REINKARNATION
Die umfassende Wissenschaft
der Seelenwanderung

von Ronald Zürrer

Internet-Veröffentlichung Juli 2008,
(c)
Govinda-Verlag GmbH

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KAPITEL 3: KARMA – DAS GESETZ HINTER DER REINKARNATION

Vier Phasen des Karma

Ich möchte an dieser Stelle auf das bereits angeführte Zitat aus dem Talmud zurückkommen: 

Achte auf deine Gedanken,

denn sie werden Worte.

Achte auf deine Worte,

denn sie werden Handlungen.

Achte auf deine Handlungen,

denn sie werden Gewohnheiten.

Achte auf deine Gewohnheiten,

denn sie werden dein Charakter.

Achte auf deinen Charakter,

denn er wird dein Schicksal.

Dieser Spruch bringt einen weiteren, bisher nicht behandelten Aspekt der Karma-Lehre zum Ausdruck. Nach der vedischen Philosophie manifestieren sich nämlich die karmischen Reaktionen in vier verschiedenen Phasen. Diese vier Phasen des Karma werden in der Schrift Padma Purana wie folgt beschrieben:

  1. Bija (wörtlich: der Same): Die erste Phase des Karma bezieht sich auf diejenigen Reaktionen, die in der Zukunft auf Handlungen folgen werden, welche gegenwärtig noch gar nicht ausgeführt wurden. Diese Handlungen existieren jedoch bereits im feinstofflichen Bereich der in unserem Innern ruhenden Wünsche und Vorhaben.

    Gemäß vedischer Psychologie werden also unsere in uns schlummernden Wünsche schon als „Reaktionen in Samenform“ betrachtet, und diese Reaktionen werden wir zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft ernten, nämlich dann, wenn wir diese Wünsche in Gedanken und in Handlungen umgesetzt haben.

    Um folglich unliebsame karmische Reaktionen (mit anderen Worten: Leid) zu vermeiden, sollten wir unsere Aufmerksamkeit bereits auf unsere unausgesprochenen Wünsche richten, und zwar bevor der Same zu keimen beginnt.

    Wenn es uns auf diese Weise gelingt, hier, das heißt im Bereich unserer innersten Wünsche und Lebensvorstellungen, gemäß den beschriebenen „Spielregeln“ kosmisch gesehen „Gutes“ und für unsere eigene Entwicklung Förderliches zu wünschen, werden wir später nicht in die Lage kommen, übermäßig zu leiden, da wir das Leid im wörtlichen Sinne „im Keim ersticken“.
     

  2. Kuta-stha (das Keimen): Wie bereits erläutert, gilt der Wunsch als der Vater des Gedankens, während der Gedanke (besser der bewußte Entschluß) als der Vater der Handlung betrachtet wird.

    Die zweite Phase des Karma nun bezieht sich auf Reaktionen, die gerade im Entstehen begriffen sind, nachdem wir bereits den bewußten Entschluß gefällt haben, eine bestimmte Handlung zu begehen. Oder, um beim Bild zu bleiben, es sind damit diejenigen materiellen Wünsche gemeint, die bereits gekeimt haben. In dieser Phase ist es schon beträchtlich schwieriger, die karmische Kettenreaktion noch aufzuhalten, da uns der einmal gefällte Entschluß unweigerlich zur Tat drängt.
     

  3. Phalonmukha (das Früchtetragen): Die dritte Phase des Karma sind diejenigen Reaktionen, die schon dabei sind, Früchte (Phala) zu tragen, nachdem die zuvor gewünschte und beschlossene Handlung inzwischen tatsächlich ausgeführt wurde. Von diesem Zeitpunkt an kann die karmische Kettenreaktion durch keine materielle Handlung mehr aufgehalten werden.

    Mit anderen Worten: Unser „Schicksal“ ist bereits besiegelt, auch wenn die entsprechenden Reaktionen noch nicht sichtbar geworden sind. Denn sobald eine Handlung – sei sie nun „gut“ oder „schlecht“ – getan ist, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die karmische Reaktion, also die Frucht, in Form von Glück oder Leid in unserem Leben zeigt.
     

  4. Prarabdha (die Ernte): Hiermit sind diejenigen karmischen Reaktionen gemeint, die sich schon manifestiert haben, sprich geerntet wurden. Dies bezieht sich einerseits auf alle „Zufälle“, die in unserem gegenwärtigen Leben bereits eingetroffen sind, und andererseits auch auf all das, was wir schon mit unserer Geburt sozusagen „mitgeliefert“ bekommen haben: die Familie, das soziale Umfeld, die Nation und die Rasse, aber auch den Körperbau, die physischen und psychischen Vorzüge oder Gebrechen, den Grad der Intelligenz, die Fertigkeiten und, mit den Worten des obenstehenden Zitats, die Gewohnheiten und den persönlichen Charakter.

    Alle individuellen Eigenschaften und Merkmale eines Menschen, die ausschlaggebend sind für gegenwärtiges Glück und Leid, stellen nichts anderes dar als die „geernteten Früchte“ seiner früheren Wünsche und Handlungen. Dies nennt man Prarabdha-Karma. (In Entsprechung dazu werden die drei ersten Phasen des Karma zusammenfassend auch mit dem Sanskritausdruck aprarabdha oder noch nicht eingetroffene Reaktionen, d.h. „potentielles Glück und Leid“, benannt.)

    Wie der aufmerksame Leser sicherlich bemerkt hat, ist diese vierte Phase des Prarabdha-Karma auch das, was man im allgemeinen Gebrauch des Begriffes unter „Karma“ versteht. Ich werde in den nachfolgenden Betrachtungen dieses Buches der Einfachheit halber weiterhin nur das Wort „Karma“ benutzen, und sofern nichts anderes vermerkt wird, setze ich das Verständnis voraus, daß damit nur das Prarabdha-Karma gemeint ist. 

Vier Phasen des Karma 

• 1. Bija (Wunsch/Vorhaben; Reaktion in Samenform) 

     • 2. Kuta-stha (Entschluß; Reaktion am Keimen) 

          • 3. Phalonmukha (Handlung; Reaktion trägt Früchte) 

              • 4. Prarabdha (Reaktion wurde geerntet)

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