdrama.             (S. 607)

es Ihnen zu sagen...' [1] - Oder - seine Unterhaltung mit dem Sitzer mehrfach unterbrechend - scheint er zu einem im Geiste anwesenden Dritten zu sprechen: 'Nun, haben Sie's nur nicht so eilig; Sie werden bald hinreichend Zeit zum Reden haben', und erklärt dann: er habe zu einem jungen Mann, der im Geiste sei, geredet, der es sehr eilig hatte, mit seinen Mitteilungen zu beginnen. [2]

Der Anschein solcher Vorgänge ist eindeutig; aber entspricht ihm die Wirklichkeit? Beobachten wir hier tatsächlich ein Herandrängen wahrer fremder Iche an das Medium, ihr Eindringen in dieses und seine Besessenheit durch sie?

Beweist das zuvor gesehene Phantom wirklich seine echte Anwesenheit und eine ganz eigenartige, noch unverständliche Objektivität dadurch, daß es den Bewegungsapparat des Mediums zu dem seinen, oder doch zu dem seines 'Bewußtseins' macht, sich gleichsam in ihm inkarniert?

Das lang erwogene Problem des Phantoms stellt sich uns damit wieder unter einem neuen Gesichtswinkel dar, und die gesamte Problemlage verwickelt sich immer noch weiter, anstatt sich zu vereinfachen.

Aber mehr noch: wir treten hiermit einem Problem in seiner entscheidenden, zugespitzten Form gegenüber, das schon durch alle vorhergegangenen Betrachtungen gespukt hat - und spuken mußte: dem Problem der persönlichen Fortdauer des Ich nach dem leiblichen Tode.

Wir sind in dies Problem, ohne zu wollen, mehr und mehr verstrickt worden, fast seitdem wir die übernormalen Erkenntnisse zu erwägen begannen; ja wir haben fast nirgends vermeiden können, mit der Tatsache überlebender Einzelgedächtnisse und insofern Einzel-Iche zu spielen, sie vorübergehend und versuchsweise in Rechnung zu stellen.

Dies war in der Tat nicht mehr als natürlich bei dem innigen Zusammenhang, in welchem alle hier behandelten Fragen mit einander stehen. Denn schon die theoretischen Erwägungen des übernormalen Erfahrens führten uns sogleich über die Grenzen angeblich hirngeborenen und hirnbegrenzten Erkennens hinaus: sie führten zum Begriff eines Wissens jenseits aller Einzelhirne.

Damit war der Boden gebrochen. Tatsache und Begriff der Exkursion ferner gaben uns das Wesentliche der Annahme persönlichen Daseins jenseits des Todes eigentlich schon an die Hand; denn was ist die Exkursion anderes, als ein Sterben während des Lebens?

Und was wäre die Fortdauer anderes, als eine länger dauernde Exkursion nach Abschluß des Lebens? Unter den Phantomen - die wir mindestens in vielen Fällen als die äußere Erscheinung einer vollzogenen Exkursion begriffen -

begegneten wir immer häufiger solchen, die Verstorbene darstellten, und diese Gattung ließ sich in alle die rätselhaften Formen der 'Objektivität' hinein verfolgen, mit denen die Erforschung der Phantome uns vertraut machte: nicht nur Spukgestalten, die sich als 'ortsanwesend' erwiesen, - selbst Phantome der Sitzung, die anscheinend den bündigsten Kriterien der

[1] das 416 (2).
[2] Pr XIV 16 (2); vgl. 27 (3). 34; XVI 343.


Kap LVII. Das Transdrama.             (S. 608)

Objektivität genügten, stellten sich als Abbilder (oder was sonst) von verstorbenen Einzelnen dar; und in jener Objektivität ihres Auftretens mochten wir glauben, geradezu ein Mittel zu erfassen, durch welches jene den Tod als Einzelne zu überdauern vermochten.

Jetzt, in der anscheinenden Tatsache der objektiven Besitzergreifung eines Lebenden, scheint der den Tod Überdauernde das Mittel gefunden zu haben, durch Mitteilung von Einzelinhalten seine überlebende Identität zu erweisen.

Der vollentwickelte dramatische Trans des Mediums erscheint mithin als die entscheidende Form,. in welcher das spiritistische Grundproblem sich uns aufdrängt, und wir wollen vom Wege nicht abbiegen, den uns die Untersuchung geführt hat, wenn auch für den Augenblick das Problem des Phantoms, das uns an diesen Punkt gebracht hat, von einem noch tiefer greifenden verdrängt zu werden droht; in der Hoffnung, daß die Fäden, die hier fast abzureißen scheinen, sich schließlich doch wieder mit erhöhtem Nutzen werden knüpfen lassen.

Um also zur Bühne des mediumistischen Trans zurückzukehren, so fehlt es natürlich nicht an Begriffen, die eine subjektivistische Deutung wenigstens der dramatischen Vorgänge als solcher zu ermöglichen scheinen. Den Transzustand selbst zunächst faßt man als eine aktive Autohypnose auf, in die das Medium mit bestimmten Erwartungssuggestionen versinke.

Diese bewirken zunächst, daß sich das hypnotische Ich als eine neue Persönlichkeit gebärde, vergleichbar den Personationen (theatralischen Rollen), wie sie Hypnotisierte unter äußeren Suggestionen so leicht übernehmen und so vollkommen durchführen;

oder den Einfühlungserscheinungen gewisser Schauspieler und Schriftsteller, welche die Gestalten ihrer Schöpfung beinahe bis zu beginnender Verdoppelung des Ich in sich leben fühlen, so daß sie 'deren' Handeln und Reden schon fast wie von außen beobachten können. [1]

Nur sei im Falle des Mediums die Suggestion eine mittelbare und mannigfache, und seien einzelne der Personationen, entsprechend seinen stärkeren somnambulen Anlagen, mehr andauernd und vollkommener, so daß sich einige dieser Pseudopersönlichkeiten zu festen Typen ausbildeten, in denen das Traumleben des Mediums sich mehr und mehr verdichte:

jenen ständigen Kontrollgeistern, die als die Spielleiter des Dramas auftreten, dessen übrige Personationen den mehr gelegentlichen und vorübergehenden Anregungen der ständig wechselnden Kundschaft ihren Ursprung dankten. [2]

Diese Gedanken treffen am überzeugendsten eben auf jene primären

[1] Vgl. die interess. Angaben de Curels, bei Binet in AP I 119ff., und der Schauspielerin Bartet AP III 279ff. (Oesterreich I 461) und Pr XVII 351. Über die scharfe Beobachtungsgabe und phantasievoll-konstruktive Arbeit gewisser Transzustände s. die wertvollen Selbstbeobachtungen v. Mrs. Finch in PS XXXIV 591f. 721. Ein gutes Beispiel von Entstehung von Transpersönlichkeiten aus weit zurückliegenden und längst 'vergessenen' Erinnerungen s. in JSPR XII 287f.
[2] Vgl. hierzu Pr XXI 245f. 272ff.; XXII 409.


Kap LVII. Das Transdrama.             (S. 609)

Kontrollen zu, die bei vielen Medien auch die einzigen überhaupt sind; wobei die renommistische Phantastik des Trans zu zahllosen 'Inkarnationen' Homers, Ciceros, Luthers, Shakespeares, Franklins, Napoleons und Darwins in den beschränktesten der Medien geführt hat. [1]

Jedenfalls ist erst die Frage nach dem Status der wechselnd herantretenden Abgeschiedenen die Form, in der das spiritistische Identitätsproblem für uns brennend wird. Dieses Problem aber knüpft sich für den Einzelfall entweder an formale oder an inhaltliche Besonderheiten der Selbstdarbietung des Abgeschiedenen.

Die übliche Erörterung der Frage zieht nur diese letzteren in Betracht, die ja ohne Zweifel von größter Wichtigkeit sind: wenn der 'Geist' etwas mitteilt, was er allein wissen kann, so soll er sich ausreichend als solcher bezeugt haben. Mit der Frage,. ob die angeblich anwesenden Jenseitigen ein solches Wissen offenbaren, mag denn auch hier begonnen werden.

[1] S. zB. Podmore, Spir. I 54f.; II 33; OR 1907 I 199.

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