Das NEUE TESTAMENT von J. Greber
Das Neue Testament
 
Das
Neue Testament

aus dem Altgriechischen neu übersetzt


 von Johannes Greber

Johannes Greber
Johannes Greber
*Mai 1874 . †März 1944


Die Heilsbotschaft
nach dem Bericht des

  

 Matthäus

 

Kapitel 1

 
1 Folgendes ist der Stammbaum Jesu; - des Messias, zum Beweis, dass er ein Nachkomme Davids und Abrahams ist.2 Abraham war der Vater Isaaks, Isaak der Vater Jakobs, Jakob der Vater des Juda und seiner Brüder. 3 Juda war der Vater des Perez und des Serah; ihre Mutter hieß Thamar. Perez war der Vater Hezrons, Hezron der Vater Rams. 

4 Ram war der Vater Aminadabs, Aminadab der Vater Nahsons, Nahson der Vater Salmons. 5 Salmon war der Vater des Boas, dessen Mutter Rahab hieß. Boas war der Vater Jobeds; seine Mutter hieß Ruth. Jobed war der Vater des Isai. 6 Isai war der Vater des Königs David. David war der Vater des Salomo; die Mutter war die Frau des Uria.

 

7 Salomo war der Vater des Rehabeam, Rehabeam der Vater des Abia, Abia der Vater des Asa. 8 Asa war der Vater Josaphats, Josaphat der Vater Jorams, Joram der Vater des Ussia. 9 Ussia war der Vater Jothams, Jotham der Vater des Ahas, Ahas der Vater des Hiskia. 10 Hiskia war der Vater des Manasse, Manasse der Vater des Amos, Amos der Vater des Josia. 11 Josia war der Vater des Jojakim und seiner Brüder; sie lebten zur Zeit der Babylonischen Gefangenschaft.

 

12 Nach der Babylonischen Gefangenschaft wurde Jojakim der Vater des Sealthiel. Sealthiel war der Vater Serubabels. 13 Serubabel war der Vater Abihuds, Abihud der Vater Eljakims, Eljakim der Vater Asors. 14 Asor war der Vater Zadoks, Zadok der Vater Achims, Achim der Vater Eliuds. 15 Eliud war der Vater Eleasars, Eleasar der Vater Matthans, Matthan der Vater Jakobs.

 

16 Jakob war der Vater des Joseph; und Joseph war der Mann der Maria; aus seinem Samen gebar sie Jesus, den Messias. 17 Wie man sieht, hat der Stammbaum von Abraham bis David vierzehn Glieder, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft ebenfalls vierzehn und von der Babylonischen Gefangenschaft bis auf den Messias nochmals vierzehn.

 

18 Die Menschwerdung des Messias hatte folgenden Verlauf: Seine Mutter Maria war mit Joseph verlobt. Vor ihrer Heirat stellte es sich jedoch heraus, dass sie unter Mitwirkung eines heiligen Geistes in Hoffnung war. 19 Joseph war ein gottesfürchtiger Mann und wollte sie nicht der öffentlichen Schande preisgeben. Er entschloss sich daher, die Verlobung in aller Stille aufzuheben.

 

20 Als er über die Ausführung seines Entschlusses nachdachte, gewahrte er im Zustand des Hellsehens einen Geisterboten des Herrn. Dieser sagte zu ihm: "Joseph, Sohn Davids, nimm ohne Bedenken Maria zur Frau! Denn die in ihr erfolgte Zeugung geschah unter Mitwirkung eines heiligen Geistes. 21 Doch der Sohn, den sie gebären wird, ist von deinem Samen; darum sollst du ihm auch den Namen geben und ihn 'Jesus' (Erlöser) nennen. Denn er ist es, der sein Volk von der Sünde des Abfalls erlösen wird."

 

22 Dies alles ist geschehen, damit auch hier die Worte in Erfüllung gingen, die der Herr durch den Propheten Jesaja hatte verkünden lassen: 23 "Siehe, die junge Frau wird in Hoffnung kommen und. einen Sohn gebären, den man 'Immanuel' nennen wird", was in der Übersetzung 'Gott mit uns' bedeutet.

 

24 Als die Erscheinung vorüber war, führte Joseph den Auftrag aus, den ihm der Bote des Herrn überbracht hatte. Er nahm Maria zur Frau. 25 Er hatte solange keinen Geschlechtsverkehr mit ihr, bis sie den ersten Sohn geboren hatte, der aus seinem Samen gezeugt worden war, und dem er den Namen "Jesus" gab.

 

Kapitel 2  

 

1 Die Geburt Jesu erfolgte zu Bethlehem im Lande Judäa unter der Regierung des Königs Herodes. Da kamen Magier aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: 2 "Wo ist derjenige geboren worden, der zum König der Juden bestimmt ist? Wir haben nämlich seinen Stern vor uns aufsteigen sehen und sind ihm hierher gefolgt, um ihm unsere Huldigung zu bezeigen."

 

3 Bei dieser Kunde erschrak der König Herodes und ganz Jerusalem mit ihm. 4 Er ließ alle Oberpriester und Schriftgelehrten des Volkes versammeln und suchte von ihnen zu erfahren, wo der König geboren werden solle, der vom Herrn zum Erlöser gesalbt sei.

 

5 Sie gaben ihm zur Antwort: "Zu Bethlehem im Lande Judäa. Denn so steht es beim Propheten geschrieben: 6 'Du, Bethlehem im Lande Judäa, bist nicht die unbedeutendste unter Judas Fürstenstädten; denn aus dir wird ein König hervorgehen, der mein Volk Israel als Hirte führen wird.'"

 

7 Hierauf rief Herodes die Magier heimlich zu sich und ließ sich von ihnen die Zeit ganz genau angeben, wann ihnen der Stern erschienen sei. 8 Dann schickte er sie nach Bethlehem und gab ihnen die Weisung: "Gehet hin und forschet mit aller Sorgfalt nach dem Kinde.

 

Sobald ihr es gefunden habt, teilt es mir sofort mit, damit auch ich komme, um ihm zu huldigen." 9 Darauf verabschiedeten sie sich vom König und machten sich auf den Weg. Und siehe da, der Stern, den sie früher hatten aufsteigen sehen, ging wieder als Führer vor ihnen her bis zu der Stelle, wo sich das Kind befand. Da blieb er stehen. 10 Als sie den Stern stillstehen sahen, empfanden sie eine unaussprechliche Freude.

 

11 Sie traten in die Behausung ein und trafen darin das Kind mit seiner Mutter Maria. Sie fielen vor ihm nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und gaben ihm als Geschenke Gold, Weihrauch und Myrrhe. 12 Durch eine Geisterkundgebung erhielten sie die Weisung, nicht mehr zu Herodes zurückzukehren. Sie gingen daher auf einem andern Weg in ihre Heimat zurück.

 

13 Als sie fort waren, erblickte Joseph im Zustand des Hellsehens einen Geisterboten des Herrn. Dieser sagte zu ihm: "Auf! Nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Ägypten! Bleibe dort, bis ich dir weiteren Bescheid gebe. Herodes will nämlich das Kind suchen lassen, um es zu töten."

 

14 Als die Erscheinung geschwunden war, nahm Joseph noch während der Nacht Mutter und Kind und floh nach Ägypten. 15 Dort blieb er bis zum Tode des Herodes. So erfüllte sich auch hier das Wort, das der Herr durch den Propheten hatte verkünden lassen: "Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen."

 

16 Als nun Herodes sah, dass er von den Magiern getäuscht worden war, geriet er in große Aufregung. Er sandte seine Leute aus und ließ in Bethlehem, sowie in der ganzen Umgebung des Ortes, alle Kinder umbringen, die zwei Jahre und darunter alt waren, entsprechend den genauen Zeitangaben, die er sich von den Magiern hatte machen lassen.

 

17 So erfüllte sich auch hier das Wort, das der Herr durch den Propheten Jeremia vorausverkünden ließ: 18 "Ein Geschrei hörte man in Rama, lautes Weinen, Jammern und Weheklagen. Rachel weint um ihre Kinder und ist untröstlich, weil sie nicht mehr am Leben sind."

 

19 Nach dem Tode des Herodes erschien dem Joseph in Ägypten ein Geisterbote des Herrn, den er hellsehend wahrnahm und der zu ihm sagte: 20 "Auf! Nimm das Kind und seine Mutter und ziehe in das Land Israel; denn die sind tot, die dem Kinde nach dem Leben trachteten." 21 Da stand Joseph auf, nahm Mutter und Kind und kehrte in das Land Israel zurück.

 

22 Als er jedoch erfuhr dass Archelaus anstelle seines Vaters Herodes König in Judäa sei, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Infolge einer Weisung, die ihm durch eine Geisterkundgebung zuteil geworden war, begab er sich in die Landschaft Galiläa. 23 Dort ließ er sich in einer Stadt namens Nazareth nieder. So ging das Prophetenwort in Erfüllung: "Er wird ein Nazarener genannt werden."   

 

Kapitel 3

 

1 Es kam die Zeit, wo Johannes der Täufer auftrat. Er predigte in der armen Gebirgsgegend von Judäa. 2 Seine Mahnung lautete: "Ändert eure Gesinnung; denn die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes steht nahe bevor!" 3 Auf ihn bezieht sich nämlich das Wort des Propheten Jesaja: "Man hört in der armen Gebirgsgegend die Stimme eines Mannes, der ruft: 'Bereitet dem Herrn den Weg zu euch; bringet die Pfade in Ordnung, auf denen er kommt.'"

 

4 Johannes trug ein Gewand von Kamelhaaren und einen Ledergürtel um seine Hüften. Seine Nahrung bestand in Heuschrecken und wildem Honig. 5 Aus Jerusalem und Judäa und der Gegend um den Jordan strömte alles zu ihm hinaus. 6 Die Leute ließen sich von ihm im Jordan taufen; dadurch wollten sie sich öffentlich zum Glauben an seine Lehre und als Sünder bekennen.

 

7 Da bemerkte er, wie viele Pharisäer und Saduzäer sich als Gegner seiner Taufe bei ihm einfanden. Ihnen trat er mit den Worten entgegen: "Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch in den Wahn versetzt, als könntet ihr dem bevorstehenden Strafgericht entrinnen? 8 Auch ihr habt eure Gesinnung zu ändern und dies durch entsprechende Taten zu beweisen.

 

9 Sucht euer Gewissen ja nicht damit zu beruhigen, dass ihr sagt: 'Wir haben Abraham zum Vater.' Denn ich versichere euch: Gott kann aus den Felsen,  die ihr da sehet, dem Abraham Kinder erwecken. 10 Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird  samt der Wurzel ausgehauen und ins Feuer geworfen.

 

11 Ich kann euch als  äußeres Zeichen eurer Gesinnungsänderung nur in Wasser untertauchen. Aber nach mir kommt einer, der mehr Macht hat als ich. Im Vergleich zu ihm bin ich nicht einmal wert, ihm die Sandalen von den Füßen zu lösen. Dieser wird euch in die Kraftwellen eines heiligen Geistes und in Feuer untertauchen.

 

12 Er hat seine Wurfschaufel in der Hand und wird seine Tenne gründlich reinigen. Die Getreidekörner wird er auf seinen Speicher schütten, die Spreu aber in einem Feuer verbrennen, das nicht eher erlischt, als bis alle Spreu verbrannt ist." 13 Eines Tages kam auch Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen.

 

14 Der aber wollte es ihm wehren und sagte: "Ich müsste von dir getauft werden - und du kommst zu mir?" 15 Doch Jesus entgegnete ihm: "Lasst es ruhig zu! Denn es geziemt uns beiden, alles zu erfüllen, was recht ist in den Augen Gottes."

 

Da gab Johannes nach. Während Jesus untergetaucht wurde, leuchtete ein gewaltiger Lichtschein aus dem Wasser hervor, so dass alle Anwesenden in Furcht gerieten. 16 Als die Taufe zu Ende war, stieg Jesus sofort aus dem Wasser heraus.

 

Da tat sich der Himmel auf, und Jesus sah, wie der Geist Gottes in Gestalt einer Taube hernieder kam und sich auf ihn herabsenkte. 17 Und eine Stimme rief ihm vom Himmel her zu: "Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen hatte."

 

Kapitel 4

 

1 Hierauf würde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden. 2 Er fastete dort vierzig Tage und vierzig Nächte. Schließlich war er dem Verhungern nahe. 3 Nun trat der Versucher an ihn heran und sagte: "Bist du ein Sohn Gottes, so sprich das Wort, durch das diese Steine zu Brot werden."

 

4 Er aber erwiderte: "Es steht geschrieben: 'Nicht das Leben, das nur durch den Genuss der irdischen Speise erhalten wird, soll der Mensch sich zu bewahren suchen, sondern jenes Leben, das auf der Beobachtung jedes Gebotes beruht, das Gott verkünden lässt.'" 5 Hierauf nahm ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt, stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm:

 

6 "Bist du ein Sohn Gottes, so stürze dich hinab! Denn es steht geschrieben: 'Er wird seinen Geisterboten deinetwegen den Auftrag geben, dich auf den Händen zu tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.'" 7 Jesus gab ihm zur Antwort: "Es steht aber auch geschrieben. 'Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.'" -

 

8 Nochmals nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg, zeigte ihm alle Reiche des Weltalls mit ihrer Herrlichkeit und sprach zu ihm: 9 "Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich als deinen Herrn anerkennst." 10 Da rief ihm Jesus die Worte zu: "Geh mir aus den Augen, Satan! Denn es steht geschrieben: "Nur den Herrn, deinen Gott, sollst du als deinen Herrn anerkennen und ihm allein dienen.'"

 

11 Nun verließ ihn der Teufel. Und siehe, Geisterboten Gottes kamen zu Jesus und brachten ihm Speise. 12 Als Jesus erfuhr, dass man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück. 13 Er verlegte seinen Wohnsitz von Nazareth nach Kapernaum. Diese Stadt liegt am See, im Grenzgebiet von Sebulon und Nephtali.

 

14 So ging das Wort des Propheten Jesaja in Erfüllung: 15 "Das Land Sebulon und das Land Nephtali, das an den See grenzt, das Land jenseits des Jordan, das Galiläa der Heiden, 16 das Volk, das in Finsternis sitzt, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die da wohnen im Lande und Schatten des geistigen Todes der Trennung von Gott, ist ein Licht aufgegangen."

 

17 Von jetzt an begann Jesus seine Lehrtätigkeit. Seine Predigt enthielt die Mahnung: "Ändert eure Gesinnung! Denn die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes steht nahe bevor." 18 Als er eines Tages dem Ufer des Galiläischen Sees entlang ging, sah er zwei Brüder, die im See ihr Netz auswarfen.

 

Denn sie waren Fischer. Der eine davon war Simon, der auch Petrus genannt wird, der andre sein Bruder Andreas. 19 Jesus sagte zu ihnen: "Kommt, gehet mit mir! Ich will euch zu Menschenfischern machen." 20 Da ließen sie sogleich ihre Netze im Stich und gingen mit ihm. 21 Beim Weitergehen traf er zwei andere Brüder: Jakobus, den Sohn des Zebedäus und seinen Bruder Johannes. Sie saßen bei ihrem Vater im Boot und flickten ihre Netze. Jesus rief sie zu sich.

 

22 Sofort verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten ihm. 23 Jesus zog dann in ganz Galiläa umher, lehrte in den dortigen Synagogen, verkündigte die Heilsbotschaft vom Reiche Gottes und heilte alle unter dem Volke vorkommenden Krankheiten und Gebrechen. 24 Sein Ruf verbreitete sich über ganz Syrien.

 

Man brachte alle zu ihm, die an den verschiedensten  Krankheiten litten und mit sonstigen schmerzhaften Übeln behaftet waren; auch von bösen Geistern Besessene; unter diesen waren auch solche, die infolge ihrer Besessenheit die Fallsucht hatten oder vollständig gelähmt waren; und er heilte sie. 25 Daher folgten ihm große Scharen aus Galiläa und dem Gebiet der Zehn Städte, sowie aus Jerusalem, Judäa und dem Ostjordanlande.

 

Kapitel 5

 

1 Als Jesus dieser Scharen ansichtig wurde, bestieg er den nächsten Hügel und setzte sich dort nieder. Seine Jünger nahmen an seiner Seite Platz. 2 Dann begann er seine Belehrungen und hielt ihnen folgende Predigt: 3 "Glücklich zu preisen sind die, deren Geist sich bettelarm vor Gott fühlt; denn die Geisterwelt Gottes tritt mit ihnen in Verbindung."

 

4 "Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen; denn sie werden den ihnen zukommenden Anteil an irdischem Glück genießen." 5 "Glücklich zu preisen sind die, welche über die Gottentfremdung der Welt trauern; denn sie sollen getröstet werden." 6 "Glücklich zu preisen sind die, welche das sehnlichste Verlangen haben, Gott wohlgefällig zu werden; denn ihr Verlangen wird gestillt werden."

 

7 "Glücklich zu preisen sind die Barmherzigen; denn sie werden auch für sich Barmherzigkeit erlangen." 8 "Glücklich zu preisen sind, deren Herz rein ist; denn sie werden in ihrem Leben die Nähe Gottes fühlen." 9 "Glücklich zu preisen sind, die den Frieden bringen; denn sie werden Kinder Gottes heißen."

 

10 "Glücklich zu preisen sind, die um des Rechten willen verfolgt werden; denn die Geisterwelt Gottes tritt mit ihnen in Verbindung." 11 "Glücklich zu preisen seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und euch alles  Schlechte nachsagt, weil ihr das Rechte tut.

 

12 Freuet euch und jubelt; denn euer Lohn im Jenseits wird groß sein. Auf gleiche Weise hat man auch die Werkzeuge Gottes verfolgt, die vor euch lebten." 13 "Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz schal würde, womit könnte man es wieder zu Salz machen? Es wäre dann weiter nichts mehr wert, als dass es auf die Straße geworfen und von den Leuten zertreten würde."

 

14 "Ihr seid das Licht der Welt. Liegt eine Stadt, vom Sonnenlicht umstrahlt, auf der Spitze eines Berges, so kann sie nicht verborgen bleiben. 15 Wenn man ein Licht anzündet, so stellt man es nicht unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet es allen Hausbewohnern.

 

16 So soll auch euer Licht den Menschen eine Leuchte sein. Sie sollen eure guten Werke sehen und dadurch veranlasst werden, euren himmlischen Vater zu ehren und zu preisen."17 "Denkt ja nicht, dass ich gekommen sei, um das abzuschaffen, was das Gesetz und die Propheten lehren. Nein, ich bin nicht gekommen, um abzuschaffen, sondern um zu erfüllen.

 

18 Und ich versichere euch mit aller Bestimmtheit: Bis zu dem Augenblick, wo das Himmelsgewölbe und die Erde die jetzige Daseinsform verlieren, wird am Gesetz nicht der kleinste Buchstabe und nicht ein einziges Strichlein geändert werden. Alles muss vorher erfüllt sein.

 

19 Wer also ein einziges von diesen Geboten - und wäre es das kleinste - aufhebt und die Menschheit die Aufhebung lehrt, der wird als der Geringste im Jenseits gelten. Wer aber alles erfüllt und die Menschheit entsprechend lehrt, der wird im Jenseits groß dastehen.

 

20 Ich sage euch jedoch: Solange es mit eurem Rechttun nicht besser bestellt ist als mit dem der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr mit der Geisterwelt Gottes nicht in Verbindung kommen."

 

21 "Ihr habt gehört, dass den Urvätern gesagt wurde: 'Du sollst nicht töten'; ferner: Wer tötet, soll dem Strafurteil verfallen'. 22 Ich dagegen lehre euch: Wer seinem Bruder ohne Grund zürnt, soll schon dem Strafurteil verfallen. Und wer zu seinem Bruder sagt: 'Du Narr', der soll vor den hohen Rat gestellt werden. Und wer ihn 'du von Gott Verstoßner' schimpft, der soll der Feuerhölle verfallen."

 

23 "Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, 24 so lass deine Gabe dort vor dem Altar, gehe zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder und dann komm und opfere deine Gabe.

 

25 Zeige dem, der Grund zu einer Klage gegen dich hat, ohne Säumen deinen guten Willen, solange dir der Weg zur Versöhnung mit ihm offen steht; sonst möchte dem Gegner dich vielleicht vor den Richter bringen, und der Richter dich dem Gerichtsdiener zur Strafvollstreckung übergeben. Du würdest dann ins Gefängnis geworfen; 26  und ich kann dir versichern, dass du dort nicht mehr herauskommen würdest, bis du den letzten Pfennig bezahlt hättest."

 

27 Ihr kennt das Gebot: 'Du sollst nicht ehebrechen!' - 28 Ich aber lehre euch, dass jeder, der die Frau eines andern auch nur mit dem Verlangen anschaut, geschlechtlich mit ihr zu verkehren, in seinem Herzen den Ehebruch bereits begangen hat. - 29 Wenn daher dein bestes Auge dir Anlass zu dieser Sünde ist, so reiß es aus und wirf es von dir.

 

30 Denn es ist besser für Dich, dass eins deiner Glieder verloren gehe, als dass dein ganzer Leib in die Hölle komme." 31 "Eine andere Bestimmung lautet: 'Wer sich von seiner Frau scheiden will, soll ihr einen Scheidebrief geben'.

 

32 Ich dagegen sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn, weil sie sich mit einem andern vergangen hat, - der ist schuld, dass sie die Buhlerin eines andern wird." 33 "Ihr habt ferner gehört, dass zu den Urvätern gesagt wurde: 'Ein eidliches Versprechen darfst du nicht brechen, sondern musst das halten, was du unter Anrufung des Herrn versprochen hast.'

 

34 Ich aber lehre euch: Ihr dürft eure Versprechen überhaupt nicht durch einen Eidschwur bekräftigen; nicht durch einen Schwur bei dem Himmel; denn er ist der Thron Gottes; 35 nicht durch einen Schwur bei der Erde; denn sie ist seiner Füße Schemel; nicht durch einen Schwur bei Jerusalem; denn sie ist die Stadt des großen Königs.

 

36 Nicht einmal bei deinem Haupte sollst du einen solchen Schwur leisten; denn du vermagst kein einziges deiner Haupthaare weiß oder schwarz zu machen. 37 Aber euer einmal gegebenes Ja-Wort soll auch ein Ja-Wort bleiben und darf nicht in ein "Nein" umgeändert werden; denn Leute, die ihr Wort nicht halten, haben ein überreiches Maß an Unannehmlichkeiten von dem zu erwarten, dem sie durch ihren Wortbruch Mühsal bereitet haben.

 

38 Wenn ihr auch gehört habt, dass man den Satz geltend machte: 'Aug um Auge, - Zahn um Zahn!' - 39 so lehre ich euch jedoch, demjenigen nicht feindlich entgegenzutreten, dem ihr durch euren Wortbruch selbst Mühsal bereitet habt; sondern wenn dich ein solcher auf die eine Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.

 

40 Und will er mit dir wegen deines Gewandes, das du ihm versprochen hattest, einen Prozess führen, dann überlasse ihm auch den versprochenen Mantel. 41 Und zwingt er dich, eine Meile weit sein Gepäck zu tragen, wie es vereinbart war, dann begleite ihn lieber noch zwei weitere Meilen. 42 Wer dich um das Versprochene bittet, dem gib es; und wer zu dir kommt, um das zugesagte Darlehn in Empfang zu nehmen, dem kehre nicht den Rücken."


43 "Ihr habt gehört, dass gesagt wurde: 'Du sollst dich dessen liebevoll annehmen, der dir nahe steht, aber dich um den nicht kümmern, der dir nicht wohlgesinnt ist!' - 44 Ich aber sage euch: Nehmt euch auch derer liebevoll an, die euch nicht wohlgesinnt sind; sprecht vernünftig mit denen, die Verwünschungen gegen euch ausstoßen; tut auch denen Gutes, die sich um euch nicht kümmern und betet für die, welche euch beleidigen und verfolgen!

 

45 Dadurch werdet ihr euch als Kinder eures himmlischen Vaters erweisen. Denn auch er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gottesfürchtige und Gottlose. 46 Wenn ihr nämlich nur die liebet, die euch lieben, welchen besonderen Lohn könnt ihr dafür beanspruchen? Tun dies nicht auch die Zöllner?

 

47 Und wenn ihr nur eure Freunde grüßt, was tut ihr da Besonderes? Machen es die Ungläubigen nicht ebenso? 48 Eure Liebe soll daher alle umfassen, wie ja auch die Liebe eures himmlischen Vaters sich auf alle erstreckt."

 

Kapitel 6

 

1 "Achtet darauf, dass ihr eure Almosenspenden nicht so augenfällig verabreicht, um ja von den Leuten gesehen zu werden. Sonst habt ihr keinen Lohn davon bei eurem himmlischen Vater. 2 Wenn du daher Almosen geben willst, so lass es nicht vor dir her ausposaunen, wie es die Heuchler in den Synagogen und an den verkehrsreichen Plätzen zu tun pflegen, um bei den Menschen Anerkennung zu finden. Ich versichere euch: Sie haben damit bereits ihren Lohn.

 

3 Wenn du Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut, 4 damit deine Mildtätigkeit verborgen bleibt; und dein Vater, der auch das sieht, was im Geheimen geschieht, wird es dir lohnen. 5 Und wenn du betest, sollst du es nicht machen, wie die Heuchler. Diese stellen sich bei ihrem Beten gern in die Synagogen und an die Straßenkreuzungen, um ja von den Leuten gesehen zu werden. Ich sage euch: Sie haben damit bereits ihren Lohn.

 

6 Du aber geh zum Beten in deine Kammer, schließe die Türe zu und bete zu deinem Vater still für dich; und dein Vater, der auch das sieht, was im Verborgenen geschieht, wird es dir vergelten. 7 Beim Beten sollt ihr nicht gedankenlos plappern, wie die Götzendiener. Denn diese meinen Erhörung zu finden, wenn sie viele Worte machen.

 

8 Ahmt sie also nicht nach! Euer Vater weiß ja, was ihr nötig habt, bevor ihr noch euren Mund zum Gebet öffnet. 9 Folgendermaßen nun sollt ihr beten: 10 "Unser Vater im Himmel! Geheiligt werde dein Name! Dein Geisterreich komme zu uns! Dein Wille geschehe im Jenseits und im Diesseits! 11 Gib uns heute unser Brot für morgen!

 

12 Vergib uns unsere Verfehlungen, wie auch wir denen vergeben, die sich gegen uns verfehlt haben! 13 Und sei du, o Herr, doch unser Führer in den Versuchungen, und befreie uns von dem Bösen! - 14 Sobald ihr nämlich euren Mitmenschen ihre Verfehlungen vergebet, wird euer himmlischer Vater auch euch Verzeihung gewähren. 15 Wenn ihr aber den Mitmenschen nicht verzeiht, dann wird euer Vater auch eure Sünden nicht verzeihen."

 

16 "Wenn ihr fastet, sollt ihr kein verhärmtes Gesicht machen, wie die Heuchler; denn diese schauen dabei vergrämt drein, damit die Leute ihnen das Fasten anmerken sollen. Ich sage euch: Sie haben damit schon ihren Lohn. 17 Wenn du fastest, dann salbe dir das Haupt und wasche dein Gesicht, 18 damit die Leute dein Fasten nicht merken.

 

Nur dein Vater soll es im Geheimen sehen; und er, der auch die geheimsten Taten kennt, wird es dir vergelten. 19 Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo keine Diebe einbrechen und stehlen können.

 

21 Denn wo deine Schätze sind, da wird auch dein Herz sein. 22 "Die Leuchte des Leibes ist das Auge. Wenn nun dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer Leib für dich von Licht umgeben sein. 23 Ist dein Auge aber schlimm erkrankt, dann ist dein ganzer Leib für dich in Dunkel gehüllt. Wenn also das, was dir innerlich als Licht dienen soll, in Finsternis gehüllt ist, wie groß muss dann die geistige Finsternis bei dir sein!"

 

24 "Kein Knecht kann gleichzeitig zwei Herren dienen. Denn er wird entweder den einen vernachlässigen und die Dienste des andern verrichten, oder zu dem einen halten und den andern geringschätzig beiseite setzen. Ihr könnt nicht Knechte Gottes und gleichzeitig Sklaven des Geldes sein."

 

25 "Darum sage ich euch: Machet euch keine Sorgen wegen eures Lebensunterhaltes, noch auch wegen der für den Körper nötigen Kleidung. Ist nicht das Leben wertvoller als die Nahrung und der Körper wertvoller als die Kleidung? 26 Sehet euch die Vögel des Himmels an! Sie säen nicht und ernten nicht und speichern keine Vorräte auf. Und doch gibt ihnen euer himmlischer Vater ihre Nahrung. Seid ihr denn nicht ebensoviel wert als sie?

 

27 Wer von euch ist imstande, mit all seinen Sorgen die für ihn festgesetzte Lebenszeit auch nur um eine Spanne zu verlängern? 28 Und warum macht ihr euch um die Kleidung Sorgen? Betrachtet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht und spinnen nicht; 29 und doch kann ich euch sagen, dass Salomo in seiner vollen Pracht nicht so herrlich gekleidet gewesen, wie eine von ihnen.

 

30 Wenn nun Gott die Blume auf dem Felde, die heute blüht und morgen in den Ofen geworfen wird, so herrlich kleidet, wird er das nicht in gleicher Weise bei euch tun, ihr Kleingläubigen? 31 Darum sollt ihr nicht sorgenvollen Herzens fragen: Was sollen wir essen? oder: Was sollen wir trinken? oder: Was sollen wir anziehen?

 

32 Das alles sind Dinge, um die sich nur diejenigen aufregen, die keinen Glauben und kein Gottvertrauen besitzen. Euer himmlischer Vater weiß doch, dass ihr das alles nötig habt. 33 Strebet also zuerst danach, auf den Weg zu Gott zu kommen und das zu tun, was ihm wohlgefällig ist. Dann wird euch alles andere als Zugabe dazu gewährt werden.

 

34 So machet euch denn keine Sorgen um das 'Morgen'. Denn das 'Morgen' wird seine eigenen Sorgen mit sich bringen. Das 'Heute' hat an seiner eigenen Mühsal schwer genug zu tragen."

 

Kapitel 7

 

1 "Verurteilt andere nicht, damit ihr nicht selbst verurteilt werdet! 2 Denn dasselbe Urteil, das ihr über andere fällt, wird auch über euch gefällt werden, und mit demselben Maße, mit dem ihr bei andern messet, wird auch bei euch gemessen werden.

 

3 Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, und den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht! 4 Oder wie darfst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge ziehen, während der Balken in deinem eigenen Auge steckt?

 

5 Du Heuchler! Ziehe zuerst aus deinem Auge den Balken; dann magst du sehen, wie du aus deines Bruders Auge den Splitter ziehst.

 

6 Gebt das Heilige nicht den Hunden preis und werfet eure Perlen nicht den Schweinen vor; sonst könnten diese sie zwischen ihren Füßen zermalmen und sich dann gegen euch wenden und euch zerreißen."

 

7 "Bittet um die Erkenntnis, und sie wird euch gegeben werden; suchet Gott, und ihr werdet ihn finden; klopft an das Tor des Geisterreiches Gottes, und es wird euch geöffnet werden. 8 Denn jeder, der um die Erkenntnis bittet, empfängt sie; wer Gott sucht, der findet ihn, und wer an das Tor des Geisterreiches Gottes anklopft, dem wird es geöffnet.

 

9 Oder findet sich jemand unter euch, der seinem Sohn einen Stein gäbe, wenn dieser ihn um Brot bittet? 10 Oder der ihm eine Schlange reichte, wenn jener um einen Fisch gebeten hat? 11 Wenn nun ihr als sündhafte Menschen dennoch die Gesinnung habt, euren Kindern nur gute Gaben zu verabreichen, um wie viel mehr wird euer himmlischer Vater nur Gutes denen geben, die ihn darum bitten. -

 

12 In allem behandelt eure Mitmenschen so, wie ihr wünscht, dass sie euch behandeln möchten. Das ist der ganze Inhalt der Lehre, die in dem Gesetz und den Propheten enthalten ist." 13 "Tretet ein durch die enge Pforte! Denn der Weg, der zum Tor des Verderbens führt, ist breit und mit großen Reigenplätzen versehen, und viele sind's, die auf ihm dahinziehen.

 

14 Wie schmal und unbequem dagegen ist der Pfad, der zur engen Pforte des Lebens führt, und nur wenige sind es, die ihn finden." 15 "Haltet euch fern von der Verbindung mit den bösen Geistern! Diese kommen in Schafskleidern zu euch, inwendig aber sind sie raubgierige Wölfe. 16 An ihren Taten werdet ihr sie erkennen. Kann man etwa Trauben von Dornbüschen lesen und Feigen von Disteln ernten?

 

17 So bringt jeder gesunde Baum gute Früchte, und ein verdorbener Baum schlechte Früchte. 18 Ein gesunder Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen und ein verdorbener Baum keine guten. 19 Ein Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. 20 Also an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

 

21 Nicht jeder, der 'Herr, Herr' zu mir sagt, wird in das Himmelreich eingehen, sondern nur, wer den Willen meines himmlischen Vaters tut. 22 Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht unter Anrufung deines Namens gegessen und getrunken? Haben wir nicht in deinem Namen als Werkzeuge der Geisterwelt geredet?

 

Haben wir nicht unter Benutzung deines Namens böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in der Kraft deines Namens viele Wunder gewirkt? 23 Dann werde ich ihnen offen erklären: Ich habe euch niemals gekannt; hinweg von mir, ihr Übeltäter!" 24 "Jeder, der diese meine Worte hört und danach handelt, gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Felsen gebaut hatte.

 

25 Da strömte der Platzregen, und es kamen Wasserströme, es wehten die Stürme und stießen gegen das Haus; doch es stürzte nicht ein; denn sein Fundament stand auf Felsen. - 26 Und jeder, der diese meine Worte zwar hört, aber nicht danach, handelt, gleicht einem Toren, der sein Haus auf Sand gebaut hatte.

 

27 Es strömte der Platzregen, es kamen die Wasserfluten, es wehten die Stürme und stießen gegen das Haus. Da stürzte es unter gewaltigem Krachen zusammen."  28 Als Jesus diese Predigt beendigt hatte, war das Volk über seine Worte außer sich vor Staunen. 29 Denn er predigte wie einer, der über eine höhere Macht verfügt und ganz anders als ihre Schriftgelehrten.

 

Kapitel 8

 

1 Dann stieg er von der Anhöhe herab, und eine große Volksmenge folgte ihm. 2 Da begegnete ihm ein Aussätziger, warf sich vor ihm nieder und flehte: "Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen." 3 Jesus streckte seine Hand aus, berührte ihn und sprach: "Ich will, sei rein!" Da wurde er sofort von seinem Aussatz befreit.

 

4 Jesus aber gab ihm die Weisung: "Hüte dich, jemand etwas davon zu sagen, sondern gehe hin und stelle dich dem Priester vor und opfere die Gabe, die Mose zum Zeugnis der erfolgten Reinigung für sie bestimmt hat." 5 Hierauf kam er nach Kapernaum. Es trat ein Hauptmann mit einer Bitte an ihn heran:

 

6 "Herr", - sagte er - "mein Bursche liegt zu Hause gelähmt und hat schreckliche Schmerzen." 7 Jesus antwortete ihm: "Ich werde selbst kommen und ihn heilen." 8 Der Hauptmann entgegnete: "Herr, ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach kommst; sprich nur ein Wort, so wird mein Bursche gesund werden.

 

9 Ich bin ja auch ein Mann, der Vorgesetzten untersteht und habe Soldaten, die mir unterstellt sind. Sage ich zu einem: Gehe hin! so geht er; und zu einem andern: Komm her! so kommt er: und zu meinem Burschen: Tu dies! so tut er's."

 

10 Als Jesus diese Worte hörte, war er sehr erstaunt und sagte zu denen, die ihn begleiteten: "Ich sage euch, dass ich in Israel noch bei keinem einen solchen Glauben gefunden habe. 11 Und ich gebe euch die Versicherung, dass viele von Osten und Westen kommen und sich mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zum Mahle niedersetzen werden.

 

12 Aber die Kinder des Reiches werden draußen bleiben und in die Finsternis verwiesen werden. Dort wird lautes Jammern und Zähneknirschen sein." 13 Dann wandte sich Jesus mit den Worten an den Hauptmann: "Gehe heim! Wie du geglaubt hast, soll dir geschehen!" Und sein Bursche wurde in derselben Stunde gesund. Denn als der Hauptmann nach Hause kam, stellte er fest, dass sein Knecht in derselben Stunde geheilt worden war.

 

14 Von dort ging Jesus in das Haus des Petrus, wo er dessen Schwiegermutter krank vorfand. Sie lag zu Bett und hatte hohes Fieber. 15 Er fasste sie bei der Hand, und das Fieber wich. Sie stand auf und bediente ihn.

 

16 Am Abend brachte man viele Besessene zu ihm. Ein Wort von ihm genügte, und die Geister fuhren aus ihnen aus. Auch heilte er alle, die mit sonst einem Leiden behaftet waren. 17 So erfüllten sich die Worte des Propheten Jesaja: "Er ist es, der unsere Schwächen hinwegnahm und unsere Krankheiten beseitigte."

 

18 Als sich Jesus dann wieder von einer großen Volksmenge umdrängt sah, befahl er, an das jenseitige Ufer des Sees zu fahren. 19 Da trat ein Schriftgelehrter zu ihm und 20 redete ihn mit den Worten an: "Meister! Ich will dir folgen, wohin du auch gehen magst."

 

Jesus gab ihm zur Antwort: "Die Füchse haben Höhlen und die Vogel des Himmels haben Nester, aber der Menschensohn hat nicht soviel Eigentum, dass sein Haupt darauf ruhen könnte." - 21 Ein anderer von seinen Anhängern sagte zu ihm: "Herr, erlaube mir, zuerst hinzugehen und meinen Vater zu begraben."

 

22 Jesus erwiderte ihm: "Gehe du mit mir und lass die geistig Toten ihre geistig Toten begraben!" 23 Jesus bestieg dann ein Boot, und seine Jünger stiegen mit ihm ein. 24 Da erhob sich auf dem See ein gewaltiger Sturm, so dass die Wellen in das Boot schlugen. Er selbst aber schlief. 25 Da traten die Jünger an ihn heran und weckten ihn mit den Ruf: "Herr, hilf uns - wir gehen unter!"

 

26 Er aber gab ihnen zur Antwort: "Warum seid ihr gleich so verzagt, ihr Kleingläubigen?" Dann stand er auf und drohte dem Sturm und der See; da wurde es ganz still. 27 Die Leute aber sprachen einander ihr Erstaunen aus. "Was ist das für ein Mann," sagten sie - "ihm gehorcht sogar der Sturm und die See?"

 

28 Jetzt kam er an das jenseitige Ufer in das Gebiet der Gadarener. Dort traten ihm zwei Besessene entgegen. Sie kamen eben aus den Grabkammern heraus. Es waren so gemeingefährliche Menschen, dass niemand es wagte, diesen Weg zu gehen. 29 Bei seinem Anblick schrieen sie laut: "Was willst  du von uns, Sohn Gottes? Bist du hierher gekommen, um uns vor der Zeit zu quälen?"

 

30 Zufällig weidete in ziemlich weiter Entfernung von ihnen eine große Herde Schweine. 31 Da richteten die bösen Geister die Bitte an ihn: "Wenn du uns austreiben willst, so gestatte uns, in jene Schweineherde zu fahren." 32 Er gab ihnen zur Antwort: "Fahret in sie hinein!" Da traten sie aus den Besessenen aus und fuhren in die Schweine.

 

Die ganze Herde stürmte nun den Abhang hinunter in den See hinein und ertrank in den Wellen. 33 Die Hirten flohen und gelangten in die Stadt. Dort erzählten sie alles, auch das, was sich mit den Besessenen zugetragen hatte. 34 Da ging die ganze Bevölkerung Jesus entgegen. Als sie ihn traf, bat sie ihn dringend, doch ihr Gebiet zu verlassen.

 

Kapitel 9

 

1 Infolgedessen bestieg er ein Boot, fuhr damit über den See und gelangte nach Kapernaum in sein Heim. 2 Dort brachte man ihm einen Gelähmten, der auf einem Bette lag. Als Jesus das gläubige Vertrauen der Leute sah, sagte er zu dem Gelähmten: "Sei guten Mutes, mein Sohn, deine Sünden werden dir vergeben."

 

3 Da dachten einige Schriftgelehrten bei sich: "Der lästert Gott!" 4 Jesus sah ihre Gedanken und sagte: "Warum denkt ihr Böses in eurem Herzen? 5 Was ist denn leichter, - zu sagen: 'deine Sünden werden dir vergeben' - oder zu sagen: 'steh auf und geh umher'?

 

6 Nun aber sollt ihr sehen, dass der Menschensohn Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu vergeben." "Steh auf!" - sagte er zu dem Gelähmten, - "Nimm dein Bettzeug und geh heim!" 7 Da stand dieser auf und ging nach Hause. 8 Als die Volksmenge das sah, geriet sie in Furcht und pries Gott, der den Menschen solche Macht gegeben hatte.

 

9 Als Jesus dann seine Wohnung verließ, kam er an der Zollstätte vorbei und sah einen Zöllner namens Matthäus dort sitzen. Er wandte sich mit den Worten an ihn: "Komm mit mir!" Da stand dieser auf und ging mit. 10 Während er nachher in dessen Hause zu Tische lag, kamen viele Zöllner und sonstige Leute, die in üblem Rufe standen, und nahmen mit Jesus und seinen Jüngern am Mahle teil.

 

11 Als die Pharisäer dies sahen, fragten sie seine Jünger: "Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und öffentlichen Sündern?" 12 Jesus hörte das und sagte: "Die Gesunden haben keinen Arzt nötig, sondern die Kranken. 13 Gehet hin und lernet das Wort verstehen: 'Barmherzigkeit verlange ich von euch und nicht Schlachtopfer.' Denn ich bin nicht gekommen, um Gottestreue zu Gott zurückzurufen, sondern von Gott Abgefallene."

 

14 Damals kamen die Jünger des Johannes zu ihm und richteten die Frage an ihn: "Warum fasten wir und die Pharisäer so viel, während deine Jünger überhaupt nicht fasten?" 15 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Man kann doch den Hochzeitsgästen nicht gut zumuten, zu fasten, solange der Bräutigam noch in ihrer Mitte weilt. Es werden jedoch Tage kommen, wo der Bräutigam von ihnen genommen ist; dann werden sie noch genug Fasttage haben.

 

16 Niemand setzt ein Stück neues Tuch auf ein altes Kleid. Denn der eingesetzte Flicken reißt doch von dem Kleide wieder ab, und es entsteht ein noch schlimmerer Riss. 17 Auch füllt man neuen Wein nicht in alte Schläuche; sonst sprengt der neue Wein die Schläuche auseinander. Wein und Schläuche sind dann verloren. Jungen Wein füllt man in neue Schläuche. Dann bleiben beide erhalten."

 

18 Während dieser Rede war ein Vorsteher an ihn herangetreten. Dieser warf sich nun vor ihm auf die Knie und flehte ihn an: "Ach, meine Tochter ist soeben gestorben. So komm doch und lege deine Hand auf sie, dann wird sie wieder zum Leben kommen." 19 Jesus stand auf und folgte ihm. Auch seine Jünger gingen mit.

 

20 In diesem Augenblick kam eine Frau, die schon zwölf Jahre am Blutfluss litt, von hinten an ihn heran und berührte die Quaste seines Mantels. 21 Denn sie sagte sich: "Wenn ich nur seinen Mantel berühre, so wird mir geholfen sein." 22 Jesus wandte sich um und sah sie. "Sei getrost, meine Tochter!" -sprach er - "Dein gläubiges Vertrauen hat dir Heilung gebracht." Und von dieser Stunde an trat nach und nach die vollständige Gesundung ein.

 

23 Als Jesus in das Haus des Vorstehers kam, traf er dort Flötenspieler und eine lärmende Menge an. 24 "Entfernt euch von hier!" - sagte er - "Denn das Mädchen ist nicht tot, sondern schläft." Da verlachten sie ihn. 25 Man schaffte die Menge hinaus. Da trat er zu der "Toten" und fasste sie bei der Hand. Sofort stand das Mädchen auf. 26 Die Kunde hiervon verbreitete sich in jener ganzen Gegend.

 

27 Während Jesus von dort weiter ging, folgten ihm zwei Blinde, die ihm zuriefen: "Sohn Davids, erbarme dich unser!" 28 Als er in seiner Wohnung angekommen war, kamen auch die Blinden dorthin. Jesus richtete die Frage an sie: "Habt ihr zu mir das Vertrauen, dass ich euch helfen kann?" Sie antworteten: "Ja, Herr!"

 

29 Da berührte er ihre Augen und sagte: "Gemäß eurem Vertrauen soll euch geschehen!" 30 Und sie wurden sehend. Jesus gab ihnen aber die strenge Weisung, dass niemand etwas davon erfahren dürfe. 31 Sobald sie jedoch draußen waren erzählten sie davon in der ganzen  Gegend.

 

32 Kaum waren sie fort, da brachte man ihm einen Menschen, der infolge von Besessenheit stumm war. 33 Jesus trieb den bösen Geist aus, und der Stumme konnte reden. Die Volksmenge kam nicht aus dem Staunen und sagte: "So etwas hat man noch niemals in Israel erlebt." Die Pharisäer aber sagten: 34 "Im Bunde mit dem Obersten der Teufel treibt er die bösen Geister aus."

 

35 So wanderte Jesus durch alle Städte und Dörfer, lehrte dort in den Synagogen, indem er die Heilsbotschaft vom Reiche Gottes predigte, und heute alle Krankheiten und Gebrechen.

 

36 Wenn er jedoch die Volksscharen ansah, fühlte er jedesmal tiefes Mitleid mit ihnen. Denn sie waren geistig abgehetzt und verwahrlost, wie Schafe, die keinen Hirten haben. 37 Darum pflegte er zu seinen Jüngern zu sagen: "Das Erntefeld ist groß, aber klein die Zahl der Arbeiter. 38 Bittet daher den Herrn der Ernte, er möge Arbeiter auf sein Erntefeld senden."

 

Kapitel 10

 

1 Eines Tages rief er zwölf von seinen Jüngern zu sich und gab ihnen die Vollmacht, unreine Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Gebrechen zu heilen. 2 Die Namen dieser zwölf Apostel sind: Zunächst Simon, der auch Petrus genannt wird, und sein Bruder Andreas; dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und dessen Bruder Johannes;
 
3 Phillippus und Bartholomäus; Thomas und der Zöllner Matthäus; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Lebbäus mit dem Beinamen Thaddäus; 4 Simon der Kananäer, und Judas Ischariot, derselbe, der ihn später verriet. 5 Die Zwölf sandte Jesus aus und gab ihnen folgende Weisung: "Betretet nicht die Wege, die zu der heidnischen Bevölkerung führen und besuchet keine samaritische Stadt. 

 

6 Gehet vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. 7 Auf eurer Wanderung sollt ihr davon predigen, dass die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes nahe bevorsteht. 8 Heilt Kranke, erweckt Tote, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus. Unentgeltlich habt ihr es empfangen, unentgeltlich sollt ihr es weitergeben.

 

9 Sucht nicht Gold, Silber oder Geldmünzen in eure Börse zu bekommen. 10 Nehmt keinen Reisesack mit auf den Weg; auch nicht zwei Unterkleider; keine Schuhe und keinen Stab. Denn der Arbeiter ist seines Unterhaltes wert.

 

11 Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommt, so prüfet, ob jemand darin für eure Botschaft reif ist. Bleibt dann bei ihm, bis ihr weiter ziehet. 12 Beim Eintritt in sein Haus gebrauchet den Gruß: 'Friede sei diesem Hause!' 13 Und wenn das Haus ihn verdient, dann soll euer Friedenswunsch bei ihm in Erfüllung gehen. Ist es aber dessen nicht wert, so soll euer Friedenswunsch seinen Segen auf euch selbst zurückstrahlen.
 
14 Wo sich aber überhaupt keiner findet, der euch aufnehmen und euch anhören will, da verlasset den Ort und schüttelt den Staub von euren Füßen. 15 Fürwahr, dem Volk von Sodom und Gomorrha wird es am Tage des Gerichtes erträglicher ergehen, als einem solchen Ort." 16 "Ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ganz ohne Falsch wie die Tauben."

 

17 "Nehmet euch aber vor den Menschen in acht. Denn sie werden euch vor die Gerichtshöfe stellen und euch in ihren Synagogen geißeln. 18 Auch vor Stadthalter werdet ihr um meinetwillen geführt werden, um vor ihnen und den Heiden Zeugnis für die Wahrheit abzulegen.
 
19 Wenn man euch an sie ausliefert, dann macht euch keine Sorgen darüber, wie oder was ihr reden sollt. Denn es werden euch in jener Stunde die rechten Worte eingegeben werden. 20 Ihr seid es ja nicht, die dann reden werden, sondern ein Geist eures Vaters ist es, der durch euch redet. -

 
21 Es wird der Bruder den Bruder zur Hinrichtung ausliefern, der Vater sein Kind; Kinder werden gegen die Eltern auftreten und schuld an ihrem Tode sein. 22 Ihr werdet von allen um meines Namens willen gehasst werden. Wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet werden.
 
23 Verfolgt man euch in die eine Stadt, dann flüchtet in die nächste. Treibt man euch auch aus dieser hinaus, dann fliehet nach einer dritten. Denn ich versichere euch, dass ihr bis zu dem Tage, wo der Menschensohn kommt, noch nicht in allen Städten Israels gewesen sein werdet."

 

24 "Der Jünger steht nicht über dem Meister und der Knecht nicht über seinem Herrn. 25 Der Jünger muss zufrieden sein, wenn es ihm ergeht wie seinem Meister, und der Knecht, wenn er das Schicksal seines Herrn an sich erfährt. Rufen sie dem Hausherrn 'Beelzebub' zu, wie viel mehr werden sie seine Hausgenossen so nennen.

 

26 Doch fürchtet euch nicht vor ihnen. Denn nichts ist so verborgen, es kommt an den Tag, und nichts so geheim, es kommt zur Kenntnis der Öffentlichkeit. 27 Was ich euch im Dunkel der Nacht anvertraue, das verkündet am helllichten Tage; und was ihr von mir unter vier Augen erfahret, das machet auf den Dächern bekannt."

 

28 "Fürchtet euch nicht vor denen, die wohl den Leib, aber nicht die Seele töten können. Fürchtet euch nur vor dem, der die Macht hat, Seele und Leib dem Verderben der Hölle zu überliefern. 29 Verkauft man nicht zwei Sperlinge für ein paar Pfennige. Und doch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne den Willen eures Vaters.

 

30 Bei euch sind selbst alle Haare eures Hauptes gezählt. 31 Darum seid ohne Furcht! Ihr seid doch nicht weniger wert als ein Haufen Sperlinge? 32 Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem himmlischen Vater bekennen. 33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem himmlischen Vater verleugnen."

 

34 "Denket nicht, dass ich gekommen sei, um mit Gewalt Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um bloß Frieden zu bringen, sondern auch das Schwert. 35 Denn mein Erscheinen ist dazu angetan, Zwiespalt hervorzurufen zwischen Sohn und Vater, zwischen Tochter und Mutter, zwischen Schwiegertochter und Schwiegermutter.

 

36 Feindschaft wird dem Menschen bei den eigenen Hausgenossen wegen mir entstehen. 37 Wer Vater und Mutter mir vorzieht, ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mir vorzieht, ist meiner nicht wert. 38 Wer das für ihn bestimmte Kreuz nicht tragen und mir nicht nachfolgen will, ist meiner nicht wert.

 

39 Wer nach irdischem Wohlleben trachtet, wird das Leben des Geistes verlieren, und wer das irdische Wohlleben um meinetwillen dran gibt, wird das geistige finden. 40 Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat.

 

41 Wer einen Menschen, durch den Gottes Geister sich kundgeben, deswegen bei sich aufnimmt, weil er in ihm ein Werkzeug Gottes erblickt, der wird auch denselben Lohn empfangen, der einem Werkzeug Gottes zukommt; und wer einen gottesfürchtigen Menschen wegen seiner Gottesfurcht aufnimmt, wird auch den Lohn erhalten, der einem Gottesfürchtigen zukommt.

 

42 Und wer einem von denen, die als die Geringsten angesehen werden, auch nur einen Trunk Wassers reicht, weil er in ihm meinen Jünger sieht, dem soll es fürwahr nicht unbelohnt bleiben."

 

Kapitel 11

 

1 Diese Mahnungen gab Jesus seinen zwölf Aposteln mit auf den Weg. Er selbst ging dann von dort aus in die verschiedenen Orte, um die Lehre der Heilsbotschaft zu predigen.2 Johannes hörte im Gefängnis von dem Wirken Jesu. Er sandte zwei von seinen Jüngern 3 und ließ ihn fragen: "Bist du es, der da kommen soll oder haben wir einen andern zu erwarten?"

 

4 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Geht und berichtet dem Johannes, was ihr hier seht und hört: 5 Blinde erhalten das Augenlicht wieder, Lahme können wieder gehen, Aussätzige werden rein, Taube haben ihr Gehör wieder, Tote kommen zum Leben und Arme nehmen die Heilsbotschaft an; 6 und glücklich zu preisen ist, wer sich durch nichts von mir trennen lässt."

 

7 Als diese sich wieder entfernt hatten, begann Jesus zum Volke über Johannes zu reden. "Was wolltet ihr sehen, als ihr damals in die Wüste hinausgezogen seid? Etwa ein Schilfrohr, das vom Winde hin und her geweht wird? 8 Oder wozu seid ihr hinausgezogen? Wolltet ihr einen Menschen in prunkvollen Gewändern sehen? Leute, die prunkvolle Gewänder tragen, sind in den Palästen der Könige. -

 

9 Oder was wolltet ihr da draußen sehen? Ein Werkzeug Gottes? Ja, ich sage euch: Er ist ein besonders großes Werkzeug Gottes. 10 Denn er ist es, von dem geschrieben steht: 'Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her; er soll dir den Weg  bereiten.'

 

11 Ich kann euch bezeugen, dass unter denen, die vom Weibe geboren wurden, keiner aufgetreten ist, der größer war als Johannes der Täufer. Und doch ist der, welcher nach ihm kam, in der Geisterwelt Gottes größer als er.

 

12 Zwar unterdrückt man seit dem Tage, wo Johannes der Täufer auftrat, bis auf diese Stunde mit Gewalt die Verbindung mit der Geisterwelt Gottes, und die, welche die äußere Macht dazu haben, reißen den Glauben an eine solche Verbindung aus dem Herzen des Volkes.

 

13 Und doch hatten schon vor Johannes alle die, welche als Werkzeuge Gottes sprachen, sowie das Mosaische Gesetz selbst, jene Verbindung bereits vorherverkündet. 14 Und wenn ihr es annehmen wollt: Johannes ist Elia, der wiederkommen sollte. 15 Wer das rechte Verständnis für meine Worte besitzt, der merke sie sich."

 

16 "Mit wem soll ich nun dieses Volk da vergleichen? Es ist Kindern gleich, die auf öffentlichen Plätzen sitzen und miteinander das Lied singen: 17 'Wir haben euch gepfiffen, doch ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder angestimmt; doch ihr habt nicht getrauert.' 18 Denn Johannes kam und aß nicht die gewöhnliche Speise und trank nicht die gewöhnlichen Getränke. Da sagten sie von ihm: Er ist vom Teufel besessen.

 

19 Dann kam der Menschensohn. Er isst und trinkt wie andere Menschen. Und nun sagen sie ihm nach: Seht diesen Fresser und Weinsäufer, diesen Freund der Zöllner und Dirnen! Und doch hat sich die von beiden gepredigte Weisheitslehre an ihren Früchten als die richtige erwiesen."

 

20 Gegen die Städte, die Zeugen seiner meisten Wundertaten gewesen waren, aber trotzdem ihre Gesinnung nicht geändert hatten, richtete er folgende Drohung: 21 "Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Wenn in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die in euren Mauern gewirkt wurden, sie hätten sich längst in Sack und Asche bekehrt.

 

22 Darum sage ich euch: Es wird Tyrus und Sidon am Tage der Abrechnung erträglicher ergehen als euch. 23 Und du Kapernaum, das du durch jene Wunder himmelhoch erhöht wurdest - bis zur Hölle musst du hinunter! Denn wenn in Sodom die Wunder geschehen wären, die in dir gewirkt wurden, es stände wohl heute noch.

 

24 Darum sage ich euch: Den Bewohnern des Gebietes von Sodom wird es am Tage der Abrechnung erträglicher ergehen als dir." 25 Da brach Jesus in die Worte aus: "Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies alles vor den sogenannten Weisen und

 

Klugen verborgen hieltest und es denen offenbartest, die für Toren gelten. 26 Ja, Vater, so pflegtest du es stets zu tun." 27 "Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; und niemand kennt den Sohn so genau, wie der Vater und niemand den Vater so genau, wie der Sohn, und der, dem der Sohn es zu enthüllen für gut findet.

 

28 Kommet zu mir alle, die ihr müde und bedrückt seid: Ich will euch Erquickung bringen. 29 Nehmet mein Joch auf euch und lernet von mir. Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig. Dann werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. 30 Denn mein Joch ist sanft und meine Bürde ist leicht."

 

Kapitel 12

 

1 Jesus wanderte einmal an einem Sabbat durch Kornfelder. Seine Jünger hatten Hunger und begannen Ähren abzupflücken und die Körner zu essen. 2 Dies sahen die Pharisäer und hielten es ihm vor. "Siehe", - sagten sie - "deine Jünger tun da etwas, was man am Sabbat nicht tun darf." 3 Er gab ihnen zur Antwort: "Ist euch nicht bekannt, was David tat, als er und seine Begleiter Hunger hatten?

 

4 Wie er damals ins Heiligtum ging und die Schaubrote aß, die weder er noch seine Begleiter essen durften, sondern nur die Priester? 5 Ist euch ferner nicht aus dem Gesetze bekannt, dass die Priester am Sabbat im Heiligtum den Sabbat entheiligen und sich dadurch doch nicht versündigen?

 

6 Ich sage euch aber: Hier steht einer der größer ist als das Heiligtum. 7 Wenn ihr die Bedeutung der Worte verständet: 'Barmherzigkeit verlange ich und keine Schlachtopfer' - dann hättet ihr diese Unschuldigen nicht verurteilt. 8 Denn der Menschensohn ist auch Herr über den Sabbat."

 

9 Von dort ging er weiter und trat in die Synagoge des Ortes. 10 Darin traf er einen Mann, der einen erstorbenen Arm hatte. Nun richteten sie an ihn die Frage: "Darf man am Sabbat heilen?" Sie wollten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn finden.

 

11 Er entgegnete ihnen: "Wenn einer von euch ein einziges Schaf besäße und dies fiele ihm am Sabbat in die Grube, würde er dann nicht seine ganze Kraft anstrengen um es heraus zu ziehen? 12 Ist denn ein Mensch nicht soviel wert als ein Schaf? Folglich darf man auch am Sabbat Gutes tun."

 

13 Hierauf sagte er zu jenem Manne: "Strecke deinen Arm aus!" Er tat es. Da war sein Arm wieder hergestellt und so gesund wie der andere. 14 Die Pharisäer entfernten sich und beratschlagten, auf welche Weise sie Jesus umbringen könnten. 15 Jesus wusste dies und verließ diese Gegend. Die Leute folgten ihm in großen Scharen. Alle, die krank waren, heilte er.

 

16 Doch gebot er ihnen, in der Öffentlichkeit darüber zu schweigen. 17 So wurde das Wort des Propheten Jesaja erfüllt: 18 "Siehe, das ist mein Knecht, den ich mir erwählt habe, mein Geliebter, an dem mein Herz hängt! Ich will ihm meine Geisterwelt zur Verfügung stellen. Er wird den Völkern verkünden, dass der Tag der Entscheidung für sie gekommen ist.

 

19 Er wird nicht zanken und nicht schreien; niemand wird seine Stimme auf den Straßen hören. 20 Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen, bis er in endgültiger Entscheidung den Sieg errungen hat. 21 Auf seinen Namen werden die Völker ihre Hoffnung setzen."

 

22 Eines Tages brachte man einen Besessenen zu ihm, der blind und stumm war. Er heilte ihn, so dass der vorher Blinde und Stumme sehen und sprechen konnte. 23 Da geriet die Volksmenge außer sich vor Staunen und sagte: "Sollte dieser schließlich nicht doch noch der Sohn Davids sein?"

 

24 Die Pharisäer hörten dies und entgegneten: "Nur im Bunde mit Beelzebub, dem Obersten der Teufel, treibt dieser die bösen Geister aus." 25 Jesus kannte ihre Gedanken und wandte sich an sie mit den Worten: "Jedes Reich, das in sich selbst uneins ist, wird verwüstet; und keine Staat, kein Haus kann Bestand haben, wenn darin einer gegen den andern ist.

 

26 Und wenn ein Teufel den andern austriebe, dann würde in Satans Reich Zwiespalt herrschen. Wie könnte es dann Bestand haben? 27 Und wenn ich im Bunde mit Beelzebub die bösen Geister austreibe, mit wessen Hilfe treiben denn eure eigenen Leute sie aus? Darum werden sie eure Richter sein.

 

28 Wenn ich aber mit Hilfe eines Geistes Gottes die Dämonen austreibe, dann ist ja die Geisterwelt Gottes tatsächlich schon zu euch gekommen. 29 Oder wie könnte jemand in das Haus eines Starken eindringen und ihm sein Eigentum rauben, ohne vorher den Starken gefesselt zu haben. Denn erst dann kann er sein Haus ausplündern.

 

30 Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. 31 Darum sage ich euch: Für jede Sünde und Lästerung wird den Menschen Begnadigung gewährt. Aber für die Lästerung der Geisterwelt Gottes gibt es keine Begnadigung.

 

32 Und wenn jemand ein Wort gegen den Menschensohn spricht, wird ihm dafür Begnadigung zuteil. Wer aber etwas wider die heilige Geisterwelt sagt, der hat weder in diesem noch in dem folgenden Zeitalter Begnadigung zu erwarten.

 

33 Entweder erklärt ihr den Baum für gut, und dann müsst ihr auch seine Früchte für gut ansehen; oder ihr erklärt den Baum für verdorben, dann müsst ihr auch seine Frucht für schlecht halten. Denn an der Frucht erkennt man den Baum. 34 Ihr Schlangenbrut! Wie könntet ihr Gutes reden, da ihr böse seid!

 

35 Denn wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über. Ein guter Mensch holt aus seinem Vorrat an Gutem nur Gutes hervor, während ein böser Mensch aus seinem Vorrat an Schlechtem nur Böses hervorholen kann. 36 Ich sage euch aber: Für jedes unbegründete Urteil, das die Menschen fällen, werden sie sich am Tage der Rechenschaft verantworten müssen.

 

37 Denn je nach den Gründen, die du für deine Urteile hattest, wirst Du entweder für unschuldig oder für schuldig erklärt werden." 38 Da entgegneten ihm einige der Schriftgelehrten und Pharisäer: "Meister, wir möchten ein Wunderzeichen von dir sehen."

 

39 Er erwiderte ihnen: "Ein böses und gottentfremdetes Volk verlangt nach einem Wunderzeichen. Doch es wird ihm kein anderes gegeben werden als das Zeichen, das dem Propheten Jona zuteil wurde. 40 Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Riesenfisches gewesen ist, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte in der Tiefe der Unterwelt sein.

 

41 Die Leute von Ninive werden als Zeugen auftreten, wenn dieses Volk einmal vor dem göttlichen Gericht steht, und werden seine Verurteilung herbeiführen. Denn jene haben sich auf die Predigt des Jona hin bekehrt. Und hier steht doch einer, der größer ist als Jona.

 

42 Die Königin aus dem Süden wird als Zeugin auftreten, wenn dieses Volk einmal gerichtet wird, und seine Verurteilung bewirken. Denn sie kam von den Enden der Erde, um die Weisheit eines Salomo zu hören. Und hier steht doch einer, der größer ist als Salomo."

 

43 "Wenn der böse Geist vom Menschen ausgefahren ist, so irrt er durch trostlose Weltenräume und sucht Ruhe, findet aber keine. 44 Dann sagt er sich: 'Ich will in mein voriges Heim, das ich verließ, wieder zurückkehren.' Wenn er dann hinkommt, findet er es aufgeräumt, schön gefegt und geschmückt.

 

45 Dann geht er noch sieben andere Geister holen, die schlimmer sind als er selbst. Gelingt es ihnen, dort wieder einzudringen, dann setzen sie sich darin fest; und der letzte Zustand eines solchen Menschen wird noch ärger werden als der erste. Das gleiche Schicksal wird auch diesem übelgesinnten Volk zuteil werden."

 

46 Während er diese Ansprache an das Volk hielt, waren seine Mutter und seine Brüder angekommen und standen hinter der Volksmenge. Sie suchten nun zu ihm zu gelangen, um mit ihm zu sprechen. 47 "Dahinten steht deine Mutter und deine Brüder", - sagte einer - "die möchten dich sprechen."

 

48 Er aber antwortete dem, der ihm dies meldete: "Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?" 49 Dann wies er mit der Hand auf seine Jünger mit den Worten: "Seht, diese hier sind mir Mutter und Brüder. 50 Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters tut, ist mir Bruder, Schwester und Mutter."

 

Kapitel 13

 

1 Eines Tages ging Jesus hinaus und setzte sich am Gestade des Sees nieder. 2 Bald hatte sich eine große Volksmenge um ihn geschart. Infolgedessen war er gezwungen, in einem Boot Platz zu nehmen, während die ganze Volksmenge am Ufer stand.

 

3 Er hielt ihnen nun eine Ansprache, in der er sie über manche Wahrheiten belehrte und dabei die Form des Gleichnisses wählte. Er sprach: "Es ging einmal ein Sämann aus, um zu säen. 4 Beim Säen fielen einige Körner auf den fest getretenen Feldweg. Da flogen Vögel herbei und pickten sie auf.

 

5 Ein anderer Teil des Samens fiel auf felsige Stellen im Äcker. Dort fand er nicht viel Mutterboden. Zwar schoss er schnell auf, weil er nicht tief in den Boden eindringen konnte. 6 Als aber die Sonnenhitze von Tag zu Tag zunahm, wurde die Saat versengt und verdorrte; denn ihre Wurzel ging nicht tief genug.

 

7 Ein anderer Teil des Samens fiel unter Distelkeime. Als diese immer größer wurden, erstickten sie die aufgehende Saat. 8 Der übrige Teil des Samens fiel auf guten Ackerboden und trug teils hundertfältige, teils sechzigfältige, teils dreißigfältige Frucht. -

 

9 Wem das rechte Verständnis für meine Worte gegeben ist, der merke sie sich." 10 Da wandten sich die Jünger an Jesus mit der Frage: "Warum redest du in Gleichnissen zum Volke?" 11 Er antwortete: "Euch ist die Gabe verliehen worden, das geheimnisvolle Wirken der Geisterwelt Gottes zu verstehen,

 

jenen aber nicht. 12 Wer nun an einer solchen Gabe festhält, dem wird sie noch vermehrt, so dass er sie in überreichem Maße besitzt. Wer aber nicht daran festhält, dem wird auch noch die Gabe genommen, die er zuerst besaß.

 

13 Der Grund, weshalb ich in Gleichnissen zu ihnen rede, ist folgender: Dies sind Leute, deren Bestimmung es ist, zu sehen und doch nicht zu sehen; zu hören und doch nicht zu hören und nichts zu verstehen, sich daher auch nicht zu bekehren. 14 An ihnen geht der Ausspruch des Propheten Jesaja in Erfüllung, der da lautet: 'Gehe hin und sage diesem Volke: Ihr sollt hinhören und doch nichts verstehen, hinschauen und doch nichts erkennen;

 

15 denn das Herz dieses Volkes ist unempfänglich. Ihre geistigen Ohren sind schwerhörig, und die Augen ihres Geistes haben sie geschlossen. So werden sie nicht imstande sein, recht zu sehen, was sie sehen, und recht zu hören, was sie hören und in ihrem Herzen nicht zur Erkenntnis gelangen, so dass sie sich bekehren und ich sie heilen könnte.' -

 

16 Aber ihr seid glücklich zu preisen, weil eure Augen recht sehen und eure Ohren recht hören. 17 Denn ich sage euch: Viele Propheten und gottestreue Menschen wünschten das zu sehen, was ihr jetzt seht, und sahen es nicht; und zu hören, was ihr jetzt hört, und hörten es nicht. 18 Ihr sollt daher die Erklärung des Gleichnisses vom Sämann von mir vernehmen:

 

19 An jeden, der die Wahrheit über das Jenseits hört, sie aber nicht tiefer in sich eindringen lässt, tritt das Böse heran und nimmt schnell das weg, was in sein Herz gestreut wurde. Bei ihm ist der Same auf den festgetretenen Feldweg gefallen. - 20 Dem felsigen Boden, auf den der Same fiel, gleicht jener, der das Wort der Wahrheit hört und es für den Augenblick auch mit Freuden aufnimmt.

 

21 Doch es schlägt in ihm keine Wurzel, da er bloß ein Augenblicksmensch ist. Tritt wegen der Annahme der Wahrheit eine Bedrängnis oder eine Verfolgung an ihn heran, so bringt ihn dies sofort zu Fall. - 22 Der Same, der unter die Distelkeime fiel, ist das Sinnbild eines Menschen, der die Wahrheit hört, bei dem aber die zeitlichen Sorgen und die Anhänglichkeit an den irdischen Besitz die Wahrheit überwuchern, so dass sie ohne Frucht bleibt. -

 

23 Der Same endlich, der auf guten Boden fiel, ist das Bild eines Menschen, der das Wort der Wahrheit nicht nur hört und in sich aufnimmt, sondern auch danach handelt und dadurch Frucht hervorbringt, und zwar der eine hundertfältige, ein anderer sechzigfältige und ein dritter dreißigfältige." 24 Ein zweites Gleichnis trug er ihnen vor: "Mit der Wahrheit über das Jenseits geht es ähnlich, wie bei einem Manne, der guten Samen auf seinen Acker säte.

 

25 Während alles schlief, kam sein Feind, säte Unkrautsamen zwischen das Getreide und entfernte sich. 26 Als nun die Saat aufging und Fruchtkeime ansetzte, da kam auch das Unkraut zum Vorschein. 27 Da gingen die Knechte zu ihrem Herrn und sagten: 'Herr, hast du nicht guten Samen auf den Acker gesät? Woher kommt denn das Unkraut?'

 

28 Jener antwortete: 'Das hat ein Feind getan.' Da fragten ihn die Knechte: 'Willst du, dass wir hingehen und es ausreißen und auf einen Haufen werfen?' 29 Er aber entgegnete: 'Nein! Denn ihr würdet beim Entfernen des Unkrautes auch Getreide mit ausreißen. 30 Lasst beides ruhig miteinander wachsen bis zur Ernte. Kommt die Erntezeit, dann werde ich den Schnittern sagen: Leset zuerst das Unkraut zusammen und bindet es in Bündel und verbrennt es.

 

Die Getreidekörner aber traget auf meinen Speicher.'" 31 Ein anderes Gleichnis trug er ihnen vor: "Die Wahrheit über das Jenseits ist einem Senfkorn gleich, das einer nahm und auf seinen Acker säte. 32 Es ist zwar das kleinste von allen Samenkörnern. Ist es jedoch ausgewachsen, so überragt es alle andern Gartengewächse und wird zu einem Baum, so dass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten."

 

33 Ein anderes Gleichnis war dies: "Die Wahrheit über das Jenseits ist einem Sauerteig gleich, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis alles ganz durchsäuert war."

 

34 Dies alles redete Jesus in Gleichnissen zum Volk. Er hielt überhaupt keine Predigt, ohne sie durch Gleichnisse zu erläutern. 35 So erfüllte sich das Wort des Propheten: "Ich will in Gleichnissen reden und so die Geheimnisse enthüllen, die seit Grundlegung des Weltalls verborgen waren."

 

36 Hierauf entließ er das Volk und ging in seine Wohnung. Dort wandten sich seine Jünger mit der Bitte an ihn: "Erkläre uns doch das Gleichnis von dem Unkraut auf dem Acker!"

 

37 Er gab folgende Antwort: "Der Mann, der den guten Samen sät, ist der Menschensohn; 38 der Acker ist das Weltall;  der gute Same sind die Anhänger des Reiches Gottes; das Unkraut sind die Anhänger des Bösen; 39 der Feind, der das Unkraut säte, ist der Teufel; der Augenblick der Ernte ist das Ende einer Zeitperiode; die Schnitter sind die Boten Gottes.

 

40 Wie nun das Unkraut zusammengetragen und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende einer jeden Zeitperiode geschehen.

 

41 Der Menschensohn wird seine Geisterboten aussenden. Sie werden alles, was zur Sünde verleitet und alle Übeltäter aus seinem Reiche auslesen 42 und in den Feuerofen des Leidens werfen; da wird Heulen und Zähneknirschen sein. 43 Dann werden die Gottestreuen im Reiche ihres Vaters leuchten wie die Sonne. Wer das rechte Verständnis für meine Worte hat, der merke sich diese Lehre."

 

44 "Die Wahrheit über das Jenseits ist mit einem Schatz zu vergleichen, der in einem Acker vergraben liegt. Den fand jemand und grub ihn wieder ein. Dann ging er in seiner Freude über den Fund nach Hause, verkaufte sein ganzes Besitztum und kaufte sich diesen Acker."

 

45 "Einer, der die Wahrheit über das Jenseits vernimmt, muss es machen, wie ein Kaufmann, der kostbare Perlen zu erwerben suchte. 46 Als er eine besonders kostbare Perle entdeckt hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er besaß und kaufte die Perle."

 

47 "Ferner geht es im Jenseits ähnlich zu, wie bei einem Fischfang mit dem Schleppnetz. Man wirft das Schleppnetz ins Meer, und Fische jeder Art fangen sich darin. 48 Ist es voll, so zieht man es ans Boot heran. Dann setzt man sich hin und sammelt die schönen Fische in Gefäße, die unbrauchbaren aber wirft man wieder zurück ins Meer.

 

49 So wird es auch am Ende einer jeden Zeitperiode sein. Die Geisterboten werden ausgehen und die Bösen aus den Gottesfürchtigen heraussondern 50 und sie zurück in den Feuerofen des Leidens werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. - 51 Habt ihr das alles verstanden?" -

 

52 Sie antworteten: "Ja." - Dann fuhr er fort: "Seht, so kann man einen Lehrer, der sich seine Kenntnisse in der Schule der Geisterwelt Gottes erworben hat, mit einem Familienvater vergleichen, der aus seinem reichen Wahrheitsschatz Neues und Altes hervorholt."

 

53 Nach Beendigung dieser Gleichnisreden ging er von da weiter. 54 Er kam in seine Vaterstadt Nazareth und predigte dort in der Synagoge. Seine Worte machten einen solchen Eindruck auf die Zuhörer, dass einer den andern fragte: "Woher hat dieser all die Weisheit und die Kraft seiner Rede?

 

55 Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt seine Mutter nicht Maria, und heißen seine Brüder nicht Jakobus, Johannes, Simon und Judas? 56 Leben nicht auch seine Schwestern alle hier in unserm Ort?

 

57 Woher hat der denn das alles?" So wandten sie sich von ihm ab. Jesus aber sagte zu ihnen: "Ein Prophet gilt nirgends weniger als in seiner Heimat und in seiner eigenen Familie." 58 Und weil man nicht an ihn glaubte, wirkte er dort auch nicht viele Wunder.

 

Kapitel 14

 

1 Zur selben Zeit drang die Kunde von Jesus zu dem Vierfürsten Herodes. 2 Da sagte dieser zu seinen Hofleuten: "Er ist gewiss Johannes der Täufer, der von den Toten auferstand. Darum sind auch solche Wunderkräfte in ihm wirksam." 3 Herodes hatte nämlich Johannes festnehmen, in Ketten legen und ins Gefängnis werfen lassen. Die Veranlassung dazu gab Herodias, die Frau seines Bruders Philippus.

 

4 Denn Johannes hatte ihm vorgehalten: "Es ist dir nicht erlaubt, sie zur Frau zu haben." 5 Aus diesem Grund hätte er ihn am liebsten hinrichten lassen; doch er fürchtete sich vor dem Volke. Denn dies hielt Johannes für einen Propheten Gottes.

 

6 Als nun Herodes Geburtstag feierte, tanzte die Tochter der Herodias vor der Festversammlung. Das gefiel dem Herodes so gut, 7 dass er ihr eidlich versprach, ihr jede Bitte zu gewähren. 8 Ihre Mutter hatte jedoch bereits vorher alles mit ihr abgekartet. "Lass mir" - sagte die Tochter - "das Haupt Johannes des Täufers hierher bringen!"

 

9 Der König war darüber sehr bestürzt. Aber mit Rücksicht auf seinen Eid und die Gäste gab er den Befehl, die Bitte zu erfüllen. 10 Er schickte Henkersknechte ins Gefängnis und ließ Johannes enthaupten. 11 Das Haupt wurde auf einer Schüssel gebracht und dem Mädchen gegeben. Dies trug es zu seiner Mutter.

 

12 Den Leichnam holten die Jünger des Johannes ab und begruben ihn. Dann gingen sie zu Jesus und machten ihm über das Vorgefallene Mitteilung. 13 Auf diese Nachricht bestieg Jesus ein Boot und begab sich von dort an einen einsamen Platz, um ganz allein zu sein. Doch die Leute erhielten Kenntnis davon und strömten aus den Städten zu Fuß dorthin.

 

14 Als er aus seiner Einsamkeit wieder hervorkam, sah er die vielen Menschen vor sich. Da fühlte er Mitleid mit ihnen und heilte ihre Kranken. 15 Inzwischen war es Abend geworden. Nun traten seine Junger zu ihm und sagten: "Diese Gegend hier ist unbewohnt und die Zeit schon vorgerückt. Entlasse daher die Leute, damit sie in die Ortschaften gehen und sich Lebensmittel kaufen."

 

16 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Sie brauchen nicht wegzugehen; ihr könnt ihnen ja zu essen geben." 17 Sie entgegneten: "Wir haben bloß fünf Brote und zwei Fische bei uns." - 18 "Bringet sie her!" sagte er. 19 Dann ließ er die Leute sich auf dem Rasen lagern, nahm die fünf Brote und die beiden Fische, blickte zum Himmel empor, sprach ein Gebet und zerteilte die Brote. Darauf gab er sie 20 seinen Jüngern, und diese teilten sie an die Leute aus.

 

21 Alle aßen sich satt. Man sammelte die Reste, und es gab zwölf Körbe voll. Von denen, die gegessen hatten, betrug allein die Zahl der Männer, also Frauen und Kinder nicht mitgerechnet, ungefähr fünftausend. 22 Jesus drängte nun seine Jünger, sofort ins Boot zu steigen und vor ihm nach dem jenseitigen Ufer abzufahren. Er selbst wolle inzwischen die Volksmenge entlassen.

 

23 Als alle fort waren, stieg er die Anhöhe hinauf, um dort in aller Stille zu beten. Es wurde dunkel, und er weilte immer noch an diesem einsamen Platz. 24 Das Boot befand sich schon mitten auf dem See und musste schwer gegen die Wellen ankämpfen. Denn sie hatten Gegenwind. 25 Erst um drei Uhr morgens brach Jesus auf, schritt über die Wasserfläche des Sees dahin und kam auf sie zu.

 

26 Als die Jünger ihn so über den See schreiten sahen, gerieten sie in Schrecken; denn sie meinten, es sei ein Gespenst. Sie schrieen laut vor Angst. 27 Sofort vernahmen sie Jesu Stimme, der ihnen zurief: "Nur Mut! Ich bin's. Habt keine Furcht!" 28 Da rief Petrus ihm entgegen: "Herr, wenn du es bist, dann lass mich übers Wasser zu dir kommen!"

 

29 Jesus erwiderte: "Komm!" Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser hin, um zu Jesus zu gelangen. 30 Als er jedoch den Sturm wahrnahm, befiel ihn eine große Angst, und er begann zu sinken. Da schrie er: "Herr, rette mich!" 31 Sogleich streckte Jesus seine Hand aus, zog ihn hoch und sprach: "Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?"

 

32 Dann stiegen beide in das Boot, und sofort legte sich der Sturm. 33 Die Männer in dem Boot aber warfen sich vor ihm auf die Knie und sagten: "Du bist wahrhaftig ein Sohn Gottes." 34 Nach ihrer Landung gingen sie nach Genezareth. 35 Als die Bewohner dieses Ortes ihn erkannten, schickten sie Boten in die ganze Umgegend, und man brachte alle Kranken zu ihm.

 

36 Diese baten ihn, nur die Quaste seines Mantels berühren zu dürfen. Und alle, die sie berührten, wurden gesund

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Kapitel 15

 

1 Eines Tages kamen Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem zu Jesus und fragten ihn: 2 "Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferungen der Vorfahren? Denn sie waschen sich vor der Mahlzeit nicht die Hände." 3 Er antwortete ihnen: "Warum übertretet ihr denn aus Rücksicht auf eure Überlieferungen die Gebote Gottes?

 

4 Denn Gott hat geboten: 'Ehre deinen Vater und deine Mutter!' Ferner: 'Wer Vater oder Mutter flucht, soll den Tod erleiden.' 5 Ihr jedoch behauptet: Wer zu seinem Vater oder seiner Mutter sagt: 'Ich will das, was ich dir als Unterstützung schulde, Gott als Gabe für den Tempelschatz weihen' - der braucht seinen Vater und seine Mutter nicht zu ehren.

 

6 Damit habt ihr das Gebot Gottes euren Überlieferungen zuliebe außer Kraft gesetzt. 7 Ihr Heuchler! Treffend hat ein Geist Gottes durch Jesaja gesagt: 8 'Dies Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir getrennt. 9 Ihre Art, mich zu verehren, ist töricht. Denn die Lehren ihrer Religion sind Menschensatzungen.'"

 

10 Dann rief er das Volk näher heran und sagte: "Höret gut zu und behaltet, was ich euch jetzt sage: 11 Nicht alles, was zum Munde hineingeht, steht in Verbindung mit der Gesinnung des Menschen. Aber alles, was aus dem Munde herauskommt, das steht in engster Verbindung mit seiner Gesinnung."

 

12 Da wandten sich die Junger mit den Worten an ihn: "Weißt du, dass die Pharisäer an deinen Äußerungen Anstoß genommen haben?" 13 Er aber gab ihnen zur Antwort: "Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat wird ausgerissen werden.

 

14 Lasst diese Blinden gehen! Sie gehören zu jenen Führern, die selbst den Weg nicht sehen. Wenn aber ein Blinder der Führer eines Blinden ist, werden beide in die Grube fallen." - 15 Da wandte sich Petrus mit der Bitte an ihn: "Erkläre uns jenes Gleichnis!" 16 Er erwiderte: "Seid auch ihr immer noch ohne Verständnis?

 

17 Begreift ihr denn nicht, dass alles, was in den Mund hineingeht, vom Magen aufgenommen und auf dem natürlichen Wege wieder ausgeschieden wird? 18 Was aber aus dem Munde hervorgeht, das kommt aus dem Herzen und das steht in Verbindung mit der Gesinnung des Menschen.

 

19 Aus dem Herzen kommen nämlich die bösen Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, Verleumdung und Lästerung; 20 das ist es was mit der Gesinnung des Menschen in Verbindung steht; - aber mit ungewaschenen Händen essen, das hat mit dem Innern des Menschen nichts zu tun."

 

21 Von dort begab sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon. 22 Da kam eine kanaanäische Frau aus dem angrenzenden Gebiet und rief immer wieder: "Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist arg gequält."

 

23 Er aber antwortete ihr nicht mit einem einzigen Wort. Nun wandten sich seine Jünger mit der Bitte an ihn: "Fertige sie doch ab! Sie schreit ja dauernd hinter uns her." 24 Er erwiderte: "Ich bin nur zu den verloren gegangenen Schafen vom Hause Israel gesandt." 25 Die Frau aber kam herzu, warf sich vor ihm auf die Knie und flehte: "Herr, hilf mir!"

 

26 Doch er gab ihr zur Antwort: "Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hündlein hinzuwerfen." 27 Darauf entgegnete sie: "Gewiss, Herr, das ist richtig! Aber die Hündlein essen ja auch nur von den Brocken, die vom Tisch ihrer Herren fallen."

 

28 Darauf sagte Jesus zu ihr: "Liebe Frau, dein Glaube ist groß. Dein Wunsch soll in Erfüllung gehen!" Und von dieser Stunde an war ihre Tochter gesund. 29 Von da gelangte Jesus in die Nähe des Galiläischen Meeres. Er stieg auf eine Anhöhe und setzte sich dort nieder.

 

30 Viele Leute scharten sich um ihn. Sie hatten Lahme, Blinde, Krüppel, Stumme und viele andere Kranke mitgebracht und sie vor seinen Füßen Platz nehmen lassen. Er heilte sie alle. 31 Die Volksmenge kam nicht aus dem Staunen heraus, als sie sah, wie die Stummen zu reden begannen, die Krüppel wieder ihre gesunden Glieder hatten, die Lahmen gehen konnten und die Blinden sehend wurden. Alles pries laut den Gott Israels.

 

32 Jesus rief nun seine Jünger zu sich und sagte: "Ich habe Mitleid mit den Leuten; denn sie halten schon drei Tage bei mir aus und haben nichts mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig entlassen, sonst könnten sie auf dem Wege ermatten."

 

33 Die Jünger wandten jedoch dagegen ein: "Woher sollten wir in einer so armen Gegend so viele Brote bekommen, um so viele Menschen satt zu machen?" 34 Da fragte Jesus: "Wie viele Brote habt ihr denn?" Sie antworteten: "Sieben, und ein paar Fische."

 

35 Da gebot er der Volksmenge, sich auf dem Boden zu lagern. 36 Dann nahm er die sieben Brote und die Fische, sprach ein Gebet, brach die Brote und gab sie seinen Jüngern. Diese teilten sie unter die Leute aus.

 

37 Und alle aßen sich satt. Die übrig gebliebenen Stücke sammelte man. Es gab sieben Körbe voll. 38 Von denen, die gegessen hatten, betrug allein die Zahl der Männer, also Frauen und Kinder nicht mitgerechnet, etwa viertausend. 39 Dann verabschiedete er die Leute, stieg in sein Boot und fuhr in die Gegend von Magadan.

 

Kapitel 16

 

1 Hier traten Pharisäer und Saduzäer an ihn heran und wollten ihn auf die Probe stellen. Sie drangen in ihn, doch vor ihren Augen ein Wunderzeichen am Himmel zu wirken. 2 Er aber antwortete ihnen: "Ist der Himmel gegen Abend rot, so prophezeit ihr schönes Wetter.

 

3 Ist er aber am Morgen rot und trüb, so sagt ihr: Heute gibt es Regen. Das Aussehen des Himmels versteht ihr also zu deuten, aber die Kennzeichen für entscheidende Zeitabschnitte versteht ihr nicht.

 

4 Ein bösartiges Volk, das sich von Gott losgesagt, verlangt ein Wunderzeichen! doch es wird ihm keins gegeben werden als nur das Zeichen, das dem Propheten Jona zuteil wurde." Mit diesen Worten kehrte er ihnen den Rücken und ging weg. 5 Als die Jünger am jenseitigen Ufer landeten, hatten sie vergessen, Brot mitzunehmen.

 

6 Nun richtete Jesus die Mahnung an sie: "Hütet euch ja vor dem Sauerteig der Pharisäer und Saduzäer!" 7 Da unterhielten sie sich untereinander über diesen Ausspruch Jesu und waren der Ansicht, er habe darauf anspielen wollen, dass sie keine Brote mitgenommen hätten.

 

8 Jesus wusste, worüber sie sich unterhielten und sagte zu ihnen: "Ihr Kleingläubigen, was macht ihr euch Gedanken darüber, dass ihr kein Brot mitgenommen habt?

 

9 Besitzet ihr immer noch nicht das rechte Verständnis? Habt ihr schon vergessen, dass mit fünf Broten fünftausend gesättigt wurden, und wie viel Körbe voll ihr nachher noch aufgelesen habt? 10 Könnt ihr euch ferner schon nicht mehr an die sieben Brote erinnern, die für viertausend reichten, und wie viele Körbe voll auch da übrig waren?

 

11 Wie könnt ihr nur zu der falschen Auffassung kommen, ich hätte gewöhnliches Brot gemeint, als ich vorhin zu euch sagte: 'Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Saduzäer!'" - 12 Jetzt erst verstanden sie, dass er nicht gemeint hatte, sie sollten sich vor dem Sauerteig der Brote hüten, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Saduzäer.

 

13 Jesus kam in die Gegend von Cäsaräa Philippi. Da stellte er an seine Jünger die Frage: "Was meinen die Leute, wer ich als Menschensohn sei?" 14 Sie erwiderten: "Die einen halten dich für Johannes den Täufer, andere für Elia, wieder andere für Jeremia oder sonst einen von den Propheten." 15 Er fragte weiter: "Ihr aber - für wen haltet ihr mich denn?"

 

16 Da gab Simon Petrus ihm die Antwort: "Du bist der Messias, der Sohn Gottes, des Erretters." 17 Jesus wandte sich zu ihm mit den Worten: "Du bist glücklich zu preisen, Simon, Sohn des Jona, weil nicht dein eigenes menschliches Denken dir dieses Bekenntnis eingab, sondern mein himmlischer Vater.

 

18 Nun möchte ich auch meinerseits dir etwas sagen: Dein Name ist Kephas; dieses Wort bedeutet Fels. Auf einem solchen Felsen will ich meine Gemeinde aufbauen, und die stärksten Mächte der Finsternis werden nicht imstande sein, die Oberhand über sie zu gewinnen.

 

19 Ich will dir nämlich den Schlüssel zum Verständnis der Gesetze geben, die im Jenseits  herrschen: Wenn du dir im Diesseits eine Fessel anlegst, wirst du die auch im Jenseits zu tragen haben, und wenn du dich im Diesseits von einer Fessel befreiest, wirst du auch im Jenseits davon befreit sein." 20 Dann schärfte er den Jüngern ein, keinem zu sagen, dass er der Messias sei.

 

21 Von diesem Tage an begann Jesus seine Jünger darüber zu belehren, dass er nach Jerusalem gehen und von Seiten der Ältesten, der Oberpriester und Schriftgelehrten viel leiden müsse und schließlich getötet werde; dass er aber am dritten Tage auferweckt würde.

 

22 Da nahm ihn Petrus beiseite und begann ihm ernstlich zuzureden. "Herr!" - sagte er - "das möge Gott verhüten! Nimmer darf dir so etwas widerfahren!" 23 Da wandte sich Jesus mit den Worten an Petrus: "Geh mir aus den Augen, Satan! Du willst mich vom rechten Wege abbringen. Denn deine Gedanken entsprechen nicht dem Willen Gottes, sondern nur deinem rein menschlichen Empfinden."

 

24 Jesus sagte darauf zu seinen Jüngern: "Wer in meine Fußstapfen treten will, der muss auf seine rein menschlichen Wünsche verzichten. Er muss das für ihn bestimmte Kreuz auf sich nehmen. Dann erst kann er mein Nachfolger sein. 25 Denn wer sich nur sein leibliches Wohl zu sichern sucht, wird das geistige verlieren.

 

26 Denn was könnte es einem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt gewänne, aber sein geistiges Wohl dabei einbüßte? Oder was könnte ein Mensch an irdischem Lösegeld für sein verlorenes geistiges Wohl bezahlen? 27 Denn der Menschensohn wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Geisterboten kommen und dann einem jeden vergelten nach seinem Tun.

 

28 Ich sage euch: Einige von denen, die hier stehen, werden den irdischen Tod nicht kosten, bevor sie den Menschensohn im Glanze seiner Königswürde haben erscheinen sehen."

 

Kapitel 17
 

1 Sechs Tage später nahm Jesus den Petrus, den Jakobus und dessen Bruder Johannes mit sich und führte sie auf einen sehr hohen Berg, wo sie allein waren. 2 Da wurde seine menschliche Gestalt vor ihren Augen verwandelt. Sein Antlitz leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden hellglänzend wie Schnee.

 

3 Es erschienen ihnen Mose und Elia und besprachen sich mit ihm. 4 Da sagte Petrus zu Jesus: "Herr, es ist so schön hier! Wenn es dir recht ist, will ich hier drei Zelte aus belaubten Zweigen herrichten: eins für dich, eins für Mose und eins für Elia."

 

5 Während er noch redete, breitete sich eine hellleuchtende Wolke über sie aus, und eine Stimme rief aus der Wolke: "Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen hatte; höret auf ihn!" 6 Als die Jünger dies vernahmen, fielen sie auf ihr Angesicht und gerieten in großen Schrecken.

 

7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: "Steht auf und seid ohne Furcht!" 8 Als sie nun ihre Augen aufschlugen, sahen sie sonst niemand als Jesus. 9 Während sie den Berg hinabgingen, gab Jesus ihnen die Weisung: "Saget niemand etwas von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist."

 

10 Da fragten ihn seine Jünger: "Was sprechen denn die Schriftgelehrten davon, dass Elia zuerst kommen müsse?" 11 Er gab ihnen zur Antwort: "Elia kommt öfters und hilft alles wieder zu Gott zurückzuführen. 12 Und ich kann euch mitteilen, dass Elia schon einmal da gewesen ist; doch sie haben ihn nicht erkannt, sondern taten ihm alles an, was in ihrer Macht stand."

 

13 Da wurde es den Jüngern klar, dass er mit seinen Worten Johannes den Täufer meinte. "In gleicher Weise" - fuhr Jesus fort - "wird auch der Menschensohn von ihnen zu leiden haben." 14 Kaum waren sie zu der wartenden Volksmenge zurückgekehrt, da trat ein Mann zu ihm, warf sich vor ihm auf die Knie und flehte ihn an:

 

15 "Herr, erbarme dich meines Sohnes! Er hat die Fallsucht, und es geht ihm sehr schlecht. Oft fällt er ins Feuer und manchmal auch ins Wasser. 16 Ich brachte ihn zu deinen Jüngern; doch sie konnten ihn nicht heilen." 17 Jesus gab ihm zur Antwort: "O diese Menschen, die kein Gottvertrauen und eine ganz verkehrte Einstellung haben! Wie lange muss ich wohl noch bei euch bleiben? Wie lange soll ich noch Geduld mit euch haben?

 

18 Bringet ihn her zu mir!" Da gab Jesus dem bösen Geist einen strengen Befehl, und dieser fuhr aus dem Knaben aus. Von dieser Stunde an war er gesund. 19 Nachher wandten sich die Jünger an Jesus in einem Augenblick, wo er allein war, und fragten ihn: "Warum konnten wir den Geist nicht austreiben?"

 

20 Er gab ihnen zur Antwort: "Weil ihr so wenig Gottvertrauen habt. Denn ich versichere euch: Wenn ihr Gottvertrauen hättet, so winzig wie ein Senfkorn, und würdet zu diesem Berge sagen: 'Bewege dich von hier dorthin!' - so würde er sich wegbewegen. Überhaupt nichts würde euch unmöglich sein. -

 

21 Diese Art Geister kann nur durch Gebet ausgetrieben werden." 22 Als sie dann in Galiläa zusammen von Ort zu Ort zogen, sagte Jesus zu ihnen: "Bald wird der Menschensohn in der Menschen Hände ausgeliefert werden. 23 Sie werden ihn töten, und am dritten Tag wird er auferweckt." Da wurden sie sehr traurig.

 

24 In Kapernaum traten die Einnehmer der Tempelsteuer an Petrus heran mit der Frage: "Bezahlt euer Meister keine Tempelsteuer?" 25 Er antwortete: "Doch." Als nun Jesus nach Hause gekommen war, kam er ihm mit der Frage zuvor: "Was meinst du, Simon? Von wem lassen sich die Könige der Erde Abgaben oder Steuern zahlen? Von ihren Söhnen oder den Untertanen?"

 

26 Er erwiderte: "Von den Untertanen." - "Also sind die Söhne steuerfrei" - entgegnete Jesus. - 27 "Damit wir jedoch keinen Anstoß bei ihnen erregen, so gehe an den See und wirf eine Angel aus! Den ersten Fisch, den du herausziehst, nimm und öffne ihm das Maul. Darin wirst du eine Silbermünze finden. Die nimm und gib sie als Abgabe für mich und dich!"

 

Kapitel 18

 

1 Bei dieser Gelegenheit traten die Jünger an Jesus heran mit der Frage: "Wer kann wohl eine höhere Stufe im Jenseits erlangen?" 2 Da rief Jesus ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte 3 und sprach: "Ich sage euch: Wenn ihr euch nicht ändert und werdet wie die Kinder, könnt ihr keinen Zutritt zu den höheren Stufen des Jenseits finden.

 

4 Wer aber demütig ist, wie dieses Kind, der wird die höheren Stufen im Jenseits erreichen. 5 Und wer sich eines solchen Kindes - und wäre es auch nur eines einzigen, in Liebe annimmt, um es mir zuzuführen, der nimmt sich meiner an.

 

6 Wer aber auch nur ein einziges von diesen Kleinen, die bereits zum Glauben an mich gelangt sind, von mir trennt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er in die tiefste Stelle des Meeres versenkt würde. 7 Wehe der Welt wegen ihrer Verführungen. Wohl müssen solche Verführungen kommen; doch wehe dem Menschen, der sich zum Werkzeug der Verführung macht.

 

8 Wenn dich daher deine Hand oder dein Fuß vom rechten Wege abzubringen sucht, so haue sie ab und wirf sie von dir! Es ist besser für dich, verstümmelt oder lahm ins geistige Leben einzugehen als mit zwei Händen und zwei Füßen ins höllische Feuer geworfen zu werden.

 

9 Und wenn dein Auge dich vom rechten Wege abzubringen sucht, so reiß es aus und wirf es von dir! Es ist besser für dich, einäugig ins geistige Leben einzugehen als mit zwei Augen in die Feuer-Hölle geworfen zu werden. 10 Seht zu, dass ihr bei keinem einzigen dieser Kleinen, die ihr gläubiges Vertrauen auf mich setzen, jede Rücksicht in eurem Benehmen geringschätzig beiseite setzet.

 

Denn ich sage euch: Die himmlischen Boten, die um sie sind, können jeder Zeit zum Bericht vor das Angesicht meines himmlischen Vaters treten. 11 Denn der Menschensohn ist gekommen, um das Verlorene zu retten. - 12 Was meint ihr wohl? Wenn ein Mann hundert Schafe besitzt und eins von ihnen sich verirrt, lässt er da nicht neunundneunzig auf den Bergen und geht das verirrte suchen?

 

13 Und wenn es ihm gelingt, es zu finden - nicht wahr, dann freut er sich mehr darüber als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrten. 14 So ist es auch nicht der Wille eures himmlischen Vaters, dass auch nur eines von diesen Kleinen verloren geht."

 

15 "Hat dein Bruder ein Unrecht gegen dich begangen, so gehe zu ihm und sprich dich unter vier Augen mit ihm aus. Schenkt er dir Gehör, so hast du deinen Bruder gewonnen. 16 Will er aber nichts von dir wissen, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit er in allem, was vorgebracht wird, das einstimmige Urteil von zwei oder drei Personen vor sich hat.

 

17 Will er auch auf diese nicht hören, dann sage es der Gemeinde. Wenn er auch auf deren Urteil nichts gibt, dann betrachte ihn als einen Ungläubigen und verstockten Sünder. 18 Ich sage euch: Alle Fesseln, die ihr euch im Diesseits anlegt, habt ihr auch im Jenseits zu tragen, und von allen Fesseln, von denen ihr euch im Diesseits befreiet, werdet ihr auch im Jenseits befreit sein.

 

19 Ferner sage ich euch: Wenn auch nur zwei von euch auf Erden einmütig um etwas beten, so wird es ihnen von meinem himmlischen Vater gewährt werden. 20 Denn wo auch nur zwei oder drei versammelt sind, um meiner Sache zu dienen, da bin ich mitten unter ihnen."

 

21 Da trat Petrus zu ihm und stellte die Frage; "Herr, wie oft soll ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich verfehlt? Etwa im ganzen siebenmal?" 22 Jesus entgegnete: "Ich sage dir: Nicht bloß siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. 23 Es geht in diesem Falle im Jenseits ähnlich, wie bei einem irdischen König, der mit seinen Beamten abrechnen wollte.

 

24 Als er mit der Abrechnung begann, wurde ihm zuerst einer vorgeführt, der ihm vierzig Millionen Mark schuldig war. 25 Weil er diese Schuld nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn samt Weib und Kindern und seinem ganzen Besitz zu verkaufen und davon die Schuld abzutragen. 26 Da warf sich der Beamte vor ihm nieder und flehte ihn an: 'Herr, habe doch Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen.'

 

27 Da hatte der Herr Mitleid mit diesem Beamten, schenkte ihm die Freiheit und erließ ihm auch die Schuld. 28 Dieser Beamte traf nun beim Hinausgehen einen seiner Mitbeamten, der ihm vierzig Mark schuldig war. Er ergriff ihn, packte ihn an der Kehle und schrie ihn an: 'Bezahle, was du schuldig bist!' 29 Da warf sich sein Mitbeamter ihm zu Füßen und flehte: 'Habe doch Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen.'

 

30 Der aber wollte davon nichts wissen, sondern ging hin und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt hätte. 31 Die andern Beamten hatten den Vorfall mit angesehen und waren davon sehr schmerzlich berührt. Sie gingen und berichteten dem Herrn alles, was sich zugetragen hatte. 32 Da ließ sein Herr ihn kommen und empfing ihn mit den Worten: 'Du gemeiner Mensch! Die ganze große Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich darum batest.

 

33 Hättest du da nicht auch mit deinem Mitbeamten Erbarmen haben müssen, wie ich Erbarmen mit Dir gehabt habe?' 34 In gerechtem Zorn übergab ihn sein Herr den Gerichtsdienern, bis er ihm die ganze Schuld bezahlt hätte. 35 So wird auch mein himmlischer Vater mit jedem von euch verfahren, der seinem Bruder nicht von Herzen vergibt."

 

Kapitel 19

 

1 Nach Beendigung dieser Belehrungen ging Jesus von Galiläa in das Gebiet von Judäa auf der andern Seite des Jordan. 2 Große Volksscharen folgten ihm, und er heilte dort ihre Kranken. 3 Da traten die Pharisäer an ihn heran und wollten ihm eine Falle stellen, indem sie ihm die Frage vorlegten: "Ist es dem Manne gestattet, sich aus einem beliebigen Grunde von seiner Frau zu scheiden?"

 

4 Seine Antwort lautete: "Wisset ihr nicht, dass der Schöpfer von Anfang an ein Männliches und ein Weibliches als zusammengehörig geschaffen 5 und gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und fest zu dem für ihn bestimmten Weibe halten, und beide werden sein, wie ein einziges Lebewesen.

 

6 Sie sind also nicht als zwei zu betrachten, sondern als ein unteilbares Ganzes. Was daher Gott paarweise zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht trennen." 7 Sie entgegneten ihm: "Warum hat denn Mose bestimmt, der Frau einen Scheidebrief zu geben und sie dann zu entlassen?"

 

8 Er erwiderte: "Bloß mit Rücksicht auf eure Herzenshärtigkeit hat Mose gestattet, euch von euren Frauen zu scheiden; aber von Anfang an ist es nicht so gewesen. 9 Ich sage euch daher: Wer sich von seiner Frau scheidet - es sei denn, dass sie sich mit einem andern vergangen hätte - und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch."

 

10 Da sagten die Jünger zu ihm: "Wenn dies das Rechtsverhältnis zwischen Mann und Frau ist, dann wird es am besten sein, überhaupt nicht zu heiraten." 11 Darauf gab er ihnen zur Antwort: "Was ich euch im folgenden sage, werden nicht alle fassen können, sondern nur die, denen das Verständnis dafür gegeben wurde:

 

12 Es gibt nämlich Zeugungsunfähige, die als zeugungsunfähig aus dem Mutterleib hervorgegangen sind; und es gibt Zeugungsunfähige, die von den Menschen dazu gemacht wurden; und es gibt Zeugungsunfähige, die sich selbst des Himmelreiches wegen dazu gemacht haben. - Wer das Gesagte fassen kann, der mag es tun."

 

13 Hierauf brachte man ihm kleine Kinder, damit er ihnen die Hände auflege und über sie bete. Die Jünger fuhren die Leute mit den Kindern hart an. 14 Da wies Jesus sie mit den Worten zurecht: "Lasset die Kinder in Ruhe und hindert sie nicht, zu mir zu kommen. Denn wer so ist, wie sie, dem steht der Zutritt zum Geisterreich Gottes offen." 15 Dann legte er ihnen die Hände auf und ging weiter.

 

16 Da kam einer zu ihm und fragte ihn: "Meister, nenne mir das Gute, das ich zu tun habe, wenn ich das künftige Leben erlangen will." 17 Er entgegnete: "Was fragst du mich nach dem Guten? Nur einer ist 'Der Gute'.

 

18 Willst du jedoch ins Leben eingehen, so halte die Gebote." - "Welche Gebote denn?" - fragte jener weiter. Jesus antwortete: "Das Gebot: Du sollst nicht töten, nicht ehebrechen, nicht falsches Zeugnis ablegen; 19 deinen Vater und deine Mutter ehren und deinen Nächsten lieben wie dich selbst." 20 Darauf antwortete der Jüngling: "Das alles habe ich von Jugend auf gehalten. Was soll ich also noch außerdem tun?" -

 

21 "Willst du tun, was dir noch fehlt", - sagte Jesus -"so gehe hin, verkaufe dein Hab und Gut und gib den Erlös den Armen; so wirst du Reichtümer im Jenseits zu erwarten haben. Alsdann komme wieder hierher und werde mein Begleiter!" 22 Als der Jüngling das hörte, ging er traurig weg; denn er besaß ein großes Vermögen.

 

23 Da wandte sich Jesus an seine Jünger mit den Worten: "Ich sage euch: Für einen Reichen wird es schwer sein, in Verbindung mit dem Geisterreich Gottes zu kommen. 24 Ich wiederhole es: Es ist leichter, dass ein Kamel [Strick] durch ein Nadelöhr hindurchgeht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt."

 

25 Über diese Worte waren die Jünger ganz bestürzt und fragten: "Welcher Reiche kann dann überhaupt noch gerettet werden?" 26 Jesus aber sah sie ernst an und sagte dann: "Bei Menschen ist das allerdings unmöglich, aber bei Gott ist alles möglich."

 

27 Hierauf wandte sich Petrus an ihn mit den Worten: "Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir gefolgt. Welcher Lohn wird uns nun dafür zuteil werden?"

 

28 Die Antwort Jesu lautete: "Ich sage euch: Ihr, die ihr mir gefolgt seid, werdet in dem bevorstehenden neuen Leben, wenn der Menschensohn auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzt, gleichfalls auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.

 

29 Und wer Bruder oder Schwester, Vater oder Mutter oder Kinder, Acker oder Häuser verließ, um meiner Sache zu dienen, wird hundertmal Wertvolleres dafür wiedererhalten und das zukünftige Leben erlangen, das nach einem göttlichen Gesetz für ihn bereit gestellt ist. 30 Viele, die zu den Ersten gehörten, werden dabei die Letzten sein, und viele, die bei den Letzten waren, werden sich unter den Ersten befinden."

 

Kapitel 20

 

1 "Nach den Gesetzen des Jenseits geht es ähnlich, wie bei einem Hausvater, der früh morgens ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg zu dingen. 2 Er kam mit ihnen überein, jedem eine Mark für den Tag zu zahlen. Dann schickte er sie in seinen Weinberg.

 

3 Um neun Uhr morgens ging er wieder aus, traf andere auf dem Markte, die keine Arbeit hatten, 4 und sagte zu ihnen: 'Geht auch ihr in meinen Weinberg. Ich will euch geben, was recht ist.' 5 Auch sie nahmen die Arbeit an. Um zwölf Uhr mittags und um drei Uhr nachmittags ging er wiederum aus und machte es ebenso.

 

6 Als er um fünf Uhr nachmittags noch einmal hinging, fand er andere Arbeitslose und fragte sie: 'Warum steht ihr hier den ganzen Tag müßig?' 7 Sie gaben ihm zur Antwort: 'Es hat uns niemand gedungen.' Da sagte er zu ihnen: 'Machet schnell, dass ihr in meinen Weinberg kommt.'

 

8 Als es Abend wurde, sagte der Herr des Weinberges zu seinem Verwalter: 'Rufe die Arbeiter und zahle ihnen den Lohn aus. Fange damit bei den letzten an und höre bei den ersten auf.' 9 Zuerst kamen also die an die Reihe, die um fünf Uhr nachmittags eingestellt worden waren. Jeder von ihnen erhielt eine Mark. 10 Da dachten die, welche zuerst die Arbeit angetreten hatten, sie würden mehr bekommen. Aber auch von ihnen erhielt jeder nur eine Mark.

 

11 Sie nahmen den Lohn zwar an, murrten aber dabei gegen den Hausvater und sagten: 12 'Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns im Lohn gleichgestellt, obschon wir doch des ganzen Tages Last und Hitze tragen mussten.' 13 Er aber antwortete einem von ihnen: 'Lieber Freund, ich tue dir nicht Unrecht. Bist du nicht für eine Mark mit mir einig geworden?

 

14 Nimm den vereinbarten Lohn und gehe deines Weges! Es ist nun einmal mein Wille, dass diesem Letzten ebensoviel gezahlt wird, wie dir. 15 Habe ich etwa nicht das Recht, über mein Geld nach meinem Gutdünken zu verfügen? Oder ist meine Güte in deinen Augen etwas Schlechtes?' - 16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein."

 

17 Nun ging Jesus nach Jerusalem hinauf. Unterwegs nahm er seine Zwölf beiseite und sagte zu ihnen: 18 "Wir gehen jetzt nach Jerusalem. Dort wird der Menschensohn den Hohenpriestern und Schriftgelehrten ausgeliefert werden. 19 Diese werden ihn zum Tode verurteilen und den Heiden zur Verspottung und Geißelung und dann zur Kreuzigung überliefern. Und am dritten Tag wird er wieder auferstehen."

 

20 Eines Tages trat die Mutter der Söhne des Zebedäus mit ihren Söhnen zu ihm, kniete vor ihm nieder in der Absicht, ihm eine Bitte vorzutragen. 21 Da fragte er sie: "Was wünschest du?" Sie antwortete: "Ordne doch an, dass von diesen meinen beiden Söhnen in deinem Reiche einer zu deiner Rechten und der andere zu deiner Linken sitzen soll."

 

22 Jesus entgegnete ihr: "Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?" - 23 "Wir können es", - war die Antwort. "Meinen Kelch sollt ihr freilich trinken", - entgegnete Jesus - "aber den Platz zu meiner Rechten und Linken habe nicht ich zu vergeben, sondern er wird denen zuteil, für die er von meinem Vater bestimmt ist."

 

24 Als die übrigen zehn Jünger das hörten, wurden sie über die beiden Brüder unwillig. 25 Jesus aber rief sie näher zu sich und gab ihnen folgende Belehrung: "Ihr wisst, dass die weltlichen Herrscher ihren Völkern ihren Willen aufzwingen, und dass ihre Statthalter sie ihre Macht fühlen lassen.

 

26 Bei euch darf das nicht vorkommen; sondern wer unter euch zu den Großen gerechnet werden will, muss euer Diener sein, 27 und wer unter euch der Erste zu sein wünscht, muss euer Knecht sein. 28 So ist ja auch der Menschensohn nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um andern zu dienen und sein Leben als Lösegeld für die vielen hinzugeben. Strebet danach, in dem, was euch menschlich niedrig erscheint, zu wachsen und in dem, was euch menschlich groß vorkommt, abzunehmen.

 

Wenn ihr zum Beispiel irgendwo hinkommt und werdet zu Tisch geladen, dann legt euch nicht an die Ehrenplätze. Es könnte ja einer, der vornehmer ist als du, zu Besuch kommen, so dass der Gastgeber an dich mit der Bitte herantreten müsste, weiter nach unten zu rücken.

 

Dann würdest du als der Beschämte dastehen. Wenn du dich aber an dem geringsten Platz niederlässt und es kommt ein Geringerer als du, dann wird der Gastgeber dir sagen: Bitte, rücke weiter hinauf! Das wird dann eine Ehre für dich sein.

 

29 Als sie Jericho verließen, folgte ihnen eine große Volksmenge. 30 Da saßen zwei Blinde am Wege. Als diese hörten, dass Jesus vorüberkomme, riefen sie laut: "Sohn Davids, erbarme dich unser!" 31 Die Volksmenge rief ihnen drohend zu, sie sollten still sein. Aber sie schrieen um so lauter: "Sohn Davids, erbarme dich unser!"

 

32 Da blieb Jesus stehen, rief sie zu sich und fragte sie: "Was wollt ihr, dass ich für euch tun soll?" - 33 "Herr", - antworteten sie - "dass unsere Augen sich zum Sehen öffnen." - "Glaubt ihr denn, dass ich das tun kann?" - fragte Jesus. Sie antworteten: "Ja, Herr! und wir möchten ja auch dich so gerne sehen!" 34 Da fühlte Jesus Mitleid mit ihnen. Er berührte ihre Augen, und sofort konnten sie sehen und folgten ihm.

 

Kapitel 21

 

1 Sie näherten sich Jerusalem und kamen nach Bethphage am Ölberg. Hier sandte Jesus zwei von seinen Jüngern weg mit der Weisung: 2 "Geht in das Dorf, das da vor euch liegt! Gleich dort am Eingang werdet ihr eine Eselin mit ihrem Jungen angebunden finden. Machet beide los und bringt sie zu mir!

 

3 Sollte euch jemand etwas sagen, so gebt ihm zur Antwort: Der Herr braucht sie. Sofort wird er sie euch überlassen." 4 Dadurch sollte das Wort des Propheten in Erfüllung gehen: 5 'Saget der Tochter Sion: Siehe, dein König kommt in aller Demut zu dir. Er reitet auf einem Esel und zwar auf dem Füllen eines Lasttiers.'

 

6 Die Jünger gingen hin und führten den Auftrag Jesus aus. 7 Sie brachten die Eselin mit dem Füllen, legten ihre Mäntel auf das Füllen, und Jesus setzte sich darauf. 8 Die meisten aus der Volksmenge breiteten ihre Mäntel auf dem Weg aus. Andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.

 

9 Die Scharen, die im Zuge vor ihm hergingen und die, welche nachfolgten, riefen: "Hosanna, dem Sohne Davids! Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in den Himmelshöhen!"

 

10 Bei seinem Einzug in Jerusalem geriet die ganze Stadt in Bewegung. Einer fragte den andern: "Wer ist das?" 11 Da antwortete die Volksmenge: "Das ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa."

 

12 Jesus ging dann in das Heiligtum Gottes und trieb alle Verkäufer und Käufer hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler und die Kästen der Taubenhändler um 13 und sagte zu ihnen: "Mein Haus soll den Namen 'Bethaus' führen; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht." 14 Man brachte nun Blinde und Lahme zu ihm in den Tempel, und er heilte sie.

 

15 Die Oberpriester und Schriftgelehrten waren Augenzeugen dieser Wunder und mussten mitanhören, wie die Kinder im Tempel laut, 'Hosanna dem Sohne Davids' riefen. Das erregte ihren Unwillen, 16 und sie wandten sich mit der Frage an Jesus: "Hörst du, was diese rufen?" -"Gewiss höre ich es", entgegnete er. "Aber habt ihr denn noch niemals gelesen: 'Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast du dir Lob bereitet'?" -

 

17 Mit diesen Worten ließ er sie stehen, ging aus der Stadt und begab sich nach Bethanien, wo er übernachtete. 18 In den frühen Morgenstunden kehrte er in die Stadt zurück. Unterwegs fühlte er Hunger.

 

19 Da sah er am Wege einen einzelstehenden Feigenbaum. Er ging auf ihn zu, fand aber nichts auf ihm als Blätter. Da sprach er die Worte über ihn: "Das ganze jetzige Zeitalter hindurch soll keine Frucht mehr auf dir wachsen!" Sofort verdorrte der Feigenbaum.

 

20 Als die Jünger das sahen, staunten sie darüber und sagten: "Wie kommt es, dass der Feigenbaum so plötzlich verdorrte?" 21 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Wenn ihr gläubiges Vertrauen habt und nicht zweifelt, so werdet ihr nicht nur dasselbe vollbringen können, was hier an dem Feigenbaum geschehen ist, sondern ihr braucht diesem Berge nur zu sagen: Hebe dich empor und stürze dich ins Meer! so wird es geschehen.

 

22 Überhaupt alles, was ihr im Gebete erflehet, werdet ihr empfangen, wenn ihr gläubiges Vertrauen habt. Der Feigenbaum sollte euch dafür als Beispiel dienen."

 

23 Dann ging er in das Innere des Tempels, um seine Ansprachen an das Volk zu halten. Da eilten die Oberpriester und Ältesten des Volkes herbei und stellten ihn mit den Worten zur Rede: "Welche Vollmacht kannst du vorweisen, hier in dieser Weise aufzutreten? Wer gab dir das Recht dazu?"

 

24 Jesus erwiderte: "Auch ich will euch eine Frage vorlegen - nur eine. Könnt ihr mir diese beantworten, dann werde auch ich euch sagen, mit welchem Recht ich hier in dieser Weise auftrete.

 

25 Meine Frage lautet: Die Taufe des Johannes - woher stammte sie? Vom Himmel oder von Menschen?" Da überlegten sie bei sich und dachten: "Sagen wir 'vom Himmel', so wird er uns entgegnen: Warum habt ihr denn dem Täufer keinen Glauben geschenkt?

 

26 Sagen wir aber, 'von Menschen', so haben wir das Volk zu fürchten; denn alle halten Johannes für einen Propheten Gottes." 27 Darum gaben sie Jesus die Antwort: "Wir wissen es nicht." Dieser entgegnete ihnen: "Dann sage auch ich euch nicht, mit welchem Recht ich hier so auftrete."

 

28 Dann fragte er weiter: "Wie urteilt ihr über folgenden Fall? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zu dem ersten und sagte: Mein Sohn, gehe heute in den Weinberg arbeiten! 29 Der antwortete: Ja, Vater, ich gehe. Er ging aber nicht.

 

30 Ebenso wandte er sich an den zweiten mit derselben Bitte. Dieser gab ihm zur Antwort: Ich mag nicht! Nachher aber tat es ihm leid, und er ging doch hin. 31 Wer von den beiden hat nun den Willen des Vaters erfüllt?" Sie erwiderten: "Der letztere." Da sagte Jesus zu ihnen: "Ich gebe euch die Versicherung, dass die Zöllner und Dirnen eher den Zutritt zum Geisterreich Gottes erlangen als ihr.

 

32 Denn Johannes kam zu euch, um euch den Weg zu Gott zu zeigen. Doch ihr habt ihm nicht geglaubt. Aber die Zöllner und Dirnen schenkten ihm Glauben. Als ihr dies saht, da ward ihr hinterher auch noch darüber erbost, dass jene ihm Glauben schenkten."

 

33 "Höret noch ein anderes Beispiel! Es war ein Hausvater, der legte einen Weinberg an, umgab ihn mit einem Zaun, grub eine Kelter darin, baute einen Wachtturm, verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes. 34 Als dann die Zeit der Weinlese nahte, sandte er seine Knechte zu den Pächtern, um die ihm zustehenden Früchte als Pachtzins in Empfang zu nehmen.

 

35 Doch die Weingärtner ergriffen seine Knechte; den einen misshandelten sie, den andern schlugen sie tot, den dritten steinigten sie. 36 Dann sandte er andere Knechte in noch größerer Anzahl als das erstemal. Doch mit ihnen verfuhren sie auf dieselbe Weise.

 

37 Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen. Denn er sagte sich: 'Sie werden sich doch wohl hüten, meinem Sohn zu nahe zu treten.' 38 Aber kaum hatten die Weingärtner den Sohn erblickt, da sprach einer zum andern: 'Das ist der Erbe! Kommt, wir wollen ihn töten und sein Erbgut in Besitz nehmen!' 39 Sie ergriffen ihn, stießen ihn zum Weinberg hinaus und schlugen ihn tot. -

 

40 Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt, was wird er wohl mit diesen Weingärtnern machen?" 41 Sie antworteten: "Er wird sie als Verbrecher behandeln und sie in furchtbarer Weise ums Leben bringen. Den Weinberg aber wird er an solche Weingärtner vergeben, die ihm zu den festgesetzten Terminen die Früchte abliefern, die als Pachtzins ausbedungen sind."

 

42 Dann fuhr Jesus fort: "Habt ihr noch nie in der Schrift gelesen: 'Der Stein, den die Bauleute als unbrauchbar beiseite geworfen hatten, ist zum Eckstein geworden. Durch den Herrn ist er das geworden, und in unsern Augen ist er ein Wunderwerk'?

 

43 Darum sage ich euch: Der Verkehr mit Gottes Geisterreich wird euch genommen und einem Volke gegeben werden, das Früchte hervorbringt, die eines solchen Verkehrs würdig sind." 45 Als die Oberpriester und Pharisäer diese Beispiele hörten, merkten sie nur zu gut, dass er sie damit meinte.

 

46 Sie hätten ihn daher gern festgenommen. Doch fürchteten sie sich vor dem Volke; denn dies hielt ihn für einen Propheten Gottes.

 

Kapitel 22

 

1 Noch andere Gleichnisse trug Jesus ihnen als Antwort auf ihre Fragen vor. So sagte er: 2 "Die Teilnahme an dem Verkehr mit der Geisterwelt Gottes ist mit einer Hochzeitsfeier zu vergleichen, die ein König für seinen Sohn herrichten ließ.

 

3 Er sandte seine Diener hin, um die zur Hochzeit zu bitten, die er sich als Gäste ausgesucht hatte. Doch die Geladenen hatten keine Lust, zu kommen. 4 Da sandte er nochmals Diener und ließ den Geladenen sagen: 'Das Frühmahl ist schon bereitgestellt; Ochsen und Mastvieh sind geschlachtet und alles ist fertig. Beeilt euch, zur Hochzeit zu kommen!'

 

5 Die aber kehrten sich nicht daran, und ein jeder ging seiner Arbeit nach, der eine auf sein Landgut, der andere in sein Geschäft. 6 Die übrigen ergriffen seine Diener, beschimpften und töteten sie. 7 Da wurde der König zornig. Er sandte sein Heer aus und ließ jene Mörder umbringen und ihre Stadt in Brand stecken.

 

8 Hierauf sagte er zu seinen Dienern: 'Das Hochzeitsmahl ist zwar bereitet, aber die Eingeladenen waren dessen nicht wert. 9 So geht denn an die Straßenkreuzungen und ladet alle, die ihr antrefft! 10 Die Diener gingen auf die Straßen und brachten alle herbei, die sie trafen, - hoch und niedrig - und der Hochzeitssaal füllte sich mit Gästen."

 

15 Nun entfernten sich die Pharisäer und berieten darüber, mit welcher Frage sie ihm wohl eine Falle stellen könnten. 16 Schließlich schickten sie ihre Schüler zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm und ließen ihm folgende Frage vorlegen:

 

"Meister! wir wissen dass du stets die Wahrheit sagst und den Weg zu Gott so lehrst, wie es richtig ist, ohne dabei auf irgend jemand Rücksicht zu nehmen; denn du gibst nichts auf das äußere Ansehen von Menschen. 17 Sage uns also, wie du darüber urteilst: Soll man dem Kaiser die Kopfsteuer zahlen oder nicht?" 18 Jesus durchschaute ihre böse Absicht und erwiderte: "Warum wollt ihr Heuchler mir eine Falle stellen?

 

19 Zeigt mir eine Steuermünze!" Sie reichten ihm einen Denar. 20 "Wessen Bild und Aufschrift ist dies?" - fragte er sie. 21 "Des Kaisers" - war die Antwort. "So gebt denn" - fuhr er fort - "dem Kaiser, "was ihr dem Kaiser schuldet und Gott, was ihr Gott schuldig seid!" 22 Über diese Antwort waren sie verblüfft. Sie kehrten ihm den Rücken und entfernten sich.

 

23 An demselben Tage kamen die Saduzäer zu ihm, welche die Auferstehung leugnen, und suchten ihn durch folgende Geschichte in Verlegenheit zu bringen: 24 "Meister!" - sagten sie - "Mose hat folgende Anordnung getroffen: Wenn einer kinderlos stirbt, so soll sein Bruder dessen Frau heiraten und dem verstorbenen Bruder Nachkommenschaft sichern.

 

25 Nun lebten sieben Brüder bei uns. Der erste war verheiratet und starb kinderlos und hinterließ seine Frau seinem Bruder. 26 Ebenso der zweite und dritte; und so kamen schließlich alle sieben an die Reihe. 27 Dann starb auch die Frau, 28 Wem von den sieben wird nun die Frau bei der Auferstehung angehören? Alle sieben haben sie ja zur Frau gehabt."

 

29 Jesus gab ihnen zur Antwort: "Ihr habt eine ganz irrige Anschauung, weil ihr weder die Schriften noch die Wirkung der Gesetze in der Schöpfung Gottes versteht. 30 Denn bei der Auferstehung braucht sich weder der Mann eine Frau zu suchen, noch die Frau einen Mann. Es wird bei ihnen dasselbe Gesetz herrschen, wie bei den Geistern des Himmels. -

 

31 Was nun die Auferstehung der Toten selbst betrifft, erinnert ihr euch da nicht des Ausspruches Gottes: 32 'Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs!' Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden." 33 Als die Volksmenge das hörte, staunte sie über seine Lehre.

 

34 Es kam den Pharisäern zu Ohren, dass er die Saduzäer zum Schweigen gebracht hatte. Trotzdem traten auch sie wieder an ihn heran, 35 und ein Gesetzesgelehrter von ihrer Partei stellte ihn mit der Frage auf die Probe: 36 "Meister! Welches Gebot im Gesetz hältst du für besonders wichtig?"

 

37 Er antwortete: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Gesinnung. 38 Das ist das wichtige Gebot, das an der Spitze aller Gebote steht. 39 Ein zweites aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. 40 In diesen beiden Geboten ist die ganze Lehre des Gesetzes und der Propheten enthalten." 41 Eines Tages fanden sich wieder die Pharisäer bei Jesus ein.

 

42 Da stellte er an sie die Frage: "Was denkt ihr vom Messias? Wessen Sohn ist er?" Sie antworteten: "Davids." 43 Jesus fragte weiter: "Wie kann denn David unter Eingebung eines heiligen Geistes ihn 'Herrn' nennen, indem er sagt:

 

44 'Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde dir zu Füßen legen werde'? 45 Wenn nun David den Messias 'Herrn' nennt, wie kann denn der Messias Davids Sohn sein?" 46 Keiner konnte ihm darauf eine Antwort geben.

 

Kapitel 23

 

1 Eines Tages hielt Jesus vor dem Volk und seinen Jüngern folgende Ansprache: 2 "Auf dem Lehrstuhl des Mose sitzen die Schriftgelehrten und Pharisäer. 3 Aber nicht alles, was sie euch lehren, braucht ihr zu beobachten und als wahr hinzunehmen; noch viel weniger ihre Werke nachzuahmen.

 

4 Denn sie selbst leben nicht nach ihrer Lehre. Sie binden schwere Lasten zusammen, die niemand tragen kann, und legen sie auf die Schultern des Volkes. Sie selbst aber sind nicht gewillt, sie auch nur mit einem Finger anzurühren.

 

5 Was sie tun, geschieht alles bloß in der Absicht, von den Leuten gesehen zu werden. Deswegen machen sie ihre Gebetsriemen recht breit und ihre Mantelquasten recht lang. 6 Bei den Gastmählern suchen sie sich gern die ersten Plätze aus und in den Synagogen die Ehrensitze.

 

7 Sie halten darauf, dass sie auf den öffentlichen Plätzen von den Leuten gegrüßt werden und lassen sich von ihnen 'Meister' nennen. 8 Ihr aber sollt euch nicht mit 'Meister' anreden lassen. Denn nur Einer ist euer 'Meister', ihr aber seid alle Brüder. 9 Und zu keinem auf Erden sollt ihr 'Vater' sagen; denn nur Einer ist euer Vater, nämlich der im Himmel.

 

10 Auch 'Lehrer' sollt ihr euch nicht nennen lassen. Nur Einer ist euer Lehrer, nämlich der Messias. 11 Der Größte unter euch soll euer Diener sein. 12 Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden."

 

13 "Wehe euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer - ihr Heuchler! Ihr schließt die Türe zum Geisterreich Gottes vor den Menschen zu. Ihr selbst geht nicht hinein; aber ihr lasst auch die nicht hinein, die hineingehen möchten."

 

14 "Wehe euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer - ihr Heuchler! Eure Habgier verschlingt die Habseligkeiten der Witwen als Entgelt für die langen Gebete, die ihr angeblich für sie verrichtet. Euer Strafurteil für eine solche Handlungsweise wird um so härter sein."

 

15 "Wehe euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer - ihr Heuchler! Ihr reiset über Land und Meer, um einen einzigen Menschen als Glaubensgenossen zu gewinnen. Und wenn ihr ihn gewonnen habt, so macht ihr aus ihm ein Kind der Hölle, das doppelt so schlimm ist als ihr selbst.

 

16 Wehe euch, ihr blinden Führer! Wie könnt ihr behaupten: Wer beim Tempel schwört, ist an seinen Eid nicht gebunden; wer jedoch beim Golde des Tempels schwört, muss seinen Schwur halten? 17 Ihr Toren und Blinde! Was steht höher: das Gold oder der Tempel, durch den erst das Gold geheiligt wird?

 

18 Wie könnt ihr ferner die Behauptung aufstellen: Ein Schwur beim Altar hat nichts auf sich; aber ein Schwur bei der Opfergabe, die auf dem Altare liegt, hat bindende Kraft? 19 Ihr Blinden! Was ist höher zu schätzen: die Opfergabe oder der Altar, der erst der Opfergabe die Weihe gibt?

 

20 Wer also bei dem Altare schwört, der schwört gleichzeitig auch bei allem, was darauf liegt; 21 und wer bei dem Tempel schwört, der schwört gleichzeitig auch bei dem, der darin wohnt; 22 und wer beim Himmel schwört, der schwört beim Throne Gottes und bei dem, der darauf sitzt."

 

23 "Wehe euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer - ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten von Minze, Dill und Kümmel; aber die wichtigeren Gesetzesvorschriften, wie zum Beispiel: dass man nicht ungerecht urteilen, dass man barmherzig sein und Gottvertrauen haben soll, - die lasst ihr außer acht. Das eine soll man tun und das andere nicht unterlassen.

 

24 Ihr blinden Führer! Mücken gießt ihr ängstlich durch das Sieb; aber Kamele schluckt ihr ruhig hinunter." 25 "Wehe euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer - ihr Heuchler! Ihr haltet zwar die Außenseite des Bechers und der Schüssel rein. Aber innen sind sie angefüllt mit Habsucht und Unsittlichkeit.

 

26 Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere des Bechers! Dann wird auch seine Außenseite rein bleiben." 27 "Wehe euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer - ihr Heuchler! Ihr gleicht getünchten Grabkammern. Von außen erscheint eine Grabkammer lieblich in ihrem Blumenschmuck. In ihrem Innern aber sie ist voll von Totengebeinen und Verwesungsunrat.

 

28 So erscheint auch ihr den Menschen äußerlich gottesfürchtig; euer Inneres aber ist voll von Heuchelei und Gottlosigkeit." 29 "Wehe euch, ihr Schriftgelehrte und Pharisäer - ihr Heuchler! Ihr errichtet den Propheten Grabdenkmäler und schmückt die Grabsteine der Gottestreuen.

 

30 Dabei beteuert ihr immer wieder: Hätten wir zur Zeit unserer Vorfahren gelebt, wir würden uns nicht, gleich diesen, an dem Blute der Propheten versündigt haben. 31 Damit gebt ihr wenigstens zu, dass ihr die Nachkommen der Prophetenmörder seid. Aber auch ihr seid nicht besser. 32 So machet denn das Maß der Schuld eurer Väter voll!

 

33 Ihr Schlangen! Ihr Otternbrut! Wie wollt ihr dem Strafurteil entgehen, das euch wegen dieser Taten zur Hölle verdammen wird? 34 Seht, auch ich sende zu euch Propheten und Weise und Lehrer. Die einen von ihnen werdet ihr töten und kreuzigen, die andern in euren Synagogen auspeitschen und aus einer Stadt in die andere verfolgen.

 

35 So wird alles unschuldige Blut über euer Haupt kommen, das auf Erden vergossen worden ist, von dem Blute des unschuldigen Abel an bis auf das Blut des Sacharja, des Sohnes des Berechja, den ihr zwischen dem Tempelhaus und dem Brandopferaltar ermordet habt. 36 Ich sage euch, das alles wird sich an diesem Volke rächen. -

 

37 Jerusalem, Jerusalem! das du die Propheten tötest und die steinigst, die zu dir gesandt werden! Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt; doch ihr habt nicht gewollt. 38 So muss denn eure himmlische Wohnung leer bleiben.

 

39 Denn ich sage euch, dass ihr mich von jetzt an nicht mehr sehen werdet, bis zu dem Tage, wo ihr ausruft: 'Gesegnet sei, der da kommt im Namen Gottes!'"

 

Kapitel 24

 

1 Jesus wanderte eines Tages hinaus ins Freie. Von dem Wege aus, auf dem er ging, war in der Ferne der Tempel zu sehen. Da traten seine Jünger zu ihm und machten ihn auf den Prachtbau des Tempels aufmerksam.

 

2 Er gab ihnen zur Antwort: "Ja, ihr seht das alles jetzt mit staunenden Blicken; doch ich sage euch: Daran wird kein Stein auf dem andern bleiben; alles wird niedergerissen."

 

3 Dann setzte er sich auf dem Ölberge nieder; und als seine Jünger mit ihm allein waren, wandten sie sich mit der Bitte an ihn: "Sage uns doch: wann wird das denn eintreffen? Was wird ferner das Zeichen deiner Wiederkunft und der Abschluss dieser Zeitperiode sein?"

 

4 Jesus entgegnete: "Gebt acht, dass euch niemand Irriges darüber sagt. 5 Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: Ich bin der Messias, und werden viele irreführen. 6 Ihr werdet von Kriegen und Kriegsgerüchten hören. Lasst euch dadurch nicht in Schrecken setzen. Denn das alles kommt notwendigerweise von Zeit zu Zeit. Es bedeutet also noch nicht das Ende.

 

7 Auch wird ein Volk sich gegen das andre erheben und ein Reich gegen das andre. Seuchen und Hungersnot werden kommen und Erdbeben bald hier, bald dort entstehen. 8 Doch das alles bedeutet erst den Anfang der Leiden. 9 Dann wird man schwere Drangsale über euch bringen und euch töten; denn ihr werdet allen Ungläubigen um meines Namens willen verhasst sein.

 

10 Dann werden viele an der Wahrheit irre werden, einander verraten und mit Hass verfolgen. 11 Auch Werkzeuge der bösen Geisterwelt werden in großer Zahl auftreten und viele in Irrtum führen. 12 Und weil die Gottlosigkeit überhand nimmt, wird die Liebe bei der größten Mehrzahl der Menschen erkalten. 13 Wer aber bis zuletzt standhaft bleibt, wird gerettet werden.

 

14 Und diese Heilsbotschaft vom Gottesreich wird im ganzen Weltall gepredigt werden, damit alle Ungläubigen die Wahrheit kennen  lernen, und dann wird das Ende für dieses Volk gekommen sein." 15 "Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, der von dem Propheten Daniel vorausgesagt wurde, - und jeder, der lesen kann, mag sich diese Stelle ansehen - an geweihter Stätte sehet,

 

16 dann soll die Bevölkerung von Judäa ins Gebirge flüchten; 17 wer dann auf dem Dache ist, steige nicht erst hinab, um noch eine Habe aus dem Hause zu holen. 18 Und wer auf dem Felde ist, kehre nicht erst zurück, um seine Kleider mitzunehmen. 19 Wehe aber den Frauen, die in Hoffnung sind und denen, die ihr Kind an der Mutterbrust zu stillen haben.

 

20 Betet, dass eure Flucht nicht in den Winter oder auf den Sabbat falle. 21 Denn es wird alsdann eine Zeit schwerer Drangsale beginnen, wie noch keine seit Anfang der Welt bis jetzt gewesen ist und auch späterhin mehr sein wird.

 

22 Und wenn jene Tage nicht abgekürzt würden, könnte kein Mensch gerettet werden. Aber um der Auserwählten willen wird die Zahl jener Tage verringert werden. 23 Wenn dann jemand zu euch sagt: Seht, hier ist der Messias! oder: Dort ist er! - so glaubet es nicht!

 

24 Denn es werden falsche 'Messiase' und falsche Propheten auftreten und große Zeichen und Wunder verrichten, um wo möglich auch die Auserwählten in Irrtum zu führen. 25 Seht, ich habe es euch vorher gesagt. 26 Machen sie euch also die Mitteilung, der Messias sei in der Wüste, so gehet nicht dorthin; behaupten sie, er sei in diesem oder jenem Hause, so glaubet es nicht.

 

27 Denn nicht von dieser Art wird die Wiederkunft Christi sein; sie wird vielmehr einem Blitz gleichen, der im Osten aufleuchtet und seinen Strahl bis zum westlichen Himmel wirft. - 28 Wo das Aas ist, da finden sich die Geier ein -."

 

29 "Sogleich nach jener Zeit der Drangsal wird für deren Opfer die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren; das Licht der Sterne wird für sie am Himmelsgewölbe verschwinden, und die Gewalthaber der niederen Sphären des Jenseits werden in Bestürzung geraten.

 

30 Denn dann wird das Zeichen des Menschensohnes im Jenseits erscheinen. Alle Geister der irdischen Sphären werden wehklagen. Sie werden den Menschensohn an der Spitze der himmlischen Heerscharen mit großer Macht und Herrlichkeit kommen sehen.

 

31 Er wird seine Geisterboten unter lautem Posaunenschall aussenden, und sie werden die von ihm dazu Bestimmten von allen vier Windrichtungen her, von einem Ende des Jenseits bis zum andern, zusammenbringen."

 

32 "Das, was ihr am Feigenbaum wahrnehmet, möge euch als Erinnerungszeichen gelten. Werden seine Zweige saftig, und treiben sie Blätter hervor, so erkennt man daran, dass der Sommer nahe ist. 33 So könnt auch ihr beim Anblick alles dessen, was ich euch eben gesagt habe, sofort erkennen, dass die Erfüllung unmittelbar bevorsteht.

 

34 "Ich sage euch, dass dieses Volk nicht eher aufhören wird, bis das alles in Erfüllung gegangen ist. 35 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht unerfüllt verklingen. 36 Von dem Tage und der Stunde der Erfüllung hat jedoch niemand Kenntnis, weder die Engel des Himmels noch auch der Sohn, sondern einzig und allein mein Vater.

 

37 Wie es in den Tagen des Noah gewesen ist, so wird es auch zur Zeit der Wiederkunft des Menschensohnes sein. 38 In den Tagen vor der Sintflut gaben sie sich dem Essen und Trinken hin, Männer suchten den Geschlechtsverkehr mit Frauen und Frauen mit den Männern, bis die Stunde kam, wo Noah in die Arche ging.

 

39 Sie merkten nichts, bis die Flut kam und alle hinwegraffte. So wird es auch jedesmal sein, wenn der Menschensohn wiederkommt. 40 Dann werden zwei Männer auf dem Felde arbeiten: der eine wird mitgenommen und der andere zurückgelassen. 41 Zwei Frauen werden nebeneinander auf der Handmühle mahlen: die eine wird mitgenommen, die andere wird zurückgelassen.

 

42 Seid also wachsam! Denn ihr wisset nicht, an welchem Tage euer Herr kommt. 43 Das aber wird euch klar sein: wenn der Hausherr wüsste, in welcher Stunde der Nacht der Dieb käme, so würde er wach bleiben und einen Einbruch in sein Haus zu verhindern wissen.

 

44 Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr ihn nicht erwartet. 45 Wer ist demnach der treue und kluge Knecht, den der Herr über sein Hauswesen gesetzt hat, damit er jedem den ihm zukommenden Unterhalt verabreicht?

 

46 Derjenige Knecht ist glücklich zu preisen, den der Herr bei seiner Rückkehr bei der ihm zugewiesenen Arbeit findet. 47 Ich sage euch: Er wird ihn über seine sämtlichen Güter setzen. 48 Wenn aber einer zu den schlechten Knechten gehört, dann denkt er in seinem Herzen: Mein Herr kommt noch lange nicht

 

49 und er beginnt seine Mitknechte zu misshandeln, und schmaust und hält Weingelage mit den Trunkenbolden; 50 dann aber wird der Herr eines solchen Knechtes an einem Tage ankommen, an dem er ihn nicht erwartete und zu einer Stunde, die er nicht vorausgesehen hatte.

 

51 Er wird ihn in Stücke hauen lassen und ihm seinen gebührenden Teil bei den Heuchlern geben. Da wird lautes Heulen und Zähneknirschen sein."

 

Kapitel 25

 

1 "Bei der Zulassung zum Geisterreich Gottes wird es ähnlich ergehen, wie bei den zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Brautpaar entgegengingen. 2 Fünf von ihnen erwiesen sich als töricht und fünf als klug. 3 Die törichten nahmen zwar die Lampen mit, aber kein Öl. 4 Die klugen aber nahmen außer den Lampen auch Öl in Gefäßen mit sich.

 

5 Da die Ankunft des Brautpaares sich verzögerte, wurden alle müde vom langen Warten und schliefen ein. 6 Um Mitternacht hörte man plötzlich den Ruf: 'Der Bräutigam ist da! Schnell hinaus, ihm entgegen!' 7 Alle Jungfrauen standen auf und bekränzten ihre Lampen.

 

8 Die törichten aber sagten zu den klugen: Bitte, gebt uns doch etwas von eurem Öl; denn unsere Lampen sind am Verlöschen! 9 Die klugen aber antworteten: Das geht nicht; denn das Öl würde für uns und euch zusammen nicht ausreichen. Geht lieber zum Krämer und kauft euch euren Bedarf!

 

10 Während sie nun kaufen gingen, kam der Bräutigam an. Die Jungfrauen, die zum Empfang bereit standen, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal, und die Türe wurde sofort geschlossen. 11 Später kamen dann auch die andern Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mache uns auf! 12 Er gab ihnen zur Antwort: Ich kenne euch nicht. -

 

13 Darum seid wachsam! Denn Tag und Stunde der Ankunft des Menschensohns sind euch nicht bekannt." 14 "Ein Mann wollte eine Reise antreten. Er ließ seine Knechte rufen und übergab ihnen sein Vermögen; 15 der eine bekam fünftausend Mark, der andere zweitausend, der dritte eintausend, - ein jeder nach seiner persönlichen Fähigkeit. Dann reiste er ab.

 

16 Der fünftausend Mark erhalten hatte, arbeitete sofort mit dem Gelde und machte einen Gewinn in Höhe von fünftausend Mark. 17 Ebenso gewann der Besitzer der zweitausend Mark weitere zweitausend. 18 Der nur eintausend Mark bekommen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und versteckte darin das Geld seines Herrn.

 

19 Lange Zeit nachher kam der Herr zurück und rechnete mit seinen Knechten ab. 20 Zuerst kam der an die Reihe, der die fünftausend Mark empfangen hatte. Er brachte außer diesen noch weitere fünftausend mit und sprach: Herr, du hattest mir fünftausend Mark gegeben; ich habe noch fünftausend dazu verdient.

 

21 Da sagte sein Herr zu ihm: Wohlan, du guter und getreuer Knecht; du hast deine Treue im Kleinen gezeigt, darum will ich dir Großes anvertrauen. Komm und genieße die Seligkeit deines Herrn! 22 Dann trat der vor, der die zweitausend Mark erhalten hatte und sprach: Herr, zweitausend Mark hattest du mir gegeben; siehe, zweitausend habe ich dazu verdient.

 

23 Da sagte der Herr auch zu ihm: Wohlan, du guter und getreuer Knecht; auch du hast deine Treue im Kleinen bewährt; darum will ich auch dir Großes anvertrauen. Komm und genieße die Seligkeit deines Herrn! 24 Zuletzt kam der mit den eintausend Mark und sprach: Herr, ich kannte dich als einen strengen Mann, der ernten will, wo er nicht gesät und sammeln will, wo er nichts hingestreut hat.

 

25 Da bekam ich Angst und ging hin und vergrub deine tausend Mark in die Erde. Hier hast du dein Geld wieder. 26 Da entgegnete ihm sein Herr: Du schlechter und fauler Knecht! Also du wusstest, dass ich ernten will, wo ich nicht gesät und einsammeln will, wo ich nichts hingestreut habe?

 

27 Hättest du dann nicht mein Geld bei den Banken anlegen sollen? Dann würde ich bei meiner Rückkehr das Meine wenigstens mit Zinsen zurückerhalten haben. 28 Darum nehmt ihm die tausend Mark ab und gebt sie dem, der die zehntausend besitzt.

 

29 Denn jedem, der viel geleistet hat, wird noch dazu gegeben, damit er im Überfluss hat. Wer aber nichts geleistet hat, dem wird auch das noch weggenommen, was er zuerst besaß. 30 Den unnützen Knecht aber werft hinaus in die Finsternis. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein." 31 "Jedesmal, wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Geisterboten mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Macht setzen.

 

32 Alle Arten von Geistern werden vor ihm versammelt werden, und er wird sie von einander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. 33 Die Schafe wird er zu seiner Rechten, die Böcke zu seiner Linken stellen.

 

34 Da wird dann der König zu denen auf seiner rechten Seite sagen: Kommt, die ihr den Segen meines Vaters besitzt, empfanget als euer Erbe das Reich, das für euch seit Grundlegung der Welt bereit gehalten wurde.

 

35 Denn ich war hungrig, und ihr gabt mir Speise; ich war durstig, und ihr gabt mir zu trinken; ich war ein Fremder, und ihr gewährtet mir Herberge; 36 ich war ohne Kleidung, und ihr bedecktet meine Blöße; ich war krank, und ihr besuchtet mich; ich lag im Gefängnis, und ihr kamt zu mir.

 

37 Dann werden ihm die Gottestreuen antworten: 'Herr, wann sahen wir dich hungrig und gaben dir Speise? Oder durstig und gaben dir zu trinken? 38 Wann sahen wir dich als Fremden und gewährten dir Herberge? Oder trafen dich ohne Kleidung und bedeckten deine Blöße? 39 Wann sahen wir dich krank oder fanden dich im Gefängnis und kamen zu dir?'

 

40 Dann wird der König ihnen zur Antwort geben: 'Alles, was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern tatet, das habt ihr mir erwiesen.' 41 Darauf wird er zu denen auf seiner linken Seite sagen: 'Hinweg von mir, ihr Fluchbeladenen, in das Feuer des Leidens, das unbestimmte Zeitperioden hindurch dauert, und das mein Vater für den Teufel bestimmt hat und für die Geister, die ihm angehören.

 

42 Denn ich war hungrig, und ihr gabt mir nichts zu essen; ich war durstig, und ihr gabt mir nichts zu trinken; 43 ich war fremd und fand bei euch keine Herberge; ich war ohne Kleidung, und ihr bedecktet nicht meine Blöße; ich war krank und lag im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht.'

 

44 Dann werden auch diese entgegnen: 'Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig, als Fremden oder ohne Kleidung, krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir keine Dienste geleistet?'

 

45 Dann wird er ihnen zur Antwort geben: 'Alles, was ihr einem von diesen Geringsten versagtet, das habt ihr mir versagt.' 46 Diese werden eine neue Zeitperiode des Leidens antreten, die Gottestreuen aber ihre Zeit himmlischen Lebens."

 

Kapitel 26

 

1 Als er mit diesen Belehrungen zu Ende war, wandte er sich an seine Jünger. 2 "Ihr wisst", - sagte er - "dass übermorgen das Osterfest ist. 3 Dann wird der Menschensohn zur Kreuzigung ausgeliefert." -

 

4 Damals kamen die Oberpriester und Ältesten im Palast des Hohenpriesters Kaiphas zusammen und beratschlagten, wie sie Jesus durch eine List in ihre Hände bekommen und töten könnten. 5 Darüber waren sie sich einig, dass dies nicht während des Osterfestes geschehen dürfe, damit kein Aufruhr unter dem Volke entstehe.

 

6 Jesus war in Bethanien im Hause Simons, des Aussätzigen, eingekehrt. 7 Da kam eine Frau zu ihm, die ein Alabastergefäß mit kostbarem Salböl trug. Während er zu Tische lag, goss sie es ihm über das Haupt. 8 Als die Jünger dies sahen, wurden sie unwillig; denn sie sagten sich:

 

9 "Wozu eine solche Verschwendung? Dieses Salböl hätte man teuer verkaufen und das Geld den Armen geben können." 10 Jesus merkte ihre Stimmung und fragte sie: "Warum wollt ihr dieser Frau Vorwürfe machen? 11 Sie hat ein gutes Werk an mir getan; Denn Arme habt ihr allezeit bei euch, mich aber nicht.

 

12 Mit diesem Öl, das sie auf meinen Körper goss, wollte sie mich für meine Beerdigung salben. 13 Ich sage euch: Wo immer in der ganzen Welt diese Heilsbotschaft verkündigt werden wird, soll man auch das erzählen, was diese Frau jetzt getan hat, und so ihr Andenken ehren."

 

14 Judas Ischariot, einer von den Zwölf, ging zu den Oberpriestern 15 und stellte die Frage an sie: "Was wollt ihr mir zahlen, wenn ich ihn euch in die Hände liefere?" 16 Da wogen sie ihm dreißig Silberlinge hin. Von dieser Stunde an suchte er nach einer günstigen Gelegenheit ihn zu verraten.

 

17 Am ersten Tage der ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und fragten ihn: "Wo sollen wir dir das Ostermahl herrichten?" 18 Er antwortete: "Gehet in die Stadt zu dem so und so und sagt ihm: Der Meister lässt dir mitteilen: Meine Zeit ist nahe; bei dir will ich das Abendmahl mit meinen Jüngern halten." 19 Die Jünger taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte und richteten das Ostermahl her.

 

20 Als es dann Abend geworden war, legte er sich mit seinen Zwölfen zu Tisch. 21 Während des Mahles sagte er plötzlich: "Einer von euch wird mich verraten." 22 Da wurden sie sehr bestürzt, und einer nach dem andern richtete die Frage an ihn: "Ich bin es doch nicht, Herr?"

 

23 Er gab ihnen zur Antwort: "Der mit mir zusammen die Hand in die Schüssel getaucht hat, wird mein Verräter sein. 24 Der Menschensohn geht zwar seinen Schicksalsweg, wie er in der Schrift niedergelegt ist; doch wehe dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für jenen besser, wenn er nicht geboren wäre."

 

25 Da fragte ihn auch Judas, sein Verräter: "Meister, ich bin es doch nicht?" -Er entgegnete: "Ja, du bist es!" 26 Während des Mahles nahm Jesus Brot, sprach ein Gebet, brach das Brot und gab es seinen Jüngern mit den Worten: "Nehmet hin und esset! Das ist das Sinnbild meines Leibes." 27 Dann nahm er einen Becher, sprach ein Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: "Trinket alle daraus!

 

28 Denn dies ist das Sinnbild meines Blutes, des Blutes des neuen Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. 29 Ich sage euch aber, dass ich von nun an von diesem Erzeugnis des Weinstocks nicht mehr trinke, bis zu dem Tage, wo ich es im Reiche meines Vaters trinken werde und zwar in einer Form, die euch unbekannt ist."

 

30 Dann stimmten sie den Lobgesang an, verließen den Saal und gingen zum Ölberg. 31 Unterwegs sagte er zu ihnen: "In dieser Nacht werdet ihr alle mich verlassen; denn es steht geschrieben: 'Ich werde den Hirten niederschlagen, dann werden die Schafe der Herde sich zerstreuen.'

 

32 Aber nach meiner Auferstehung will ich vor euch nach Galiläa gehen." 33 Da antwortete ihm Petrus: "Mögen auch alle dich im Stiche lassen, - ich niemals." - 34 "Ich sage dir", - entgegnete Jesus - "noch in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen."

 

35 Petrus erwiderte: "Selbst wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich doch nicht verleugnen." Das gleiche versicherten auch die andern Jünger alle. 36 Nun gelangte Jesus mit ihnen an einen Platz, namens Gethsemane. Da sagte er zu seinen Jüngern: "Setzet euch hier nieder, während ich da drüben hingehe und bete.

 

37 Nur den Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus nahm er mit sich. 38 Da befiel ihn ein Gefühl tiefster Niedergeschlagenheit und Verlassenheit. Er wandte sich an sie mit den Worten: "So über alle Maßen groß ist die Betrübnis meiner Seele, dass ich wünschte, ich wäre tot. Bleibet doch bei mir und wachet mit mir!"

 

39 Dann ging er ein wenig weiter, warf sich auf sein Angesicht nieder und betete: "Mein Vater, wenn es möglich ist, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen; doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst."

 

40 Dann kam er wieder zu den drei Jüngern zurück und fand sie eingeschlafen. Da wandte er sich an Petrus mit den Worten: "Also nicht einmal soviel Kraft hattet ihr, auch nur eine Stunde mit mir wach zu bleiben? 41 Wachet und betet, damit ihr nicht in der Versuchung zu Falle kommt. Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach."

 

42 Zum zweitenmal ging er hin und betete; "Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht an mir vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille." 43 Dann kam er zurück und fand sie wieder eingeschlafen, denn ihre Augen waren ihnen vor Müdigkeit zugefallen.

 

44 Er weckte sie nicht, sondern ging zurück und betete mit denselben Worten wie vorher. 45 Dann kam er zu den Jüngern und sagte: "Ein andermal könnt ihr schlafen und ausruhen. Jetzt ist die Stunde da, wo der Menschensohn den von Gott Abgefallenen in die Hände geliefert wird.

 

46 Steht auf und lasst uns gehen! Seht, mein Verräter ist schon in der Nähe." 47 Während er noch redete, kam plötzlich Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm ein großer Volkshaufe mit Schwertern und Knütteln im Auftrag der Hohenpriester und Ältesten des Volkes.

 

48 Sein Verräter hatte als Zeichen mit ihnen vereinbart: "Der, den ich küssen werde, der ist's, - den ergreift!" 49 Er trat also sofort auf Jesus zu. "Sei gegrüßt, Meister!" - sagte er - und dabei küsste er ihn. - 50 "Freund", - entgegnete Jesus - "wozu bist du hier?" Da traten sie heran, legten Hand an Jesus und nahmen ihn fest.

 

51 Einer von den Begleitern Jesu griff nach dem Schwerte, schlug damit nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das Ohr ab. 52 Da sagte Jesus zu ihm: "Stecke dein Schwert in die Scheide; denn wer das Schwert ergreift, soll durch das Schwert umkommen.

 

53 Oder meinst du, mein Vater würde mir nicht auf meine Bitte sofort mehr als zwölf Legionen Engel zu Hilfe senden? 54 Wie könnten dann aber die Aussprüche der Schrift in Erfüllung gehen, nach denen alles so kommen muss?"

 

55 Dann wandte sich Jesus zu dem Volkshaufen und redete ihn mit den Worten an: "Mit Schwertern und Knüppeln seid ihr ausgegangen, um mich wie einen Räuber zu fangen. Täglich saß ich im Tempel und lehrte, und ihr nahmt mich nicht fest. 56 Dies alles ist aber so gekommen, damit die Schriften der Propheten in Erfüllung gingen." Hierauf ließen ihn die Jünger alle im Stich und ergriffen die Flucht.

 

57 Die Jesus festgenommen hatten, führten ihn zum Hohenpriester Kaiphas. Bei ihm hatten sich die Schriftgelehrten und Ältesten versammelt. 58 Petrus folgte ihm von weitem bis zum Palast des Hohenpriesters. Dort trat er ein und setzte sich unter die Knechte, um zu sehen, wie die Sache ausgehen würde.

 

59 Die Oberpriester und der ganze Hohe Rat suchten nach einem falschen Zeugnis, um Jesus zum Tode verurteilen zu können; 60 doch sie fanden keins, wiewohl viele falsche Zeugen auftraten. Zuletzt kamen zwei 61 und sagten aus: "Dieser Mann hat behauptet: 'Ich kann den Tempel Gottes niederreißen und ihn in drei Tagen wieder aufbauen'."

 

62 Da stand der Hohepriester auf und fragte ihn: "Entgegnest du nichts auf die Aussagen dieser Zeugen?" 63 Jesus aber schwieg. Da richtete der Hohepriester die Worte an ihn: "Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, sage uns, ob du der Messias, der Sohn Gottes bist."

 

64 Darauf gab ihm Jesus die Antwort: "Ja, ich bin es. Und ich gebe euch hiermit die feierliche Erklärung: Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten des Allmächtigen sitzen und an der Spitze der himmlischen Geisterscharen kommen sehen."

 

65 Da zerriss der Hohepriester seine Kleider mit den Worten: "Er hat Gott gelästert. Wozu brauchen wir also noch Zeugen? Ihr habt ja selbst seine Gotteslästerung gehört. 66 Was für ein Urteil wollt ihr fällen?" Sie antworteten: "Er ist des Todes schuldig!" 67 Dann spieen sie ihm ins Gesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Andere gaben ihm Backenstreiche 68 und höhnten dabei: "Weissage uns, Messias! Wie heißt der, der dich geschlagen hat?"

 

69 Petrus saß unterdessen draußen im Hofe. Hier trat eine Magd zu ihm und sagte: "Du bist auch bei Jesus, dem Galiläer, gewesen!" 70 Er leugnete es jedoch vor allen. "Ich verstehe nicht", - sagte er - "wie du nur so etwas behaupten kannst."

 

71 Dann ging er in die Torhalle hinaus. Dort bemerkte ihn eine andere Magd und machte die Umstehenden auf ihn aufmerksam. "Dieser ist bei Jesus von Nazareth gewesen", - sagte sie. 72 Da leugnete er wieder und schwur: "Ich kenne jenen Menschen nicht." 73 Nach einer Weile traten die Leute, die da umher standen, dicht an Petrus heran mit den Worten: "Sicher gehörst du zu ihnen; schon deine Sprache verrät dich."

 

74 Da fing er an, sich zu verfluchen und zu schwören, dass er jenen Menschen nicht kenne. Gleich darauf krähte der Hahn. 75 Da dachte Petrus daran, dass Jesus ihm gesagt hatte: 'Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.'

 

Kapitel 27

 

1 Als der Morgen graute, fassten alle Oberpriester und die Ältesten des Volkes einen Beschluss gegen Jesus, seine Hinrichtung durchzusetzen. 2 Sie ließen ihn fesseln und fortführen und übergaben ihn dem Statthalter Pontius Pilatus.

 

3 Als der Verräter Judas sah, dass das Todesurteil über Jesus ausgesprochen war, fühlte er Reue über seine Tat. Er brachte die dreißig Silberlinge den Oberpriestern und Ältesten zurück und bekannte:

 

4 "Ich sündigte, als ich unschuldiges Blut verriet." Jene aber entgegneten: "Was geht das uns an? Siehe, wie du mit dir fertig wirst!" 5 Da warf er die Silberlinge in den Tempel, rannte hinaus, fort aus der Stadt, und erhängte sich. 6 Die Oberpriester nahmen die Silberlinge und meinten: "Es geht nicht an, dass wir sie in den Tempelschatz tun; denn es ist Blutgeld."

 

7 Sie fassten den Beschluss, für das Geld den Acker eines Töpfers zu kaufen und bestimmten ihn zum Begräbnisplatz für Fremde. 9 Hier erfüllte sich das Wort des Propheten Jeremia: "Sie nahmen die dreißig Silberlinge, den Geldwert des so Gewerteten, den man von Seiten der Kinder Israels so bewertet hatte,

 

10 und gaben sie für den Töpferacker, wie der Herr es bestimmt hatte." 11 Jesus wurde dem Statthalter vorgeführt. Dieser fragte ihn: "Bist du der König der Juden?" Jesus antwortete: "Ja, ich bin es." 12 Auf die Anklagen der Oberpriester und Ältesten gab er jedoch keine Antwort. 13 Da richtete Pilatus an ihn die Frage: "Hörst du nicht, was diese hier alles gegen dich vorbringen?"

 

14 Doch er antwortete auch ihm auf keine einzige Frage, so dass sich der Statthalter sehr wunderte.

 

15 An jedem Fest pflegte nun der Statthalter dem Volke einen Gefangenen nach ihrer Wahl frei zu geben. 16 Damals hatte man einen berüchtigten Gefangenen, namens Barabbas. 17 Da fragte Pilatus die versammelte Volksmenge: "Wen soll ich euch frei geben, Barabbas oder Jesus, den angeblichen Messias?"

 

18 Er wusste nämlich, dass man diesen nur aus Neid an ihn ausgeliefert hatte. 19 Während er nun auf seinem Richterstuhl saß, schickte seine Frau einen Boten und ließ ihm sagen: "Habe du ja nichts mit diesem Gottesfürchtigen zu schaffen; denn ich habe die letzte Nacht im Traum um seinetwillen viel ausgestanden." -

 

20 Die Oberpriester und Ältesten redeten auf das Volk ein, sich den Barabbas freigeben zu lassen und Jesu Hinrichtung zu fordern. 21 Da richtete der Statthalter nochmals die Frage an sie: "Wen von beiden soll ich euch freigeben?" Sie riefen: "Barabbas!" -

 

22 Pilatus fragte weiter: "Was soll ich denn mit Jesu, dem angeblichen Messias, machen?" Alle riefen: "Ans Kreuz mit ihm!" 23 Der Statthalter entgegnete: "Was hat er denn Böses getan?" Sie schrieen nur noch lauter: "Ans Kreuz mit ihm!"

 

24 Als Pilatus sah, dass er nichts erreichte, sondern dass der Lärm immer noch größer wurde, ließ er sich Wasser bringen und wusch sich vor den Äugen des Volkes die Hände mit den Worten: "Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten; machet, was ihr wollt!"

 

25 Da antwortet das ganze Volk: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" 26 Hierauf gab er ihnen den Barabbas frei; Jesus aber gab er Geißelhiebe zum Zeichen des Todesurteils und übergab ihn dann zur Kreuzigung.

 

27 Die Soldaten des Statthalters nahmen Jesus mit sich in die Statthalterei und versammelten dort die ganze Abteilung um ihn. 28 Sie entkleideten ihn, legten ihm einen Purpurmantel um, 29 flochten eine Dornenkrone, setzten sie ihm aufs Haupt und gaben ihm ein Rohr in die rechte Hand. Dann fielen sie vor ihm auf die Knie und riefen ihm höhnend zu: "Sei gegrüßt, König der Juden!"

 

30 Dann spieen sie ihn an, nahmen das Rohr aus seiner Hand und schlugen ihn damit auf das Haupt. 31 Nachdem sie so den Spott mit ihm getrieben, nahmen sie ihm den Mantel wieder ab und legten ihm seine Kleider wieder an. Später führten sie ihn zur Kreuzigung ab.

 

32 Unterwegs trafen sie einen Mann aus Cyrene, namens Simon. Diesen zwangen sie, für ihn das Kreuz zu tragen. 33 So gelangten sie auf den Platz, der Golgotha hieß, was "Schädelstätte" bedeutet. 34 Hier gaben sie ihm Wein mit Galle vermischt zu trinken. Doch als er ihn geschmeckt hatte, wollte er ihn nicht trinken.

 

35 Dann kreuzigten sie ihn und verteilten seine Kleider unter sich, indem sie darum losten. 36 Hierauf setzten sie sich hin und hielten bei ihm Wache. 37 Über seinem Haupte hatte man die Inschrift angebracht, welche den Grund der Hinrichtung angeben sollte. Sie lautete: "Dies ist Jesus, der König der Juden!"

 

38 Gleichzeitig mit ihm wurden zwei Räuber gekreuzigt, der eine zu seiner Rechten, der andere zu seiner Linken. 39 Die Vorübergehenden stießen Schmähworte gegen ihn aus.

 

40 Man schüttelte den Kopf und rief ihm zu: "Du wolltest ja den Tempel niederreißen und ihn in drei Tagen wieder aufbauen; rette dich nun selbst! Bist du ein Sohn Gottes, so steige herab vom Kreuze!" 41 Ebenso verhöhnten ihn auch die Hohenpriester samt den Schriftgelehrten und Ältesten. Sie riefen ihm zu:

 

42 "Andern hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen. Er will ja der König von Israel sein. So möge er jetzt vom Kreuze heruntersteigen; dann wollen auch wir an ihn glauben. 43 Er hat ja sein Vertrauen auf Gott gesetzt, der rette ihn jetzt, wenn er Wohlgefallen an ihm hat. Er hat doch gesagt: 'Ich bin ein Sohn Gottes.'" 44 In gleicher Weise schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.

 

45 Von zwölf Uhr mittags an kam eine Finsternis über das ganze Land und dauerte bis drei Uhr nachmittags. 46 Um drei Uhr nachmittags rief Jesus mit lauter Stimme: "Eli, Eli, lama sabachthani?" - das heißt: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"

 

47 Als einige von den Umstehenden dies hörten, sagten sie: "Der ruft den Elia!" 48 Sogleich lief einer von ihnen hin, nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig, steckte ihn an ein Rohr und wollte ihm zu trinken geben. 49 Die andern aber sagten: "Lass das! Wir wollen sehen, ob Elia wirklich kommt und ihn rettet."

 

50 Jesus aber stieß noch einmal einen lauten Schrei aus und gab dann seinen Geist auf. 51 Da zerriss der Vorhang im Tempel von oben bis unten in zwei Stücke, die Erde erbebte und die Felsen zersprangen.

 

52 Die Grabkammern wurden offen gelegt und viele Leichen der Entschlafenen empor gerichtet. 53 In ihrer aufrechten Stellung ragten sie aus den Grabkammern heraus und wurden von vielen gesehen, die dort auf dem Rückwege zur Stadt vorüberkamen.

 

54 Als der Hauptmann und seine Leute, die Jesus bewachten, das Erdbeben und die andern Ereignisse sahen, gerieten sie in großen Schrecken und fühlten sich zu dem Bekenntnis gezwungen: "Dieser ist wirklich der Sohn eines Gottes."

 

55 Viele Frauen schauten von weitem zu. Sie waren Jesus aus Galiläa nachgefolgt und hatten ihm ihre Dienste gewidmet. 56 Unter ihnen waren Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus und des Joseph, sowie die Mutter der Söhne des Zebedäus.

 

57 Am späten Nachmittag kam ein reicher Mann aus Arimathäa, namens Joseph, der auch ein Jünger Jesu geworden war, 58 und begab sich zu Pilatus. Er erbat sich von ihm den Leichnam Jesu. Pilatus ließ ihm den Leichnam aushändigen. 59 Joseph nahm ihn, wickelte ihn in reine Leinwand

 

60 und legte ihn in das neue Grab, das er sich selbst im Felsen hatte aushauen lassen. Dann ließ er einen großen Stein vor den Eingang des Grabes wälzen und entfernte sich. 61 Dabei waren Maria von Magdala und die andere Maria zugegen. Sie saßen dem Grabe gegenüber.

 

62 Am nächsten Tage, der auf den Rüsttag folgt, kamen die Hohenpriester und die Pharisäer miteinander zu Pilatus 63 und sagten: "Herr, wir erinnern uns, dass jener Irrlehrer bei seinen Lebzeiten behauptet hat, er werde nach drei Tagen wieder auferweckt.

 

64 Lass also das Grab bis zum dritten Tage gut bewachen, damit nicht etwa seine Jünger kommen und seine Leiche stehlen und dann zum Volke sagen, er sei von den Toten auferweckt worden. Dann wäre der letzte Betrug noch schlimmer als der erste."

 

65 Pilatus gab ihnen zur Antwort: "Ihr sollt eine Wache haben. 66 Gehet hin und sichert euch, so gut ihr könnt!" Da gingen sie hin, versiegelten den Stein  und sicherten das Grab mit Hilfe einer Wache.

 

Kapitel 28

 

1 Nach Ablauf des Sabbats, im Morgengrauen des ersten Tages nach dem Sabbat, gingen Maria von Magdala und die andere Maria hin, um nach dem Grabe zu sehen.

 

2 Da entstand plötzlich ein starkes Erdbeben. Denn ein Bote des Herrn, der vom Himmel herabgekommen und herangetreten war, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. 3 Sein Aussehen war leuchtend wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee.

 

4 Aus Furcht vor ihm zitterten die Wächter und fielen wie tot hin. 5 Der Engel aber redete die Frauen mit den Worten an: "Ihr braucht euch nicht zu fürchten. Ich weiß, dass ihr Jesum, den Gekreuzigten sucht. 6 Er ist nicht hier. Er ist auferstanden, wie er es vorausgesagt hat. Kommt her und sehet euch die Stelle an, wo der Herr gelegen hat.

 

7 Geht eilends hin und sagt seinen  Jüngern, dass er von den Toten auferstanden sei und euch nach Galiläa voran gehen wird. Dort werdet ihr ihn sehen. Beachtet wohl, was ich euch mitgeteilt habe." 8 Da eilten sie von dem Grabe fort in großer Furcht und doch auch in großer Freude, um seinen Jüngern schnell die Botschaft zu bringen.

 

9 Da begegnete ihnen Jesus und redete sie an mit den Worten: "Seid gegrüßt!" Sie gingen auf ihn zu und vor ihm niederkniend umfassten sie seine Knie. 10 Hierauf sagte Jesus zu ihnen; "Gehet hin und meldet meinen Brüdern, sie sollten nach Galiläa gehen. Dort werden sie mich wiedersehen."

 

11 Inzwischen kamen einige von den Grabeswächtern in die Stadt und meldeten den Oberpriestern alles, was sich zugetragen hatte. 12 Diese versammelten die Ältesten um sich und hielten zusammen eine Beratung ab. Das Ergebnis war, dass sie den Soldaten reichlich Geld gaben

 

13 und ihnen folgende Anweisung erteilten: "Streuet folgendes Gerücht aus: Seine Jünger sind bei Nacht gekommen und haben, während wir schliefen, seine Leiche gestohlen. 14 Sollte dies dem Statthalter zu Ohren kommen, so wollen wir ihn schon beschwichtigen und dafür sorgen, dass ihr nichts zu befürchten habt."

 

15 Da nahmen sie das Geld und taten nach der empfangenen Weisung. Und so ist dies Gerede bei den Juden im Umlauf bis auf den heutigen Tag.

 

16 Die elf Jünger begaben sich nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. 17 Als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber zweifelten.

 

18 Da trat Jesus zu ihnen, redete sie an und sprach: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. 19 Darum gehet hin und macht alle Völker zu meinen Jüngern, indem ihr sie tauft im Namen des Vaters und des Sohnes, in einem heiligen Geist. 20 Und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe. Ich gebe euch die feste Zusicherung: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Weltzeit!"

 

rodiehr  Aug. 2012

 


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