FRIEDRICH JÜRGENSON
Sprechfunk mit Verstorbenen
Praktische Kontaktherstellung mit dem Jenseits

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SECHSTES KAPITEL

Tonband Nummer 4 - Seltsames Spiel mit Carino - Der halbe Apfel

Seite 32 Am 17. September 1959 ereignete sich ein Vorfall, bei dem unserem Pudel Carino wiederum eine Hauptrolle zufiel, die er auch diesmal unbefangen und mit Bravour ausführte. Dagegen mußte ich mich mit der Rolle eines verständnislosen Zuhörers abfinden, einer Rolle, die mir noch bei weiteren Gelegenheiten vorbehalten blieb.

Ich habe jenes Tonband, um das es sich hier handelt, "Carinos Spiel auf dem Rasen" getauft. Es trägt die Nummer vier, und auf der anderen Seite des Bandes ist meine pompejanische Ausstellungseinweihung festgehalten. In meinen Notizen vom betreffenden Tag ist folgendes verzeichnet: "17. 9. 1959, Vollmond 000, viele Umschaltungen - 022 - Strom, heftige Signale!"

Ich habe festgestellt, daß ich die wirkliche Bedeutung einer Tonbandeinspielung erst dann richtig zu schätzen imstande bin, wenn ich eine ältere Einspielung wieder von neuem anhöre.

An einem kalten Februarvormittag des Jahres 1962 war ich wieder einmal auf unserem Landsitz in Mölnbo. Tiefer Schnee bedeckte die Landschaft. Man sah nur Weiß, Schwarz und Grau, beinahe wie auf einem Fotonegativ. Ich saß vor meinem Tonbandgerät und hatte das Band vom 17. September 1959 aufgelegt. Ich wartete ein wenig, bis sich der Apparat erwärmt hatte, dann - ein Druck auf die Taste und...

Es ist ein sonniger Herbstnachmittag. Ich stehe vor dem Apparat in meiner hellen Dachstube, habe den Kopfhörer aufgesetzt, schalte das Gerät ein und aus. Die Sonne scheint freundlich und warm ins Zimmer. Carino, unser schwarzer Pudel, schläft friedvoll auf Monikas Bett. Draußen herrscht Windstille. Ich schalte wieder einmal Seite 33 ein - da erklingen plötzlich heftige Signale im Apparat.

Es sind ohrenbetäubende, rasselnde, klingelnde Töne; sie erinnern an enorm verstärkte "Tüüt-Signale im Telefon" und lassen buchstäblich den ganzen Apparat erzittern. Ich stehe dicht über das rotierende Band gebeugt und fühle plötzlich, wie ein intensives Prickeln und Zittern sich über mein Gesicht, Hals und Hände verbreitet. Es ist, als befände ich mich inmitten eines vibrierenden Stromes.

Carino ist plötzlich aufgesprungen, stützt sich mit den Vorderpfoten auf das Fensterbrett und späht gespannt in den Garten hinab. Sein Blick geht rasch von links nach rechts, sein Schwänzchen zittert vor Erregung.

Ich frage laut: "Ist der Onkel gekommen, die Tante?..." Ich denke dabei im Scherz an die Venusier mit ihren fliegenden Scheiben.

Im Apparat ertönen eine Reihe betäubender Signale. Soll man das etwa als Antwort auffassen? Die Töne gehen mir durch Mark und Bein; der ganze Apparat vibriert sichtbar. "Wollen wir runtergehen?" frage ich Carino.

Die Signale brechen sofort ab.  

Ich lasse den Apparat auf Einspielung weiterlaufen, und gehe mit Carino die Treppe hinunter. Draußen mache ich einen Rundgang um das Haus, blicke aufmerksam zum Himmel empor, lausche gespannt in die Waldesstille hinein - entdecke aber nichts.

Unterdessen springt Carino zwischen den Apfelbäumen in wilden Sprüngen umher. Ich gehe in die Dachstube zurück, höre Carino froh und hell bellen; beim zweiten Gebell erklingt eine Frauenstimme, die laut sagt: "Snouth - bist du blindi...?"

Dieses entstellte Deutsch und Englisch sollte wohl Carino gelten und könnte vielleicht mit "Schnauze - bist du blind?" übersetzt werden.

Ich setze den Kopfhörer auf und lausche weiter. Eine längere Zeit bleibt alles still. Störungen gibt es dieses Mal überhaupt keine.

Seite 34 Plötzlich kracht es zweimal heftig im Apparat. Als ich später diese Krachtöne mit der geringeren Geschwindigkeit 3¾ i. p. s. abspiele, wird nach dem zweiten Krachton eine Männerstimme hörbar, die in gewöhnlicher Stimmlage auf Deutsch - "bist mal ruhig!" sagt.

Die Aufnahme läuft weiter. Es vergehen etwa zehn Minuten, dann beginnen wieder jene heftigen Signale den Apparat zu erschüttern.

Carino ist noch immer draußen im Garten, obwohl ich die Türe offengelassen habe und er mich sonst nie allein zu lassen pflegt.

Ganz aus der Ferne ertönt jetzt ein sehr hoher Diskantruf: "Mölnbo!"

Carino draußen beginnt zu quengeln, stößt durch die Nase ungeduldige Fieptöne aus. Im Apparat klingelt es schrill und alarmierend. Carino quengelt weiter, ungeduldig und eigensinnig. Ich nehme die Kopfhörer ab, sage ein paar Worte zu mir selber und steige die Treppe hinunter. Auf dem Band ist deutlich zu hören, wie ich draußen im Garten mit dem Hund spreche.

Carino sitzt auf dem Rasen und rührt sich nicht vom Fleck. Ich mache einen neuen Rundgang um das Haus. Nichts, rein gar nichts!

Ich kehre in die Dachstube zurück und stelle mich vor den Apparat. Draußen hört man Carino neckische Töne von sich geben. Er springt zwischen den Apfelbäumen umher, dann hört man ihn wieder froh und hell bellen. Es ist ein typisches Freudengebelfer, neckisch und provozierend. Es wird immer heftiger, genau wie er es beim Ballspiel zu tun pflegt.

"Was ist mit ihm los?", frage ich mich erstaunt, lege die Kopfhörer ab und gehe zum dritten Mal die Treppe hinunter. Carino knurrt spielerisch, ist freudig erregt und nimmt von mir keine Notiz.

Mein Blick fällt plötzlich auf einen an einem Zweig schaukelnden Apfel. Es ist absolut windstill, auch keine Vögel sind zu sehen, und doch schaukelt der Apfel im Seite 35 Gipfel eines Baumes. Der Apfel ist außerdem noch quer durchgeschnitten und leuchtet weiß in der Sonne...

Carino steht unschlüssig auf dem Rasen. Ich spreche mit ihm eine kleine Weile. Er macht mir den Eindruck, als sei er erregt und verwirrt zugleich, kommt auch nicht zu mir. Ich schaue verdutzt den Apfel an, der jetzt unbeweglich am Baume hängt, und gehe langsam ins Haus zurück. Man hört mich auf dem Tonband die Tür schließen und den Kopfhörer aufsetzen.

Im selben Augenblick erklingt eine Männerstimme, die deutlich auf Deutsch sagt: "...ist sehr klare Aufnahme - hilft der Mond..."

Der Mann spricht rasch und läßt einen zufriedenen Tonfall erkennen.

Nach diesem deutlichen Satz kann man nur noch ein paar sehr hohe pfeifende Töne vernehmen, und ganz zum Schluß sagte eine Frauenstimme mit typischem Berliner Akzent: "Heute - Mälarhöjden..."

Damit war das Band und die Aufnahme zu Ende. Was ich hier berichtet habe, läßt sich beim Abhören des Bandes Ton für Ton, Wort für Wort erkennen. Carinos Stimme bedarf keiner näheren Kommentare; ein Hund reagiert spontan und verstellt sich nicht. Die ohrenbetäubenden Signale sprechen für sich selber, ebenso wie auch die Stimmen der beiden Unbekannten.

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